Der Englandflug des Rudolf Heß

Griffel

Mitglied
Im Bezug auf den 2. Weltkrieg, gab und gibt es ja bis heute Merkwürdigkeiten oder besser Ereignisse, welche bis heute Rätsel aufgeben! Eines dieser Rätsel ist sicherlich Herr Heß!
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Heß
Er war seinerzeit, zumindest offiziell, der 2. Mann nach Hitler! Bis heute ranken sich ja Mythen und Legenden, um seine Flugreise nach England.

Ich bin kein Anhänger, von irgendwelchen Verschwörungsmythen! Aber im Zusammenhang, mit dem Leben und dem Tod dieses Mannes, gibt es noch eine Menge offener Fragen. Und ich frage mich, warum weder die britische noch die amerikanische Regierung, nicht helfen diese endgültig zu beantworten?

Für die damals verzweifelt kämpfenden Briten, muss die Landung dieses Kerls doch mehr als ein Sechser im Lotto gewesen sein.;) Da begibt sich der stellvertretende Regierungschef des Landes, mit welchem sich das Empire im Krieg befindet, freiwillig, in dessen Hände! Da dürften aber bei der britischen Spionageabwehr die Korken geknallt haben. Wenn, jemand irgendetwas weiß, das für mich als Spionageabwehrmensch von Interesse ist, dann so jemand! Mich würde vor allem interessieren, inwiefern seine Informationen, den Briten von Nutzen waren. :D Das, was man bisher über den Mann veröffentlicht hat, scheint mir nicht sehr glaubwürdig. Es fällt mir einfach sehr schwer, zu glauben, dass sich im Kopf dieses Mannes, nichts befunden haben soll, was den Alliierten genützt hätte. Falls jemand hier mit besseren Informationen aufwarten kann, nur her damit!
 
Im Bezug auf den 2. Weltkrieg, gab und gibt es ja bis heute Merkwürdigkeiten oder besser Ereignisse, welche bis heute Rätsel aufgeben! Eines dieser Rätsel ist sicherlich Herr Heß!
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Heß
Er war seinerzeit, zumindest offiziell, der 2. Mann nach Hitler! Bis heute ranken sich ja Mythen und Legenden, um seine Flugreise nach England.

Ich bin kein Anhänger, von irgendwelchen Verschwörungsmythen! Aber im Zusammenhang, mit dem Leben und dem Tod dieses Mannes, gibt es noch eine Menge offener Fragen. Und ich frage mich, warum weder die britische noch die amerikanische Regierung, nicht helfen diese endgültig zu beantworten?

Für die damals verzweifelt kämpfenden Briten, muss die Landung dieses Kerls doch mehr als ein Sechser im Lotto gewesen sein.;) Da begibt sich der stellvertretende Regierungschef des Landes, mit welchem sich das Empire im Krieg befindet, freiwillig, in dessen Hände! Da dürften aber bei der britischen Spionageabwehr die Korken geknallt haben. Wenn, jemand irgendetwas weiß, das für mich als Spionageabwehrmensch von Interesse ist, dann so jemand! Mich würde vor allem interessieren, inwiefern seine Informationen, den Briten von Nutzen waren. :D Das, was man bisher über den Mann veröffentlicht hat, scheint mir nicht sehr glaubwürdig. Es fällt mir einfach sehr schwer, zu glauben, dass sich im Kopf dieses Mannes, nichts befunden haben soll, was den Alliierten genützt hätte. Falls jemand hier mit besseren Informationen aufwarten kann, nur her damit!

Ich würde mal die Prognose wagen, dass da keine Sektkorken knallten. Als der Herzog von Hamilton Churchill berichtete, dass ein Typ mit dem Fallschirm absprang, der sich für Rudolf Heß ausgab, sagte Churchill, dass er sich erst mal einen Film der Marx Brothers reinzieht. Heß war zwar der Stellvertreter des "Führers", der dritte Mann des 3. Reichs aber zum innersten Zirkel gehörte er längst nicht mehr. Spätestens seit 1936 hatte Heß fast ausschließlich repräsentative Aufgaben gehabt. Er galt selbst in der Partei als Spinner und Esoteriker. Hausmacht wie Himmler, Heydrich oder Göring hatte er keine, und er war auch nicht in Geheime Reichssachen eingeweiht. Über Hitlers außenpolitische Pläne konnte er keine Angaben machen. Heß war nicht eingeweiht, als es zu den Novemberpogromen 1938 kam. An diesem Tag hatte Heß Sohn Namenstag, und seine Sekretärinnen sagten, dass Heß schockiert war. Auch in die Pläne zu Unternehmen Barbarossa war Heß nicht eingeweiht.

Rochus Misch berichtet von einem Zusammentreffen Heß mit Hitler kurz vor Heß Englande-Flug. Heß war zum Essen geladen, und im Rahmen des Gesprächs meldete ein Adjutant Hitler: "Mein Führer, die Engländer wollen nicht! Darauf habe Hitler geantwortet: "Ich kann doch nicht hinfliegen und mich auf die Knie werfen. Rochus Misch konnte allerdings keine Angaben machen, was konkret Hitler mit den Engländern zu tun hatte. Vermutlich ging es um einen möglichen Sonderfrieden. . Was Heß letztlich zu seinem Flug bewog, ist unklar.
Vermutlich ging er davon aus, dass seine Mission in Hitlers Sinne sei. Ursprünglich war Hitler anglophil, er hätte gerne ein Bündnis mit GB geschlossen. Hitler konnte freilich nicht nach England fliegen, Heß konnte es, und vermutlich glaubte er wirklich, in Hitlers Sinn einen Frieden mit den Briten zustande bringen zu können. Heß hatte vor dem Krieg Kontakt zu Eduard VIII. gehabt, und er war überhaupt nicht orientiert über die britische Politik. Den Herzog von Hamilton hatte er mal vor dem Krieg kennengelernt, und er hielt ihn für einen Gegner Churchills und glaubte wohl, dass ein Herzog viel Macht und Einfluss haben musste. Von seinem Lehrer Prof. Haushofer ließ er sich beraten. Anfang Mai 1941 hielt Heß einen Vortrag in den Messerschmitt-Werken. Am 10. Mai startete Heß zu seinem Flug.

Die Erwartung, im Alleingang einen Separatfrieden mit GB aushandeln zu können, war natürlich extrem naiv. Das war Politik wie Indianerspielen-mit einer Diplomatie im Stile Talleyrands oder Bismarcks hatte das nichts zu tun.

In Haft hatte Heß mindestens vier Suizidversuche unternommen. Heß Familie behauptete nach seinem Tod, er sei vom MI 6 erdrosselt worden. Eine Obduktion konnte keine Indizien für Fremdverschulden belegen.

Für die Neonazis wurde Heß freilich zur Ikone, und um seinen Tod gibt es zahlreiche Verschwörungstheorien.
 
Heß war nicht eingeweiht, als es zu den Novemberpogromen 1938 kam. An diesem Tag hatte Heß Sohn Namenstag, und seine Sekretärinnen sagten, dass Heß schockiert war.

Das jemand wie Heß da nicht eingeweiht gewesen sein soll, kann ich mir schwerlich vorstellen.

Gibt es da entsprechende Einschätzungen einschlägiger Historiker dafür?
 
Das jemand wie Heß da nicht eingeweiht gewesen sein soll, kann ich mir schwerlich vorstellen.

Gibt es da entsprechende Einschätzungen einschlägiger Historiker dafür?

Völlig ahnungslos war er sicher nicht, und auch Heß war natürlich Antisemit. Die Nürnberger Gesetze hat er mit unterschrieben, ebenso das Berufsverbot für jüdische Ärzte und Anwälte. Auf Heß Iniative wurde die Prügelstrafe in den polnischen Ghettos eingeführt. Er hat in all den Jahren in Gefangenschaft nicht ein einziges Wort des Bedauerns geäußert, und natürlich erst recht nie auch ein Wort der Kritik an Hitler. Er war ein Mittäter, der Hitler quasi kritiklos ergeben war. 1934 drängte Heß sich vor, um Ernst Röhm zu liquidieren, wäre dazu bereit gewesen.

Die Entrechtung der Juden hat er befördert und zahlreiche Schikanen ausdrücklich gebilligt. Seit 1936 gehörte er aber nicht mehr zum inneren Zirkel. In die Brandstiftung an Synagogen war er vermutlich tatsächlich nicht eingeweiht. Heß Sohn Wolf Rüdiger feierte am 9. November 1938 seinen Namenstag. Die Feier fand im engeren Familienkreis statt und seine Sekretärin Hildegard Fath berichtete, Heß sei von den brennenden Synagogen verstört gewesen, da er das nicht rechtfertigen konnte.
 
An einen Samstag, den 10.05.1941 fliegt Rudolf Heß nach England mit einer Messerschmitt Bf 110, genannt auch „Zerstörer“. Dieser Typ von Flugzeug hat 2 Besatzungsmitglieder.

Das Flugzeug wird getroffen von der englischen Luftabwehr und Rudolf Heß springt mit einem Fallschirm ab. Das geschah in der Nacht vom 10 zum 11.Mai 1941. Passiert ist das Ganze wohl bei Petersfield in der Nähe von Glaskow/Schottland.

Und das Ganze erfolgt auch noch in jener Nacht wo ein Großangriff Görings Luftwaffe auf London erfolgt. 507 deutsche Bombereinsätze mit 8 Verlusten. 795 Tonnen Bomben werden abgeworfen und 2.200 schwere Brände brechen zwischen Hammersmith und Romford aus.
Schwer beschädigt wird dabei auch das „House of Commons“ und die Westminster Abbey.

Zeitgleich fliegt die Royal Air Force einen schweren Nachtangriff auf Hamburg.

Und es ist auch noch an diesen Tag dasKriegs-Pokal-Finale“ (War Cup Final) im Fußball im Wembley zu Gange. Es spielt Arsenal gegen Preston North End (1:1).

Da stelle ich mir den Premier so richtig vor als man ihm die Nachricht von den >Fallschirmspringer< überbrachte.

Wenn Winston da nicht gerade eine Zigarre im Munde hatte, ist ihn diese dann sicher aus dem Mund gefallen.

Winston wird an diesen Tag auch sicher noch im Ohr haben die mit viel Pathos erfolgte Rede des „Führers“ in der Berliner Kroll Oper vom Sonntag den 04.05.1941 wo er behauptet hat, dass der „Schwätzer und Trunkenbold“ (so nannte er oft Winston) mit dem Abzug von Truppen aus Nordafrika nach Griechenland den „größten strategischen Fehler in der Geschichte“ gemacht hat.
Vielleicht wollte Rudolf Heß Winston dies näher erläutern... :D
 
Das Hess geistig nicht ganz gesund war, ist ja nun kein Geheimnis. Ob das beim Prozess in Nürnberg adäquat beurteilt wurde, kann ich mangels medizinischer Expertise nicht sagen, zumal er dem Gericht teils auch etwas vormachte und dadurch selbst seine Verteidigung untergrub, wenn stimmt, was ich darüber las.

Wie auch immer diese verfahrenstechnische Frage zu beurteilen ist*, können wir nicht automatisch von rationalen Motiven für den Flug ausgehen, da sein schlechter geistiger Zustand anscheinend nicht angezweifelt wird. Gibt es da fachkundige Aussagen von medizinischer Seite?

*Versteht auch das ruhig als Frage meinerseits. Ich habe mehrfach Aussagen gelesen, die bei dieser Frage hinsichtlich Hess ratlos erscheinen, auch von Prozessbeteiligten. Ich bin neugierig. Es ist ja nicht so meine Zeit.
 
Die Feier fand im engeren Familienkreis statt und seine Sekretärin Hildegard Fath berichtete, Heß sei von den brennenden Synagogen verstört gewesen, da er das nicht rechtfertigen konnte.

Wäre jetzt die Frage, wie seriös eine Aussage seiner Sekretärin einzuschätzen ist und inwieweit es sich dabei möglicherweise um Arbeit am eigenen Bild handelt.

Deswegen würde mich wie gesagt interessieren, ob es da entsprechende Expertenmeinungen gibt, deren Einschätzungen in ähnliche Richtungen gehen.
Das der Mann darüber so schockiert gewesen sein soll, kann ich mir wie gesagt schwer vorstellen. Heß hat monatelang zusammen mit Hitler in Landsberg gesessen und man sollte doch meinen, dass er da eine Vorstellung davon bekommen habe, wie verbrecherisch Hitler zu verfahren gedachte, wenn er denn zu Macht käme?

Ich meine, ich bin nicht so sehr in dem Thema drinn und möchte nichts falsches dazu behaupten. Aber mir kommt das schon sehr seltsam vor, dass ihn das angeblich so schockiert haben soll.

Deswegen würde mich wirklich interessieren, ob es da noch andere Erkenntnisse und Einschätzungen gibt, die in diese Richtung gehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Heß hat schon zu Recht lebenslang in Knast gesessen.

Na, ich weiß nicht. Im Verhältnis zu dem, was er tatsächlich zu verantworten hatte, gab es sicher Angeklagte, die bedeutend mehr auf dem Kerbholz hatten, als Heß. Dönitz, von Schirach und Spee haben 20 Jahre gefasst, und das ist auch schon ein Brett.

In der Bundesrepublik Deutschland können wegen Totschlag verurteilte nach 15 Jahren ein Gnadengesuch stellen. Als Unternehmen Barbarossa startete, saß Heß schon in England, und auch am Holocaust war Heß nicht beteiligt. Er hatte nie Kommandogewalt über Einsatzgruppen, er hat keinen Massenmord verübt, keinen befohlen.

Im Verhältnis was er tatsächlich zu verantworten hatte, hatte etwa Albert Speer wohl mehr Schuld auf sich geladen. Hätte man 1945 gewusst, was heute bekannt ist, wäre Speer exekutiert worden. Speer war ein eloquenter Technokrat, er hätte auch in einem ganz anderen System Karriere machen- und er war einer der wenigen Angeklagten, die so etwas wie Reue zeigten. Manche sagen, er war ein eiskalter Schwindler- es ist aber nun einmal eine Spielregel vor Gericht, dass ein Geständnis, dass Reue sich strafmildernd auswirken.

Heß blieb dagegen bis zum Ende seines Lebens ein Fanatiker, ein Überzeugungstäter. Er hielt Hitler für einen der größten "Söhne, die Deutschland hervorgebracht hat". In all den Jahren kam nie auch nur ein einziges Wort des Bedauerns, der Reue des Mitgefühls über seine Lippen- und das ist doch ziemlich erbärmlich!

Er war Antisemit, und er hat die Entrechtung, Ausplünderung und Vertreibung der Juden mitgemacht. Er hat Berufsverbote für Juden und Einführung der Prügelstrafe in den Ghettos nicht nur mitgetragen, sondern ist mit eigenen Vorschlägen vorgeprescht. Er war ein Querulant, ein Überzeugungstäter ein Fanatiker, der auch in der Partei belächelt wurde. Verglichen mit vielen seiner Parteikollegen verglichen mit den fast surrealistischen Grausamkeiten die kleine und große Nazis in Deutschland und den besetzten Gebieten begingen, verglichen auch mit dem Ausmaß an Korruption und Selbstbedienungsmentalität erscheint er fast zahm. Heß war unbestechlich, er hat nicht wie Göring Europas Museen geplündert, sich nicht an Arisierungen gemästet wie Streicher es tat.

In der "Nacht der langen Messer" drängelte er sich-als echter Fanatiker-vor und hätte sich wohl gefreut, wenn er Ernst Röhm hätte liquidieren dürfen. Er hat aber niemanden umgebracht, nicht wie Göring, Himmler und Heydrich schwarze Listen geführt und alte Rechnungen beglichen. Weder an Unternehmen Barbarossa, noch am Holocaust war er an Planung und Durchführung beteiligt.
Im Gegensatz zu Streicher, dem selbst das noch als viel zu lasch erschien, hätte er daran wohl keinen Gefallen gefunden. Es spricht durchaus einiges dafür, dass er in die Brandstiftung der Synagogen nicht eingeweiht war. Sicher waren seine Sekretärinnen nicht unbedingt objektive Zeitzeugen, es gibt aber mehrere Aussagen, dass er von den Novemberpogromen verstört war. Das änderte freilich nichts an seinem Treueeid zu Hitler. Nie war auch nur ein Wort der Kritik von ihm zu hören. Für ihn spricht, dass er mehrfach appellierte, man sollte seine Sekretärinnen und Mitarbeiter nicht für seinen Englandflug zur Verantwortung ziehen.

In Haft blieb er, was er war-ein Querulant, Hypochonder, Verschwörungstheoretiker und Esoteriker. Im neuen, demokratischen Deutschland, in der Bundesrepublik ist er niemals angekommen, obwohl er immerhin mehr als 40 Jahre in der BRD lebte.

In den Nürnberger Prozessen erschien er oft verwirrt-ob er das spielte, sei dahingestellt. Dass er wirklich schwer schwer einen an der Klatsche hatte, war schon vor 1945 den meisten klar, die ihn kennenlernten.

Richard von Weizäcker hatte ursprünglich vor, sich in seiner Rede vom 8. Mai 1985 für eine Begnadigung Heß einzusetzen. Was er später auch tat. Heß blieb was er war, ein ziemlich unsympathischer Zeitgenosse, unbeirrbarer Fanatiker. Seine eigene Familie-ebenfalls unbeirrbare Fanatiker und überzeugte Nazis-ließ er erst 1969 zum Besuch zu. Im Laufe der Zeit wurde er zu einer Ikone der Neonazis.

Dönitz, Raeder, von Schirach und Speer kamen schließlich frei. Von Dönitz war nicht mehr viel von den alten Zeiten zu hören, Baldur von Schirach und Speer zeigten so etwas wie Reue, und Speer wurde ein gern gesehener Talkshow-Gast. Von Heß kam nicht ein Wort des Bedauerns-das machte ihn-Spinner hin oder her-zur Ikone der Neonazis.
Eigentlich ziemlich erbärmlich, wenn man bedenkt, wie lange er gesessen hat-Da war Heß aber nicht allein-Rudel, Winifred Wagner, Gudrun Bunzelwitz geb. Himmler, Leni Riefenstahl sie alle hatten sich nichts, aber auch gar nichts vorzuwerfen-Sie alle hatten ein pathologisch gutes Gewissen und fast alle hatten sie Hitler einen Treueeid geleistet und blieben USA (unserem seligen Adolf O-Ton W. Wagner) verbunden. Gordon Jackson, der Chefankläger in Nürnberg sagte in der Distanz von Jahrzehnten zum Fall Heß, dass "lebenslänglich vielleicht etwas zu hart war.

20 Jahre hätten es vielleicht auch getan. Die Frage ist, ob man damit Heß wirklich einen Gefallen getan hätte. Manche Gefangene kommen nach langer Haft in freier Wildbahn nicht klar, sind mit den Anforderungen eines eigenverantwortlichen Lebens überfordert, nicht in der Lage ein Handy oder einen PC zu bedienen. Andere wiederum sind so von Subkulturen oder "Hackordnungen" geprägt, dass sie große Schwierigkeiten haben, emotionale Bindungen eingehen zu können. Solides Mauerwerk, Stahl, Beton und Zeit schlagen auf Dauer auf die Psyche-auch viele Justizbeamte können ein Lied davon singen. Ein alter Kalauer sagt, "wirklich schlimm sind nur die ersten 15-20 Jahre-etliche Gefangene bekommen bei langen Haftaufenthalten einen Knacks weg.
 
Wäre jetzt die Frage, wie seriös eine Aussage seiner Sekretärin einzuschätzen ist und inwieweit es sich dabei möglicherweise um Arbeit am eigenen Bild handelt.

Deswegen würde mich wie gesagt interessieren, ob es da entsprechende Expertenmeinungen gibt, deren Einschätzungen in ähnliche Richtungen gehen.
Das der Mann darüber so schockiert gewesen sein soll, kann ich mir wie gesagt schwer vorstellen. Heß hat monatelang zusammen mit Hitler in Landsberg gesessen und man sollte doch meinen, dass er da eine Vorstellung davon bekommen habe, wie Hitler zu verfahren gedachte, wenn er denn zu Macht käme?

Ich meine, ich bin nicht so sehr in dem Thema drinn und möchte nichts falsches dazu behaupten. Aber mir kommt das schon sehr seltsam vor.
Deswegen würde mich wirklich interessieren, ob es da noch andere Erkenntnisse und Einschätzungen gibt, die in diese Richtung gehen.
Seine Sekretärinnen waren damals sicher nicht unbedingt Leute, die dem NS kritisch gegenüber standen. Als Chef war Heß anscheinend weitaus angenehmer, als Martin Bormann, der in der Parteikanzlei mehr und mehr seinen Chef zurückdrängte. In Interviews war durchaus von Seiten der Sekretärinnen Loyalität zu Heß spürbar, und es mag sein, dass sie bei solchen Aussagen dazu tendierten, die ehemaligen Chefs (und sich selbst) zu entschuldigen. Eine Sekretärin von Odilo Globocnik behauptete einmal dass der Holocaust "ein ganz schwerer Auftrag" war, den er innerlich ablehnte. In Schlägereien und Saalschlachten zeichnete Heß sich durchaus durch Gewaltbereitschaft aus. Dazu passt ja auch seine Bereitschaft, einen "alten Kameraden" wie Ernst Röhm zu liquidieren (Hans Ullrich Thamer, Verführung und Gewalt S. 330) .

Trotzdem machte es noch einen Unterschied, Gewalt und Antisemitismus theoretisch und rhetorisch zu propagieren und das dann in die Tat umzusetzen. Viele, die loyale, überzeugte Nationalsozialisten waren, verstörten doch die Novemberpogrome oder Erschießungen im Hinterland. Viele versuchten, Hitler dabei zu entschuldigen. "Wenn das der Führer wüsste" wurde zu einem geflügelten Wort. Henriette von Schirach stand hinter der Ideologie, ihr Mann war Reichsjugendführer, später Gauleiter von Wien. Bei einem Besuch in Amsterdam wurde sie Zeugin von Deportationen und sprach Hitler darauf an. Leni Riefenstahl wurde in Polen <Zeugin von Juden-Exekutionen und erlitt einen Nervenzusammenbruch. Nervenzusammenbrüche, Krankmeldungen

Heß war innerhalb der NSDAP so etwas wie ein Moralapostel. Keinen Tabak, keinen Alkohol, kein Salz. Er war einer der wenigen Nazis, der sich nicht bereicherte, nicht in Kunstraub, Korruptionsskandale und dergleichen verwickelt war. Andererseits war er mit zahlreichen Liebhabereien und Interessen beschäftigt und scheute Büroarbeiten. In der Parteikanzlei wurde er bald von Bormann in den Hintergrund gedrängt.
 
Das der Mann darüber so schockiert gewesen sein soll, kann ich mir wie gesagt schwer vorstellen. Heß hat monatelang zusammen mit Hitler in Landsberg gesessen und man sollte doch meinen, dass er da eine Vorstellung davon bekommen habe, wie verbrecherisch Hitler zu verfahren gedachte, wenn er denn zu Macht käme?

Man stellt sich ja vor Hitler habe "Mein Kampf" in Landsberg geschrieben. War aber nicht ganz so.
Der Hitler hielt als Komfort-Häftling lange Reden vor seinem Sekretär Hess*, der dieser als getreuer Jünger aufschrieb.
Wenn nicht Hess, wer sonst hätte sich sonst so intensiv in dieser Zeit mit Hitlers Vorstellungswelt auseinander setzen können?
Ob er was verstanden hat? Oder nur ein fanatischer und unterwürfiger Jünger, der eigentlich nie was kapiert hat, und dann als er meinte einen Geistesblitz zu haben ins Flugzeug stieg?
Die hellste Kerze auf dem teutschen Christbaum des Schreckens war er nicht.


*Hitler hatte einen Sekretär im Knast. Der Gipfel der Rechtsbeugung.
Und so wie ich es verstehe hat Winifred Wagner Papier gebracht.
 
*Hitler hatte einen Sekretär im Knast. Der Gipfel der Rechtsbeugung.
Und so wie ich es verstehe hat Winifred Wagner Papier gebracht.

Hitler hatte schwedische Gardinen, aber eigentlich war das noch nicht mal ein Knast. Hitler war zu "Festungshaft" verurteilt worden, Festungshaft war sozusagen ehrenvolle Haft, nicht mit Verlust bürgerlicher Ehrenrechte und mit dem Stigma einer Gefängnis- oder Zuchthausstrafe verbunden.

Wenn man die Haftbedingungen der damaligen Zeit, durchaus aber auch in modernen Gefängnissen vergleicht- war Hitlers Haftaufenthalt ein Witz, das war ein Hotel mit schwedischen Gardinen. Auf Fotos aus Landsberg am Lech trägt keiner der Gefangenen Gefangenenkluft, und Hitler hat mit Sicherheit auch nicht aus dem Blechnapf gefressen wie Rudolf Dietzen alias Hans Fallada. Der hat allerdings auch nicht solche Petitessen wie Hochverrat begangen, keinen Putsch angezettelt, keine schwarzen Listen vorbereitet, sondern wegen seiner Alkohol- und Morphinabhängigkeit ein paar Rezepte gefälscht und Unterschlagungen begangen. Dafür musste er 1923 drei Monate sitzen. Seine Erfahrungen verarbeitete er in seinem Erlebnisbericht "Wer einmal aus dem Blechnapf frißt", der 1934 veröffentlicht wurde.
 
Im Bezug auf den 2. Weltkrieg, gab und gibt es ja bis heute Merkwürdigkeiten oder besser Ereignisse, welche bis heute Rätsel aufgeben! Eines dieser Rätsel ist sicherlich Herr Heß!
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Heß
Er war seinerzeit, zumindest offiziell, der 2. Mann nach Hitler! Bis heute ranken sich ja Mythen und Legenden, um seine Flugreise nach England.

Ich bin kein Anhänger, von irgendwelchen Verschwörungsmythen! Aber im Zusammenhang, mit dem Leben und dem Tod dieses Mannes, gibt es noch eine Menge offener Fragen. Und ich frage mich, warum weder die britische noch die amerikanische Regierung, nicht helfen diese endgültig zu beantworten?

Für die damals verzweifelt kämpfenden Briten, muss die Landung dieses Kerls doch mehr als ein Sechser im Lotto gewesen sein.;) Da begibt sich der stellvertretende Regierungschef des Landes, mit welchem sich das Empire im Krieg befindet, freiwillig, in dessen Hände! Da dürften aber bei der britischen Spionageabwehr die Korken geknallt haben.


Wenn, jemand irgendetwas weiß, das für mich als Spionageabwehrmensch von Interesse ist, dann so jemand! Mich würde vor allem interessieren, inwiefern seine Informationen, den Briten von Nutzen waren. :D Das, was man bisher über den Mann veröffentlicht hat, scheint mir nicht sehr glaubwürdig. Es fällt mir einfach sehr schwer, zu glauben, dass sich im Kopf dieses Mannes, nichts befunden haben soll, was den Alliierten genützt hätte. Falls jemand hier mit besseren Informationen aufwarten kann, nur her damit!

Die Begeisterung über Heß "Gefangennahme" hielt sich in Grenzen. Die Sektkorken hätten vielleicht geknallt, wenn Wilhelm Canaris oder Reinhard Heydrich gekommen wäre. Eine solche Meldung wäre eine Sensation gewesen, die von Heß war höchstens eine Schlagzeile. Churchill schlief sich erst mal aus, zog sich vielleicht noch den Film mit den Marx Brothers an.

Nachdem sich die Briten überzeugt hatten, dass der seltsame Gast tatsächlich Heß war, was der überhaupt wollte, knallten immer noch keine Sektkorken. Der Typ hatte nichts im Gepäck, was von Interesse war. Keine Blaupausen, keine Informationen über Hitlers Pläne. Er war keine Geisel, die man hätte tauschen können, Hitler entschied, dass er wenn er je nach Deutschland zurückkehrt, erschossen werden sollte. Heß war nichts, als ein nützlicher Idiot, wenn so ein Typ es bis zum 3. Mann des 3. Reichs bringt, dieses Reich möglicherweise eine echte Führungsschwäche hat. Hitler bekam einen Wutanfall. Ein Flüsterwitz lautete "Brauner Wellensittich entlaufen- abzugeben in der Reichskanzlei".

Heß hatte nur sich selbst, und eine wirre Rede im Gepäck. Seine Friedensbotschaft war mit Drohungen gespickt, der Mann war ein Kuriosum, eine gute Schlagzeile-aber mehr auch nicht. Tatsächlich hielt sich die Begeisterung der Briten in Grenzen. Die Meldung wurde nicht groß rausgebracht, denn immerhin hatte er die Luftverteidigung durchbrochen, war bis Schottland gekommen-nicht sehr schmeichelhaft für die Briten. Auf Dauer wurde Heß sogar eher zur Belastung. Die Hoffnung der Briten war der Eintritt der USA, und Heß Flug konnte den Verdacht wecken, dass die Briten tatsächlich einen Sonderfrieden aushandeln wollten. Stalin glaubte so etwas. Nominell war er noch mit Hitler verbündet, die Briten hatten ihn gewarnt. Im Hinblick auf den neuen Bundesgenossen. Barbarossa lief erst einen Monat später, aber Indizien gab es bereits- vor diesem Hintergrund war Heß eher eine Belastung. Die Briten hatten einen prominenten Nazi gefangen genommen- mehr aber auch nicht.

Heß hatte in Gefangenschaft mindestens vier Suizidversuche unternommen. Zum Zeitpunkt seines Todes war er 93 Jahre alt. Er war gesundheitlich in schlechter Verfassung. Was hätte ein plausibles Motiv dafür sein soll, dass Heß umgebracht wurde. Er wurde von einem britischen Gerichtsmediziner obduziert, Fremdverschulden wurde ausgeschlossen. Die Familie Heß äußerte den Verdacht, er sei vom MI 6 umgebracht worden und es fand eine zweite Obduktion in einem Münchner Rechtsinstitut statt. Hinweise auf Fremdverschulden ergab diese Obduktion nicht.

Die Neonazi-Szene stilisierte Heß zu einer Art Blutzeugen der Bewegung, ein echter Fanatiker und führergläubig bis zuletzt. Ein ermordeter Rudolf Heß passt der Szene- und dieser Szene war auch Wolf Rüdiger Heß und die ganze Familie-zuzuordnen. Endlich mal eine Naziikone, der den Heldentod starb und nicht an Aids wie Michael Kühnen.

Verschwörungstheorien gedeihen natürlich üppig rund um Heß. Aber wirklich handfeste Indizien, die eine Mord-Hypothese stützen gibt es nicht. Heß ist tot, der Fall wurde geschlossen. Was sollen das für offene Fragen sein- was ist überhaupt ein plausibles Motiv- außer dass ein ermordeter Heß besser ins Neonazi-Konzept passt?
 
Im Bezug auf den 2. Weltkrieg, gab und gibt es ja bis heute Merkwürdigkeiten oder besser Ereignisse, welche bis heute Rätsel aufgeben! Eines dieser Rätsel ist sicherlich Herr Heß!
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Heß
Er war seinerzeit, zumindest offiziell, der 2. Mann nach Hitler! Bis heute ranken sich ja Mythen und Legenden, um seine Flugreise nach England.

Ich bin kein Anhänger, von irgendwelchen Verschwörungsmythen! Aber im Zusammenhang, mit dem Leben und dem Tod dieses Mannes, gibt es noch eine Menge offener Fragen. Und ich frage mich, warum weder die britische noch die amerikanische Regierung, nicht helfen diese endgültig zu beantworten?

Welche offenen Fragen sollten das denn sein? Was ihn genau zu seinem Flug motiviert hat, ist unbekannt. Er selbst hat sich nie dazu geäußert. Von Hitler wurde Heß Flug als Verrat betrachtet. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass Heß Hitler verraten wollte. Vermutlich war er überzeugt, dass er mit den Briten einen Separatfrieden schließen könne, den er dann Hitler präsentieren konnte. Etwas woran der große Diplomat Ribbentrop gescheitert war, der ein Bündnis mit den Briten auf Hitlers Geheiß zuwege bringen sollte.

Außer einer wirren Rede hatte Heß nichts dabei, was die Briten interessieren konnte. Heß hat in Gefangenschaft vier Suizidversuche unternommen. Er war zum Zeitpunkt seines Todes über 90 Jahre alt. Ein überzeugendes Motiv für einen Mord an Heß gab es nicht. Nach seinem Tod fand eine Obduktion statt, bei der man zum Befund kam, dass es keine Hinweise auf Fremdverschulden gibt. Daraufhin beantragte die Familie von Wolf Rüdiger Heß, die der Neonazi- Szene nahestand eine zweite Obduktion. Auch diese Obduktion konnte keine Indizien für Fremdverschulden nachweisen. Die These, Rudolf Heß sei ermordet worden, war/ist nichts, als eine Behauptung von Heß Familie. Heß war jahrelang schon eine Galionsfigur der Neonazi- Szene, sozusagen der Blutzeuge der Bewegung. Ein 150%iger Führergläubiger, den weder Hitlers Todesurteil gegen ihn, noch fast ein ganzes Leben in Gefangenschaft, weder der Totalbankrott und Zusammenbruch des 1000 Jährigen Reiches und erst recht nicht die ganzen Verbrechen und Leichenberge je dazu brachten, dass je ein Wort der Kritik an Hitler, nie auch nur der kleinste Anflug von Bedauern oder Reue je über seine Lippen kam. Heß, der Treueste der Treuen von "den Siegermächten" meuchlings ermordet, passt natürlich Heß "Kameraden" viel besser ins Kalkül. Endlich mal ein "Blutzeuge der Bewegung", der vom MI6, der CIA oder "den Besatzern" umgebracht wird, nicht wegen Rotlichtkontakten erschossen wird und auch nicht an Aids stirbt!

Die "Menge an offenen Fragen" entpuppt sich bei näherer Betrachtung als bloße Behauptungen und Verschwörungstheorien aus dem rechten Lager.

Ein plausibles Motiv für die Ermordung von Heß gab es nicht. Zum Zeitpunkt seines Todes war Heß über 90, es gab bereits vier Suizidversuche in Gefangenschaft. Die Frage nach Heß Todesursache wurde in zwei unabhängigen Obduktionen geklärt-beide schlossen Fremdverschulden aus-Indizien für einen Mord konnten nicht gefunden werden. Es lassen sich natürlich trotzdem weiterhin Verschwörungstheorien spinnen, offene Fragen behaupten oder auch ziemlich gehässige Unterstellungen konstruieren. Es besteht aber durchaus kein Anlass, das die britische oder amerikanische Regierung sich dazu äußert. Wer durchaus an Heß Ermordung glauben will, wird sich ohnehin nicht von lästigen Fakten daran abhalten lassen.
 
Na, ich weiß nicht. Im Verhältnis zu dem, was er tatsächlich zu verantworten hatte, gab es sicher Angeklagte, die bedeutend mehr auf dem Kerbholz hatten, als Heß. Dönitz, von Schirach und Spee haben 20 Jahre gefasst, und das ist auch schon ein Brett.
Interessanterweise scheint das ein "natürlicherer" Anknüpfpunkt für Verschwörungstheorien zu sein: Heß lange Haft trotz vergleichsweise geringer Schwere der Schuld.

Aber selbst unter hyperkritischen Vorzeichen sähe ich nicht, welchen Nutzen eine angeblich ungerechtfertigte Inhafthaltung gehabt haben sollte. Heß war nicht ohne Kontakt zur Außenwelt, "peinliche" Informationen über die Alliierten, wie viele Neonazis mutmaßen, hätte er durchaus zur Verfügung stellen können. Seine angebliche Ermordung wird dadurch noch unwahrscheinlicher.
In der Bundesrepublik Deutschland können wegen Totschlag verurteilte nach 15 Jahren ein Gnadengesuch stellen.
Das ist nicht ganz richtig, auf die Gefahr hin, den Korinthenkacker zu geben. Totschlag nach § 212 StGB wird mit maximal 15 Jahren bestraft.

Lebenslange Freiheitsstrafe war und ist nur für wenige Straftatbestände vorgesehen, v.a. Mord.

Bis 1975 wurden die verwirkte Strafe freilich anders bemessen als heute (nämlich konsekutiv), sodass auch mehrere lebenslange Freiheitsstrafen hintereinander verhängt werden konnten. Sowohl diese Praxis als auch eine generelle Strafvollstreckung bis ans natürliche Lebensende wurden 1977 für verfassungswidrig erklärt.

Ein Begnadigungsgesuch konnte und kann jederzeit gestellt werden, wurde und wird aber nur unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt durch den Bundespräsidenten zur Beratung angenommen.

Seit 1977 bedeutet lebenslange Freiheitsstrafe eine Mindeststrafe von fünfzehn Jahren, nach deren Verbüßung die Entlassung auf Bewährung zeitig gewährt werden muss.

Wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, wird das Gericht binnen fünfzehn Jahren entscheiden, wie viel Haftzeit zusätzlich verwirkt wurde (unter Berücksichtigung von Aspekten wie Rehabilitierung, Sicherheitsinteressen der Öffentlichkeit usw.). Eine Entlassung erfolgt im Durchschnitt nach 25 Jahren.

Zum Zeitpunkt von Heß' Verurteilung in Nürnberg galt das RStGB. Hätte man sein Wirken im NS-Regime in Ermangelung völkerstrafrechtlicher leges speciales als akzessorischen Mord gewertet, wäre seine Verurteilung zum Tode oder zu einer vielfachen lebenslangen Freiheitsstrafe durch ein deutsches Gericht möglich gewesen.

Was übrigens ein Argument gegen das Gerede von der "Siegerjustiz" darstellt. Das RStGB wurde in Form und Anwendung von den Nazis pervertiert, blieb aber im Wesentlichen unangetastet. Die meisten derer, die in Nürnberg vor Gericht standen, hätten bis 1949 nach deutschen Recht unter dem Fallbeil enden können.
 
Dass der Typ selbst für einen Nazi im Oberstübchen nicht ganz sauber war .....
Wie mans nimmt..:D

Am 10.Mai 1941 bricht er auf.
Die Motivation dafür ist ja vernünftig.
Laut Kurlander (S.118) ist Heß der Überzeugung, dass der bevorstehende Angriff auf Russland zur sicheren Niederlage führen müsse, wenn nicht ein Zweifrontenkrieg vermieden werden könnte.
Goertemaker (S.295) sieht die Motivation darin, Hitler den Rücken für eben diesen Angriff frei zu halten.
Fest( S.800) argumentiert Heß sei sich der schwierigen Lage seines Führers bewusst gewesen.
Denn dieser hatte nur noch diesen Sommer um seinen eigentlichen Plan umzusetzen (Lebensraum im Osten). Das habe ihn zum Englandflug bewegt.
In der Motivation jedenfalls erscheint Heß insgesamt vernünftiger als Hitler.

Also der Heß fasst einen Plan. Wenn es ihm gelänge, getragen von den magischen Flügeln der Vorsehung, einen Vertrag mit den Engländern auszuhandeln dann hätte er dem Vaterlande einen unschätzbaren Dienst erwiesen und würde auch wieder leuchten am Himmel des Führers.
So kann man sich das vorstellen.

Er sucht also vor dem Wagnis seinen Leib-Astrologen auf,
um sich von diesem beraten zu lassen.
Er hatte wohl auch eine mächtige Erscheinung im Schlaf. Das jedenfalls erklärt er in Verhören durch die Briten nach seiner bizarren Landung. (Kurlander S.119)
Der Heß ist Esoteriker. Er glaubt an die Magie.
Und er hinterlässt auch ein längeres Abschiedsschreiben.

Goebbels Tagebuch vier Tage nach dem Flug am 14. Mai 1941:
„Es ist zu blödsinnig. So ein Narr war der nächste Mann zum Führer. Es ist kaum auszudenken.
Seine Briefe strotzen nur so von einem unausgegorenen Okkultismus. … Er hat auch Gesichte gehabt, sich Horoskop stellen lassen u. ä. Schwindel.“


Es werden nach dem Debakel einige hundert Okkultisten, Magier, Spiritisten usw. festgenommen.
Doch deren Schicksal verläuft angesichts der sonstigen Grausamkeit des Regimes milde. Die meisten werden bald wieder entlassen, und manche auch wieder reaktiviert. (Kurlander S.123ff)

Die NSDAP hat tiefe Wurzeln im Okkulten.
In der Hinsicht steht der Heß vielleicht hinter dem Himmler.
Und auch der Hitler war vom Okkulten einer Vorsehung stets angezogen in deren Zentrum er sich schließlich glaubte .

----------

Fest, Joachim (1974): Hitler. Eine Biographie; Lizenzausg. Frankfurt/M., Berlin, Wien: Büchergilde Gutenberg.

Goebbels, Josef (2003): Tagebücher 1924 - 1945. Orig.-Ausg., 3. Aufl. München: Piper (Serie Piper, 1414 = 11414).

Görtemaker, Heike B. (2019): Hitlers Hofstaat. Der innere Kreis im Dritten Reich und danach. München: C.H. Beck.

Kurlander, Eric (2017): Hitler's monsters. A supernatural history of the Third Reich. New Haven, London: Yale University Press.
 
Zurück
Oben