Der Europäer: Ein Jäger, kein Bauer

ning

Gesperrt
Hatte clemens doch recht?

Der Europäer: Ein Jäger, kein Bauer

Eine neue Studie besagt, dass der moderne Europäer von ursprünglichen Jägern und Sammlern abstammt.

*
(Washington (sic! ;) ) Der moderne Europäer stammt laut einer neuen Studie nicht von eingewanderten sesshaften Bauern ab, sondern von früheren Jägern und Sammlern, die schon vor 40.000 Jahren auf dem Kontinent lebten. Zu diesem Schluss kommen Anthropologen um Wolfgang Haak (Main) und Peter Forster (Cambridge), die über die Mutter vererbte mitochondriale DNA von Bauern analysierten, die mehrere tausend Jahre nach den Nomaden in Europa lebten, schreibt Science.

Eine der großen Errungenschaften der Menschheit ist die Entdeckung von Ackerbau und Viehzucht und damit einhergehend die Sesshaftigkeit. Doch wie und durch wen wurde diese Entwicklung eingeleitet? Für die Anfänge der Jungsteinzeit in Europa gab es bis heute drei mögliche Theorien. Erstens: Die ursprünglichen Jäger und Sammler wurden von sesshaften Neuankömmlingen vollständig verdrängt. Zweitens: Neuankömmlinge und Nomaden vermischten sich. Drittens: Nur die mitgebrachte Idee der Viehzucht und Sesshaftigkeit setzte sich erfolgreich durch, ohne dass sich die Bevölkerung genetisch änderte.


Genetische Linien

Bisher fanden Wissenschafter in Europa mehrere genetische Linien, darunter die "HV" genannte Hauptlinie, die sich nach der Eiszeit aus dem Süden kommend in Europa durchgesetzt haben. Dabei scheinen die heutigen Basken der Urbevölkerung Europas am ähnlichsten. Aber auch die übrigen Europäer stammen bis zu 70 Prozent von den Urbasken, den Vaskonen ab. Weitere genetische Linien heißen "T" und "J", die sich jedoch in geringerem Ausmaß und erst viel später mit den ersten Ackerbauern in Europa durchgesetzt haben. Darauf gründete die dritte der oben genannten Theorien - die die Forscher nun untermauern.

Von 57 Knochenfunden gelang es ihnen in 24 Fällen, die DNA zu analysieren. Die Proben wurden von den Genetikern gezielt ausgesucht: Da sie sich die Frage stellten, welchen genetischen Linien die frühesten Ackerbauern des Neolithikums angehörten, nahmen sie Proben aus der Zeit der Linearbandkeramik aus Deutschland und ihrer ungarischen Variante. Die Kultur der Linearbandkeramik ist eng mit den ersten Trägern der Landwirtschaft verbunden.

Linie "N1a"

Wenn auch kein "Gen der Landwirtschaft" gefunden wurde, so doch eine genetische Linie, nämlich "N1a", die bei den Trägern dieser beiden Keramikkulturen sehr stark vertreten ist, und zwar bei sechs der 24 Proben aus Deutschland und Ungarn, die zwischen 7500 und 7000 Jahre alt sind. Weitere sechs Proben gehören den genetischen Linien der vermuteten frühen Ackerbauern "T" und "J" an, die übrigen ließen sich alteuropäischen Linien zuordnen, die bereits während der Eiszeit in Europa waren, so auch eine Probe aus Österreich.

Die Forscher erstaunte die Tatsache, dass die Linie "N1a" inzwischen weltweit extrem selten geworden ist. Sie findet sich heute nur noch zu 0,2 Prozent im Erbgut. Daraus folgern die Genetiker, dass die originären europäischen Jäger- und Sammlerpopulationen die neue Lebensweise des Ackerbaus und der Viehzucht rasch übernahmen, sich die später eingewanderten Populationen der Bauern schnell ausdünnten, sie im europäischen Genpool untergingen.

Indoeuropäer

Und was die Sprache der ersten Bauern betrifft, so sieht Archäologe Colin Renfrew in ihnen die Indoeuropäer. Sie mochten mit ihrer neuen Lebensweise die nomadisierenden Jäger und Sammler so sehr beeindruckt haben, dass diese auch die Sprache übernahmen. Europa besteht heute fast flächendeckend aus Sprechern der indoeuropäischen Sprachfamilien. Nur das Baskische, Finnische, Ungarische und Estnische sind außerhalb dieser Sprachfamilie, wobei die Urform des Baskischen (Vaskonisch) laut Sprachwissenschafter Theo Vennemann die Ursprache Europas gewesen sein könnte. Die übrigen Sprachen gehören der Finnougrischen Sprachfamilie an, deren Ursprung im Ural vermutet wird.

(fei, hamel, DER STANDARD, Print, 11.11.2005)
http://derstandard.at/?url=/?id=2239270

Und wieviel Anteil daran hatte der gute alte Neandertaler?
für clemens!

;) :cool:
 
ning schrieb:
Hatte clemens doch recht?
...
Und wieviel Anteil daran hatte der gute alte Neandertaler?
für clemens!

;) :cool:

nein, der neandertaler hat mit großer sicherheit damit nichts zu schaffen. er ist wohl nachfahrenlos und unbeteiligt an der ackerbauernschaft als immerwährender jäger und sammler ausgestorben. :(


vielen dank für das lob -ich habe es zig mal gern gelesen, auch pfad übergreifend und unberechtigter weise einige zeit mich darin gesonnt.:rolleyes: aber anderen hier steht es eher zu. ich glaube wenn ich da hyokkose vorbringe, werden alle beteiligten damit einverstanden sein, gerade was sprache und deren verteilung/verbreitung usw. betrifft! auch die möglichkeit das nichtsesshafte den ackerbau heimisch machten sprach allein hyokkose an. :hoch:

aber das soll dich, lieber ning, nicht davon abhalten mich auch in zukunft hin und wieder zu loben - ich höre es gern und du kannst es so toll!:rolleyes: :yes:
 
Das war mir sozusagen eine Ehre und Hyokkose als kongenialer Lingustenpart ist dabei mit eingeschlossen. ;-)

Hab ich Lingusten geschrieben?
=)
Ich hatte zwar "Ahnung", aber erst durch eure Anregungen den Werdegang des Europäers und der indoeuropäischen Sprache verinnerlicht. Die Erkenntnis oben wäre somit der finale Punkt der Linien, die ihr beide (und ander mit) hier vorgezogen haben. Vielen dank dafür.
Aber mit Einverständnis der "Sprachwissenschaft" werde ich in der "historischen Trivialecke für unsere Schüler und Hobbyhistoriker" trotzdem mal den Reinhard Schmoeckel anempfehlen. Seine Überblicksbücher sind trotz "belletristischer Schwächen" zügige und gut verständliche Überblicke für den interessierten Laien. Und kleine historische Wagnisse hebt er auch als "Vorstellbarkeiten" hervor.
Es gibt halt nicht vergleichbares. Außer mein lieber Hyokkose macht sich mal die Mühe für so ein Buch ;)
 
ning schrieb:
Hatte clemens doch recht?

Der Europäer: Ein Jäger, kein Bauer

Eine neue Studie besagt, dass der moderne Europäer von ursprünglichen Jägern und Sammlern abstammt.

Sehr interessant.

Fragt sich nur noch: Wie? Wie haben sich die Bauern den Jägerkulturen angenähert? Wie können/sollen wir uns diesen Transformationsprozess erklären?

(Wobei ich hier noch keinen Beleg für die indogermanische Herkunft des Bauerntums entdecke.)
 
Ich habe mit dem Artikel noch Probleme.

N1a, T und J sind mit den Bandkeramikern nach Europa gekommen. Sie finden sich in der Hälfte der gezogenen Proben aus der Zeit um 5.000 v.Chr..

Heute noch sind die Linien T und J im europäischen Gen-Pool vorhanden. Das spricht für mich für die Vermischung der Populationen. Oder habe ich das jetzt falsch verstanden?
 
Pope schrieb:
Heute noch sind die Linien T und J im europäischen Gen-Pool vorhanden. Das spricht für mich für die Vermischung der Populationen. Oder habe ich das jetzt falsch verstanden?

Natürlich gab es eine Vermischung.
Wenn wir die 24 Proben als repräsentativ annehmen, wären die frühen Bauern in den Zentren der europäischen Ackerbaukultur eine "fifty-fifty-Mischung" aus eingewanderten Bauern und Nachkommen einheimischer (zum Ackerbau konvertierter) Sammler und Jäger gewesen. Die damals außerhalb dieser Zentren noch sammelnden und jagenden Ureinwohner sind erst später zur Landwirtschaft konvertiert, wurden also nicht verdrängt.
 
ning schrieb:
Für die Anfänge der Jungsteinzeit in Europa gab es bis heute drei mögliche Theorien. Erstens: Die ursprünglichen Jäger und Sammler wurden von sesshaften Neuankömmlingen vollständig verdrängt. Zweitens: Neuankömmlinge und Nomaden vermischten sich. Drittens: Nur die mitgebrachte Idee der Viehzucht und Sesshaftigkeit setzte sich erfolgreich durch, ohne dass sich die Bevölkerung genetisch änderte.

Eben daher verstehe ich nicht, wie sie alles auf Theorie 3 setzen ...:confused:
 
der schreibstil ist wirklich sehr verwirrend. ich lese folgendes daraus:

es geht natürlich um die jetzigen europäer. diese setzen sich wie folgt zusammen:
Bisher fanden Wissenschafter in Europa mehrere genetische Linien, darunter die "HV" genannte Hauptlinie, die sich nach der Eiszeit aus dem Süden kommend in Europa durchgesetzt haben. Dabei scheinen die heutigen Basken der Urbevölkerung Europas am ähnlichsten. Aber auch die übrigen Europäer stammen bis zu 70 Prozent von den Urbasken, den Vaskonen ab. Weitere genetische Linien heißen "T" und "J", die sich jedoch in geringerem Ausmaß und erst viel später mit den ersten Ackerbauern in Europa durchgesetzt haben.

darauf basiert die dritte von folgenden drei theorien:

Erstens: Die ursprünglichen Jäger und Sammler wurden von sesshaften Neuankömmlingen vollständig verdrängt.
Zweitens: Neuankömmlinge und Nomaden vermischten sich.
Drittens: Nur die mitgebrachte Idee der Viehzucht und Sesshaftigkeit setzte sich erfolgreich durch, ohne dass sich die Bevölkerung genetisch änderte.

die neuen forschungsergebnisse untermauern nun diese dritte theorie, da von den 25% der N1a-linie, die sich bei den untersuchten knochen der 'linearbandkeramiker' fanden (neben den 25% 'T' und 'J', sowie 50% sammler/jäger anteilen) nur noch 0,2% bis heute erhalten haben:
Die Forscher erstaunte die Tatsache, dass die Linie "N1a" inzwischen weltweit extrem selten geworden ist. Sie findet sich heute nur noch zu 0,2 Prozent im Erbgut.

warum das so ist, wird nicht gesagt. da sich, wie in obigen beiträgen schon gesagt, die menschen mischten, war sicher die anzahl der jäger/sammler im gebiet, die nach und nach sesshaft wurden und die neue kultur annahmen, bedeutend größer als die der einwandernden kulturbringer:
Daraus folgern die Genetiker, dass die originären europäischen Jäger- und Sammlerpopulationen die neue Lebensweise des Ackerbaus und der Viehzucht rasch übernahmen, sich die später eingewanderten Populationen der Bauern schnell ausdünnten, sie im europäischen Genpool untergingen.
 
Hier liest sich das auch schon besser ...

Wurzeln in der Altsteinzeit
Genetische Enthüllungen über die Vorfahren der Europäer
Von Michael Stang

Paläogenetik. - Ackerbau und Viehzucht ist eine der großen Errungenschaften der Menschheit, da man so viel mehr Menschen ernähren kann als mit Jagen und Sammeln. Genetische Untersuchungen an den ersten Bauern auf europäischem Boden haben jetzt allerdings ergeben, dass diesen der Zivilisationsvorsprung nichts nutzte. Die Vorfahren der heutigen Europäer waren die Jäger und Sammler, die den Kontinent vor rund 40.000 Jahren besiedelten. Sie übernahmen die Kulturtechnik nur von den Neuankömmlingen.


"Wer hat Europa zuerst besiedelt? Wer sind die ersten Bauern? Wer löst die Jäger und Sammler vor sieben, achttausend Jahren in Europa ab?"

Diese Frage stellte sich nicht nur Joachim Burger und seine Kollegen von der Universität Mainz, sondern sie beherrscht die Archäologie seit jeher. Wer waren die ersten modernen Europäer? Also jene Vorfahren, die nicht mehr Nomaden, sondern sesshaft waren, Felder bestellten und Tiere züchteten. Diese Frage lässt sich mit rein archäologischen Methoden nicht beantworten. Zwar können Archäologen einen kulturellen Wandel - etwa anhand von Keramiken - nachweisen, doch sie können nicht klären, wie dies passierte. Zu diesem Wandel gibt es drei Hypothesen: 1. Die Jäger und Sammler haben bloß die Idee der Landwirtschaft aus dem Nahen Osten übernommen, ohne das es zu Vermischungen von Einwanderern und der bisherigen Bevölkerung kam. 2. Die Neuankömmlinge haben die Jäger und Sammler vertrieben. 3. Es gab Vermischungen. Um dies mit genetischen Methoden zu untersuchen, hat Wolfgang Haak von der Universität Mainz 57 Skelette aus der Jungsteinzeit untersucht, die aus Gräberfeldern und Siedlungsbestattungen aus dem heutigen Deutschland, Österreich und Ungarn stammen. Und er hatte Glück: in 24 Skeletten konnte er tatsächlich Erbmaterial untersuchen. Aber das war nicht die eigentliche Überraschung für den Anthropologen:

"Das Interessante an diesen 24 Individuen war, dass wir bei sechs eine heute äußerst seltene genetische Linie nachweisen konnten. Bei der Linie handelt es sich um die Gruppe N1a des Mitochondriums. Die hat jetzt keine Auswirkungen auf den Phänotyp, sondern die lässt sich schlichtweg auf genotypischer Ebene unterscheiden."

Diese genetische Linie kommt in der heutigen europäischen Bevölkerung bei gerade einmal 0,2 Prozent vor. Diese Linie muss damals aber weit verbreitet gewesen sein. Nach diesen Ergebnissen stellte sich für die Forscher die Frage, ob jene frühen Bauern dann überhaupt noch unsere direkten Vorfahren gewesen sein können, sagt Joachim Burger.

"Darauf basierend haben wir Simulationen vorgenommen und haben geschaut: ist es denn möglich, dass diese große Häufigkeit in unseren Skeletten per Zufall oder durch ganz normale bevölkerungsbiologische Vorgänge, sprich Wanderungen, Einheiraten, Ausheiraten verloren gehen können und sind zu dem Ergebnis gekommen: nein, das kann eben nicht passiert sein. Das ist nicht ein ganz normaler demographischer Prozess gewesen, sondern hier muss sozusagen die Schlussfolgerung gezogen werden, dass diese Personen nicht in unserer Ahnenreihe liegen."

Damit können die zugezogenen Jungsteinzeitler, also die ersten Bauern, nicht unsere Vorfahren gewesen sein. Sie unterscheiden sich genetisch zu stark von der heutigen Bevölkerung Europas. Deshalb kann Hypothese Nummer 2 nicht stimmen. Die Jäger und Sammler können nicht vollständig von den Neuankömmlingen verdrängt worden sein. Burger:

"Das Erstaunliche daran ist, dass diese Personen, die definitiv Träger der frühen Kultur des Ackerbaus waren, selber sich nicht verwirklichen konnten - genetisch. Aber die Idee der Sesshaftigkeit und der Viehzüchtung ist geblieben, die Personen selber sind ausgestorben."

Die Kultur der Einwanderer aus dem Nahen Osten konnte sich etablieren, nicht aber die Einwanderer selbst. Dennoch müssen sich die eingewanderten Bauern mit der bisherigen Bevölkerung vermischt haben, da diese genetische Linie zwar selten, aber trotzdem noch vorhanden ist. Damit ist Hypothese Nummer 1 auch ad acta gelegt. Die einstigen Jäger und Sammler haben nicht bloß die Idee der Ackerwirtschaft und der Viehzucht übernommen, sondern einige Eingewanderte Bauern in ihrer Bevölkerung integriert. Die untersuchten Skelette repräsentieren zwar ein Gebiet von 800 Kilometern, ganz verallgemeinern lassen sich die Daten aber noch nicht. Haak:

"Wir müssen davon ausgehen, dass es sich um kleinräumige Entwicklungen gehandelt hat. Und in dieser Hinsicht müssen wir auch die genetischen Ergebnisse deuten. Das heißt, dass wir nur für unseren Bereich in Mitteleuropa sprechen können. Wie die Situation der Neolithisierung beispielsweise in Italien, in Spanien, in Frankreich ausgesehen hat, das können wir mit unseren Daten nicht beantworten."

Trotzdem konnten die Mainzer Anthropologen mit ihrer Arbeit zum ersten Mal einen Beweis erbringen, dass Hypothese Nummer 3 die wahrscheinlichste ist. Es hat Vermischungen gegeben, auch wenn diese nur in Einzelfällen stattgefunden und evolutionsbiologisch keine Rolle gespielt haben. Die Forscher vermuten, dass es ein eher friedliches Miteinander gegeben hat und die einstigen Jäger und Sammler bloß ihre Kultur verändert haben. Genetisch sind sie aber die gleichen geblieben sind. Burger:

"Jetzt wollen wir in zweierlei Richtungen schauen, natürlich zeitlich nach vorne und nach hinten. Das heißt, wie sehen denn die tatsächlichen Jäger und Sammler aus in Europa, aber auch was passiert denn eigentlich nach dem Neolithikum?"

Das bedeutet, die eingewanderten Bauern sind nicht unsere genetischen Vorfahren. Sie haben zwar eine völlig neue Lebensweise nach Mitteleuropa gebracht, hatten aber keinen genetischen Einfluss auf die Bevölkerung. Die Vorfahren der heutigen europäischen Bevölkerung rekrutieren sich demnach doch aus den einstigen Jägern und Sammlern, auch wenn sie das Jagen durch Tierdomestikation und das Sammeln durch Ackerwirtschaft ersetzt haben.

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/437514/
 
clemens schrieb:
warum das so ist, wird nicht gesagt. da sich, wie in obigen beiträgen schon gesagt, die menschen mischten, war sicher die anzahl der jäger/sammler im gebiet, die nach und nach sesshaft wurden und die neue kultur annahmen, bedeutend größer als die der einwandernden kulturbringer:

Lieber Clemens,
ist das die Anatolientheorie, die besagt, dass der Ackerbau in Anatolien erfunden wurde und von dort Europa erreichte?:confused:
 
heinz schrieb:
Lieber Clemens,
ist das die Anatolientheorie, die besagt, dass der Ackerbau in Anatolien erfunden wurde und von dort Europa erreichte?:confused:

hallo heinz,
die autoren in popes beitrag/link sprechen vom 'nahen osten', da dieser auch die türkei und damit anatolien umfasst, werden sicher auch diese gebiete zumindest mit einbezogen worden sein. welche gruppen im einzelnen dort gemeint sind, entzieht sich natürlich meiner kenntnis.

diese kurze aussage ist vielleicht dazu ganz interessant:
hinweis auf artikel in 'spiegel-wissenschaft' schrieb:
Indoeuropäische Ursprache kam aus Anatolien
Von Hans-Arthur Marsiske
Die indoeuropäische Ursprache entstand in anatolischen Bauerndörfern. Forscher haben mit einer Methode aus der Biologie nachgewiesen, dass die große Sprachfamilie mit bis zu 9800 Jahren älter ist als bisher vermutet und sich gemeinsam mit der Landwirtschaft verbreitete.

und vielleicht auch dieses:
http://www.wissenschaft.de/wissen/news/232809.html

hyokkosee kann sicher mehr dazu sagen, denn meso- und neolithikum gehören nicht zu meinen besten baustellen. ;)
 
Nach den Ergebnissen der Forscher besteht kein Zweifel daran, dass die indogermanischen Sprachen aus Anatolien stammen: Die ersten Abzweigungen auf dem Stammbaum tauchen 9800 bis 7800 vor Christus auf – viel zu früh, um mit den Wanderungen des Kurganvolkes erklärt werden zu können. Aus der Ursprache entwickelten sich im Lauf der Zeit viele verschiedene Sprachgruppen, zu denen unter anderem Keltisch, Germanisch, Slawisch, Romanisch, Griechisch, Iranisch, Indisch, Baltisch, Armenisch, Hethitisch und Thrakisch gehören.

http://www.wissenschaft.de/wissen/news/232809.html

Hier die Homepage des Forschers: http://www.psych.auckland.ac.nz/psych/research/Evolution/GrayRes.htm

IndoEurop.JPG

http://www.psych.auckland.ac.nz/psych/research/Evolution/Gray&Atkinson2003.pdf

:grübel:

Es gibt aber auch Kritiker, die die Methode nicht anerkennen wollen. Von daher ist "zweifelsfrei" etwas zuviel gesagt.

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Ok, wagen wir eine Synthese aus den beiden Forschungsergebnissen. Wir müssen uns also die Indogermanen als anatolische Bauern vorstellen, die in kleinen Grüppchen um 5.000 v.Chr. nach Europa kamen und dort die Kultur der Bandkeramik hervor- bzw. mitbrachten. Während der demographische Beitrag der Einwanderer gering blieb, verbreiteten sich Sprache und Techniken der Einwanderer rapide unter der europäischen mesolithischen Urbevölkerung...

Das alles möchte ich aber mit Vorsicht genießen. Denn die Implikationen sind schon gewaltig. Da werden sich noch zahlreiche Widersprüche auftun, bis das so stehen gelassen werden kann ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Pope schrieb:
Es gibt aber auch Kritiker, die die Methode nicht anerkennen wollen. Von daher ist "zweifelsfrei" etwas zuviel gesagt.

So ist es. Die Methodik basiert auf der umstrittenen Glottochronologie und ist eigentlich ein alter Hut. Als beweiskräftig würde ich sie jedenfalls nicht bezeichnen.
 
clemens schrieb:
hallo heinz,die autoren in popes beitrag/link sprechen vom 'nahen osten', da dieser auch die türkei und damit anatolien umfasst, werden sicher auch diese gebiete zumindest mit einbezogen worden sein. welche gruppen im einzelnen dort gemeint sind, entzieht sich natürlich meiner kenntnis.
diese kurze aussage ist vielleicht dazu ganz interessant:
und vielleicht auch dieses:
http://www.wissenschaft.de/wissen/news/232809.html
hyokkosee kann sicher mehr dazu sagen, denn meso- und neolithikum gehören nicht zu meinen besten baustellen. ;)

Lieber Clemens,
Hyokkose hat mal die Anatolientheorie vertreten. Ich nehme schon an, dass er diese These noch weiterhin verteten wird.
 
Zunächst einmal besten Dank an ning und Pope, die diese interessante Untersuchung ins Netz gestellt haben !!!

So revolutionär ist es allerdings nicht, was die Mainzer Paläogenetiker da herausgefunden haben wollen.

Schon bisher hat kein ernstzunehmender Wissenschaftler behauptet, dass die frühen jungsteinzeitlichen Bauern, die von Kleinasien nach Süd- und Mitteleuropa zogen, die alteingesessene Bevölkerung Europas total verdrängt hätten. Stets waren die meisten Forscher der Ansicht, dass sich ein Vermischungsprozess vollzogen hätte und die neolithischen Bauern Vorderasiens ihre Kenntnisse ebenso über eine Kulturtrift weitergegeben hätten. Die Frage war lediglich, wie hoch man den Anteil einwandernder Bauern ansetzen müsste, die den Gedanken des sesshaften Ackerbaus in Europa verbreiteten.

In diesem Zusammenhang wäre zu bemerken, dass die Untersuchung der Mainzer Wissenschaftler natürlich nicht repräsentativ sein kann, da lediglich Skelette aus dem ungarischen und deutschen Raum untersucht wurden. Diese Untersuchung kann also nur einen Trend aufzeigen. - Ich bin davon überzeugt, dass z.B. in Südosteuropa/Griechenland, wo die ganz frühe neolithische Sesklo- Kultur etwa um 6000 v.Chr. entstand, der Anteil der so genannten "seltenen Erblinie N1a" viel stärker vertreten sein muss, als das in Mitteleuropa der Fall ist, wo die Linie durch einen Wanderungszeitraum von etwa 1000-1500 Jahre stark ausdünnte. Die Sesklo-Kultur im griechischen Raum, wo die frühen Bauern aus dem Osten als erstes eintrafen, zeigt nämlich vielfach noch deutliche Hinweise auf Kleinasien. Das müsste sich also auch bei einer Gen-Untersuchung zeigen.

Was die beiden Mainzer schließlich über die Basken - die Vasconen - herausgefunden haben wollen, bestärkt mich in einer Meinung, die ich stets vertreten habe: Die Basken sind vermutlich ein Rest der so genannten europäischen "Urbevölkerung". Hier gibt es freilich auch ganz konträre Meinungen - beweisen lässt sich nichts.

Nach wie vor kann ich mich allerdings nicht mit Schlussfolgerungen von Renfrew anfreunden, dass die frühen neolithischen Bauern - d.h. also die Bandkeramiker - Indogermanen gewesen sein sollen. Für eine solche Behauptung fehlt meines Erachtens jede Grundlage.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dieter schrieb:
Ich bin davon überzeugt, dass z.B. in Südosteuropa/Griechenland, wo die ganz frühe neolithische Sesklo- Kultur etwa um 6000 v.Chr. entstand, der Anteil der so genannten "seltenen Erblinie N1a" viel stärker vertreten sein muss, als das in Mitteleuropa der Fall ist, wo die Linie durch einen Wanderungszeitraum von etwa 1000-1500 Jahre stark ausdünnte. Die Sesklo-Kultur im griechischen Raum, wo die frühen Bauern aus dem Osten als erstes eintrafen, zeigt nämlich vielfach noch deutliche Hinweise auf Kleinasien. Das müsste sich also auch bei einer Gen-Untersuchung zeigen.

Was die beiden Mainzer schließlich über die Basken - die Vasconen - herausgefunden haben wollen, bestärkt mich in einer Meinung, die ich stets vertreten habe: Die Basken sind vermutlich ein Rest der so genannten europäischen "Urbevölkerung". Hier gibt es freilich auch ganz konträre Meinungen - beweisen lässt sich nichts.


Daher wäre es interessant, wenn frühere und spätere Europäische Populationen ebenfalls auf diese N1a-Linie hin untersucht würden.

Zu den Basken: das Ergebnis zeigt ja, dass Mitteleuropäer weniger von den Eingewanderten, als von den Alteingesessenen abstammen. Wir sind also versucht/verdammt zu behaupten: "Ich bin ein Vaskone".
 
Dieter schrieb:
So revolutionär ist es allerdings nicht, was die Mainzer Paläogenetiker da herausgefunden haben wollen.

Das ist richtig. Bereits in den bisherigen Veröffentlichungen zur Genforschung war zu lesen, daß die heutigen Europäer zum weitaus größten Teil von den Sammlern und Jägern abstammen, die sich am Ende der Eiszeit europaweit ausgebreitet haben.

Immer noch empfehlenswert:

Luigi Luca Cavalli-Sforza: Gene, Völker und Sprachen - die biologischen Grundlagen unserer Zivilisation, München/Wien 1999, ISBN 3-446-19479-7

Spencer Wells, Die Wege der Menschheit - eine Reise auf den Spuren der genetischen Evolution, Frankfurt/Main 2003, ISBN 3-10-089430-8


Wobei man bei Cavalli-Sforza ein paar Abstriche bei dem Thema "Sprachen" machen muß - aber man kann von einem herausragenden Genetiker nicht erwarten, daß er auch ein herausragender Linguist ist.


Pope schrieb:
Wir sind also versucht/verdammt zu behaupten: "Ich bin ein Vaskone".

Wieso? Spricht hier jemand Baskisch? "Vaskone" ist ein linguistischer Begriff, und dazu noch ein reichlich hypothetischer. Ich persönlich bin gegenüber Vennemanns Theorien recht skeptisch eingestellt; sein Beweismaterial ist nämlich relativ dürftig.

Ich persönlich halte es für wenig wahrscheinlich, daß die spätpaläolithischen Europäer eine einheitliche Sprache gesprochen haben, geschweige denn, daß sich diese Sprache zehntausend Jahre später noch identifizieren läßt.
 
Dieter schrieb:
Nach wie vor kann ich mich allerdings nicht mit Schlussfolgerungen von Renfrew anfreunden, dass die frühen neolithischen Bauern - d.h. also die Bandkeramiker - Indogermanen gewesen sein sollen. Für eine solche Behauptung fehlt meines Erachtens jede Grundlage.

Die einzige solide Grundlage für eine solche Behauptung wäre das Auffinden schriftlicher Quellen, welche die Sprache der Bandkeramiker belegen. Diese Grundlagen fehlen uns aber für das ganze Neolithikum. Für Spekulationen, welche Sprachen die Schnurkeramiker, Trichterbecher- oder Kugelamphorenleute gesprochen haben, fehlt ebenfalls jede Grundlage.
 
hyokkose schrieb:
Wieso? Spricht hier jemand Baskisch? "Vaskone" ist ein linguistischer Begriff, und dazu noch ein reichlich hypothetischer.

Ja, ja! Ein Baske ist ein Mensch aus dem Baskenland. Stammt dieser baskische Mensch von den europ. paläolithischen J&S ab, und stammen die Mitteleuropäer ebenfalls von den europ. paläolithischen J&S ab, dann sind wir doch alle brothers & sisters.

Das meinte ich. Die Wenns und Abers habe ich dabei nicht vergessen...:cool:
 
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