Der Gedanke des Cakravartin

SRuehlow

Mitglied
Der Cakravatin-König ist das Idealbild eines buddhistischen Weltkönigs, der das Rad der Lehre dreht und gerecht, in absolutem Altruismus, oder wie man im tibetischen Buddhismus sagt, Boddhichitta, herrscht.
Dieses Idealbild eines Königs war sehr populär in Süd- und Ostasien. Die Idee stammte aus Indien und soll direkt auf die Belehrungen Buddhas an die Provinzherrscher in den nördlichen Provinzen zurückgehen. Buddha lehrte, dass ein König nicht nur die Menschen zu schützen habe, sondern dass alle Lebewesen dieser Erdenexistenz seines Schutzes bedürfen. Bereits im 6. Jahrhundert gab es in Korea einen König, der den Anspruch eines Cakravartin-Königs für sich proklamierte. (Bei meinen Nachforschungen konnte ich nicht einen speziellen Namen herausfinden, da sich Korea zu dieser Zeit in drei Königreiche aufsplitterte und die meisten Könige dieser Zeit eher mythische Legenden darstellen, als dass sie wirklich gelebt haben. Sorry!). Der mongolisch-chinesische Herrscher Khubilai Khan könnte 1261 durch den Besuch des koreanischen Thronerben von der Idee des Cakravartin erfahren haben. Ebenso gut möglich ist aber die Einflussnahme des tibetischen Klerus auf das mongolische Herrschaftshaus Yuan. Besonders muss diese Idee Khubilai Khans, sich zum Weltherrscher auszurufen, de facto mit der Wiederaufnahme der Kriegshandlungen 1267 gegen die Süd-Sung etabliert haben. Bezeichnend für seine Weltanschauung und politischen Gedanken war seine milde Handhabe und Förderung für das chinesische Volk, besonders aber für die Bewohner des früheren Gold Reiches.
Der Gedanke des Cakravartin-Königs wurde jedoch schon viel früher von Kaiser Asoka in Nordindien aufgenommen, der unter dem Vorwand ein buddhistisches König- oder Kaiserreich zu schaffen, über Leichen ging, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Hierbei sollte man erwähnen, dass er sich erst kurz vor seinem Tod zum Buddhismus bekannt hat, wie Kaiser Konstantin zum Christentum, denn auch er lies die blutigen Spiele im Kolosseum weiter ausrichten, obwohl es gegen den christlichen Glauben war.

Zurück nach Asien, liebe Freunde: Ich komme zum Schluss, dass der Gedanke des Cakravartin positiv aufzufassen ist, aber es nicht gelangt hat, um diese Menschenfreundlichkeit zu erlangen, denn zu oft steckte hinter der Maske des Altruismus nur die hässliche Fratze des Machthungers und der Gewaltherrschaft...

Quellen: Bhikku Pasadika: Grundvorstellungen zum Verhältnis zwischen Religion und weltlicher Macht im frühen Hina- und Mahayana, 2001, S. 63-87.
 
SRuehlow schrieb:
Bereits im 6. Jahrhundert gab es in Korea einen König, der den Anspruch eines Cakravartin-Königs für sich proklamierte. (Bei meinen Nachforschungen konnte ich nicht einen speziellen Namen herausfinden, da sich Korea zu dieser Zeit in drei Königreiche aufsplitterte

Da hätte ich in erster Linie Póphúng von Silla (514-540) in Verdacht, der 528 den Buddhismus als offizielle Religion proklamierte. Der posthume Name "Póphúng" bedeutet "Dharma-Erheber".


SRuehlow schrieb:
und die meisten Könige dieser Zeit eher mythische Legenden darstellen, als dass sie wirklich gelebt haben. Sorry!).

Das gilt für so frühe Gestalten wie z. B. Hyókkóse, jedoch nicht mehr für das 6. Jahrhundert. Die Könige dieses Zeitraums sind zuverlässig belegt.
 
Das habe ich mir schon gedacht... ich wußte aber nicht genau die Namen und Linien der Könige in Korea. Deshalb habe ich raus gelassen. Interessant ist aber, dass der Gedanke eines buddhistischen Weltenherrschers für lange Zeit verschwindet. Ich glaube mich zu erinnern, dass Bhikkhu Pasadika einmal erzählt hat, dass es kaum Könige zwischen dem 8.-13. Jahrhundert gab, die diesen Gedanken aufgriffen. Kubilai Khan war dann wieder ein inbrünstiger Verehrer dieses Gedankengangs...
 
Mittlerweile hatte ich Gelegenheit, die annalistischen Abschnitte der einschlägigen Geschichtsbücher Samguk-Sagi und Samguk-Yusa durchzugehen. Den Begriff des Cakravartin habe ich dort bei den Königen des 6. Jahrhunderts nicht gefunden, aber es werden an zwei Stellen Erlasse erwähnt, die das Töten von Lebewesen verbieten. Der Wortlaut der Erlasse ist nicht überliefert.

Bei dem bereits erwähnten Silla-König Póphúng heißt es nur lapidar, daß in seinem 16. Regierungsjahr (529) das Töten von Lebewesen verboten wurde.

Der Paekche-König mit dem posthumen Namen Póp ("Dharma"), der nur ein Jahr lang regierte (599/600) verbot im 12. Monat seines ersten Regierungsjahrs (Anfang 600) das Töten von Lebewesen. Die vom Volk gehalten Jagdfalken sollten eingesammelt und freigelassen werden; Fischerei- und Jagdgeräte sollten verbrannt werden.
 
Das Wort Cakravartin kommt aus dem Sanskrit und bedeutet soviel wie Allmächtiger Raddreher. Vielleicht findet sich im Koreanischen keine Variante davon... ich weis nicht, welche Beziehungen Korea im 1. Jahrtausend nach Buddha zu Indien pflegte. Es kann ja möglich sein, dass es Mönchsgesandtschaften gab, die ihren Weg über die nördlichen Seidenstraßen durch China hindurch und über das Gebiet der Dai Viet nach Korea fanden.
 
Zuletzt bearbeitet:
SRuehlow schrieb:
Das Wort Cakravartin kommt aus dem Sanskrit und bedeutet soviel wie Allmächtiger Raddreher. Vielleicht findet sich im Koreanischen keine Variante davon...

Doch, natürlich gibt es eine (sino-)koreanische Variante, nämlich Sóllyun-sóngwang (vom Chinesischen 轉輪聖王). Nach diesem Begriff habe ich Ausschau gehalten. (Ich wollte es noch dazuschreiben, habe es aber dann vergessen.)


SRuehlow schrieb:
ich weis nicht, welche Beziehungen Korea im 1. Jahrtausend nach Buddha zu Indien pflegte. Es kann ja möglich sein, dass es Mönchsgesandtschaften gab, die ihren Weg über die nördlichen Seidenstraßen durch China hindurch und über das Gebiet der Dai Viet nach Korea fanden.

In der Tat gab es direkte Kontakte, doch die Rolle Chinas als Vermittler war von ungleich größerer Bedeutung. Das zeigt sich schon daran, daß praktisch alle aus dem Sanskrit stammenden buddhistischen Begriffe aus dem Chinesischen entlehnt worden sind.

Hierzu noch ein Link:
http://times.hankooki.com/lpage/nation/200410/kt2004100518562811950.htm

Die Legende mit der Prinzessin aus Ayodhya, die König Suro geheiratet haben soll, ist allerdings gänzlich fiktiv. Suro selbst ist eine legendäre Figur.


* * *

Nun habe ich aber den König, der den Anspruch des Cakravartin erhoben haben soll, identifizieren können, vgl. folgenden Link:

http://oriental.ysu.ac.kr/Gboard/download.php?code=tbl_m_oriental_pds1&uid=25

It is remarkable that King Chinhung (r. 540-576) of Silla became A monk in his old age, taking the Buddhist title of Dharma Cloud. He named his sons Tongnyun (Bronze Wheel) and Saryun (Iron Wheel), two of the four kinds of Cakravartin or the wheel-turning ideal Buddhist emperor. The Buddhist ideal of kingship, encapsulated in the concept of cakravartin (the cosmic sovereign) and exemplified in the monastic hagiography of King Asoka of ancient India, had a pervasive influence in the early and medieval societies of South, Southeast and East Asia. Its accommodation in the early Korean state of Silla represents the country's effort to integrate itself into the wider cultural world of contemporary Buddhism. At the same time, the adroit manipulation of the concept of cakravartin and the related Asokan symbolism aimed at the reinforcement of monarchical authority testifies to the creativity of the early Silla kingship.

King Chinhung also established several monasteries, including the Yellow Dragon Monastery as royal temples and when the monk Hyeryang escaped from Koguryo, he was appointed chief abbot of the monastery and asked to recite the Inwang kyong (Benevolent King Sutra) which enunciates the concept of cakravartin and is regarded as an invincible citadel against national calamities. King Chinhung toured his territories accompanied by monks, and had inscriptions carved on stone pledging his love for his people and proclaiming that the purpose of his tour was to comfort the people and reward those who displayed loyalty to the kingdom. The career of Asoka, the archetypal exemplar of the concept of cakravartin, provided him with an ideological rationale to justify his aggressive military campaigns.
 
Zurück
Oben