Der Münzfund (600 kg!) von Tomares

El Quijote

Moderator
Teammitglied
In Tomares, Provinz Sevilla, Spanien, hat man gestern bei Kanalarbeiten eine Reihe von 19 Amphoren gefunden, die mit 600 kg Kleinmünzen aus Bronze (3./4. Jhdt.) gefüllt waren. Hauptsächlich der Kaiser Maximinian und Konstantin.
Bei den Ausschachtungsarbeiten für einen Kanal wurden zehn der 19 Amphoren beschädigt (dabei kamen die Münzen zum Vorschein), die übrigen neun Amphoren sind noch versiegelt.

Es scheint sich dabei um prägefrische Münzen, teils Pseudo-Denare zu handeln:
"Asimismo, la mayoría está en flor de cuño, es decir, que no estuvo en circulación por lo que no tiene desgaste"

Sinngemäße ÜS: Die Münzen, insbesondere solche mit Silberüberzug (Aunque la mayoría de las monedas es de bronce, los arqueólogos también han encontrado algunas bañadas en plata.) sind in der Blüte ihrer Prägung, sie sind also noch nicht im Umlauf gewesen und daher noch nicht abgegriffen.
Leider sind bisher nur spanische Pressetexte zum Thema zu finden.
600 kilos de monedas romanas descubiertas en Tomares (Sevilla) | Cultura | EL PAS
 
Interessant. Kann das unser Bild von der Qualität des Denar (Silberüberzug) im 3./4. Jhdt. verändern?
 
Dass es hin und wieder mal Epochen gab, in denen sich die Münzqualität verschlechterte (ein Grund, warum die Germanen laut Tacitus die republikanischen bigati und serrati den zeitgenössischen Münzen bevorzugten, wobei fraglich ist, ob das wirklich eine Beschreibung der germanischen Geflogenheiten war oder nicht eher ein Seitenhieb auf das römische Währungssystem) ist ja zunächst einmal nichts Neues.
Ohne diesen Fund in seiner Bedeutung schmälern zu wollen, so nehme ich doch zunächst einmal an, dass die Qualität der Münzen des 3./4. Jhdts. (im Guten wie im Schlechten) für die Numismatiker kein unbekanntes Feld ist.
 
Der Fund tauchte heute auch im SPON auf:
Spanien: Archäologen heben riesigen Schatz römischer Münzen - SPIEGEL ONLINE

Erstaunt war ich, dass man die Münzen in Amphoren verstaut hat. Normalerweise würde ich eher an Schüttgut (Getreide oder Flüssigkeiten denken).

Anscheinend waren das aber spezielle Amphoren:

"En el anverso, aparece la figura del emperador Maximiano o de Constantino. En el reverso, diversas alegorías romanas, como la abundancia".

Auf der Vorderseite befindet sich die Gestalt des Kaisers Maximianus oder Konstantin. Auf der Rückseite diverse römische Alegorien, wie der Überfluß. (eigene ÜS).

(aus dem von El Q. oben genannten Artikel aus El País.)

Anscheinend handelt es sich dabei um staatliche Amphoren.

Interessant wäre auch der Fundkontext: wurden diese einfach "irgendwo" aufgrund von unruhigen Zeiten vergraben oder befanden sie sich in einem Schatzamt. Ich bin gespannt, was die Archäologen noch herausfinden.
 
Anscheinend waren das aber spezielle Amphoren:
"En el anverso, aparece la figura del emperador Maximiano o de Constantino. En el reverso, diversas alegorías romanas, como la abundancia".
Auf der Vorderseite befindet sich die Gestalt des Kaisers Maximianus oder Konstantin. Auf der Rückseite diverse römische Alegorien, wie der Überfluß. (eigene ÜS).
(aus dem von El Q. oben genannten Artikel aus El País.)

Anscheinend handelt es sich dabei um staatliche Amphoren.

Das sind Beschreibungen der Münzen, nicht der Amphoren.

Interessant wäre auch der Fundkontext: wurden diese einfach "irgendwo" aufgrund von unruhigen Zeiten vergraben oder befanden sie sich in einem Schatzamt. Ich bin gespannt, was die Archäologen noch herausfinden.
Die Frage habe ich mir auch gestellt.
Da es sich um wohl ungelaufene Münzen handelt, würde es mich nicht wundern, wenn ein "Beamter" oder eine Gruppe von "Beamten" sie über Jahre "zur Seite" gebracht hat.
 
Das sind Beschreibungen der Münzen, nicht der Amphoren.

ähm, absolutamente correcto, mea (mi) culpa :rotwerd:.

Da steht ja auch im Satz vorher: antes de describir las monedas::red: Wieder mal "tomates ante ojos":D

Die Frage habe ich mir auch gestellt.
Da es sich um wohl ungelaufene Münzen handelt, würde es mich nicht wundern, wenn ein "Beamter" oder eine Gruppe von "Beamten" sie über Jahre "zur Seite" gebracht hat.

Möglicherweise sind wir hier einem Korruptionsskandal auf der Spur:devil:.
 
Ich frag mich gerade, ob Constantinus oder evtl. Constantius gemeint ist. Im Text steht Constantino (Constantinus), dabei würde Constantius besser passen, da in der Tetrarchie Maximinian Augustus des Westreiches und zeitgleich Constantius Caesar des Westreiches war. Damit würde auch meine Hypothese des über Jahre beiseite Schaffens fallen. Wenn es sich aber tatsächlich um Münzen Maximinians und Constantinus' handelt, dann würde meine Korruptionshypothese stehen, wobei die Menge des beiseite geschafften Materials dann doch extrem hoch wäre und auf eine ziemliche Raffgier hindeuten würde. Daher auch meine obige Aufweichung der Hypothese, dass es sich womöglich nicht um einen einzelnen Beamten sondern um eine ganze Gruppe handelte.

Dummerweise haben wir - abgesehen von Inschriften und archäologischen Zeugnissen - für die hispanischen Provinzen recht wenig Information zwischen dem augusteischen Zeitalter und der Völkerwanderungszeit. Historiographisch waren diese Provinzen doch abgesehen von einem Einfall aus Mauretanien im 3. Jhdt. und den Bagaudenaufständen gegen Ende des 4. Jhdts. recht langweilig. Aus den historiographischen Quellen dürfte es also schwieirg sein, einen Grund zu finden, warum die 19 Amphoren versteckt und nicht wieder geborgen wurden, wenn es darum ging, das Geld einfach zu schützen (also kein Korruptionsskandal).
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier handelt es sich nicht um "Pseudo-Denare", sondern um Silvered Follis. Denare wogen nur im Schnitt 3,5 gr. bzw. spätere Doppeldenare (Antoniniane) ca. 4-5 gr. und darunter (Münzinflation). Die Folles hingegen wurden unter Diocletianus im Rahmen der Münzreform eingeführt. Diese wogen im Schnitt ca. 10 gr. Das nur mal so am Rande.
 
Der Sammlerwert der Münzen wird auf 70 €/Stück beziffert, die Finder sollen davon die Hälfte erhalten. Also 35 €/Münze. Bei 50.000 Münzen (Schätzwert) ca. 1,75 Millionen €, die da auf die Arbeiter verteilt werden. Für die städtischen Arbeiter aber sicher ein willkommenes Zubrot. Ich frage mich allerdings, aus welchem Topf das ganze bezahlt werden soll.
 
Zuletzt bearbeitet:
Maximinian war im Übrigen vermutlich gar nicht so weit von Tomares entfernt. In Cercadilla (Bahnhofsviertel von Córdoba, extramuros) vermutet man in römischen Ruinen den Palast von Maximian, der sich in Andalusien aufhielt, um der Piraterie im Umfeld der Straße con Gibraltar Herr zu werden. Im Zusammenhang mit der Piraterie könnte auch die Verbergung der 19 Amphoren stehen.
 
Die bei uns als Soldatenkaiserzeit bekannte Phase des römischen Reiches im 3. Jhdt. wird in der spanischen Geschichtswissenschaft als Anarquía Militar (ÜS wohl nicht notwendig, oder?) bezeichnet. In diese Phase fallen die maurischen* Überfälle auf die Baetica (Baetis = Guadalquivir, Baetica ~ Andalusien (im Osten etwas abgeschnitten, dafür etwas weiter nach Norden reichend)).
Dies hatte dazu geführt, dass die andalusischen Städte befestigt wurden. die Städte in Zentral- und Nordhispanien dagegen waren eher nachlässig behandelt worden. Hispania lag einerseits an der Peripherie des Reiches, andererseits aber ohne Außengrenzen. Daher war eine Befestigung der hispanischen Städte seit Augustus nicht mehr notwenig gewesen. Im 3. Jhdt. aber gab es mehrere Rheinüberschreitungen von Franken und Alamannen (258, 276). Die Alamannen zogen 258 und 276 erneut durch das Rhonetal Richtung Pyrenäen überschritten diese und zerstörten v.a. entlang der Küste viele hispanische Städte. Die Franken kamen 258 die andere Route, über die Maas, eher entlang der Atlantikküste und zerstörten zunächst Pamplona und landeten schließlich in Lusitanien (Portugal u. Extremadura). Aus dieser Zeit finden sich neben Zerstörungshorizonten auch viele Münzhorte, die nicht mehr geborgen wurden.
In Gallien selbst kam es kaum zu Zerstörungen, weil es hier - im Gegensatz zu Hispanien - Truppen gab.
Die Frage ist nun, ob die maurischen und germanischen Invasionen in die Hispania, wovon die letzte 276, also neun/zehn Jahre vor dem Regierungsantritt Diokletians/Maximians stattfand, eine Erklärung für die Verbergung der 19 Münzamphoren sind. An die Invasionen wird man sich noch gut erinnert haben. Aber gab es einen konkreten Anlass.


*Wir reden hier vom 3. Jhdt., also bitte nicht mit den Ereignissen von 711 ff. verwechseln.
 
Wer zufälligerweise heute noch schnell nach Sevilla fliegt: Heute gibt es im archäologischen Museum einen Vortrag zum Münzschatz von Tomares.
 
Vom Nov. 2022 (http://www.thehistoryblog.com/archives/65601) (gekürzt, eingerückt


Six years after the discovery of a massive treasure of Roman coins in Tomares, a suburb of Seville, Spain, the first report of the findings has been released by archaeologists and numismatists from the University of

Das wundert mich ein wenig, weil ja schon 2018 im Arch. Museum in Sevilla ein Vortrag dazu gehalten wurde.​

The hoard was discovered during city work on the El Zaudín public park. A mechanical digger unearthed 19 large amphorae filled with Roman coins, breaking 10 of them in the process. Workers alerted authorities and archaeologists were promptly dispatched to salvage the coins from the broken amphorae and recover the intact amphorae without damaging them.

The nine intact amphorae were numbered and set aside and are still unopened as of now, although a microcamera was threaded into them to confirm they are indeed filled with the same quantity and types of coins as the others. Amphorae 10 and 11 were broken but their coin content remained intact within. the microexcavation of the coin groups from 10 and 11 found they contain a similar number coins: around 2,800. The coins from the eight amphorae that were completely fragmented tallied up to 22,288. Another 102 coins were found in a later exploration of the find site. They were scattered, but given the context, they are likely to have been part of the hoard.

Archaeologists estimate that the total number of coins in the 19 amphorae is more than 53,000. They are tetrarchic nummi, issued after Diocletian’s financial and monetary reform in 294, but before the reform of 313. […]

The excavation of the two broken amphorae with largely undisturbed contents revealed that they were both filled in the same manner. The coins were dropped in, forming horizontal layers that stopped before reaching the neck. To ensure there were as few gaps as possible in the layers, the upright amphorae were shaken side-to-side. Coins shifted into the lateral spaces, creating quasi-vertical lines around the edges of the horizontal layers. This strongly suggests that they were filled in a single operation, rather than gradually accumulated. This is confirmed by the absence of any chronological order of coins in the layers. The newest coins were frequently found in the deepest layers, in fact.

@Carolus und ich hatte ja damals gemutmaßt, dass hohe Beamte hier privat etwas beiseite geschafft hätten, bzw. es sich um einen Korruptionsskandal handele, dass aber jüngere Münzen wohl auffällig häufig in den unteren Lagen der Amphoren zu finden waren, scheint dagegen zu sprechen. Stellt sich die Frage, warum offensichtlich Behörden offensichtlich relativ (aber nicht unbedingt absolut) prägefrische Münzen offensichtlich außerhalb der Stadt in Amphoren verbargen, aber nie wiederkehrten und bargen.​

The coins date to between 294 and 311 A.D. All of the emperors — both Augustuses and Caesars — of the tetrarchic period are represented on the coinage: Diocletian, Maximian, Constantius, Galerius, Constantine, Severus, Maximinus, Licinius and Maxentius. Diocletian’s coins are by far the most common in the hoard. The empire’s main mints are all represented as well: Rome, Carthage, Aquileia, Treveris, Ticinum, Lugdunum, Londinium, Siscia, Ostia, Alexandria, Cyzicus, Thessalonika, Heraklea, Nicomedia, Antioch.

Eine Prägestätte Sevilla (Hispalis) oder Córdoba (Corduba, wo Maximian residierte), wird nicht erwähnt.​

A geomagnetic and stratigraphic survey of the site found the remains of a 3rd-4th century brick building (opus latericium) with buttressed walls typical of warehouses of rural agricultural estates. The structure had a front portico supported by columns that was paved with a lime floor. The 19 amphorae crammed full of coins appear to have been cached under the floor and the lime layer used to seal them in. The building was abandoned in the 4th century and it was dismantled for reuse of its construction materials in the 6th century. Nobody noticed there was a gigantic treasure hidden under the floor.

The amphorae had been placed with perfect regularity standing upright one next to the other. The vessels are all of the same type and origin: olive oil storage and transport amphorae of local production, the agricultural lifeblood of the area and the likely function of the rural estate where the coins were collected and stashed.

The prevalence of coins from the reign of Diocletian may be an important clue to why they were hoarded in the first place.

The answer could be because as the emperors went by and inflation grew, the weight of the pieces and their percentage of silver fell. In the year 294, a pound of silver was used to mint 32 coins; in 307 this number grew to 40, between 307 and 309 a pound of silver went into making 48 coins, and between 310 and 311, the figure had shot up to 72. In other words, the owner of the treasure preferred to hoard Diocletian’s money, with more silver in it. On average, the coins were made with an alloy of 88% bronze, 4% silver, 3.7% tin and 3.3% lead.

And why so many in the same hands? The researchers explain that Diocletian’s reform triggered “political uncertainty and conflicts between the rulers.” Added to this were territorial and social clashes that would gradually lead to a concentration of property and a devaluation of this type of currency against gold. “These and other factors explain the large amount of coins that were found, as only in large numbers could payments of a certain level be undertaken.” In other words, to make any important financial transaction, a huge number of coins was necessary. And more so if you owned a villa that functioned as an agri-food center.

The Tomares Treasure is one of the largest coin collections from the Tetrarchy (a system of government introduced by Diocletian that involved two emperors and their successors ruling at the same time) in the entire imperial territory. “It is only surpassed in size by that of Misurata, in Libya, and constitutes a top-tier testimony of monetary circulation at the beginning of the 4th century AD in the south of the Iberian Peninsula. Its composition is also an immense archive in which to study the vicissitudes (devaluations, changes in weight) of the economic policy of the emperors of the Tetrarchy, a time when the manipulation of currency was an important economic resource in the hands of public authorities.”
 
deine Reihe von 19 Amphoren gefunden, die mit 600 kg Kleinmünzen aus Bronze (3./4. Jhdt.) gefüllt waren. Hauptsächlich der Kaiser Maximinian und Konstantin.

Diese Einschätzung scheint nach Ansicht der ersten Amphoren revidiert zu sein:

Diocletian’s coins are by far the most common in the hoard. […] In other words, the owner of the treasure preferred to hoard Diocletian’s money, with more silver in it.
 
Zurück
Oben