Die italienische Armee verhielt sich bereits während der Cyrenaika- und Tripolitanien-Kampagne sehr vorsichtig, obwohl bis zu 100.000 Mann dafür bereitgestellt wurden. Der Vormarsch erfolgte vorsichtig, obwohl man (nur) 25.000 Mann auf osmanischer Seite gegenüber stand. Die Vorsicht wird sich darauf begründet haben, dass man 1896 bei Adowa/Äthiopien gegen Menelik II. eine Pleite erlebt hatte.
Auf der Seite der Kriegsgegner war die eigene Einschätzung der Armee sehr schlecht: Vetternwirtschaft, mangelnde Kampfkraft, etc. waren gängige Bedenken. Politische und militärische Entscheidungskreise waren überwiegend getrennt. Auf der Seite der Befürworter wurde nicht berücksichtigt, dass rd. ein Fünftel der Friedensstärke in Nordafrika gebunden waren, mit einer überproportionalen Menge an Material, der modernen Artillerie etc.
Analysen vom März 1914 ergaben Fehlstellen von 27.000 Offizieren, und 200.000 Uniformen für den Mob.-fall. Volles sonstiges Equipment war lediglich für 730.000 Mann der Mob.-stärke von 1.260.000 Mann verfügbar (Bericht an Ministerpräsident Salandra vom Juni 1914). Der Ernst der Lage für den Kriegsfall ergab sich daraus mittelbar, direkte und klare Informationen an die politischen Entscheidungskreise unterblieben. Der Generalstab führte hier in gewisser Weise ein Eigenleben, kannte die Probleme und träumte andererseits realitätsfern vom "Marsch auf Wien" (Cadorna).
An den Problemen der Armee änderte sich nichts Prinzipielles bis zum Kriegseintritt. Im Juni 1915 war Italien lediglich in der Lage, 35 bis 36 Divisionen mit 400.000 Mann an die österreichische Grenze zu bringen. Bis zum Ende des Jahres scheiterten 4 italienische Offensiven.
Gooch schlussfolgert:
"Cadornas amazing strategic vision of a march on Vienna, and his complete disregard of the realities of trench warfare, were the product of a unique personality in a position of unquestioned and unquestionable authority .... The Italian General Staff, unlike its German counterpart, was a small bureaucratic secretariat whose skills and training were narrowly functional..."
Hamilton/Herwig, Decisions for War 1914-1917, Kapitel "Italy".