Deutsche Serie "Barbaren"

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Ist die deutsche Serie "Barbaren" ein Versuch, die Deutschen (weiß und gut) und die Römer als grausam und blutrünstig darzustellen? In der wahren Geschichte waren die germanischen Stämme Wilde, die raubten und töteten
 
Ist die deutsche Serie "Barbaren" ein Versuch, die Deutschen (weiß und gut)
Zunächst einmal ist es eine Netflix-Serie.

Die Serie heißt Barbaren, so nannten zunächst die Griechen und später die Römer (und noch später Araber) Menschen, die nicht ihre Sprache sprachen, sondern unverständliches Kauderwelsch. Wilde. Der Witz an dem Serientitel ist, dass es sich um eine Wortspielerei handelt. Denn wir denken natürlich, dass die Germanen damit bezeichnet werden, wir sind das aus römischen Quellen so gewohnt. Tatsächlich ist der Titel aber doppeldeutig und kann auch auf das barbarische - blutrünstige - Verhalten der Römer bezogen werden. In Grausamkeit tun sich beide Seiten nicht viel.

In der wahren Geschichte waren die germanischen Stämme Wilde, die raubten und töteten
Nun ja... das mit den Wilden ist natürlich die römische Sicht. Die Römer kamen da in ein Gebiet, was aus ihrer Sicht absolut unterentwickelt war. Aber anders als sich irgendwelche neopagane Metalbands das vorstellen, waren die Germanen keineswegs zottelbärtige Barbaren, die durch den Wald sprangen. Ein sehr beliebtes Grabinventar in Männergräbern sind z.B. Rasierklingen.

Die meisten Germanen waren in erster Linie Kleinbauern, die Viehwirtschaft und Hortikultur betrieben. Und ja, auch dem Nachbarn das Vieh raubten und Kriege mit ihren Nachbarn führten.

Wenn man deinen Beitrag so liest, könnte man nun glauben, dass die Cherusker 9 nach Chr. Varus in dem kleinen latinischen Dorf Rom angegriffen hätten. Nun.... das kleine latinische Dorf gab es lange nicht mehr, es war die größte Stadt des damaligen Europa und beherrschte die Welt von Portugal bis Syrien und von der Sahara bis an die Nordsee. Gerade erst, wenige Jahre vor der Varusschlacht, hatte Rom die Gebiete zwischen Rhein und Weser unter seine Kontrolle gebracht (bzw. war wohl eigentlich noch dabei).

Die Germanen flößten den Römern Respekt ein, schließlich waren die Kimbernkriege den Römern fest in ihr historisches Gedächtnis eingebrannt.
Aber sowohl die Kimbern und Teutonen waren geschlagen worden als auch die Sueben, die Caesar in Gallien antraf. (Was machte Caesar überhaupt in Gallien? Ach ja... alte Wahlkampfschulden musste er bezahlen...)
Tja, da standen die Römer nun am Rhein, hatten in 200 Jahren Krieg Spanien und in 10 Jahren Krieg Gallien unter ihre Kontrolle gebracht, hatten unter Augustus die Alpen unterworfen und naja, da greifen die Sugambrer den Feldherren Lollius an. Und schon steht die römische Berufsarmee mit Legionen an Donau, Main, Lippe und Weser.

Und schließlich kommt es zur Varusschlacht. Was schreibt der Römer Velleius Paterculus über den römischen Statthalter Germaniens? Arm kam er ins reiche Syrien und reich verließ er das arme Syrien. Nun, das war unfair von Velleius, denn Varus machte nichts anderes, als was Römer eigentlich andauernd machten (siehe Caesar in Gallien). Die Statthalterschaft diente in der Republik dazu, in die Lage zu kommen, seine Wahlkampfschulden zu bezahlen und das änderte sich auch in der Kaiserzeit nicht. Nur selten schlug ein Statthalter dabei so über die Stränge, dass es den Provinzialen gelang, einen erfolgreichen Prozess gegen ihn anzustrengen. So wandten sich die Sizilianer an Cicero, dass dieser sie in einem Prozess gegen Verres vertrete (contra Verrem). Varus hatte also nichts aus römischer Sicht Unrechtes getan, aber irgendjemand musste ja die Verantwortung für die Niederlage tragen, und das war nun mal der, der sich nicht mehr wehren konnte: Varus. Auch der Rhetoriklehrer von Varus‘ Sohn soll diesen gescholten haben, genauso dumm zu sein, wie sein Vater. Das überliefert Seneca d. Ä.

Der römische Geschichtsschreiber Tacitus feierte Arminius als den Befreier Germaniens (liberator haud dubie Germaniae), sah also durchaus eine gewisse Berechtigung im germanischen Krieg gegen die Römer.

Also... „in der wahren Geschichte“ waren weder Germanen noch Römer Engel.
Zum Zeitpunkt der Varusschlacht standen die Römer in Germanien und nicht umgekehrt. War das gut oder war das schlecht? Für die Zeitgenossen der Eroberung war das sicherlich schlecht und eine nationalistische Bewertung würde hier enden.
Für zukünftige Generationen hätte eine Pax Augusta sicherlich ein gewisses Maß an Stabilität und Wohlstand gebracht.
Wie auch immer die Geschichte im Weiteren verlaufen wäre, sie wäre sicher völlig anders verlaufen. Vielleicht spräche man heute westlich der Weser einen dem Französischen ähnlichen romanischen Dialekt. Vielleicht hätte die Eroberung Germaniens bis zur Elbe den Rücken frei für eine vollständige Eroberung der britischen Insel gelassen und Britannien und Gallien hätten als Militärprovinzen nicht eine solche Bedeutung erlangt, die das römische Reich mehrfach in blutige Bürgerkriege stürzte und somit ihren Teil am Untergang beitrugen. Weiß man nicht, ist ja nicht passiert.

Kommen wir zu Kritik der Netflix-Serie. Ich habe sie selber nicht gesehen, muss mich daher auf das Urteil anderer verlassen. Banghardt hat in der FAZ kritisiert, dass die Serie die alte nationalistische Erzählung des 19. Jahrhunderts fortsetze. Wir haben das hier diskutiert:

https://www.geschichtsforum.de/thema/barbaren-2020.58746/page-2
 
Ist die deutsche Serie "Barbaren" ein Versuch, die Deutschen (weiß und gut) und die Römer als grausam und blutrünstig darzustellen? In der wahren Geschichte waren die germanischen Stämme Wilde, die raubten und töteten

Also, im Rauben, Töten und Versklaven waren die Römer Weltklasse; "wahre Geschichte" & so... ;)
 
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