Deutsche Sozialversicherung

Hallo Köbi

Was ist damit konkret gemeint und auf welche Erfahrungen stützt Du Dich da?

Und wann glaubst Du, wäre das Niveau höher gewesen als heute?

Du, ganz ehrlich, ich weiß es nicht mehr, warum ich mich da auf Erfahrungen bezogen habe. Die Frage stelle ich mir auch schon die ganze Zeit, ich bekomme da meinen Zusammenhang nicht mehr hin. :red:
 
Der Kapitalstock der ersten Beitragsperiode ist - ökonomisch betrachtet - der Einstieg in die Kapitaldeckung für die neu eingeführte Versicherung. ... Der Kapitalstock - im Endziel entsprechend dem Barwert aller laufenden und projektierten Versorgungslasten/Anwartschaften - bleibt auch im "Gleichgewichtszustand" des Systems konstant, also bei stabilen Renditen, Beitragsaufkommen nach Versichertenzahlen, etc. Das ist hier also der Einstieg in die Kapitaldeckung:
...

Die Verwendung des Reservefonds blieb im Gesetz von 1889 offen und es wurden auch keine zukünftigen, sondern nur die Lasten der Periode berücksichtig! Die Bildungsvorschrift (§21) lautete:

Die Rücklagen zum Reservefonds sind für die erste Beitragsperiode so zu bemessen, daß am Schlusse derselben der Reservefonds ein Fünftel des Kapitalwerths der in dieser Periode der Versicherungsanstalt voraussichtlich zur Last fallenden Renten beträgt.
Zur Verwendung findet sich im Kommentar (v. Landmann, v. Rasp, S. 51 ff.) im Rahmen der Erörterung Umlageverfahren (Vorschlag der Kommission) - Prämiendeckungsverfahren (ursprünglicher Vorschlag der Regierung) - Kapitaldeckungsverfahren (der Kompromiss!) folgendes:
Durch vorsichtige Bemessung der Beitragsperioden und durch die Ansammlung eines ausreichenden Reservefonds in der ersten Periode läßt sich indes auch bei dem Kapitaldeckungsverfahren Vorsorge treffen, dass die Beiträge in den einzelnen Perioden nur wenig steigen und die Steigerung also nicht gar zu empfindlich wird.
m. a. w. Beitragsschwankungen sollten abgefangen werden (= Schwankungsreserve!) und nicht ein Kapitalstock im Sinne eines Kapitaldeckungsverfahrens aufgebaut werden.

Dazu hätten die popeligen 90 Mio. Mark, die man zum Zeitpunkt der Abschaffung des Fonds mit dem Invalidenversicherungsgesetz von 1899 (IVG) angesammelt hatte, auch nicht ausgereicht! Die 90 Mio. Mark entsprachen ca. 7 Mark pro Versichertem oder nach Lohnklassen 1/2 bis 1 1/2 Monatsrenten!

Aus der Diskussion wird deutlich, dass es schon 1889 nicht um eine solide finanzierte Rentenversicherung ging (ein Kapitaldeckungsverfahren, das tatsächlich einen Kapitalstock ansammelt, weist sinnigerweise einen gleichbleibenden Beitrag bis zum Leistungseintritt auf), sondern um eine politische Lösung mit möglichst geringer Belastung der gegenwärtigen zahlenden zu Lasten künftiger Generationen.

Auch wenn für die Berechnung der Beiträge sich an einem Kapitaldeckungsverfahren orientiert, im Grunde war es ein Umlageverfahren mit einer komplizierteren Beitragsberechnung. Das wesentliche Merkmal - der Kapitalstock - fehlte.

Auch bei der Erstellung eines Horoskops hantiert man mit Sonne, Mond und Planeten - um Astronomie handelt es sich deshalb noch lange nicht!

... Der Kapitalstock als Reservefonds (neusprachlich-bilanziell wäre das eine Rückstellung für Versorgungslasten, deren Betrag entspricht: Aktivwert des Vermögens ./. Schwankungsreserve) dient der Kapitaldeckung des Barwertes der laufenden Versorgungslasten und Anwartschaften.
...

Der Reservefonds war und ist alt- und neusprachlich-bilanziell eine RÜCKLAGE (d. h. Eigenkapital) und KEINE Rückstellung (d. h. Fremdkapital).

zitierfhige URL (/Archiv/127639/reservefonds-v5.html) fr Reservefonds (Version: 5)

In der zeitgenössischen Kommentierung zum IVG heißt es ferner:
, daß hiedurch das Prämiendurchschnittsverfahren eingeführt und das Kapitaldeckungsverfahren nach Perioden beseitigt werde.
Die Begründung klingt schon fast modern, man wollte andernfalls erforderliche Beitragssenkungen und danach wieder notwendige Beitragssteigerungen vermeiden.
 
Auch wenn für die Berechnung der Beiträge sich an einem Kapitaldeckungsverfahren orientiert, im Grunde war es ein Umlageverfahren mit einer komplizierteren Beitragsberechnung. Das wesentliche Merkmal - der Kapitalstock - fehlte.
Das klingt schon etwas anders als vorher:
Meiner Meinung nach handelt es sich um ein klassisches Umlageverfahren

Bei der Reform wurde ausdrücklich festgestellt, dass das Kapitaldeckungsverfahren aufgegeben wird, es mithin zuvor vorhanden war. Wie oben ausgeführt, war das Kapitaldeckungsverfahren nicht aus dem Stand zu schaffen, sondern die Kapitaldeckung wurde zunächst mit den in den definierten Beitragsperioden (zB 10 Jahre) anfallenden Rentenlasten zum Barwert angesetzt. Rentenlasten außerhalb des Zeitraums, soweit die Anwartschaften übersteigende Barwerte ergeben, wurden zunächst außer Acht gelassen, was aber an der grundsätzliche Kapitaldeckungsmethode nichts ändert.

Nichts anderes ergibt sich wortwörtlich aus dem verlinkten Kommentar.

Per 1.1.1900 verfügten danach die Versicherungsträger über rd. 459 Mio. Deckungsvermögen, was den 223 Mio. mutmaßliches Deckungskapital (Barwerte!) der laufenden Renten der Beitragsperiode (nicht Beitragsjahr!), und somit 236 Mio. Deckung von Anwartschaften ausserhalb der Beitragsperioden (bezogen auf pimalDaumen 11,5 Mio. Versicherte und 640.000 Renten).

Die "Schwankungsreserve" in diesem Kapitaldeckungsverfahren ergibt sich nicht nur wie im Umlageverfahren aus Beitragsrisiken (zB konjunktureller Art), sondern zusätzlich - systemimmanent, aus Zinsschwankungsrisiken (Renditeschwankungen Deckungsvermögen) und aus den biometrischen versicherungstechnischen Risiken des Barwertes des gerechneten Deckungskapitals (zB Invaliditätsfälle, Bewertungsfehler in der Duration etc.).

Kapitaldeckungsverfahren, das tatsächlich einen Kapitalstock ansammelt, weist sinnigerweise einen gleichbleibenden Beitrag bis zum Leistungseintritt auf)
Nein. Kannst Du an jedem praktizierten Kapitaldeckungsverfahren ablesen, dass das nicht erforderlich ist. Anschauungsmaterial siehe unten, bei "Rückstellung".

Der versicherungsmathematische Zusammenhang in der Kapitaldeckung ist ein völlig anderer: grundsätzlich ist mit jedem abgeführten Beitrag eine finanzmathematisch berechenbare Anwartschaft entstanden. Schwankungen der Beitragshöhe - reale Praxis - führen dann zu schwankenden Anwartschaften. Ein gleichbleibender Betrag ist nicht erforderlich, regelmäßig - Entgeltanstieg im Berufsleben unterstellt - ergeben sich sogar steigende Beitragsleistungen. Die Barwertberechnung im Kapitaldeckungsverfahren berücksichtigt diese jährlichen anpassungen der Anwartschaftsbeträge (Erdienungsfaktor).

Das wesentliche Merkmal - der Kapitalstock - fehlte.
Den angeblich fehlenden Kapitalstock - nun wird wieder auf die "Aktiv"seite gewechselt - kann man in den Jahresrechnungen der Versicherungsträger mit 459 Mio. per 1.1.1900 nachlesen (in dem verlinkten Kommentar). Nach anderen Quellen bereits 539 Mio. per 1897, bei 36,5 Mio. Renten und 104,7 Mio. Beitragseinnahmen nebst 15 Mio. Zinsen (die übrigens das Kapitaldeckungsverfahren belegen, Rendite rund 3% auf das Deckungsvermögen von 500 Mio durchschnittlich im Geschäftsjahr, und dem 3-fache an Beitragseinnahmen gegenüber Rentenausgaben - utopische Zahlen für ein "Umlage"verfahren). Völlig logisch zum Einnahmenüberschuß ergab sich ein Anstieg des Deckungsvermögens, die Zielsetzung einer Zuführung zum steigenden Barwert des Deckungskapitals noch übersteigend.

Btw: woher stammen die 90 Mio.?

Der Reservefonds war und ist alt- und neusprachlich-bilanziell eine RÜCKLAGE (d. h. Eigenkapital) und KEINE Rückstellung (d. h. Fremdkapital). .
Den Unterschied zwischen Rückstellung und Eigenkapital kannst Du hier an einem Beispiel für das Kapitaldeckungsverfahren ablesen, der sich in diesem Fall wie in den rund 80 anderen aus den berufständischen Versorgungswerken ergibt, die das Kapitaldeckungsverfahren praktizieren:
http://www.vlt.nrw.de/vlt/www/Materialien/Jahresabschluss/Jahresabschluss_Uebersicht_Endfassung.pdf
Passivseite, B. I.
Und korrekt als Deckungsrückstellung bezeichnet.
 
Den Unterschied zwischen Rückstellung und Eigenkapital kannst Du hier an einem Beispiel für das Kapitaldeckungsverfahren ablesen, der sich in diesem Fall wie in den rund 80 anderen aus den berufständischen Versorgungswerken ergibt, die das Kapitaldeckungsverfahren praktizieren:
http://www.vlt.nrw.de/vlt/www/Materialien/Jahresabschluss/Jahresabschluss_Uebersicht_Endfassung.pdf
Passivseite, B. I.
Und korrekt als Deckungsrückstellung bezeichnet.
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Zunächst vielen Dank für das schöne Beispiel, an dem hoffentlich Einiges klarer wird.<o:p></o:p>
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Den Unterschied zwischen Rückstellung und Eigenkapital? Bitte die Begrifflichkeiten nicht noch mehr durcheinander werfen &shy;&shy;- entweder Rückstellung und Rücklage oder Fremdkapital und Eigenkapital.<o:p></o:p>
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Das Eigenkapital (s. Springer Gabler Verlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Eigenkapital, online im Internet: zitierfhige URL (/Archiv/54811/eigenkapital-v9.html) fr Eigenkapital (Version: 9)) umfasst die Mittel zur Finanzierung des Vermögens, die von den Eigentümern aufgebracht oder in der bilanzierenden Einheit belassen werden. Dazu zählen, geordnet nach Fristigkeiten, bspw. ein Stamm- od. Grundkapital, diverse Rücklagen, ein Gewinn- / Verlustvortrag aus Vorjahren sowie schließlich der Gewinn oder Verlust.<o:p></o:p>
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Das Versorgungswerk im Beispiel verfügte über rund 0,7 Mio. EUR Eigenkapital, bestehend aus der satzungsgemäß zu bildenden Verlustrücklage, also zur Abdeckung möglicher, in Zukunft anfallender Verluste.

Also: Rücklage ist Bestandteil des Eigenkapitals, Verfügungsgewalt bei der bilanzierenden Einheit.

Das Eigenkapital einer bilanzierenden Einheit wird durch fremde Mittel ergänzt, die man unter dem Begriff Fremdkapital (s. Springer Gabler Verlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Fremdkapital, online im Internet: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/55489/fremdkapital-v5.html) zusammenfasst. Das sind die Schulden, bestehend aus den kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten bspw. nicht bezahlte Rechnungen und Krediten, sowie den Rückstellungen für rechtlich bereits entstandene, aber noch zukünftige Verbindlichkeiten, bspw. für eine Steuer oder wie in unserem Fall der Deckung bereits entstandener Versorgungsansprüche in Höhe von rund 20,8 Mio. EUR.<o:p></o:p>
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Also: Rückstellung ist Bestandteil des Fremdkapitals, keine Verfügungsgewalt der bilanzierenden Einheit.

Die Rechtsverbindlichkeit ist in unserem Fall durch §13 der Satzung (http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/GB_I/I.6/startseite/VLTS_eBook/pdf/SatzungVLT.pdf) gegeben, die Mitglieder haben einen Rechtsanspruch auf die vereinbarten Leistungen! Sie sind also gleichzeitig Gläubiger des eingebrachten Fremdkapitals. Folgerichtig schreibt §32 dann die Bildung einer entsprechenden Rückstellung, genannt Deckungsrückstellung, vor. Diese wird durch das daraus gebildete "gebundene" Vermögen des Versorgungswerkes gedeckt.<o:p></o:p>
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Damit unterscheidet sich das Versorgungswerk fundamental von der gesetzl. Rentenversicherung. Für die galt:

Gemeinvermögen und Sondervermögen sind Eigenthum der einzelnen Versicherungseinrichtungen ("ihr" Vermögen, "ihre" Einnahme), das Gemeinvermögen ist nicht ein besonderes Zweckvermögen, insbesondere nicht Eigentum des Reiches oder Miteigentum aller Versicherungsträger."
(Punkt 2 auf S. 344 Landmann, Robert A. vonRasp, Karl von 344)<o:p></o:p>

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und die damalige Regierung meinte:<o:p></o:p>
Die Vermögen, welche die Versicherungsanstalten angesammelt haben, sind weder Landesvermögen, noch Vermögen der einzelnen Anstalten, sondern es sind Rücklagen, die auf Grund eines Reichsgesetzes für einen Reichszweck angesammelt sind, der in Deutschland einheitlich erfüllt werden muß.
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Klingt irgendwie bekannt: Die Rente ist sicher, die Höhe nicht!<o:p></o:p>
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Also:<o:p></o:p>
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Keine Vermögensbildung (Kapitalstock) im Sinne eines Kapitaldeckungsverfahrens, insbesondere nicht durch den Reservefonds!<o:p></o:p>
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Die Gegenposition war Rücklage nicht Rückstellung, damit waren die Beitragszahler keine Gläubiger, wie bei einem Kapitaldeckungsverfahren, sonder nur stimmrechtslose Miteigentümer des VEB Versicherungsanstalt!<o:p></o:p>
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Das angehäufte Vermögen war im Wesentlichen dem Verhältnis Beitragszahler : Leistungsempfänger geschuldet!<o:p></o:p>
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Auf dem Sack stand zwar "Kapitaldeckungsverfahren" nach Perioden - drin saß aber die Umlagekatze.<o:p></o:p>
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Fortsetzung, insbesondere zur Kalkulation, folgt.
 
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