Die Assyrer: Ströme des Bluts ?

Hallo, ich weiß nicht, ob der Thread noch aktiv ist, ich bin heute erst darauf gestoßen und möchte Folgendes ergänzen:
Lange konnte sich Tukulti-Ninurta I. seines Sieges über Babylon und der dort erbeuteten Reichtümer jedenfalls nicht erfreuen. Gerne wird darüber diskutiert, ob er tatsächlich wahnsinnig oder als wahnsinnig abgestempelt wurde (Fischer Weltgeschichte); sicher ist, er wurde (um 1207) von einem seiner drei Söhne ermordet. Ich persönlich halte allerdings einen religiösen Hintergrund für sehr wahrscheinlich: Der Raub der babylonischen Marduk-Statue war ein Sakrileg, die Assyrer könnten damals den Vatermord als gerechte Strafe für diesen Frevel betrachtet haben.
Nach Tukulti-Ninurta regierten in kurz*en Abständen seine Söhne (Aššur-nadin-apli, Aššur-nirari III und Enlil-kudurri-usur), die Jahresangaben dazu schwanken erheblich. Aššur-nasir-pal, der Vatermörder, erscheint unter diesem Namen nicht in der Herrscherliste, vielleicht können wir ihn mit Aššur-nadin-apli gleichsetzen. Von ihm kennen wir eine Inschrift, die über ein verheerendes Tigris- Hochwasser berichtet und von den Maßnahmen, mit denen er den Fluss in sein altes Bett zurücklenkte. (RIMA A.0.79 Zeilen 15-27)
Der Niedergang Assyriens (und auch Babyloniens) könnte auch mit einer langdauernden Trockenzeit (ca 100 Jahre) zusammenhängen, von der das Einzugsgebiet des Euphrat und Tigris betroffen war; gleichzeitig beginnt in Elam eine vorübergehende Hochzeit. Elam bzw die Susiana liegen in einer anderen Wetterküche und waren von dieser Trockenheit offenbar nicht betroffen.
Dass Assyrien für 100 Jahre in der Versenkung verschwindet, zeigt in die gleiche Richtung. Einer der letzten Kas*sitenkönige, Adad-Šuma-Usur (1220-1189), darf dem assyrischen König ungestraft Faulheit und Trunken*heit vorwer*fen.
Unsicher ist auch der Zeitpunkt, wann Ninurta-apil-Ekur (1192-1189) aus dem babylonischen Exil nach Assyrien zurückkehrte und den letz*ten der drei Söhne des Tukulti-Ninurta abgelöst hat.



Zu den Grausamkeiten: Die Ägypter hängten Deliquenten zur Bestrafung kopfüber an der Stadtmauer auf; auch das ist aus heutiger Sicht einer Hochkultur unwürdig. Siehe Inquisition; siehe Mobbing, wenn auch auf anderer Ebene, aber ebenfalls sehr effektiv.
 
Der Niedergang Assyriens (und auch Babyloniens) könnte auch mit einer langdauernden Trockenzeit (ca 100 Jahre) zusammenhängen, von der das Einzugsgebiet des Euphrat und Tigris betroffen war; gleichzeitig beginnt in Elam eine vorübergehende Hochzeit. Elam bzw die Susiana liegen in einer anderen Wetterküche und waren von dieser Trockenheit offenbar nicht betroffen.

Ich denke eher, dass der Niedergang Assyriens mit einer Überdehnung seiner Grenzen und Ressourcen zusammenhängt. Immerhin reichte das spätassyrische Reich von Oberägypten bis zum Zagros und von Ostkleinasien bis zum Persischen Golf. Da das Reich vor allem gewaltsam zusammengehalten wurde, blutete das Kerngebiet allmählich aus. Eine Föderation der eroberten Länder hätte den Zusammenbruch möglicherweise verhindert oder hinausgezögert.

Dass Assyrien für 100 Jahre in der Versenkung verschwindet, zeigt in die gleiche Richtung. Einer der letzten Kas*sitenkönige, Adad-Šuma-Usur (1220-1189), darf dem assyrischen König ungestraft Faulheit und Trunken*heit vorwer*fen.

Solcher "Delikte" wurde schon so mancher Herrscher beschuldigt, ohne dass das der Staatsmacht abträglich war. Immerhin existierte Assyrien nach dem "Trunkenbold" Adad-Šuma-Usur noch 600 Jahrre! :D

Zu den Grausamkeiten: Die Ägypter hängten Deliquenten zur Bestrafung kopfüber an der Stadtmauer auf; auch das ist aus heutiger Sicht einer Hochkultur unwürdig. Siehe Inquisition; siehe Mobbing, wenn auch auf anderer Ebene, aber ebenfalls sehr effektiv.

Man liest im allgemeinen, dass die Grausamkeiten der Assyrer über das Maß hinausgingen, das ohnehin zu ihrer Zeit üblich war. Ob das nun wirklich stimmt oder lediglich einer schlechten Presse bei den unterdrückten Völkern geschuldet ist, vermag ich nicht zu sagen.
 
... Der Raub der babylonischen Marduk-Statue war ein Sakrileg, die Assyrer könnten damals den Vatermord als gerechte Strafe für diesen Frevel betrachtet haben. ...
Der Raub von Götterstatuen aus eroberten Städten war in altorientaler Zeit keine Seltenheit und mithin gar nicht so ungewöhnlich. Einzigartig war nur die Bedeutung Babylons und damit auch seines Stadtgottes Marduk, die im Gegensatz zu kleineren Städten ein langes Gedächtnis und einiges an Eigengewicht hatten... Deportationen, und Zwangsumsiedlungen waren waren ein verbreitetes Programm bei den Assyrern um lokalen Widerstand zu brechen. Meist ließen sie aber den Ländern ihre Götter... wie sich in der Bibel am Beispiel der Samariter ablesen lässt: Nach Unterwerfung durch die Assyrer wurden die Eliten deportiert und schließlich Neusiedler nach Samarien verbracht, die schließlich begannen den >Gott des Landes< Jahwe zu verehren.... Stark vereinfacht gesagt.
 
Man liest im allgemeinen, dass die Grausamkeiten der Assyrer über das Maß hinausgingen, das ohnehin zu ihrer Zeit üblich war. Ob das nun wirklich stimmt oder lediglich einer schlechten Presse bei den unterdrückten Völkern geschuldet ist, vermag ich nicht zu sagen.

Die Assyrer begegneten anderen Völkern mit einer Politik der verbrannten Erde. Sie überzogen ihre Feinde mit einer Art Terror. Vielleicht auch die erste Art von Terror in der Geschichte ,die als Mittel der Kriegsführung eingeführt wurde . Nur so konnte das assyrische Reich rasch expandieren. Aber gerade diese Art von Terror gegenüber den besiegten Völkern ,brachte am Ende ihren Untergang mit sich.
"Gegen ihre Feinde gingen die Assyrer oft sehr grausam vor. Sie wurde umgebracht, versklavt, oder umgesiedelt. Auf diese Weise entvölkerten Sie ganze Landstriche. Ferner forderten sie von den Unterworfenen hohe Tributzahlungen, die sie vor allem für den Ausbau von Königspalästen verwendeten. " "............erobern fast ganz Ägypten bis hin zu Theben und vertreiben den Pharao. Wie zuvor zeichnet die Assyrische Herrschaft durch Terror und Zerstörung aus. "
Jahrhunderte später zeigten die Perser unter Kyros II., das es auch anders geht .Unter Kyros kam es zu einem weitgehenden Wissensaustausch mit den besiegten Völkern.Er war gegenüber von Religionsausübung in den besiegten Ländern tolerant.Schließlich spielt Kyros „als Befreier“ des jüdischen Volks aus dem Babylonischen Exil eine prominente Rolle in der Bibel .
 
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"Gegen ihre Feinde gingen die Assyrer oft sehr grausam vor. Sie wurde umgebracht, versklavt, oder umgesiedelt. Auf diese Weise entvölkerten Sie ganze Landstriche. Ferner forderten sie von den Unterworfenen hohe Tributzahlungen, die sie vor allem für den Ausbau von Königspalästen verwendeten. " ...

In dieser Aussage liegt ein gewisser Widerspruch. Wenn man die besiegten Völker vernichtet, versklavt, zwangsumsiedelt....wer soll denn da noch hohe Tribute zahlen?

Es wäre übrigens zweckdienlich, wenn Du die Quellen deiner Zitate aufführen würdest.
 
Die Assyrer begegneten anderen Völkern mit einer Politik der verbrannten Erde. Sie überzogen ihre Feinde mit einer Art Terror. Vielleicht auch die erste Art von Terror in der Geschichte ,die als Mittel der Kriegsführung eingeführt wurde .

Die Kriegführung der Assyrer unterschied sich nicht sonderlich von der anderer vorderasiatischer Völker wie der Babylonier, Hethiter, Hurriter oder Perser. Allerdings war die assyrische Armee besonders schlagkräftig und hinsichtlich neuer Belagerungstechniken zeigten sich die Assyrer sehr erfindungsreich.

Erst in der Zeitspanne des Neuassyrischen Reichs von etwa 900 v. Chr. bis zum Untergang Ende des 7. Jh. v. Chr. wandten die Assyrer bei ihrer militärischen Expansion Methoden an, die auch für die damalige Zeit das Maß an Grausamkeit überstiegen. Dazu zählte besonders die Deportation großer Bevölkerungsteile der eroberten Gebiete, was unter anderem die jüdische Bevölkerung der Staaten Israel und Juda traf.
 
Ich beziehe mich hier auf zahlreiche Ausgrabungen zum Einen der Zerstörung der jüdischen Stadt Lachisch 701 v. Christus und der Stadt Melid . Die Stadt Melid (Arslantepe)wird nach dreijähriger direkter Herrschaft (708- 711 v. Chr.)von den Assyrern vollständig niedergebrannt und war vorher tributpflichtig .
Die Zerstörung der judäischen Stadt Lachisch erfolgte im Jahr 701 v. Chr. durch den assyrischen König Sanherib .Neben Ausgrabungsfunden und Aufzeichnungen ist das auch ,durch das alte Testament bezeugt.
Zitat wikipedia:
"Es kam zu einer großen Schlacht, von der Fragmente von Schuppenpanzern, Zaumzeug, Steinschleudern und Speerspitzen aus Eisen und Knochen erhalten sind. Allein an der vermuteten Durchbruchstelle der Assyrer wurden insgesamt 850 Speerspitzen gefunden, sowie zwei 100 bis 200 kg schwere Steine, die vielleicht von den Verteidigern als Schwinghammer eingesetzt wurden. Bereits von Starkley wurde am Westhang ein Massengrab mit 1500 Skeletten gefunden, die zumeist als Zivilopfer dieser Schlacht interpretiert werden. Nach der Eroberung wurde die Stadt komplett niedergebrannt."
 
Ich beziehe mich hier auf zahlreiche Ausgrabungen zum Einen der Zerstörung der jüdischen Stadt Lachisch 701 v. Christus und der Stadt Melid . Die Stadt Melid (Arslantepe)wird nach dreijähriger direkter Herrschaft (708- 711 v. Chr.)von den Assyrern vollständig niedergebrannt und war vorher tributpflichtig .

Das ist ja alles richtig, ändert aber nichts daran, dass auch die Armeen anderer vorderasiatischer Staaten rigoros vorgingen. So rückte der Hethiterkönig Mursili I. im Jahr 1595 v. Chr. auf Babylon vor, plünderte die Stadt und zerstörte weite Teile. Auf diesem Feldzug nahm er babylonische Gefangene nach Hattusa mit.

Ich wll damit sagen, dass die Assyrer keineswegs die einzigen waren, die blutige Kriege führten und zerstörte Städte hinterließen. Richtig ist, dass sie im Rahmen ihrer Expansion während des neuassyrischen Reichs ein riesiges Gebiet eroberten, das von Anatolien bis zum Persischen Golf reichte und vom Mittelmeer bis zum Zagros-Gebirge. Dieses Großreich wurde gewaltsam zusammengehalten, was dazu führte, dass das assyrische Kerngebiet ausblutete und sich die Ressourcen erschöpften. Oft gerade weil die unterdrückte, ausgebeutete und dezimierte Bevölkerung kaum noch Steuern entrichten konnte. Das war ein Teufelskreis, der schließlich zum Niedergang Assyriens und zu seiner Vernichtung führte.
 
Es war ja nicht nur die Zerstörung der Städte ,wie z. B. durch Sanherib die Städte Melid 701 v.Chr. und Lachisch 708 v. Chr. und die Ermordung bzw. Versklavung der Bevölkerung ,was die Assyrer in Grausamkeit gegenüber anderen Völkern übertraf. Es waren auch die zur Schau -Stellung der vielen Foltermethoden und Verstümmelungen ihrer Feinde in schriftlicher wie bildlicher Form .
Eine der grausamsten Hinrichtungsmethoden war zweifellos neben dem Abschneiden der Lippen und Abziehen der Haut auch das pfählen. Bei der Vollstreckung durch das Pfählen wurde dem Gefangenen "ein angespitzter Pfahl in den After getrieben . Dieser Pfahl wurde daraufhin aufgestellt und drückte so allmählich in den Unterleib ,wobei er sich , befördert durch die Schwerkraft des Körpers, einen Weg durch die Eingeweide suchte.Dieser äußerst schmerzhafte Vorgang konnte Tage dauern,,ehe das Opfer durch den Tod erlöst wurde."
Eine Abbildung befindet sich am Bronzetor vom Palast des assyrischen Königs Salmanassar III. (858 -824 v. Chr.) http://images.ui-portal.de/images/060/8307060,h=489,mxh=600,mxw=800,pd=4,w=800.jpg
eine anderes Relief dazu ist aus dem Palast des Königs Sargon II. (721-705 v. Chr.) in Khorsabad auf dem 14 Gefählte vor einer Stadtmauer aufgestellt sind.

Diese Hinrichtungs- und Bestrafungsmethode erscheint mir gemessen an den Hinrichtungs- . und Bestrafungsmethoden anderer Völker z. B. wie das Blenden mit glühenden Metal bei den Byzantinern oder das annageln an einem Pfahl bei den Römer -noch um eine Stufe deren Brutalität zu übertreffen.
 
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Auch bei den Ägyptern gab es die Pfählung als Hinrichtungsart. Bis in die Neuzeit existierte diese Praxis, auch in Deutschland. In Museumsfolterkammern in zahlreichen Burgen wird auch das Pfählungsgerät (eine Art Hammer, mit dem der Pfahl, vor dem aufrichten in den Anus getrieben wurde) ausgestellt. Der Prinz der Walachei wurde Vlad der Pfähler genannt da er gefangene Türken ,massenhaft pfählen ließ. Die Häutung bei lebendigem Leib war auch noch sehr lange üblich. In der griechischen Sage häutet Apollon den Marsyas http://de.wikipedia.org/wiki/Marsyas 1571 ließ der osmanische Befehlshaber Lala Mustapha Pascha den venezianischen Oberbefehlshaber von Famagusta Marc Antonio Bragadino auf diese barbarische Art hinrichten und die ausgstopfte Haut an der Rah seines Flaggschiffes aufziehen.
Grausamkeiten durchziehen die ganze Menschheitsgeschichte und man kann da kaum einem einzelnen Volk den Siegespreis in Bestialität zusprechen.
In der Regel warf man immer den Gegnern große Grausamkeit vor, die eigenen Barbareien empfand man dagegen als in Ordnung.
 
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Richtig ,aber die öffentliche Demonstration der Brutalität ist in der Geschichte älterer Völker beispiellos.
Hierzu ein schriftliches Zeugnis aus der Zeit Assurbanibals 669 -627 v.Chr. ("Fuchs,A")
" In heftigen Kämpfen schloss ich die Stadt ein und erstürmte sie, wobei ich 3000 ihrer Krieger niedermachte . Gefangene ,bewegliches Gut, Rinder und Schafe schleppte ich fort.
Viele Gefangene verbrannte ich ,viele Krieger nahm ich lebend gefangen ,einigen schnitt ich Arme und Hände ab ,anderen Nase ,Ohren und Hände, zahlreichen Kriegern riss ich die Augen heraus.Die Lebenden schichtete ich zu einem Haufen auf , die (abgeschnittenen) Köpfe zu einem weiteren .In den Bäumen ,die ihre Stadt umgaben ,hängte ich ihre Köpfe. Ihre jungen Männer und Mädchen verbrannte ich . Die Stadt selbst zerstörte ich, riss ich ein und ließ ich in Flammen aufgehen."
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Assurbanipal_op_jacht.jpg
 
Richtig ,aber die öffentliche Demonstration der Brutalität ist in der Geschichte älterer Völker beispiellos.

Es ist unsinnig jetzt einen Wettlauf zu starten, welches vorderasiatische Volk nun brutalere Kriege geführt hat. Man kann aber festhalten, dass besonders die Deportation ganzer Volksteile eine neue Qualität der Kriegsführung bedeuetete, wie sie bis dahin unbekannt war.

In dieser Hinsicht sind die Assyrer unrühmliche Vorläufer einer Tradition, die in späteren Epochen ihre Fortsetzung fand.
 
Auf welcher Grundlage basiert überhaupt das assyrische Rekrutierungssystem? Die Bilder assyrischer Krieger deuten ja auf eine einheitliche Bewaffnung hin, aber das wird wohl der Bildsprache geschuldet sein.
Die überlegene Schlagkraft deutet auf Training und Übung hin. Hatten die Assyrer also ein Berufsheer, oder kann man mit einem Milizheer, mit für die jeweilige Schlacht herangezogenen Bauern, eine solche Überlegenheit entwickeln?
Und wenn das Heer so überlegen ausgebildet war, warum wendete sich so schnell das Blatt? Das Ausbluten der assyrischen Kraft durch die Überdehnung und das auf stete Eroberung geprägte Wirtschaftssystem der Assyrer ist mir bekannt, aber das dann innerhalb weniger Jahre eine Stadt nach der anderen fällt, ist doch komisch.
 
Auf welcher Grundlage basiert überhaupt das assyrische Rekrutierungssystem? Die Bilder assyrischer Krieger deuten ja auf eine einheitliche Bewaffnung hin, aber das wird wohl der Bildsprache geschuldet sein.
Die überlegene Schlagkraft deutet auf Training und Übung hin. Hatten die Assyrer also ein Berufsheer, oder kann man mit einem Milizheer, mit für die jeweilige Schlacht herangezogenen Bauern, eine solche Überlegenheit entwickeln?
Und wenn das Heer so überlegen ausgebildet war, warum wendete sich so schnell das Blatt? Das Ausbluten der assyrischen Kraft durch die Überdehnung und das auf stete Eroberung geprägte Wirtschaftssystem der Assyrer ist mir bekannt, aber das dann innerhalb weniger Jahre eine Stadt nach der anderen fällt, ist doch komisch.

Im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr. erlebte Assyrien wie auch andere vorderasiatische Staaten Auf- und Abstiege, wobei sich das Land mal vergrößerte und mal verkleinerte. Die explosionsartige Ausweitung des assyrischen Territoriums muss man auf das Neuassyrische Reich eingrenzen, also die Zeit vom 9. bis 7. Jh. v. Chr.

Die Erfolge Assyriens sind natürlich zuerst auf seine schlagkräftige Armee zurückzuführen. Militärischen Erfordernissen entsprang die Entwicklung neuer Belagerungswaffen wie Rammböcke oder Sturmschilde, die zu den üblichen Waffen Pfeil und Boge, Kurzschwert und Lanze traten. Geschützt waren die Soldaten durch kleine Rund- oder große Setzschilde, durch Helme und teilweise durch Brustpanzer aus Leder- oder Metallschuppen. Die leichte Reiterei war taktisch bedeutsam, Streitwagen der Fürsten waren mit 3-4 Mann besetzt. Eine solch einheitlich ausgerüstete und disziplinierte Armee konnten die anderen vorderasiatischen Staaten - Babylon, Mitanni, Hethiterreich, Juda und Israel u.a. - nicht aufbieten.

Hinzu kam allerdings noch ein entscheidender anderer Faktor, der hier mehrfach angesprochen wurde: Ein wichtiges strategisches Mittel der kriegerischen Expansion bestand in der systematischen Zerstörung von Städten und befestigten Siedlungen. Die Bewohner wurden verschleppt und die Städte geplündert.

Die Umsiedlungspolitik nahm gewaltige Formen an. So siedelte Tiglatpileser III. allein im Rahmen eines Feldzugs 65 000 Menschen aus dem Zagros-Gebirge um. Erreicht werden sollte damit eine Schwächung der eroberten Gebiete, indem die einheimische Elite durch eine assyrische Verwaltung ersetzt wurde; andererseits gewannen die Assyrer durch dieses Vorgehen unterjochte Arbeitskräfte. Schließlich wurde die Deportation auch als Sanktionsmittel eingesetzt, um eidbrüchiige Vasallen zur Raison zu bringen. War der Gegner mit Hilfe dieser Maßnahmen bezwungen, mussten die Assyrer darauf bedacht sein, die ökonomische und administrative Organisation des Gebietes wiederherzustellen. Das gelang teilweise unter Zuhilfenahme von Deportierten.

Ein treibendes Element der assyrischen Expansionspolitik war demnach der Zugang zu neuen Ressourcen, z.B. in Form einer erdrückenden Steuerlast, von Kriegsbeute und Tributzahlungen.

Man könnte sagen, dass sich der assyrische Staat durch diese brutale Expansionspolitik schließlich totgesiegt hat. Das Zentrum blutete allmählich aus, die ausgepresste Bevölkerung konnte immer weniger Steuern und Abgaben entrichten, die Grenzen waren überdehnt: Assyrien reichte vom Mittelmeer bis zum Zagros-Gebirge und von Kleinasien bis zum Persischen Golf.

Der Staat muss im Innern schon morsch gewesen sein, denn nur so ist es erklärlich, dass die babylonisch-medische Koalition im Jahr 614 Assur und 612 Ninive erobern konnte. Zwar haben sich die Assyrer in ihrem Endkampf tapfer gewehrt, doch stand am Ende die Auslöschung.
 
Warum war eigentlich für Sanherib die Eroberung von Lachisch so wichtig. Er hat mit Bildern aus dieser Belagerung und Eroberung seinen Palast in Ninive verzieren lassen. Aber Lachisch und Juda können doch nur eine periphere Bedeutung für die Assyrer gehabt haben. Sanherib musste ja auch Aufstände in Babylonien niederschlagen. Da erscheint mir die Eroberung von Lachisch doch recht klein.
 
König Hiskia von Juda hatte sich gegen die assyrische Oberhoheit aufgelehnt. Was also hätte Sanherib tun sollen? Den Ungehorsam Judas zu akzeptieren hätte Präzedenzwirkung für andere Vasallenstaaten der Assyrer entfalten können. Wenn man wie die Assyrer die Herrschaft auf Repression und Einschüchterung zur Durchsetzung von Tributzahlungen stützte, musste man bei Ungehorsam hart durchgreifen.

Den Aufstand in Babylon hatte Sanherib außerdem zuvor unterdrückt. Juda hatte auch keineswegs nur periphere Bedeutung, da es auf dem Weg nach Ägypten lag (und ohnehin immer wieder bedenklich zwischen Ägypten und Assyrien schwankte). Ein abtrünniges Juda konnte den Ägyptern als Vorposten für einen Einfall in den Levanteraum dienen.

Außerdem musste sich Sanherib auch persönlich profilieren. Dass sein Vater und Vorgänger Sargon II. auf einem Feldzug umgekommen war und nicht einmal seine Leiche geborgen werden konnte (was als göttliche Strafe interpretiert wurde, weil er in irgendeiner Weise schwer gesündigt habe), hatte dem Nimbus der königlichen Macht und Assyriens schwer geschadet.
 
Danke! Aber ich habe da noch eine Frage. Ich dachte Sanherib ließ Jerusalem und Juda davon kommen da er sich nach Mesopotamien wenden musste. Da dort der Aufstand der Babylonier erben noch nicht niedergeschlagen war.
 
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