Die Auflösung Preußens

Barbarossa

Aktives Mitglied
Zitat-Gesetz Nr. 46 vom 25. 2. 1947 des Alliierten Kontrollrates schrieb:
Auflösung des Staates Preußen

Der Staat Preußen, der seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland gewesen ist, hat in Wirklichkeit zu bestehen aufgehört. Geleitet von dem Interesse an der Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit der Völker und erfüllt von dem Wunsche, die weitere Wiederherstellung des politischen Lebens in Deutschland auf demokratischer Grundlage zu sichern, erläßt der Kontrollrat das folgende Gesetz:

Artikel 1
Der Staat Preußen, seine Zentralregierung und alle nachgeordneten Behörden werden hiermit aufgelöst.
Der entscheidende Teil, der mir dabei auffällt, ist: "Der Staat Preußen, der seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland gewesen ist".

Hier wurde Preußen dann wohl doch unrecht getan. Richtig hätte es wohl heißen müssen:

Der Staat Preußen, der im Laufe seiner Geschichte Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland geworden ist...

In diesem Pfad haben wir doch gesehen, daß das nicht immer so war. Was meint ihr?
 
Aus der Perspektive des Historikers ist dein Einwand wohl richtig. Preußen war am Anfang seiner Entwicklung vermutlich nicht mehr oder weniger militärisch orientiert als andere Staatsgebilde drumrum. Aber die Sieger üben in solchen Situationen wie nach dem 2. WK natürlich die Definitionshoheit aus und hätten sowas wohl als wissenschaftliche Spitzfindigkeit abgetan, mit der sich die Gelehrten befassen können.
Zumal die Auflösung Preußens wahrscheinlich eher symbolische Bedeutung hatte. Preußen verkörperte für die Alliierten halt den Militarismus, mit dem sie sich die ganze vorherige Zeit herumschlagen mussten. Und symbolische Handlungen verlieren durch feinsinnige "ja, aber"-Diskussionen an Ausstrahlungskraft.
Wale
 
Zuletzt bearbeitet:
Soldaten je 1000 Einwohner 1740
Frankreich: 10
Preußen: 37
England: 5
Österreich: 8

Vielleicht ganz interessant die Zahlen ...
 
Der Staat Preußen, der im Laufe seiner Geschichte Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland geworden ist...

In diesem Pfad haben wir doch gesehen, daß das nicht immer so war. Was meint ihr?
Sehr richtig. Zumindest vom ersten preußischen König würde ich nicht als einen Militaristen sprechen. Eine Biographie über Friedrich I., die ich vor einer Weile las betont auch, dass Preußen eben auch Ausnahmen aufweist wie Friedrich I., zur Zeit von Friedrich Wilhelm II. würde ich auch von keinem militaristisch eingestellten Monarchen sprechen. Militär gehörte ebenso in Österreich zum Bild der allermeisten Städte.
Gerade in Sachsen war die Quote an Soldaten mit über 30.000 Mann im Verhältnis zur Bevölkerung auch gewaltig zur Zeit Friedrich August I., dennoch würden wir doch wohl kaum von einem militaristischen Sachsen sprechen oder?:D
 
Soldaten je 1000 Einwohner 1740
Frankreich: 10
Preußen: 37
England: 5
Österreich: 8

Vielleicht ganz interessant die Zahlen ...

Und wieviele waren in "Merry Old England" bei der Marine? Die berühmt berüchtigten "Press-kommandos" mit denen die Schiffe bei Bedarf mal kurz gefüllt wurden......
Die Kolonialtruppen werden vermutlich auch nicht gezählt. Die Ostindienkompagnie hatte ja eine eigene Armee. Wie war das bei den Franzosen? Vermutlich ähnlich.
Mit solchen Statistiken habe ich eher Probleme, es lässt sich meist das nachweisen was der "Ersteller" nachgewiesen haben will.
Der "Soldaten"-König hat wohl gerne mit den Soldaten gespielt, aber er selbst gehörte doch eher zu den friedfertigen in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Grüüße Repo
 
Und wieviele waren in "Merry Old England" bei der Marine? Die berühmt berüchtigten "Press-kommandos" mit denen die Schiffe bei Bedarf mal kurz gefüllt wurden......
Die Kolonialtruppen werden vermutlich auch nicht gezählt. Die Ostindienkompagnie hatte ja eine eigene Armee. Wie war das bei den Franzosen? Vermutlich ähnlich.
Mit solchen Statistiken habe ich eher Probleme, es lässt sich meist das nachweisen was der "Ersteller" nachgewiesen haben will.
Der "Soldaten"-König hat wohl gerne mit den Soldaten gespielt, aber er selbst gehörte doch eher zu den friedfertigen in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Grüüße Repo

Da schenken sich die "Press-Kommandos" der Engländer und der Preußen wohl wenig ("Sohn, wachse nicht, sonst holen dich die Werber" war ein geflügeltes Wort).

Edit: http://www.preussen-chronik.de/_/begriff_jsp/key=begriff_pressen.html
"Pressen: Bezeichnet bis zur Einführung eines gesetzlich geregelten Rekrutierungssystems (Kanton-Reglement 1733) die bis dahin übliche, völlig willkürliche und oft gewaltsame Zwangswerbung von wehrtauglichen Männern. Unter Friedrich Wilhelm I., dem Soldatenkönig, der 1714 eine verstärkte Anwerbung von Soldaten ausdrücklich "ohne große Gewaltätigkeit" anordnete, nahm die Zwangswerbung, besonders für die Leibgarde der " Langen Kerls" in der neuen Potsdamer Garnison, groteske Formen an. Doch "daß die Soldaten der preußischen Armee nur zusammengeprügelte, höchst widerwillig dienende Zwangsrekrutierte waren und allein durch abschreckende Strafen in Zucht gehalten werden konnten, tat ihrem Renommée kaum Abbruch" (Bernt Engelmann)."

1740 dürften immer noch viele Unfreiwillige in der preußischen Armee gedient haben.


Selbst wenn man England und Frankreich unter der Annahme, die Kolonialtruppen und Marien wären nicht eingerechnet, weglässt, so bleibt immer noch die Zahl für Österreich stehen.

Es geht auch weniger stark darum, wie viele Kriege Friedrich Wilhelm I geführt hat, sondern wie stark Preußen "militarisiert" war (wie stark war das Militär, wie hoch sein Ansehen, wie ausgeprägt sein Bild in der Erziehung etc).
 
Zuletzt bearbeitet:
Selbst wenn man England und Frankreich unter der Annahme, die Kolonialtruppen und Marien wären nicht eingerechnet, weglässt, so bleibt immer noch die Zahl für Österreich stehen.
Hinsichtlich Frankreich würde ich allerdings davon sprechen, dass das Heer eben seit Louis XIV. abgebaut wurde, auf jeden Fall quantitativ, vor dem 7-jährigen vielleicht sogar qualitativ. Die großen Militärreformen in Frankreich kamen erst am Ende der Regierung Louis XV. und zur Beginn der Herrschaft Louis XVI..

Bei Österreich muss man übrigens sehr zwischen Ungarn und dem Königreich Böhmen mit dem Erzherzogtum Österreich unterscheiden. In Ungarn wurden zum einen die Aushebungen nicht in dem Umfang erreicht, vermutlich wegen des Widerstandes der Stände, wie er von dem Erzhaus vorgesehen war. Wenn man für dort eine überdurchschnittlich schwache Aushebung annimmt, dann müssen die Quoten im restlichen Territorium der Habsburger Gebiete sehr groß gewesen sein. Man muss wahrscheinlich noch berücksichtigen, dass die Grenzereinheiten an der östlichen Militärgrenze zu den Türken, die irregulär waren, vielleicht nicht mit ein bezogen werden, zum anderen gerade die Österreicher gute Möglichkteiten hatten in abhängigen Klein- bis Kleinstterritorien zu rekrutieren.
In Summa kann es sein, dass die Herrscher also schon militaristisch waren, aber diese Bestrebungen nicht umsetzen konnten, wegen der geschilderten Widerstände.
:grübel:

Ich würde von einem militarisierten Bild in den allermeisten Staaten in Europa sprechen. Interessant ist für mich für das Bild von den Herrscherauffassungen und wie eng diese mit dem Militär verbunden waren, die Staatsporträts. Ein Friedrich Wilhelm I. ließ sich nur in Uniform abbilden (vielleicht Zitat und Link interessant in dem Zusammenhang: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=217977&postcount=1 ). In Österreich war das lange Zeit noch anders. Selbst auf den frühen Herrscherporträts Joseph II., trägt er noch einen zivilen Galarock, der dann aber zusehends dem Rock seines Cheavaulegerregimentes weicht.
In Preußen trugen selbst die Prinzessinnen und die Königin der Uniform recht entlehnte Kleider zur Zeit des Soldatenkönigs (FW I.). Beispiele hängen in Hülle und Fülle in Schloss Rheinsberg in Form von Porträts.
Insgesamt kann man von einer Militarisierung der gewöhnlichen Kleidung der Herrscher sprechen, wie ich meine, was im 19.Jh. seinen Höhepunkt erreicht, aber die quantitativ früheste Ausprägung sehe ich durchaus in Preußen.
 
Da schenken sich die "Press-Kommandos" der Engländer und der Preußen wohl wenig ("Sohn, wachse nicht, sonst holen dich die Werber" war ein geflügeltes Wort).

Edit: http://www.preussen-chronik.de/_/begriff_jsp/key=begriff_pressen.html
"Pressen: Bezeichnet bis zur Einführung eines gesetzlich geregelten Rekrutierungssystems (Kanton-Reglement 1733) die bis dahin übliche, völlig willkürliche und oft gewaltsame Zwangswerbung von wehrtauglichen Männern. Unter Friedrich Wilhelm I., dem Soldatenkönig, der 1714 eine verstärkte Anwerbung von Soldaten ausdrücklich "ohne große Gewaltätigkeit" anordnete, nahm die Zwangswerbung, besonders für die Leibgarde der " Langen Kerls" in der neuen Potsdamer Garnison, groteske Formen an. Doch "daß die Soldaten der preußischen Armee nur zusammengeprügelte, höchst widerwillig dienende Zwangsrekrutierte waren und allein durch abschreckende Strafen in Zucht gehalten werden konnten, tat ihrem Renommée kaum Abbruch" (Bernt Engelmann)."

1740 dürften immer noch viele Unfreiwillige in der preußischen Armee gedient haben.


Selbst wenn man England und Frankreich unter der Annahme, die Kolonialtruppen und Marien wären nicht eingerechnet, weglässt, so bleibt immer noch die Zahl für Österreich stehen.

Es geht auch weniger stark darum, wie viele Kriege Friedrich Wilhelm I geführt hat, sondern wie stark Preußen "militarisiert" war (wie stark war das Militär, wie hoch sein Ansehen, wie ausgeprägt sein Bild in der Erziehung etc).

Ich weiß schon um was es Dir geht.

Nur denke ich, dass die "militärische Verstrickung" Preußens, im 18. Jahrhundert nichts weiter bemerkenswertes war. Auch der preußische Militarismus eigentlich erst im 19. Jahrhundert so richtig ausgeprägt wurde. Etwas besonderes in der Völkerfamilie wurde. Insbesondere unter dem 1. Wilhelm.

Wobei, ich habe das hier schon öfter geschrieben, das prägnanteste Beispiel ist für mich der Auslaufbefehl der Seekriegsleitung am 29. Oktober 1918. Ohne jede Information an die politische Führung. Die feste mit Waffenstillstandsverhandlungen beschäftigt war. Das ist ohne Beispiel in der Geschichte.

Grüße Repo
 
Hinsichtlich Frankreich würde ich allerdings davon sprechen, dass das Heer eben seit Louis XIV. abgebaut wurde, auf jeden Fall quantitativ, vor dem 7-jährigen vielleicht sogar qualitativ. Die großen Militärreformen in Frankreich kamen erst am Ende der Regierung Louis XV. und zur Beginn der Herrschaft Louis XVI.


Das kann man so eigentlich nicht feststellen. Die Truppenstärke bleibt mit etwa 180.000 Mann in Friedenszeiten (die Zahlen schwanken von Autor zu Autor immer etwas) von 1680 bis in die Zeiten Louis XVI. ziemlich konstant. Allerdings betrug die frz. Einwohnerzahl 1680 20 Mill., um 1780 aber 26 Mill., die Truppenstärke blieb aber gleich. Sie reduzierte sich also nur pro Kopf gerechnet.

Vergessen darf man - n. m. M. - aber nicht, dass die frz. Armee auch im 18. Jahrh. ein großes Vorbild bleibt, sowohl technisch, als auch organisatorisch. Einen qualitativen Abbau kann ich mir für das frühe 18. Jahrh. schon vorstellen. Da Frk. zwischen 1713 und 1740 keinen großen Krieg durchmacht, der einen massiven Einsatz der Armee erforderte, so wie das unter Louis XIV. der Fall war, bei dem die Armee zeitweilig auf 400.000 im Kampf befindliche Soldaten anschwoll.
 
Zuletzt bearbeitet:
1. Das kann man so eigentlich nicht feststellen. Die Truppenstärke bleibt mit etwa 180.000 Mann in Friedenszeiten (die Zahlen schwanken von Autor zu Autor immer etwas) von 1680 bis in die Zeiten Louis XVI. ziemlich konstant. Allerdings betrug die frz. Einwohnerzahl 1680 20 Mill., um 1780 aber 26 Mill., die Truppenstärke blieb aber gleich. Sie reduzierte sich also nur pro Kopf gerechnet.

2. Vergessen darf man - n. m. M. - aber nicht, dass die frz. Armee auch im 18. Jahrh. ein großes Vorbild bleibt, sowohl technisch, als auch organisatorisch. Einen qualitativen Abbau kann ich mir für das frühe 18. Jahrh. schon vorstellen. Da Frk. zwischen 1713 und 1740 keinen großen Krieg durchmacht, der einen massiven Einsatz der Armee erforderte, so wie das unter Louis XIV. der Fall war, bei dem die Armee zeitweilig auf 400.000 im Kampf befindliche Soldaten anschwoll.
1.
So hatte ich das auch gemeint. Dass die Stärke bei Friedenszeiten im Zeitalter Louis XIV. kaum eine Rolle spielte, da Frankreich fast ständig im Kriegszustand war, bzw. die Demobilisierung sicherlich oftmals noch nicht abgeschlossen war, als die nächste Mobilmachung eintrat, darüber sind wir uns wohl einig.
2.
Ich nehme an, dass die Zahl der Truppen in Friedenszeiten deswegen nicht vermehrt wurde, da man die Zahl der Festungen eigentlich eher im 18.Jh. zurückschraubte, das heißt sich auf die wirklich wichtigen Festungen verließ. Viele Festungen, die östlich der schließlichen Grenze zwischen Frankreich und dem Reich lagen und noch im 17.Jh. errichtet bzw. ausgebaut worden waren, wurden ja auch von den Franzosen, vertraglich geregelt, aufgegeben. Zumeist zieht eine Verminderung der Festungen, die ja der Ort des Friedensheeres u.a. sind auch eine Verminderung bzw. Stagnieren der Truppenstärken mit sich. Ich denke wie Du, dass die französische Armee qualitativ abnahm, aber nicht nur durch den verminderten Einsatz, 1733 mussten die Franzosen ja wieder ran und auch in den 1720ern gab es einige Konflikte.
Eine zahlenmäßig gleichwertige Landstreitmacht gab es aber lange Zeit nicht in Europa, was vielleicht Frankreich sich in einer trügerischen Ruhe wägen ließ, die dann durch die Schläge bei Rossbach und Minden erheblich gestört wurde.
 
Um ein bisschen von dem bisherigen Gesprächsthema abzuweichen (aber mit Bezug auf den ursprünglichen Texausschnitt) möchte ich nur mal die Frage in den Raum werfen, ob man noch sagen kann, dass Preussen vor dem 2.Weltkrieg wirklich noch existierte: der Kaiser hatte ja abgedankt, wodurch Preussen ja, in der Form in der wir es heute sehen, theoretisch aufhörte zu existieren - eigentlich gab es den Staat doch nur noch im Traditionsverständniss der dortigen Einwohner (und vor allem Adligen).?
 
Um ein bisschen von dem bisherigen Gesprächsthema abzuweichen (aber mit Bezug auf den ursprünglichen Texausschnitt) möchte ich nur mal die Frage in den Raum werfen, ob man noch sagen kann, dass Preussen vor dem 2.Weltkrieg wirklich noch existierte: der Kaiser hatte ja abgedankt, wodurch Preussen ja, in der Form in der wir es heute sehen, theoretisch aufhörte zu existieren - eigentlich gab es den Staat doch nur noch im Traditionsverständniss der dortigen Einwohner (und vor allem Adligen).?

Nein, diese Betrachtungsweise ist ganz falsch! Nach dem 1. Weltkrieg war Preußen der größte und auch gewichtigste Staat im Deutschen Reich und erhielt am 30.11.1920 eine neue demokratische Verfassung. Das von den Parteien der Weimarer Koalition unter dem Ministerpräsidenten Braun mit zwei kurzen Unterbrechungen 1921 und 1923 regierte Land verlor seine Stellung erst durch den Staatsstreich gegen Preußen 1932. Vor allem aber durch die Gleichschaltungsgesetze der Nationalsozialisten, die den Ländern jede Eigenstaatlichkeit nahmen, die Landtage aufhoben und NS-Ministerpräsidenten an ihre Spitze stellten. In Preußen war das seit dem 11.4.1933 Hermann Göring.

Erst nach Ende des 2. Weltkriegs kam es zur formellen Auflösung Preußens.
 
Hallo, ich hätte da mal ne Frage. :D
Am 25. Februar jährt sich die Auflösung Preußens durch die Alliierten zum 60. mal. Wurden eigentlich die Symbole Preußens, wie Flagge etc. verboten? Darüber habe ich in meinen Unterlagen nichts gefunden.
 
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