Die Außenpolitik im Kaiserreich: Vergleich Bismarck u. Wilhelm II

Kuhni Kühnast

Neues Mitglied
Hi!
Ich muss demnächst meine Abitur Präsentationsprüfung im Fach Geschichte halten. Als Thema hat der Prüfungsvorsitzende folgendes ausgewählt:
Die Außenpolitik im Kaiserreich: Vergleich bismarckschen Außenpolitik mit dem "neuen" Kurs unter Wilhelm II.

Die Prüfung sieht in etwa so aus: 10 Minuten Vortrag (dachte da an eine Powerpointpräsentation... Dann kann ich das bismarcksche Bündnisssystem der Kolonialpolitik Wilhelms II gegenüberstellen und auch bildlich verdeutlichen)
danach kommen noch 10 Minuten fragen...

Jetzt meine Bitte an euch:

Habt ihr vielleicht Material zu diesem Thema?
Oder was für Fragen denkt ihr, werden da mit Sicherheit gestellt?

Ich habe inzwischen schon sehr viel Material zusammen, aber evtl. habt ihr ja auch etwas, dass genau auf das Thema passt???

Würde mich freuen, wenn ihr mir helfen könntet...

Mfg Kuhni Kühnast
 
Huhu, hier im Unterforum und auch bei "Frage&Antwort" findest du einige sehr ausführliche Diskussionen zu dem Thema. Schau mal rein..

Aber das:
Kuhni Kühnast schrieb:
Dann kann ich das bismarcksche Bündnisssystem der Kolonialpolitik Wilhelms II gegenüberstellen und auch bildlich verdeutlichen)

ist doch wohl Uschis Mantel mit Peters Hose vergleichen. Kolonialpolitik ist kein Gegensatz zu einem aussenpolitischen Bündnissystem..:confused:
Ich schätze du möchtest Bismarcks Aussenpolitik mit der, der verschiedenen Kanzler unter WII vergleichen, oder? Dass da der Erwerb von Kolonien unter anderen Zielsetzungen betrieben wurde, als unter Bismarck ist allerdings richtig.
 
ok, ich hab das vielleicht ein bißchen falsch ausgedrückt... :)
Ich möchte zum einen das komplexe Bündnissystem Bismarcks zur Isolation Frankreichs aufzeigen... Und dann eben die Veränderung unter Wilhelm II dessen Bündnisse letztendlich nur noch aus einem Dreibund bestanden... (Wobei Italien wohl wegen der Gebietsansprüche Südtirol,... nicht als starker Bündnispartner zählen konnte) Ich möchte vor allem zeigen, wie Bismarck es geschafft hat das Bündnissystem zu errichten und auch zu welchem Zweck. Dann möchte ich darauf eingehen, warum es unter Wilhelm II schließlich wieder zerbrach und auch die Gründe dafür erörtern (z.B. Rüstungspolitik, Kolonialpolitik (Platz an der Sonne))


Mein Problem ist halt, dass ich so gut wie nie das ganze im Komplexen finde... Entweder geht es um Bismarcks Bündnispolitik, oder um Wilhelms Kurs. Nie ist beides miteinander verglichen, was die Arbeit um einiges schwerer macht...

Habt ihr evtl. einige Karrikaturen, Zitate o.ä. die ich als Aufmacher für meine Präsentation verwenden könnte?

Würde mich über weitere Hilfe freuen!!!

Mfg Kuhni
 
Wenn du wirklich nur 10 Minuten für deinen Vortrag hast, musst du dich auf das wesentliche beschränken. Das Thema das dir vorliegt würde sich nämlich auch excellent für eine Dissertation eignen. Das sage ich nur um deutlich zu machen wie tief das ganze geht.

Also wie gesagt: Ich würde mich auf das Wesentliche beschränken. Zunächst würde ich auf die Charakteristik der bismarkschen Außenpolitik eingehen, diese dann der Außenpolitik unter Wilhelm gegenüberstellen und danach ein Fazit ziehen. Du kannst ohnehin nur auf die großen Linien eingehen für die Details bleibt dir zu wenig Zeit. Entscheidend ist für dich der Begriff Polykratie in der Zeit Wilhems im Gegensatz zum starken Kanzler Bismarck (das betrifft die Herrschafts- und Entscheidungsstruktur). Weiterhin Realpolitik als Gegensatz zum wilhelminischen Weltmachtsstreben (dies betrifft die Programmatik und die Charakteristik der jeweiligen Außenpolitik). Auf diesen beiden Ebenen lässt sich gut vergleichen und damit ist auch das wesentliche erfasst.

Nun zum Material. Ich habe keine Ahnung wie gut du an Sekundärliteratur kommst oder wie eure Schulbibliothek ausgestattet ist. Dennoch will ich dir einige Bücher empfehlen.

Grundelegend in kurzer und knapper Form ist unverzichtbar: Klaus Hildebrand, Deutsche Aussenpolitik 1871- 1918.

Eine Gegenüberstellung der Politik unter Wilhelm und der Bismarcks glaube ich (ich habe das Buch leider zur Zeit verlehnt) liefert Sebastian Haffner in seinem Buch: Die sieben Todsünden des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg. (Haffner ist immer lohnend und könnte dir beim Vergleich nützlich sein)

Im übrigen sollte der Vergleich deine intelektuelle Leistung sein!:yes: Das klappt schon!
 
Kuhni:

Bei Klaus Hildebrand, Deutsche Aussenpolitik 1871-1918, findest Du die Aussenpolitik Bismarcks und Wilhelms II. auf den ersten 52 Seiten sehr gut zusammengefaßt. Die Unterschiede wirst Du freilich selbst herausarbeiten müssen: "Saturiertheit"/gezügelte Macht <=> Prestige/entfesselte Macht. Mach Dich einfach mal ans Werk und stell uns Deine Ergebnisse vor.;)
 
Ich danke euch für eure Hilfe bisher!!!
Bin gerade dabei mir nochmal einen groben Überblick über das ganze zu verschaffen!
Was mir jetzt noch sehr hilfreich wäre sind entweder Karrikaturen, die die typisch Bismarcksche bzw. die Außenpolitik Wilhelms II. darstellen... Evtl. auch ein Vergleich oder so...

Hat zufällig jemand von euch noch das Kissinger Diktat (auch in Auszügen?)

Ich möchte nämlich meine Präsentation entweder mit einer Karrikatur oder mit Auszügen aus dem Kissinger Diktat beginnen...

Literaturmäßig schlage ich mich gerade mit folgenden Werken herum :)

-Geo Epoche: Deutschland um 1900
-Das deutsche Kaiserreich 1871-1918
-Wikipedia
-Kursbuch Geschichte Oberstufe Baden-Württemberg
- Theodor Schieder: Vom Deutschen Bund zum deutschen Reich
- Von der Reichsgründung bis zum ersten Weltkrieg

Das einzig dumme an der ganzen Sache ist, dass ich so ziemlich das gleiche Thema habe wie einer aus unserer Stufe... (Sein Thema lautet Außenpolitik Wilhelm II) Jedoch ist er im Grundkurs und ich im Leistungskurs... Liefert er jetzt vor mir eine perfekte Prüfung ab, wirds für mich schwer werden, da von einem Leistungskursschüler mehr erwartet wird als von einem Grundkursschüler...

Na ja... Hoffen wir das beste!!! :)

Kuhni
 
Die Bücher von Schieder und Born aus dem Handbuch der deutschen Geschichte sind hervorragend und lieferen vorallem solide Faktenkenntnisse. Was die Ereignisgeschichte betrifft reicht das völlig aus und du solltest auch nicht darüber hinaus gehen.

Du verwendest "Das deutsche Kaiserreich 1871-1918", das dürfte wohl das Büchlein von Hans Ulrich Wehler sein?! Falls ja, bist du selbst darauf gestoßen oder hat dir das dein Lehrer empfohlen? Bei Wehler muss man nämlich wissen, dass er eine ganz eigene Deutung des Kaiserreichs liefert die stark von den Schriften Eckart Kehrs geprägt ist. Bei Wehler steht vieles anders, aber nicht immer alles richtig. Bei ihm wirst du dann auf den "Primat der Innenpolitik" gestoßen sein. Ich will hier nicht falsch verstanden werden, ich finde Wehler große klasse. Seine Deutungen sind aber auch hervorragend dazu geeignet bei einer Prüfung auf die Schnauze zu fliegen. Das ist dann vom Prüfer abhängig. Man muss sich eben der Probleme bewußt sein die bei Wehler liegen (Thomas Nipperdey hat zu dem Buch eine hervorragende Rezenssion geschrieben). Vorsicht z.B. bei dem Begriff Sozialimperialismus den Wehler verwendet.

Wenn du irgendwie die Möglichkeit haben solltest würde ich auf jeden Fall noch in den Hildebrand reinschauen. An dem kommst du was Außenpolitik betrifft nicht vorbei. Hildebrand kommt aus dem konservativen Lager und ist stark vom Historimus geprägt, also das Gegenteil zu Wehler. Die beiden haben sich übrigens in einschlägigen Zeitschriften schon lesenswerte Auseinandersetzungen geliefert. Wenn ich auch was die Interpretation betrifft eindeutig zu Wehler tendiere, Hildebrand ist wichtig.


Kissinger Diktat als Start ist übrigens eine hervorragende Idee!
 
So, hab mir jetzt mal Gedanken gemacht und mir schon n Anfang überlegt:
Ich will das Kissinger Diktat dem Schreiben Wilhelms vom 14.7.1914 an Kaiser Franz Joeph gegenüberstellen (Blankoscheck):


Kissinger Diktat:
Otto von Bismarck, am 15. Juni 1877:
„[…] könnte ich das Bild vervollständigen und feiner aus- arbeiten[...]: nicht das irgend eines Ländererwerbes, sondern das einer politischen Gesamtsituation, in welcher alle Mächte außer Frankreich unser bedürfen, und von Koalitionen gegen uns durch ihre Beziehungen zueinander nach Möglichkeit abgehalten werden.“

„Blankoscheck“:
Kaiser Wilhelm an Kaiser Franz Joseph, am 14. Juli 1914
„[…] Die Grauen erregende Freveltat von Sarajewo hat ein grelles Schlaglicht auf das unheilvolle Treiben wahnwitziger Fanatiker und die den staatlichen Bau bedrohende panslawistische Hetzarbeit geworfen. […] Ich erachte es […] nicht nur für eine moralische Pflicht aller Kulturstaaten, sondern als ein Gebot für ihre Selbsterhaltung, der Propaganda der Tat, die sich vornehmlich das feste Gefüge der Monarchien als Angriffsobjekt ausersieht, mit allen Mitteln entgegenzutreten. Ich verschließe mich auch nicht der ernsten Gefahr, die Deinen Ländern und in der Folgewirkung dem Dreibund aus der von russischen und serbischen Panslawisten betriebenen Agitation droht, und kenne die Notwendigkeit, die südlichen Grenzen Deiner Staaten von diesem schweren Druck zu befreien.

Ich lese zuerst das eine vor und folgende Begriffe werden quasi als die "markierten" über Powerpoint angezeigt:

-Das Bild […] einer politischen Gesamtsituation

- Alle Mächte außer Frankreich

-Koalitionen gegen uns […] abgehalten werden.

Dann komm ich zum Fazit, dass es sich um Defensivbündnisse handelt, die lediglich zum Schutz dienen... Also status quo Politik.

Dann les ich den zweiten Text vor wobei folgende Begriffe als markiert erscheinen:

Moralische Pflicht aller Kulturstaaten […] mit allen Mitteln entgegenzutreten

Ich verschließe mich auch nicht der ernsten Gefahr, […]

Kenne die Notwendigkeit, die südlichen Grenzen deiner Staaten von diesem Druck zu befreien

Als Fazit wird dann aggressives Säbelrasseln eingeblendet...

Wenn ich das habe gehe ich drauf ein, dass diese Texte einen sehr großen Gegensatz darstellen, wobei sie doch beide von den jeweils obersten Führern des Kaiserreichs verfasst wurden.

Das is dann so ungefähr mein aufhänger... so nach dem motto: dies gilt es jetzt zu erörtern und dann die Gliederung...

Na, was haltet ihr davon? Kritik und Verbesserungsvorschläge sind erwünscht!!! ;)

mfg kuhni
 
Ich finde es ok wenn du uns nach Literatur und Anregungen fragst, ich finde es aber etwas seltsam, wenn du dein Referat hier im Forum diskutieren möchtest. In meinem letzten Beitrag habe ich geschrieben , dass der Vergleich deine eigene intellektuelle Leistung sein muss! Das sollte auch so bleiben. Also ran an die Arbeit!!!! Wo ist denn hier bitte das intellektuelle Niveau????
 
Kuhni Kühnast schrieb:
Dann les ich den zweiten Text vor wobei folgende Begriffe als markiert erscheinen:
Moralische Pflicht aller Kulturstaaten […] mit allen Mitteln entgegenzutreten
Ich verschließe mich auch nicht der ernsten Gefahr, […]
Kenne die Notwendigkeit, die südlichen Grenzen deiner Staaten von diesem Druck zu befreien

Als Fazit wird dann aggressives Säbelrasseln eingeblendet...

Wo siehst du in diesem Text "aggressives Säbelrasseln" ???
Ich lese sicherheitshalber noch einmal:

Kaiser Wilhelm an Kaiser Franz Joseph, am 14. Juli 1914
„[…] Die Grauen erregende Freveltat von Sarajewo hat ein grelles Schlaglicht auf das unheilvolle Treiben wahnwitziger Fanatiker und die den staatlichen Bau bedrohende panslawistische Hetzarbeit geworfen. […] Ich erachte es […] nicht nur für eine moralische Pflicht aller Kulturstaaten, sondern als ein Gebot für ihre Selbsterhaltung, der Propaganda der Tat, die sich vornehmlich das feste Gefüge der Monarchien als Angriffsobjekt ausersieht, mit allen Mitteln entgegenzutreten. Ich verschließe mich auch nicht der ernsten Gefahr, die Deinen Ländern und in der Folgewirkung dem Dreibund aus der von russischen und serbischen Panslawisten betriebenen Agitation droht, und kenne die Notwendigkeit, die südlichen Grenzen Deiner Staaten von diesem schweren Druck zu befreien."

Der erste Teil liest sich ähnlich wie die heute üblichen Botschaften von Politikern, wenn wieder irgendwo ein Attentat ware ( ..feiges Attentat..menschenverachtend...etc)

Im zweiten Teil sieht WII auch eine Gefahr für den ganzen Dreibund, wenn die Aggressionen gegen die Länder ÖUs nicht gestoppt werden und die Notwendigkeit der Gegenwehr.

Das verstehst du unter "aggressives Säbelrasseln"? Ich sehe da Sorge und den Entschluß zur Verteidigung.... :grübel:
 
Hmm...
Da hab ich wohl irgendwie was falsch gedeutet... :( Meint ihr der Vergleich is nich so gut am Anfang? Wobei es sich doch hier eindeutig um die Blankovollmacht handelt, die Wilhelm II gegenüber Franz Joseph ausstellt...

dann nenne ich es fortan nicht mehr agressives Säbelrasseln sondern Blankovollmacht für einen bevorstehenden Krieg...

@ Isokrates: genau aus dem Grund habe ich euch gefragt... ;) Ich möchte einfach einer Fehlinterpretation vorbeugen... Von dieser Präsentation hängt nämlich im Endeffekt ab, ob ich Medizin studieren kann oder nicht... :( Deshalb auch die Ängstlichkeit ;) (ich bitte um Nachsicht)

Aber Danke für eure Anregungen bisher!!!!

Mfg Kuhni
 
Kuhni Kühnast schrieb:
Da hab ich wohl irgendwie was falsch gedeutet... :( Meint ihr der Vergleich is nich so gut am Anfang? Wobei es sich doch hier eindeutig um die Blankovollmacht handelt, die Wilhelm II gegenüber Franz Joseph ausstellt...

Blankovollmacht mag ja sein, aber willst du nicht die Unterschiede in der Aussenpolitik darstellen? Wird das damit deutlich? Wie du das im Endeffekt machst, mußt du selbst wissen, aber ich würde vielleicht die Rede von Bülows nehmen, in dem es um den "Platz an der Sonne" geht.
-> http://de.wikisource.org/wiki/Deutschlands_Platz_an_der_Sonne

Oder etwas aus dem Umfeld der Zweiten Marokko-Krise?
-> http://de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Marokkokrise

DHM schrieb:
"Der für die Außenpolitik zuständige Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Alfred von Kiderlen-Wächter, war jedoch bereit, Frankreich die Vorherrschaft über Marokko zu überlassen, sofern dieses als territoriale Kompensation das französische Kongogebiet an Deutschland abzutreten bereit wäre. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen und Frankreich zu Verhandlungen zu zwingen, wurde auf Wächters Initiative am 1. Juli 1911 das deutsche Kanonenboot "Panther" als deutliche Drohgebärde in den Hafen des marokkanischen Agadir entsandt. Zwei Wochen später trug die deutsche der französischen Regierung die Forderung nach Abtretung von Französisch-Kongo offiziell vor, nachdem ein entsprechendes, aus Frankreich erwartetes Entgegenkommen ausgeblieben war. Dieser Vorstoß wurde in der deutschen Öffentlichkeit überwiegend positiv aufgenommen und propagandistisch vor allem durch den Alldeutschen Verband und alle wichtigen Tageszeitungen massiv unterstützt, die dabei vor dem Erzeugen massiver Kriegsstimmung nicht zurückschreckten.
Allerdings wollte die deutsche Führung, allen voran Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg, das Risiko eines Kriegs vorerst nicht eingehen. Vielmehr gedachte sie Frankreich durch Drohgebärden zuerst an den Verhandlungstisch und dort dann zu den gewünschten Gebietsabtretungen zwingen zu können. Die deutsche Regierung war fest vom Gelingen ihrer Strategie überzeugt, so dass diplomatische Konsultationen mit anderen Mächten ausblieben. Besonders die fehlende Kontaktaufnahme mit Großbritannien sollte sich aber als schwerwiegender Fehler erweisen. Das durch die Entente Cordiale eng mit Frankreich verbundene und den deutschen Flottenausbau als Provokation empfindende Großbritannien schlug sich unmittelbar auf die Seite Frankreichs und beanstandete die deutschen Forderungen als maßlos überzogen sowie den eigenen Sicherheitsinteressen zuwiderlaufend."

Da gibt es sicher Reichstagsreden, Noten etc. muß man allerdings etwas nach suchen. Ich denke du tust dir keinen Gefallen, wenn du dich auf eine WII-Rede festlegst. Erstens schrumpft dein Materialtopf damit sehr und zweitens ist es falsch, wenn du davon ausgehst, daß der Kaiser 26 Jahre lang allein die Richtlinien der Aussenpolitik bestimmt hat - da waren noch seine Kanzler und Minister. Deren Äußerungen sind oftmals viel wichtiger als "Festtagsreden des Repräsentanten".

Muß es denn überhaupt eine Rede sein? Tut es nicht auch ein Zeitungsartikel, der die Stimmung im Land verdeutlicht? Aber ich denke, das wirft dein ganzes Konzept über den Haufen....:rotwerd:

PS: Vielleicht hat ja Gandolf noch einen Tip parat, er kennt sich mit der Aussenpolitik im Kaiserreich recht gut aus...
 
Zuletzt bearbeitet:
Arne schrieb:
Blankovollmacht mag ja sein, aber willst du nicht die Unterschiede in der Aussenpolitik darstellen?...

PS: Vielleicht hat ja Gandolf noch einen Tip parat, er kennt sich mit der Aussenpolitik im Kaiserreich recht gut aus...
Vielen Dank für die Komplimente.:)

Meiner Meinung nach sollte Kühni vor allem Isokrates Mahnung beachten, dass zehn Minuten Präsentation zu einer äußerst knappen Zusammenfassung zwingen. Kühni wird gut beraten sein, sich nicht zu verzetteln und lediglich die einschlägigen Schlagworte zu nennen und diese natürlich vollständig. Bei der anschließenden Fragestunde muss Kühni freilich damit rechnen, dass er auch noch darauf getestet wird, ob er die genannten bzw. nicht genannten Schlagworte verstanden hat und zutreffend erläutern kann.

Was den Inhalt angeht, neige ich zu Zurückhaltung. Erstens sollte Kühni die Schlagworte aus dem Unterricht kennen bzw. sich diese aus der Literatur selbst erarbeiten. Zweitens möchte ihn auch nicht mit Zusatzinfos überfrachten, die aus seiner 10-min-Präsentation ein Endlosreferat machen würde. Drittens ist er für sein Referat selbst verantwortlich. Viertens habe ich keine Ahnung wie derartige Referate an seiner Schule ablaufen. Fünftens finde ich PowerPoint-Präsentationen doof, weil die meiste Mühe in die Gestaltung und die wenigste Mühe in die Inhalte gesteckt wird...

Die meisten Unterschiede kann Küni dadurch finden, dass er sich selbst fragt, zu welchen Veränderungen es in den Bündnissystemen gekommen ist und worauf diese zurückzuführen sind. Ein paar Beispiele:
  • Bismarck favorisierte das "Spiel mit den fünf Kugeln" und vermied feste Bündnisblöcke; sein Nachfolger Caprivi favorisierte feste Bündnissysteme (Nichtverlängerung des Rückversicherungsvertrages).
  • Bismarcks Bündnisse waren auf die Vermeidung des Kriegsfalles und die Wahrung des Friedens ausgerichtet; unter Wilhelm II. wurden der Zweibund kriegstauglich gemacht (Absprachen der Generalstäbe über den gemeinsamen Zeitpunkt der Mobilmachung).
  • Unter Bismarck sollte der Zweibund ÖU lediglich vor einem russischen Angriff schützen, aber keinesfalls zu einer aggressiven Balkanpolitik ermutigen; unter Wilhelm II. wurde ÖU zu einer aggressiveren Balkanpolitik ermutigt, um sich als Großmacht zu behaupten und die Festigkeit der gegenerischen Bündnisse auszuloten (Bsp: bosn. Annexionskrise, Julikrise 1914).
Aber es gibt natürlich noch mehr Unterschiede, die Kühni letztlich selbst finden, begründen und vertreten muss.

Angesichts der Präsentationszeit von 10 Minuten würde ich zum Einstieg keine Quelle verwenden, deren Vorlesen schon 5 Minuten in Anspruch nimmt. Vielleicht sollte Kühni zum Einstieg einfach die allseits bekannte Karrikatur "Der Lotse geht von Bord" verwenden und dann loslegen...

oder wie wäre es damit: "Kein Staat kann die Bündnistreue so weit treiben, daß er für seinen Verbündeten seine Existenz opfert" (Bismarck) - welch ein Kontrast zu Bülows "Nibelungentreue"!
 
Zuletzt bearbeitet:
Gandolf schrieb:
oder wie wäre es damit: "Kein Staat kann die Bündnistreue so weit treiben, daß er für seinen Verbündeten seine Existenz opfert" (Bismarck) - welch ein Kontrast zu Bülows "Nibelungentreue"!

Ja, welch ein Kontrast.
Was aber auch bedacht gehört, ÖU war zu diesem Zeitpunkt der letzte und einzige Verbündete des DR. Warum ist ein anderes Thema.

Der letzte Verbündete, kräftig umworben von der entente, insbesondere Britanniens König tat sich hervor.
Dass man diesen nicht auch noch verlieren konnte ist ja auch klar.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Ja, welch ein Kontrast.
Was aber auch bedacht gehört, ÖU war zu diesem Zeitpunkt der letzte und einzige Verbündete des DR. Warum ist ein anderes Thema.

Der letzte Verbündete, kräftig umworben von der entente, insbesondere Britanniens König tat sich hervor.
Dass man diesen nicht auch noch verlieren konnte ist ja auch klar.

Grüße Repo
Auch hier ein Unterschied zwischen Bismarck und seinen Nachfolgern:
  • Unter Bismarck war Berlin das diplomatische Zentrum Europas. Er unterhielt zu fast allen europäischen Großmächte gute Beziehungen (Ausn.: Frankreich). Über Rußland (Rückversicherungsvertrag) versuchte er ÖU unter Kontrolle zu halten.
  • Erst nachdem der Rückversicherungsvertrag nicht verlängert wurde und die letzte Bindung nach St.Petersburg riß, gewann ÖU die Bedeutung des letzten Partners. In Europa entstanden feste Blöcke und nun war London das diplomatische Zentrum Europas.
 
Gandolf schrieb:
Auch hier ein Unterschied zwischen Bismarck und seinen Nachfolgern:
  • Unter Bismarck war Berlin das diplomatische Zentrum Europas. Er unterhielt zu fast allen europäischen Großmächte gute Beziehungen (Ausn.: Frankreich). Über Rußland (Rückversicherungsvertrag) versuchte er ÖU unter Kontrolle zu halten.
  • Erst nachdem der Rückversicherungsvertrag nicht verlängert wurde und die letzte Bindung nach St.Petersburg riß, gewann ÖU die Bedeutung des letzten Partners. In Europa entstanden feste Blöcke und nun war London das diplomatische Zentrum Europas.

Stimmt zweifellos.
Aber die Bedeutung als "letzter Partner" kam eigentlich erst ab 1. Marokkokrise, als klar wurde, dass England mit Frankreich gehen würde.
Und die Frage ob es noch eine andere Option als die "Nibelungentreue" gab stellt sich dann schon.
Vermutlich wird ÖU schon darauf hingewiesen haben, dass wenn die Annektion nicht an der Seite Berlins durchzuziehen ist, sie eben an der Seite Londons durchgezogen wird. Auslöser war ja eh Petersburg. Wo man sich hinterher von dem Wiener "Getreidejuden" Aerenthal betrogen fühlte.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Aber die Bedeutung als "letzter Partner" kam eigentlich erst ab 1. Marokkokrise, als klar wurde, dass England mit Frankreich gehen würde.
Ich meine mich an eine Diskussion erinnern zu können, bei der behauptet wurde, Caprivi hätte sich wegen angeblich widersprechender Bündnisverpflichtungen gegen die Verlängerung des Rückversicherungsvertrages ausgesprochen.;)
Repo schrieb:
Und die Frage ob es noch eine andere Option als die "Nibelungentreue" gab stellt sich dann schon.
Bei den Balkankrisen 1912/13 war Berlin durchaus bereit, ÖU zurückzupfeifen. 1914 schien man begriffen zu haben, dass der Weg zum Krieg über ein aggressiv auftretendes ÖU beschritten werden kann, das zu diesem Auftritt ermutigt ("Blankoscheck") und gerade nicht zurückgepfiffen wird. Innerhalb des deutschen politischen Entscheidungszentrums konnte so das selbst inszenierte Argument, man müsse ÖU als dem einzig verbliebenen Bündnispartner beistehen, für die Deckung einer aggressiven österreichisch-ungarischen Aussenpolitik verwendet werden - im Gegensatz zu Bismarcks Position, ÖU nicht zu einer aggressiven Balkanpolitik zu ermutigen.
Repo schrieb:
Vermutlich wird ÖU schon darauf hingewiesen haben, dass wenn die Annektion nicht an der Seite Berlins durchzuziehen ist, sie eben an der Seite Londons durchgezogen wird. Auslöser war ja eh Petersburg. Wo man sich hinterher von dem Wiener "Getreidejuden" Aerenthal betrogen fühlte.
Betrogen durften sich die Russen durchaus fühlen. Immerhin war mit ihnen nicht nur die Aufteilung des Balkans vereinbart worden sondern auch, dass ihnen genügend Zeit eingeräumt wird, London für diese Abweichung der Berliner Kongreßakte zu gewinnen. Durch das absprachewidrige Vorbreschen Wiens wurde ja gerade der Protest Londons gegen die Verletzung der Berliner Kongreßakte ausgelöst. Absurd anzunehmen, dass die Briten den österreichischen Vertragsbruch akzeptieren konnten und den russischen nicht, zumal sich Russland Großbritannien außenpolitisch annäherte.
 
Gandolf schrieb:
Ich meine mich an eine Diskussion erinnern zu können, bei der behauptet wurde, Caprivi hätte sich wegen angeblich widersprechender Bündnisverpflichtungen gegen die Verlängerung des Rückversicherungsvertrages ausgesprochen.;)
.

Das wurde nicht behauptet, das ist eine Tatsache. hier aber OT

Bei den Balkankrisen 1912/13 war Berlin durchaus bereit, ÖU zurückzupfeifen. 1914 schien man begriffen zu haben, dass der Weg zum Krieg über ein aggressiv auftretendes ÖU beschritten werden kann, das zu diesem Auftritt ermutigt ("Blankoscheck") und gerade nicht zurückgepfiffen wird. Innerhalb des deutschen politischen Entscheidungszentrums konnte so das selbst inszenierte Argument, man müsse ÖU als dem einzig verbliebenen Bündnispartner beistehen, für die Deckung einer aggressiven österreichisch-ungarischen Aussenpolitik verwendet werden - im Gegensatz zu Bismarcks Position, ÖU nicht zu einer aggressiven Balkanpolitik zu ermutigen.

Das ist eine andere Kiste. wir sprechen hier von Bülow und der Nibelungentreue.

Betrogen durften sich die Russen durchaus fühlen. Immerhin war mit ihnen nicht nur die Aufteilung des Balkans vereinbart worden sondern auch, dass ihnen genügend Zeit eingeräumt wird, London für diese Abweichung der Berliner Kongreßakte zu gewinnen. Durch das absprachewidrige Vorbreschen Wiens wurde ja gerade der Protest Londons gegen die Verletzung der Berliner Kongreßakte ausgelöst. Absurd anzunehmen, dass die Briten den österreichischen Vertragsbruch akzeptieren konnten und den russischen nicht, zumal sich Russland Großbritannien außenpolitisch annäherte

Was ist hier absurd? Die Briten haben, allerdings unter Protest, den ÖU Vertragsbruch akzeptiert, und den russischen verhindert! Bosnien und Herzegowina wurden Österreichisch, und die Meerengen nicht russisch.
Mit den Briten im Kreuz hätte ÖU das gleiche Ergebnis bekommen, mit einem wirkungslosen deutschen Protest.
Du verkennst, dass es den Briten schnurzegal war ob Bosnien besetzt oder annektiert war. Dass sie die Russen aber keinesfalls im Mittelmeer wollten.
Bündnis hin oder her

Grüüße Repo
 
So... Habe für den Anfang zu folgenden Zitaten:
Bismarck:
Kein Staat kann die Bündnistreue so weit treiben, daß er für seinen Verbündeten seine Existenz opfert

Bülow:
Nibelungentreue

noch ein weiteres gefunden:

Bismarck:
Ihre Karte von Afrika ist ja sehr schön, aber meine Karte von Afrika liegt in Europa. Hier liegt Rußland, und hier... liegt Frankreich, und wir sind in der Mitte; das ist meine Karte von Afrika

Bülow:
Wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen einen Platz an der Sonne

So hätte ich schon 2 Aspekte direkt am Anfang angerissen.

Jetzt habe ich aber noch einige Verständnisfragen, die ihr mir hoffentlich beantworten könnt:

1. Oftmals wird Bismarcks Spiel mit 5 Kugeln erwähnt... Von welchen Ländern geht er aus? Ich dachte an: Deutschland, Frankreich, Österreich- Ungarn, Rußland, England... Aber wo bleibt Italien???

2. Der im Jahre 1879 mit Österreich gegründete Zweibund wurde ja aufgrund der Österreichisch- russischen Differenzen gemacht. Wie kam es dann aber dazu, das im Jahre 1883 Rumänien dazukam? Und wieso wurde der Bund im Jahre 1888 um Italien erweitert? Italien hatte doch schon mit Österreich und Deutschland den Dreibund von 1882... (in den Bund war es ja wegen der Gebietsansprüche in Tunesien gekommen, da sich Italien Unterstützung gegen Frankreich erhoffte)

3. Warum kam es zum Bulgarien- Serbienkrieg? Und warum wirkte sich dieser Krieg auf den Dreikaiservertrag aus, der dadurch zerbrach?

4. Weshalb wurde das Mittelmeerabkommen gemacht? Erhofften sich England, Italien und Österreich gegenseitige Unterstützung gegen Frankreich in ihrer Kolonialpolitik???

So, das wars erst mal fürs erste ;)
Ganz schön diffiziel, was sich Bismarck da alles ausgedacht hat! Vor allem wenn es nicht lediglich damit getan sein soll die Fakten auswendig zu wissen!!!

mfg Kuhni

ps: was mir gerade noch einfällt: Habt ihr zufällig im Internet irgendwo die Quelle in der Bülow das erste Mal die Nibelungentreue erwähnt? Wäre super!!! :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben