Die bedeutensten Botaniker und Agrarreformer des 18.Jh.

Brissotin

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Ein sehr interessanter Charakter, machte als Teenager die Weltumseglung unter Cook mit. Zeichnete, sammelte. Es gibt einige nach ihm benannte Tier- und Pflanzenarten. Eigentlich hat der Mann einen eigenen Thread verdient.
Wenn auch nicht ein Thread für ihn allein, aber er gehört wohl mit hinein. Sein Vater Johann Reinhold Forster darf dabei freilich nicht unterschlagen werden. Er überlebte seinen Sohn, der 1794 in Paris starb, und lebte in Halle (Saale) noch bis 1798.

An die erste Stelle würde ich den berühmten Carl von Linné setzen, vielleicht der berühmteste Mann seines Faches im 18.Jh..
Der Wikipediaartikel zu ihm ist wahrscheinlich recht erschöpfend, zumindest für Nichtbiologen. (@ bb ;)) Carl von Linné ? Wikipedia

Durch meine Beschäftigung mit den Hohenloher Grafen bin ich einmal auf den "Gipsapostel" Johann Friedrich Mayer gestoßen.
Zu ihm würde mich interessieren, welche Strahlwirkung seine Arbeit hatte. Wurde seine Methode des Anbaus von Klee auf Brachflächen in einem weiteren Umkreis umgesetzt?

Das frage ich mich v.a., weil Christian Reichart im 18.Jh. ja schon mit einer 18-jährigen Fruchtfolge ohne Brache arbeitete.
 
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Carl von Linne, auf den die binäre Nomenklatur (Gattung + Art; Passer domesticus = Haussperling) zurückgeht, war in der Tat eigentlich Botaniker. Sein Kollege, der die Tiere übernehmen sollte, fiel besoffen in eine Amsterdamer Gracht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Artedi
Sehr lesenswert: Lappländische Reise. Der Rentierpenis wird als Zug- und Haltegriff beim Schlitten verwendet und nebenbei äußert er sich, offenbar aus eigener Erfahrung, über den "inneren Bau" des Unterleibs von Lappländerinnen.
 
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Sehr lesenswert: Lappländische Reise. Der Rentierpenis wird als Zug- und Haltegriff beim Schlitten verwendet und nebenbei äußert er sich, offenbar aus eigener Erfahrung, über den "inneren Bau" des Unterleibs von Lappländerinnen.
Das würde ich unter Skurrilitäten fallen lassen. Auf sowas war man ja ganz versessen. Ich habe mal amüsante Beschreibungen über Grönländer aus der Zeit gelesen. Da hatte auch der Autor das größte Plaisir an dem Unnormalen.
Überhaupt gehörten aber wohl Reisejournale zu der beliebtesten Literatur der Zeit und um so skurriler die Erlebnisse und so fremder die erreisten Gegenden, um so besser.

Ich bin in Fragen der Botanik ganz unbeleckt, habe wohl auch in der Schule nicht recht aufgepasst. :pfeif: Gestoßen bin ich darauf, als ich mich mit allerhand Vertretern der bürgerlichen oder adeligen Oberschicht beschäftigte. Diese setzten sich ja entweder wissenschaftlich oder halbwissenschaftlich mit der Problematik auseinander.
Ich sehe dafür zwei wesentliche Gründe:
1. Ökonomisch: Es ging ganz einfach um die Ertragssteigerung und da ist die Erforschung der Pflanzen natürlich garnicht so unwichtig.
2. Gartenbau und Parkanlage. Viele Fürsten liebten nicht nur das eigene Projektieren von Schlossbauten, sondern auch den Entwurf von Parks und Gärten. Was teuer war, war freilich besonders attraktiv, weil eben prestigeträchtig und die anfälligen, aus der Fremde eingeführten Pflanzen, waren da natürlich ganz wichtig.
Ich kann mir vorstellen, dass auch aus diesem Dunstkreis die Förderung von guten Botanikern kam.
 
An den ökonomischen Aspekt in den damaligen Zirkelkreisen glaube ich nicht, eher an eine Sammel- und Benennungssucht für neue Pflanzen und allgemeines Interesse an der nun fast erschlossenen Welt (Strelitzia).
Strelitzien ? Wikipedia
 
Man weiß oft nicht, welcher Forster bei den Benennungen eigentlich gemeint ist.
Forster's Tern - Wikipedia, the free encyclopedia
Kann man den Sohn, also Georg Forster, nicht eher als einen Zuarbeiter seines Vaters ansehen?
Viel Zeit zu einem eigenen wissenschaftlichen Studium, sprich Schulbank drücken, wird Georg Forster ja nicht geblieben sein, da er ja quasi von Kindesbeinen an, seinen Vater auf dessen Forschungsexpeditionen begleitete. Natürlich lernte er damit auch und viel von dem gebildeten Vater.
 
Kann man den Sohn, also Georg Forster, nicht eher als einen Zuarbeiter seines Vaters ansehen?
Viel Zeit zu einem eigenen wissenschaftlichen Studium, sprich Schulbank drücken, wird Georg Forster ja nicht geblieben sein, da er ja quasi von Kindesbeinen an, seinen Vater auf dessen Forschungsexpeditionen begleitete. Natürlich lernte er damit auch und viel von dem gebildeten Vater.
So kann man es sehen. Aber während sein Vater weitgehend vergessen ist, haben die Zeichnungen und Aquarelle von Georg zumindest in Fachkreisen überdauert. Sie zeigen z.B. Vogelarten aus der Südsee, die danach nie wieder gefunden wurden, also ausgestorben sind. Mit den Europäern kamen die Ratten und Katzen.
 
Gab es da keinen Bogen zwischen den Gartenbauern und "Sammlern"?
Dazu die etwas ironische Bemerkung von Bernal: [1]
Das 18. Jahrhundert war das Jahrhundert der Entdeckungsreisenden, der Sammler und Klassifizierer. Der Gedanke der Klassizifierung ergab sich aus der praktischen Notwendigkeit, die Pflanzen in den botanischen Gärten und die Sammlungen in Kabinetten zu ordnen, und vielleicht noch mehr aus dem Bedürfnis, Kataloge zusammenzustellen und zu drucken.
Den Beginn der ökonomischen Nutzbarmachung botanischer Forschungen kann man wahrscheinlich erst aufs ausgehende 18. Jh. datieren, nachdem die Chemie als Wissenschaft sich rasant zu entwickeln begann.

Aber da lasse ich mich gern belehren. (Hab zwar noch den alten "Schmeil" aus der Schulzeit, aber den Biologieunterricht erinnere ich als extrem langweilig...:rotwerd:)


[1] Die Wissenschaft in der Geschichte. Darmstadt 1961, S. 457
 
Durch meine Beschäftigung mit den Hohenloher Grafen bin ich einmal auf den "Gipsapostel" Johann Friedrich Mayer gestoßen.
Zu ihm würde mich interessieren, welche Strahlwirkung seine Arbeit hatte. Wurde seine Methode des Anbaus von Klee auf Brachflächen in einem weiteren Umkreis umgesetzt?

Der steigende Anbau von Klee als Futtermittel im 18. Jhdt. ermöglichte einen höheren Viehbestand und in der Folge bessere Düngung der Getreideflächen, da überwiegend mit Stallmist gedüngt wurde. Bedingungen, Techniken und Produkte der Landwirtschaft
Ab wann stickstoffsammelnde Pflanzen wie Klee und Leguminosen als Gründungung direkt untergepflügt wurden, müßte ich nachlesen.

Dazu die etwas ironische Bemerkung von Bernal: [1]
Das 18. Jahrhundert war das Jahrhundert der Entdeckungsreisenden, der Sammler und Klassifizierer. Der Gedanke der Klassizifierung ergab sich aus der praktischen Notwendigkeit, die Pflanzen in den botanischen Gärten und die Sammlungen in Kabinetten zu ordnen, und vielleicht noch mehr aus dem Bedürfnis, Kataloge zusammenzustellen und zu drucken.
Den Beginn der ökonomischen Nutzbarmachung botanischer Forschungen kann man wahrscheinlich erst aufs ausgehende 18. Jh. datieren, nachdem die Chemie als Wissenschaft sich rasant zu entwickeln begann.

Dem stimme ich zu, die Naturwissenschaften hielten erst im 19. Jhdt. Einzug in die Landwirtschaft mit Justus von Liebig ? Wikipedia und der Agrikulturchemie.

Vielleicht sind die Pflanzenzüchter das Bindeglied zwischen den Sammlern und den Gartenbauern.
 
Durch meine Beschäftigung mit den Hohenloher Grafen bin ich einmal auf den "Gipsapostel" Johann Friedrich Mayer gestoßen.
Zu ihm würde mich interessieren, welche Strahlwirkung seine Arbeit hatte. Wurde seine Methode des Anbaus von Klee auf Brachflächen in einem weiteren Umkreis umgesetzt?

Dem Mayer http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Friedrich_Mayer_(Kupferzell) ging es mehr um Klee, Rüben und Kartoffeln als Futtermittel für das Vieh in Kombination mit Stallhaltung. Im 18. Jhdt müssen die Böden sehr ausgelaugt gewesen sein, so dass arme Bauern nur wenige Stück ausgemergeltes Vieh besaßen oder liehen. Wenig Vieh bedeutete wenig Dung und magere Ernten beim Hauptnahrungsmittel Getreide.
Johann Nepomuk Hubert von Schwerz ? Wikipedia ist etwas spät für deine 18. Jhdt-Agrarreformer, Brissotin, er beschreibt jedoch die Zustände vor und nach der verbesserten 3-Felder-Wirtschaft anschaulich in Historischer Verein Ingelheim - Geschichte

Das frage ich mich v.a., weil Christian Reichart im 18.Jh. ja schon mit einer 18-jährigen Fruchtfolge ohne Brache arbeitete.

Die 18-jährige Fruchtfolge des Christian Reichart ? Wikipedia kann ich noch nicht richtig einordnen. Reichart hat sich auch mit Kräutern und Gemüse beschäftigt (Einführung des Blumenkohls), so dass ich ihn eher bei den Gartenbauern einordnen würde. Ob die Geschichte der Erfurter Samenzucht, die Mitte des 19. Jhdt begann, indirekt auf Reichart zurückgeht, wäre eine interessante Frage.
 
@ rena8
Jedenfalls vielen Dank für den Hinweis, auch wenn von Schwerz wohl zeitlich eher im 19.Jh. zu verordnen ist.

Zur Viehhaltung habe ich mir auch schon ein paar Gedanken gemacht. So fragte ich mich selbst nach dem Vorteil der Stallhaltung. Futter im Fall der Stallhaltung war ja neben dem Klee auch nötig. Von daher können nicht so viele Weideflächen frei geworden sein. Ich bin kein Landwirtschaftler. Benötigt man deutlich weniger Flächen, wenn man von Weidewirtschaft auf Stallhaltung mit der Versorgung des Viehs mit Klee, Rüben und evtl. Kartoffeln umstellt?
Der Export von Rindfleisch bis nach Frankreich im Zuge der Stallhaltung spricht ja für einen bedeutenden Vorteil derselben. Darum würde ich auch Mayer dann schon als Agrarreformer seiner Gegend ansehen.

Albrecht Daniel Thaer fällt mit seiner Schaffenszeit zumindest auch noch zum Teil ins späte 18.Jh..
 
Dem Mayer http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Friedrich_Mayer_(Kupferzell) ging es mehr um Klee, Rüben und Kartoffeln als Futtermittel für das Vieh in Kombination mit Stallhaltung.
Mir ist schon aufgefallen, dass die Geistlichen offenbar immer wieder eine Rolle bei der Einführung von Neuerungen in der Landwirtschaft in ihrer Umgebung spielten.
Auch der vielleicht etwas berühmtere Pädagoge, Sozialpionier und Pfarrer Oberlin (1740-1826) passt dazu. Johann Friedrich Oberlin ? Wikipedia

Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht. Zum einen waren die Dorfgeistlichen natürlich vom Standpunkt der akademisch-wissenschaftlichen Kenntnisse sicherlich im Dorf führend. Zum anderen hatten sie, wenn man sich manche Hobbies zeitgenössischer Pfarrer anschaut, offensichtlich auch genügend "freie" Zeit neben ihrer hauptberuflichen Beschäftigung in der Kirche. Sie kamen auch offenbar nicht umhin, die Anbaumethoden der Bauern ihrer Gegend zu beobachten. Daneben betrieben sie auch eine gewisse Landwirtschaft, was natürlich sehr unterschiedlich vom Umfang her sein konnte.


Neben den Geistlichen sind Beamte häufig Agrarreformer gewesen, was dann schon eher zu dem eigenen Berufsbild und zu den dazugehörigen Aufgaben passte.

Offensichtlich gab es einige Staaten, die obrigkeitlich dirigiert neue Anbaumethoden bzw. zu den Böden und der Topographie passende Nutzpflanzen anbauen ließen (man denke an die von oben befohlene Anpflanzung der Kartoffel in Preußen). Auf der anderen Seite gab es auch Staaten, wo der Fortschritt nicht von oben, sondern sozusagen aus der Gesellschaft kam. Bei Letzterem würde ich die Beispiele mit umtriebigen Geistlichen einmal dazu zählen.

Habt ihr noch weitere Gründe für die landwirtschaftlich aktiven Pfarrer etc.?
 
Im Bereich Obstkunde/Pomologie gab es einige aktive Pfarrer, z.B. den Herrn Oberdieck. Viele Geistliche hatte die notwendige Bildung und wohl auch die Zeit, um sich damit oder auch mit Bienenzucht zu beschäftigen.

Angeblich hat Friedrich Nummer Zwo in Preußen Kartoffeln dadurch interessant gemacht, dass er die Felder von Soldaten bewachen ließ und die bis dahin unbeliebten Erdäpfel plötzlich durch die Soldaten wichtig wurden. Stimmt das eigentlich, oder ist das nur eine nette Legende?
 
Ich habe mich jetzt nochmals in die Thematik eingelesen. Zu Recht kommt sicherlich J.F. Mayer eine nicht geringe Rolle bei der Erforschung der Landwirtschaft zu. Nicht nur dass er mit seiner Düngmethode selber zum Fortschritt beigetragen hat, sondern dass er den zeitgenössischen Fortschritt auch dokumentierte. Er setzte sich in seinen Werken u.a. für den Einsatz des Haberrechens (eine Kombination aus Sense und Rechen) und gegen die Verwendung der Sichel bei der Getreideernte ein. Freilich hatte er damit nicht unbedingt Erfolg. Auch im Hohenlohischen selbst, was er generell oftmals als vorbildhaft hinstellt, wurde die Fronarbeit oft noch mit der Sichel ausgeführt, wo das Mähen mit dem Haberrechen schon möglich war. Bei aller Begeisterung für den Fortschritt wie für die Putzmühle sprach sich Mayer jedoch bspw. gegen die Dreschmaschine aus, die er zusammen mit der Säemaschine, Schelpflügen und Rührhaken als Geräte ansieht, die nichts weiter als Spielereien sein, die sich nie durchsetzen würden. Interessant ist für unsere Ökonomen, dass Mayer auch den wirtschaftlichen Faktor durchaus in den Mittelpunkt stellt. So führt er an, dass der Einsatz des Haberrechens nicht nur längeres Stroh gewinnen ließe sondern auch der Sichel voraus habe, dass man für die selbe Menge Getreide nur halb- bis einviertel soviele Arbeiter brauche. Überhaupt sind Zahlen und Belege seiner Ansichten Mayer scheinbar ein wichtiges Anliegen.*

* Kurt Meider: "Vom Feldbau zur Landwirtschaft ..." in: "Barock in Baden-Württemberg" Bd. 2, G.Braun, Karlsruhe, 1981
 
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