Die chinesische Schrift

H

hyokkose

Gast
Beitrag von Gast wthurner : Sonntag, den 16. November, 2003 - 10:48

Hallo Hyokkose,
ich hatte mal die Idee, dass der fehlende "imperialistische"
Drang der Chinesen, durch das Festhalten an den chinesischen Schriftzeichen, welche ja nur sehr umständliche Entwicklungsmöglichkeiten besitzen, lag.
Wurde hier in diesem Forum strikt abgelehnt.
Ich glaube aber dennoch, dass das Desinteresse Chinas zu jener Zeit an Kolonien und Entdeckungen damit zusammenhängt.
Die Europäer mit ihrer Lautschrift, haben ja im wesentlichen die grossen Entdeckungen, Bildung von Kolonien, Handelsstützpunkte, etc. gemacht.

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Beitrag von Mitglied Heinz : Sonntag, den 16. November, 2003 - 11:08

Wthurner, das könnte der Grund dafür sein.
Vielleicht hassten die Chinesen die Qing, weil es Mandschuren also Barbaren waren.

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Beitrag von Gast hyokkose : Sonntag, den 16. November, 2003 - 13:45

Lieber wthurner,

ich habe mir die Diskussion "Lautschrift und Religion als Wegbereiter des Aufstiegs" durchgelesen. Mit der Religion hast Du wahrscheinlich recht, das mit der Lautschrift halte ich nicht für stichhaltig.

Zunächst müssen wir ein paar grundsätzliche Dinge klären: Was ist eine Lautschrift, was eine Zeichenschrift?
Was verstehe ich überhaupt unter Schrift? Unter Schrift verstehe ich ein Zeichensystem, das in der Lage ist, gesprochene Sprache umfassend und eindeutig wiederzugeben. Eine reine Bilderschrift ist dazu nicht in der Lage (wie soll eine Bilderschrift z. B. das Wort "wie" wiedergeben?), auch wenn Bilderschriften als Vorstufen zur eigentlichen Schrift zu werten sind.
Nun kommt etwas, was Dich vielleicht wundern wird, aber es ist trotzdem so: Eine reine Zeichenschrift (ohne Merkmal einer Lautschrift) gibt es gar nicht. Die ägyptischen Hieroglyphen enthalten zwar eine Menge Bildzeichen, aber Hieroglyphisch ist eine Mischschrift aus Bedeutungszeichen und Lautzeichen. Das gleiche gilt für die Keilschriften Mesopotamiens. Und das gleiche gilt auch für die chinesische Schrift. Nur ein Bruchteil der chinesischen Schriftzeichen sind reine Begriffszeichen, die weitaus meisten haben eine Lautschriftkomponente. Nur ist diese bei einigen Zeichen heute schwer herauszulesen, da die Zuordnung von Laut und Zeichen großteils noch aus dem Altchinesischen herrührt.
Das gleiche Problem hat aber auch jede Lautschrift, die über Jahrhunderte verwendet wird. Die Sprache ändert sich nämlich, und die Rechtschreibung hält da meist nicht Schritt.
Nehmen wir z. B. das deutsche Wort "Vieh".
In Lautschrift geschrieben , müßten wir eigentlich "Fi" oder allenfalls "Vi" schreiben. Denn weder ein "e" noch ein "h" ist im gesprochenen Wort hörbar. Vor vielen Jahrhunderten wurden diese Laute aber noch gesprochen. Reste der alten Aussprache sind heute allenfalls noch in Dialekten erhalten, so spricht der Tiroler (wenn ich es richtig weiß) auch heute noch "Viach".
Im Englischen ist heute die Diskrepanz zwischen Laut und Schriftzeichen bei den Vokalen (und auch manchen Konsonanzen) so weit fortgeschritten, daß es keinen Zusammenhang zwischen Laut und Schrift mehr gibt.
Der Buchstabe "u" z. B. bezeichnet im Englischen nur ausnahmsweise ein gesprochenes "u".
- Im Wort "bus" bezeichnet er ein dunkles "a"
- Im Wort "busy" bezeichnet er ein "i"
- Im Wort "church" bezeichnet er ein langes offenes "ö"
Auch das Französische ist für große Diskrepanzen zwischen Laut und Schrift bekannt. Im Fall des Englischen und Französischen kann man eigentlich nur noch eingeschränkt von einer "Lautschrift" sprechen. Viel eindeutiger und unkomplizierter ist da z. B. das ungarische Schriftsystem.

Ich glaube nicht, daß es möglich ist, aus der Kompliziertheit oder Einfachkeit eines Schriftsystems auf den Erfolg oder Mißerfolg politischer Entwicklungen zu schließen.

Aber werfen wir einen Blick in die chinesische Geschichte: Das chinesische Tang-Reich expandierte im 7. Jahrhundert gewaltig und unterwarf halb Zentralasien (wo diverse Lautschriften in Gebrauch waren, z. B. die uigurische). Warum betrieben aber die Tang eine Expansionspolitik, die Ming aber nicht? Sie benutzten doch haargenau die gleiche Schrift.

Auch im Vergleich mit anderen seßhaften Völkern im chinesischen Umkreis, die seit vielen Jahrhunderten Lautschriften benutzen (Thai, Khmer, Tibeter, Koreaner) kann ich nicht erkennen, daß die Lautschrift einen expansiven oder imperialistischen Einfluß ausgeübt hätte, der sich auch nur ansatzweise mit chinesischen Großmachtbestrebungen messen könnte.

Im übrigen ist die chinesische Schrift gar nicht so schwerfällig, wie sie dem Uneingeweihten oder dem Anfänger vorkommen mag. Sie ist als Schriftsystem genauso funktionstüchtig wie jedes andere Schriftsystem auch und hat ihre Leistungsfähigkeit auch seit Jahrtausenden bewiesen.

Nein, lieber wthurner, an der Art des Schriftsystems kann es wohl nicht liegen.

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Beitrag von Gast wthurner : Sonntag, den 16. November, 2003 - 17:23

Hallo liebe Hyokkose,
vielen Dank für die Mühe diese alte Diskussion durchzulesen.
"Nur ein Bruchteil der chinesischen Schriftzeichen sind reine Begriffszeichen, die weitaus meisten haben eine Lautschriftkomponente."
Dies ist für mich neu und revolutionär.Da wird sich auch
Manganite wundern.
Als einfacher Geist habe ich mir mal während einer Chinareise so meine Gedanken gemacht und ich muss sagen, unser Buchstabenalphabet mit ich glaube ca. 25 Buchstaben habe ich mir damals herbeigewünscht.Man fühlt sich als Mensch aus dem Westen ja vollkommen verloren, unmöglich ein Ortsschild oder z.B. einen Fahrplan zu lesen. Für meinen Geschmack sind 35 000 chinesische Schriftzeichen einfach zuviel, und wichtig ist dabei auch, dass der überwiegenden Mehrheit der Chinesen mit einem "Zeichenschatz" von 2000-2500 Zeichen z.B. die Literatur auf immer verschlossen bleibt.
Ich halte die Buchstaben(Laut)Schrift für genial, neben
dem Rad mit das Bedeutenste was der Mensch je hervorgebracht
hat und was seine kulturelle Entwicklung beeinflusst hat.(Chin.)Schriftzeichen und Hieroglyphen rangieren für mein Empfinden deutlich eine Stufe tiefer.
Das mit dem expansiven Charakter, wohnt natürlich nicht
der Lautschrift inne, gemeint habe ich damit jene westl.europäischen Völker welche wie die Römer für hunderte
von Jahren ein Riesenreich organisierten, oder wie die Entdecker und Besetzer der neuen Welt, welche Kolonien gründeten, etc..
Dies ging ja grob gesehen, seltsamerweise alles von Europa aus.

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Beitrag von Gast wthurner : Sonntag, den 16. November, 2003 - 17:50

Nachtrag:
die Sache mit dem Tang-Reich und Expansion ist allerdings
ein überzeugendes Gegenbeispiel, muss ich zugeben.

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Beitrag von Gast wthurner : Sonntag, den 16. November, 2003 - 18:10

an Shi Fu An:
wie kommst Du eigentlich als Austauschschüler im täglichen
Leben zurecht? Ist der Unterricht in Englisch? Wo wohnst Du? Lernst Du Sprache und Schrift?
Warst du schon mal ausserhalb Shanghais?

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Beitrag von Mitglied Leopold_bloom : Sonntag, den 16. November, 2003 - 18:20

@wthurner: Lassen wirs Shi Fu An beantworten. Aber: Meine spärlichen Erfahrungen zu Shanghai: Nach Hong Kong ist Shanghai die mit Abstand forschrittlichste und modernste Stadt Chinas. Wenn international (und jetzt laß ich Hong Kong mal weg) dann Shanghai. Shanghai verhält sich (ganz im Extrem jetzt gesagt) zu "Landchina" wie New York zu Lambarene (sorry Shi Fu An für die Übertreibung): Aber selbst zu Beijing sind extreme Unterschiede ersichtlich....
 
Beitrag von Gast hyokkose : Sonntag, den 16. November, 2003 - 23:48

Bei dem Großteil der 35.000 Zeichen handelt es sich um nichts anderes als veraltete oder geringfügig abweichende Schreibweisen von Standardzeichen. Ein deutsches Wörterbuch, das sämtliche Schreibweisen aller Wörter aufführen wurde, die jemals im Deutschen verwendet worden sind, käme auf viel horrendere Zahlen. Trotzdem muß man nicht alle diese Wörter kennen, um Schiller, Kafka oder ein Nachrichtenmagazin zu lesen.
Mit 2000-3000 chinesischen Zeichen lassen sich die meisten Texte fließend lesen. Der Großteil der Literatur ist einem somit keinesfalls verschlossen. Schwieriger wird es mit spezieller Fachliteratur, aber das ist in jeder anderen Sprache und Schrift genauso: Wer da nicht versiert ist, muß von Zeit zu Zeit zum Lexikon greifen.

Im übrigen sind fast alle Zeichen aus einfacheren Zeichen zusammengesetzt. Die Basiszeichen dürften sich auf ein paar hundert belaufen.

Daß die Buchstabenschrift eine geniale Erfindung war, will ich gar nicht abstreiten. Aber auch Stenographie und Buchdruck waren geniale Erfindungen - beides hatten die Chinesen schon lange vor den Europäern.
Trotzdem hat auch eine Symbolschrift ihre Vorteile und steht nicht einfach "eine Stufe tiefer". Wir benutzen ja auch Symbolzeichen.
Z. B. das Symbolzeichen "3": Der Portugiese liest "tres", der Ungar "három", der Niederländer "drie"; jeder weiß, was gemeint ist, obwohl sich die drei in ihrer jeweiligen Muttersprache nicht verständigen können. In China, wo außer Mandarin noch eine ganze Menge von Sprachen wie Kantonesich, Min, Hakka etc. gesprochen werden, ermöglicht die Schrift eine Kommunikation über Sprachgrenzen hinweg. Die genannten Sprachen werden nur deshalb zusammenfassend als "Chinesisch" bezeichnet, weil sie die gleiche Schrift benutzen; nach rein sprachlichen Kriterien handelt es sich um eigenständige Sprachen.

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Beitrag von Mitglied Leopold_bloom : Montag, den 17. November, 2003 - 0:21

thats it....

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Beitrag von Mitglied Manganite : Montag, den 17. November, 2003 - 11:26

Sehr gute Punkte, hyokkose! Wie Leopold sagt, thats it...

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Beitrag von Mitglied Heinz : Montag, den 17. November, 2003 - 16:54

Ich glaube auch, dass die chin. Schrift, trotz verschiedener Sprachen in Nord- und Südchina die Verbindung zu allen Benutzern aufrecht erhält.

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Beitrag von Gast wthurner : Montag, den 17. November, 2003 - 17:43

Hallo Hyokkose,
vielen Dank für den treffenden und ausführlichen Vortrag über die chinesischen Schriftzeichen.
Eine Frage hätte ich noch:
einmal schreibst du "Nur ein Bruchteil der chinesischen Schriftzeichen sind reine Begriffszeichen, die weitaus meisten haben eine Lautschriftkomponente."
Das würde ja bedeuten, dass der überwiegende Teil der
durchschnittlich notwendigen 2000-3000 Schriftzeichen
eine Lautschriftkomponente hat. Wie ist dies zu verstehen?
Haben die Basiszeichen auch eine Lautschriftkomponente?
Nochmals vielen Dank für Deine Mühe.

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Beitrag von Gast hyokkose : Montag, den 17. November, 2003 - 22:57

Es gibt sinnangebende und lautangebende Basiszeichen.

Die allermeisten Schriftzeichen stellen eine Kombination aus einer sinnangebenden und einer lautangebenden Komponente dar. Jede Komponente kann für sich aus nur einem Basiszeichen bestehen (bei der sinnangebenden Komponente ist das die Regel) oder aber eine Kombination aus mehreren Basiszeichen darstellen (kommt bei den lautangebenden Komponenten häufiger vor).

Aus 100 lautangebenden Basiszeichen und 100 sinnangebenden Basiszeichen lassen sich theoretisch 10.000 Zweierkombinationen bilden. (In Wirklichkeit gibt es mehr Basiszeichen, nicht alle Zweier-Kombinationsmöglichkeiten können sinnvollerweise ausgeschöpft werden, dafür sind auch Dreierkombinationen möglich.)

Darüber hinaus gibt es Schriftzeichen, die nur aus einem sinnangebenden Basiszeichen bestehen, z. B. die chinesischen Zahlzeichen - wie unsere arabischen Zahlen ja auch.

Außerdem gibt es auch Schriftzeichen, die aus mehreren sinnangebenden Komponenten bestehen, z. B. das Zeichen für "Helligkeit", das sich aus den Basiszeichen "Sonne" und "Mond" zusammensetzt.

Aber wie gesagt, die weitaus meisten Schriftzeichen (auch unter den 2000-3000 am häufigsten verwendeten) setzen sich aus Laut- und Sinnzeichen zusammen.

Lieber wthurner, ich hoffe, ich habe Deine Frage einigermaßen verständlich beantwortet.

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Beitrag von Mitglied Heinz : Dienstag, den 18. November, 2003 - 9:11

Vielen Dank Hyokkose.

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Beitrag von Gast wthurner : Dienstag, den 18. November, 2003 - 11:13

Herzlichen Dank, Hyokkose, nichts ist schwerer als eine festgefahrene Meinung zu verlassen. In Hinblick auf die
chinesische Schrift muss ich dies jetzt tun.
Hast du Sinologie studiert?
 
Beitrag von Gast ShiFuAn : Sonntag, den 30. November, 2003 - 13:45

An dieser Stelle muss ich mich auch mal bei hyokkose bedanken (auch wenn ich nicht diese komischen Herzchen als Symbol nehme ;-) ), da er mit seinem Beitrag zur Schrift 100% Recht hat. Ich haette es echt nicht besser machen koennen, solch ein Wissen is schon bemerkenswert. Auch wenn alle Argumente genannt wurden und wthurner nun (gottseidank) ueberzeugt ist, kann ich ja einfach um die Sache abzurunden noch ein zwei weitere Fakten zur chinesischen Schrift nennen:
Die chinesische Zeichenschrift funktioniert nicht nur als Mittel zur Erhaltung der nationalen Einheit, sondern auch als einzige Schrift, die in der Lage ist, die chinesische Sprache wiederzugeben! Diese besitzt naemlich gerademal 420 Silben, aber natuerlich mindestens genauso viele Woerter wie jede andere Sprache auch (und unlogischer weise auch noch zahllose Synonyme). Mit Buchstaben kann das natuerlich nicht klappen. In Chinas groesstem bisher existirenden Lexikon (uebrigens aus der Qing-Dynastie) mit 50.000 verschiedenen Einzelschriftzeichen kommt die Silbe "YI" 64mal vor... Es gibt zwar das "PinYin", die offizielle lateinische Umschrift, aber ich habe noch nie einen Text, geschweige denn ein Buch o.ae. in Pinyin gesehen. Buchstaben sind also nicht wirklich verwendbar fuer die chinesische Sprache, selbst wenn man das so wollte, was mich unheimlich beruhigend, da ich zu den Anhaengern dieser wunderbaren Zeichenschrift gehoere.
Dann gibt es noch einen weiteren Unterschied zu unserer Lautschrift: Die Intention, die zur Entstehung fuehrte. Die Schriftzeichen wurden in China urspruenglich aus einem ganz anderen Grund entwickelt als das erste Alphabet von den Phoniziern. Die ersten Schriftzeichen Chinas wurden auf den Orakelknochen gefunden und dienten ausschliesslich zur Zukunftsbefragung, waehrend die Lautschrift von Anfang an als moeglichst praktisches Mittel zur Wiedergabe der gesprochenen Sprache geschaffen wurde. Soweit ich mich entsinnen kann waren es ja auch phoenizische Haendler. Ich weiss aber auf jeden Fall dass die erste Lautschrift NICHT von Hohepriestern auf Schildkroetenpanzer gekrizelt wurde! Die chinesischen Zeichen hatten also urspruenglich eine ganz andere Aufgabe, naemlich eine religioese, keine praktische. Das sollte man vielleicht bei einem Vergleich auch beachten. Es gibt nur wenige Schriftsysteme auf der Welt, bei denen es sich gleich verhaelt, als einziges(vielleicht sind es ja auch nur diese beiden) fallen mir jetzt noch die Mayaglyphen ein, die auch nur der Religion wegen erfunden wurden, und auch nicht gerade simpel, bzw. praktisch erscheinen, aber genauso wie chinesische Schriftzeichen einen sehr dekorativen und symbolischen Charakter haben. Diese Komponente der symbolischen Aussagekraft sollte man meiner Meinung nach nicht geringschaetzen. Es gibt wohl nichts in China (auch nicht in Shanghai), was nicht mit einem Spruchband oder irgendwie mit Zeichen versehen ist. Eine alte Flagge ohne Zeichen gibt es nicht. Die Schriftzeichen sind in der Lage alle Symbole, die bei uns in der westlichen Welt genauso wichtig sind zu ersetzen, da sie sie ja quasi schon innehaben. Welcher Ritter schrieb schon in grossen Lettern "Vogel" oder "Drache" oder was auch immer auf sein Wappen, nein, es braucht immer etwas bildhaftes, ein Symbol eben. In China gab es keine symbolhaften Bilder auf Fahnen oder Schildern, stets "nur" die Zeichen. Das sagt eine Menge ueber deren Symbolkraft aus. Meiner Meinung nach "wirken" die Schriftzeichen dank ihres dekorativen und bildhaften Charakters sehr viel mehr als Woerter aus Buchstaben. Aber ich will mich da jetzt nicht zu sehr rein vertiefen, wenn ihr der Meinung seid, dass das alles bloss Geschmackssache ist, nun gut, darueber will ich mich nicht streiten.
Aber Tatsache ist, dass die Chinesen ihre Schrift lieben und eine andere Beziehung zu ihr haben als wir zu unserer. Das liegt vielleicht nicht zuletzt daran, dass man sein Leben lang Zeichen bueffeln muss/kann aber sicher auch auch an ihrer Schoenheit. Auch dies ist wohl eher eine Einschaetzung von mir als ein gesicherter Fakt, aber ein sicherer Fakt ist z.B. die Rolle der Schrift in der chinesischen Kunst! Kalligraphie geht ueber alles. Die Schrift als Kunst ist etwas, was ich in unserer Kultur ganz stark vermisse.
Zum Thema, wie schwer es ist die Zeichen zu erlernen, kann ich folgendes sagen: Meine chinesischen Klassenkameraden sind nun 15 und in der GAO YI. Sie koennen ALLES lesen was ich ihnen bis jetzt vorgelegt oder beobachtet habe. Mein Gastvater sagte, wenn ein Schueler ueber 12 ist, kann er quasi alles lesen was er will. Eine groesserer Unterschied zum Westen ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil, ich muss sagen, dass in China sehr viel gelesen wird, jedenfalls in den Staedten. Spaetestens nach der Orientierungsstufe sitzen also alle alltaeglichen UND literarisch notwendigen Zeichen. Natuerlich lernt man als Benutzer chinesicher Schriftzeichen nie aus, man erweitert seinen Horizont ein Leben lang (wenn man will), aber stets in die Richtung die einem passt, also wie hyokkose schon sagte. Benachteiligt ist man als Chinese wirklich nicht, was die Schrift angeht. Ein Russischer Schueler muss auch mehr Buchstaben koennen, als ein Deutscher. Alles eine Frage der Relation. Und wenn man die Einfachheit unseres Alphabets so sehr anpreist, dann muesste man doch so konsequent sein und die vielen ueberfluessigen Schreibweisen auch weglassen. Als Auslaender tut man sich mit chinesischen Zeichen schon einiges schwerer, aber das liegt groesstenteils daran, dass man es nicht gewohnt ist, immer und immer neue Zeichen zu lernen. Ich kann vielleicht zwischen 200 und 300. Es ist auch ein Unterschied, ob man Zeichen schreiben kann oder bloss lesen. WIE schwierig es ist, haengt ganz von dir selbst ab, du kannst ja 10 Zeichen pro Tag pauken, es haengt nur von deinem Fleiss ab.
Anmerkung zu hyokkose: Das die meisten Zeichen aus Laut- und Sinnkomponennte zusammengetzt sind ist richtig, spielt aber eigentlich nur fuer die BILDUNG der Zeichen ein Rolle, nicht fuer das Lesen! Es gibt keine Regel, die besagt welcher Teil Sinn und welcher Laut ist. Das muesste man immer neu mit dazu lernen. Also gibt es zwar diese Lautkomponenten, aber nach wie vor bleiben chinesische Zeichen als ganzes SINNzeichen. Niemand kann diese "lesen" in unserem Sinne, d.h. man erkennt nicht wie bei uns den Laut und das Gehirn schaut dann nach, welche Bedeutung unter diesem Laut abgespeichert ist, sondern chinesische kann man ausschliesslich "erkennen", d.h. du erkennst sofort den Sinn. Chinesen sind in der gluecklichen Lage, dass dieser fuer sie mit der Aussprache zusammenfaellt, aber ich hab schon oft ein Zeichen verstehen aber nicht aussprechen koennen (und natuerlich umgekehrt). Lautkomponenten dienen also bestenfalls als Eselsbruecken, zumal diese ja noch auf der Aussprache von anno dazumal basieren, und es mit der Zeit immer unrelevanter wird.

Zum Abschluss noch eine kleine Anekdote meines Chinesischlehrers in Deutschland: Als einer seiner Bekannten einmal in Beijing Taxi fuhr, fragte diesen der Fahrer ploetzlich: "Stimmt es, dass man in Europa nur 26 hat ?" "Im Grunde ja." Antwort: "Ich kann nicht glauben, dass man die ganze Welt mit 26 Zeichen verstehen will..."
;-) Da mag man nun reininterpretieren was man will, ich lass es am besten mal so stehn und jeder denke sich seinen Teil.

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Beitrag von Mitglied Heinz : Sonntag, den 30. November, 2003 - 15:57

Das ist die Lösung, sehr interessant.

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Beitrag von Gast ShiFuAn : Montag, den 01. Dezember, 2003 - 15:50

Uuups, so lang sollte das gar nich werden, liesst sich das ueberhaut jemand richtig durch :) ???
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
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Beitrag von Gast wthurner : Montag, den 01. Dezember, 2003 - 22:41

Hallo ShiFuAn,
danke für Deinen Bericht und die Erläuterungen.
Eine Frage hätte ich noch, wie funktioniert das mit den
vielen Zeichen und dem Computer, was für eine Tastatur verwenden die Chinesen?
Grüsse ins Reich der Mitte.

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Beitrag von Gast Shi FuAn : Mittwoch, den 10. Dezember, 2003 - 15:03

Och, da gibts eigentlich alles: Auf Computertastaturen sind natuerlich immer die Buchstaben drauf (leider kein ae oe und ue... :-( ). Ich hab auch einmal eine mit bestimmten chinesischen Zeichen (!) drauf gesehn, allerdings in einem James Bond Film, und auf den wuerd ich mich eher nich verlassen.....
Man kann also immer Buchstaben schreiben, aber natuerlich hat jeder PC in China Zeichen Software. Das heisst, es sind automatisch Zeichenschreibprogramme dabei. Und da gibts echt verdammt viele, immer mit anderem System. mal gibt man pinyin ein, oder sogar nur den Anfangsbuchstaben oder ne Zahlenkombi, diese 3 hat MEINE Gastfamilie. Es oeffnet sich dann immer n kleines Fenster mit der entsprechenden Liste zur Auswahl, je genauer man ein Zeichen schreibt, desto weniger Moeglichkeiten bleiben uebrig, aber mein Gastvater z.B., der Geschaeftsmann ist, und viele der Kombinationen fuer alle haeufigen auswendig kennt, schreibt in dem einen Programm nur ein bis 2 Buchstaben und dann die Zahl, ohne erst zu suchen, das geht wahnsinnig schnell. Je nachdem welches System man benutzt und wie eingeuebt man ist, gehts mal schneller mal langsamer als Buchstaben schreiben. Dummerweise wechselt man den Modus zwischen allen Schriftarten ganz bequem indem man Shift und Ctrl gleichzeitig drueckt, was beim Textschreiben zwar effizient ist, bei PC - Actionspielen aber echt stoert, wenn man mal wieder aus versehen beide Tasten beruehrt und dann ploetzlich im Chatmodus wwwwwwwwwwwwwwwwww schreibt, anstatt die Gegner zu killen :)... (Muessen jetzt net alle verstehn)
Man koennte jetzt zwar sagen: AHAAA, ohne lateinische Buchstaben geht's also nicht, ABER: Auf meinem hier gekauften Handy sind auf den Tasten nich nur Buchstaben und Zahlen drauf, sondern auch alle "Grundstriche", die sich gerademal auf eine Handvoll belaufen, und mit denen kann man genauso gut arbeiten, man muss nur die Schreibreihenfolge wissen! Warum das bei uns nich aufm PC ist weiss ich nicht, vielleicht, weil ne Tastatur mit ueber 30 Tasten fuer 10 striche nich rentabel ist, aber am ehesten wohl, weil ne extra Tastur schwer herzustellen und weltweit nicht gebrauchbar ist.
Das ist alles, was ich bisher so an Erfahrung gesammelt hab.

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Beitrag von Mitglied Manganite : Mittwoch, den 10. Dezember, 2003 - 16:31

Dann haben Chinesen und Japaner also eine unterschiedliche Herangehensweise an das Problem Computer-Tastatur? Denn die japanische Tastatur, die ich kenne, sieht schon etwas anders aus, als eine westliche.

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Beitrag von Mitglied Heinz : Donnerstag, den 11. Dezember, 2003 - 15:52

Shi Fu An,
vielen Dank für die Erläuterungen.

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Beitrag von Mitglied Leopold_bloom : Donnerstag, den 11. Dezember, 2003 - 17:51

..."Dann haben Chinesen und Japaner also eine unterschiedliche Herangehensweise an das Problem Computer-Tastatur? "

Vermutlich. Die Japaner haben doch eine Schrift, die aus 50-60 (?) Zeichen besteht (heißt das Heiku?). Daher besteht die Möglichkeit im Gegensatz zu China eine Tastatur mit Zeichen zu erstellen

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Beitrag von Mitglied Heinz : Freitag, den 12. Dezember, 2003 - 9:52

Man lernt immer noch dazu.
Lieber Leopold, ich hatte Dich vermißt. Wo ich im Indogermanen-Streß war, habe ich von Dir nichts lesen können.

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Beitrag von Mitglied Manganite : Freitag, den 12. Dezember, 2003 - 12:24

AUf der japanischen sind latainische Buchstaben und die japanische Silbenschrift. Das is scho klar, aber ich interessierte mich mehr dafür, wie die Japaner ihre Kanjis schreiben...
 
Beitrag von Gast wthurner : Montag, den 22. Dezember, 2003 - 20:16

Wthurner:
"Eine Frage hätte ich noch, wie funktioniert das mit den
vielen Zeichen und dem Computer, was für eine Tastatur verwenden die Chinesen?
Grüsse ins Reich der Mitte."

Beitrag von Gast Shi FuAn : Mittwoch, den 10. Dezember,
" Och, da gibts eigentlich alles: Auf Computertastaturen sind natuerlich immer die Buchstaben drauf (leider kein ae oe und ue... :-( ). Ich hab auch einmal eine mit bestimmten chinesischen Zeichen (!) drauf gesehn, allerdings in einem James Bond Film, und auf den wuerd ich mich eher nich verlassen.....
Man kann also immer Buchstaben schreiben, aber natuerlich hat jeder PC in China Zeichen Software. Das heisst, es sind automatisch Zeichenschreibprogramme dabei. Und da gibts echt verdammt viele, immer mit anderem System. mal gibt man pinyin ein, oder sogar nur den Anfangsbuchstaben oder ne Zahlenkombi, diese 3 hat MEINE Gastfamilie. Es oeffnet sich dann immer n kleines Fenster mit der entsprechenden Liste zur Auswahl, je genauer man ein Zeichen schreibt, desto weniger Moeglichkeiten bleiben uebrig, aber mein Gastvater z.B., der Geschaeftsmann ist, und viele der Kombinationen fuer alle haeufigen auswendig kennt, schreibt in dem einen Programm nur ein bis 2 Buchstaben und dann die Zahl, ohne erst zu suchen, das geht wahnsinnig schnell. Je nachdem welches System man benutzt und wie eingeuebt man ist, gehts mal schneller mal langsamer als Buchstaben schreiben "

Manganite:
"AUf der japanischen sind latainische Buchstaben und die japanische Silbenschrift. Das is scho klar, aber ich interessierte mich mehr dafür, wie die Japaner ihre Kanjis schreiben..."

Hyokkose:
"Bei dem Großteil der 35.000 Zeichen handelt es sich um nichts anderes als veraltete oder geringfügig abweichende Schreibweisen von Standardzeichen. Ein deutsches Wörterbuch, das sämtliche Schreibweisen aller Wörter aufführen wurde, die jemals im Deutschen verwendet worden sind, käme auf viel horrendere Zahlen. Trotzdem muß man nicht alle diese Wörter kennen, um Schiller, Kafka oder ein Nachrichtenmagazin zu lesen.
Mit 2000-3000 chinesischen Zeichen lassen sich die meisten Texte fließend lesen. Der Großteil der Literatur ist einem somit keinesfalls verschlossen. Schwieriger wird es mit spezieller Fachliteratur, aber das ist in jeder anderen Sprache und Schrift genauso: Wer da nicht versiert ist, muß von Zeit zu Zeit zum Lexikon greifen.

Im übrigen sind fast alle Zeichen aus einfacheren Zeichen zusammengesetzt. Die Basiszeichen dürften sich auf ein paar hundert belaufen.

Daß die Buchstabenschrift eine geniale Erfindung war, will ich gar nicht abstreiten. Aber auch Stenographie und Buchdruck waren geniale Erfindungen - beides hatten die Chinesen schon lange vor den Europäern.
Trotzdem hat auch eine Symbolschrift ihre Vorteile und steht nicht einfach "eine Stufe tiefer". Wir benutzen ja auch Symbolzeichen.
Z. B. das Symbolzeichen "3": Der Portugiese liest "tres", der Ungar "három", der Niederländer "drie"; jeder weiß, was gemeint ist, obwohl sich die drei in ihrer jeweiligen Muttersprache nicht verständigen können. In China, wo außer Mandarin noch eine ganze Menge von Sprachen wie Kantonesich, Min, Hakka etc. gesprochen werden, ermöglicht die Schrift eine Kommunikation über Sprachgrenzen hinweg. Die genannten Sprachen werden nur deshalb zusammenfassend als "Chinesisch" bezeichnet, weil sie die gleiche Schrift benutzen; nach rein sprachlichen Kriterien handelt es sich um eigenständige Sprachen."

Kommentar:
Wenn ich ShifuAn richtig verstanden habe, muss man um
die entsprechenden Chin.Schriftzeichen des Computerprogramms zu finden, eine Buchstaben-
Zahlenkombination eingeben.
Also sind die Chinesen bei der Benutzung des PC auf lateinische Buchstaben angewiesen. Das zeigt m.E. doch, das die Buchstaben(schrift) genial und universell sind (ist).

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Beitrag von Mitglied Manganite : Dienstag, den 23. Dezember, 2003 - 11:05

Was heißt schon genial? Wenn man jedes Zeichen mit einer Kombination aus drei Tastendrücken darstellen kann, spart man eine Menge Zeit, da z.B. das durchschnittliche Deutsche Wort deutlich mehr als 3 Zeichen benötigt. Zählt man Arbeits- und Zeitersparnis als Kriterium für Genialität, dann sind uns die Chinesen über...

Was heißt schon angewiesen auf lateinische Buchstaben? Man könnte genausogut kyrillische nehemen oder griechische oder irgendwelche Bildsymbole. Das ist rein willkürlich.

Lateinische Buchstaben sind es wohl nur aus Kompatibilitätsgründen, da man aufgrund der internationalisierung der Welt wohl auch in CHina mal darauf angewiesen ist z.B. englische Texte zu schreiben.

Nimm z.B. eine japanische Tastatur. Da sind lateinische Buchstaben drauf und das japanische Silbenalphabet. Wobei mich hier jetzt nur interessiert, ob die lateinischen Buchstaben oder die Kanas zur Kodierung der Kanjis benutzt werden? Wobei ich vermute, dass es die Kanas sind.

Ich hätte hier ja auch gerne einen klugen Spruch stehen, aber mir fällt einfach nix ein...

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Beitrag von Gast ShiFuAn : Mittwoch, den 24. Dezember, 2003 - 14:52

Gute Guete ;-)

Also bitte wthurner, erstens brauchste doch nich so viele Beitraege zu wiederholen, wenn du dich auf den letzten Absatz beziehst, und zweitens, haettest du den meinigen zur Tastatur aufmerksam gelesen, dann wuerdest du jetzt sowas nicht schreiben!!!


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Beitrag von Gast wthurner : Mittwoch, den 24. Dezember, 2003 - 20:09

Hallo ShiFuAn:
kannst Du mir bitte erklären, wieso ich nach dem Lesen Deines Beitrages zur Computertastatur der Chinesen, s o wa s (?) nicht schreiben würde.
Was habe ich geschrieben:
"Kommentar:
Wenn ich ShifuAn richtig verstanden habe, muss man um
die entsprechenden Chin.Schriftzeichen des Computerprogramms zu finden, eine Buchstaben-
Zahlenkombination eingeben.
Also sind die Chinesen bei der Benutzung des PC auf lateinische Buchstaben angewiesen. Das zeigt m.E. doch, das die Buchstaben(schrift) genial und universell sind (ist). "

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Beitrag von Mitglied Heinz : Donnerstag, den 25. Dezember, 2003 - 10:50

Die große Frage bleibt, wie setzen die Chinesen unsere Buchstabenschrift in ihre Zeichenschrift um?

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Beitrag von Gast ShiFuAn : Donnerstag, den 25. Dezember, 2003 - 15:38

Arrrgh, lies nochmal den GANZEN Abschnitt, dann verstehst du mich vielleicht wirklich! So WIE du momentan glaubst mich zu verstehen, liegst du naemlich falsch! Tipp: Letzter Teil... Mensch,manchmal glaub ich, ich bin im Kindergarten :-(

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Beitrag von Gast ShiFuAn : Donnerstag, den 25. Dezember, 2003 - 15:46

Heinz, das ist keine sehr grosse Frage: Die Umsetzung ist "schwierig", bzw. "beschraenkt". Da die chinesische Sprache gerademal 420 Silben besitzt, kann bei weitem nicht so viel wiedergegeben werden, was im Rest der Welt ausgesprochen wird. Man sucht meistens einfach ein Zeichen mit moeglichst aehnlichem Klang oder Sinn, je nachdem wofuer man's braucht.

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Beitrag von Mitglied Heinz : Freitag, den 26. Dezember, 2003 - 11:10

Vielen Dank Shi Fu An für diese Erläuterung.
Da heute in Deutschland noch Weihnachten ist, wünsche ich Dir noch ein schönes Weihnachtsfest.

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Beitrag von Mitglied Heinz : Montag, den 23. Februar, 2004 - 21:40

Lieber Shi Fu An,
inzwischen hattet Ihr das chin. Neujahrsfest. Alles Gute für das neue Jahr.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
askan schrieb:
Sonnenrad? Das was man auch als Swastika bezeichnet als jap. Schriftzeichen?

So isses, allerdings mit anderem Drehsinn als das bei den Nazis gebräuchliche. Die genaue Indizierung für gebräuchliche Kanji-Lexika kann ich morgen vieleicht nachschlagen, dann kann jeder selbstnachschauen...

Ein kleines Beispiel für seine Verwendung findet sich hier.
 
Lieber Wthurner,

ein wenig muß man zwischen "chinesischer Schrift" und "kanji" schon differenzieren. Die Schriftzeichen sind zwar optisch gleich, ihre Verwendung ist aber doch nicht identisch. Im Japanischen haben die Kanji zum Teil tatsächlich ihren Lautwert eingebüßt, nämlich immer dann, wenn sie zur Schreibung japanischer Wörter (und nicht chinesischer Lehnwörter) geschrieben werden.

Zum Beispiel gibt es ein chinesisches Zeichen für das Wort "Hanf" (chin. "ma" gesprochen).
Dasselbe Zeichen, als Lautbestandteil mit dem Sinnbestandteil für "Stein" kombiniert, ergibt das Zeichen für "polieren" (chin. ebenfalls "ma" gesprochen).
Hier ist der Lautwert des Zeichens noch klar erkennbar.

Im Japanischen heißt der Hanf aber "asa" und zum Polieren sagt man "migaku". Werden nun kanji zur Schreibung der Wörter "asa" und "migaku" verwendet, dann ist kein Lautwert mehr erkennbar.

* * *

Zum Streit über das Swastika-Zeichen ist meine Auffassung, daß es nicht zu den regulären kanji gerechnet werden kann. Es ist ein sehr spezielles Sonderzeichen, das nicht den Schreibregeln für übliche Kanji folgt und auch nicht zur Schreibung gewöhnlicher Wörter verwendet wird. In besseren Zeichenlexika ist es der Vollständigkeit mit aufgeführt.



P. S. Manganites "Kauderwelsch" könnte ich Dir erklären. Da muß man nicht viel Japanisch dazu können...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hyokkose bringt Klarheit

danke Hyokkose für die Erklärung des Unterschieds zwischen chinesischen Schriftzeichen
und japanischen Kanjis.
Um ein Buch zu finden um diese Informationen zu erhalten, müsste man bestimmt lange suchen, falls es überhaupt eines gibt.
Das mit dem Sonnenrad scheint ja nun geklärt.
 
Leopold Bloom schrieb:
Und jetzt bitte in Kanjis :yes: :cool:

Dieser Text wird nicht in kanji, sondern üblicherweise in hiragana geschrieben. Nur weiß ich nicht, wie man hiragana hier ins Forum transportiert. Wenn ich das erste Wort auf meinem PC in hiragana schreibe und hier reinkopiere, sieht das so aus:
ª¤ªíªÏ
 
hyokkose schrieb:
Dieser Text wird nicht in kanji, sondern üblicherweise in hiragana geschrieben. Nur weiß ich nicht, wie man hiragana hier ins Forum transportiert. Wenn ich das erste Wort auf meinem PC in hiragana schreibe und hier reinkopiere, sieht das so aus:
ª¤ªíªÏ


Hätte mich schwer gewundert, wenn Du nicht die richtige Antwort gewusst hättest, Hyokosse :hoch:

Schade, dass Du das mit den Hiragana nicht mehr weißt... Das hätte mich schon interessiert. Aber wie wäre es mit einem Tipp, wie man es am besten anstellt auf seinem Rechner überhaupt in Kana und Kanji schreiben zu können, ohne ein japanisches Windows zu installieren. Die Möglichkeit bräuchte ich nämlich jetzt mal langsdam...
 
hyokkose schrieb:
* * *

Zum Streit über das Swastika-Zeichen ist meine Auffassung, daß es nicht zu den regulären kanji gerechnet werden kann. Es ist ein sehr spezielles Sonderzeichen, das nicht den Schreibregeln für übliche Kanji folgt und auch nicht zur Schreibung gewöhnlicher Wörter verwendet wird. In besseren Zeichenlexika ist es der Vollständigkeit mit aufgeführt.

Was ist für dich ein "reguläres Kanji"? Und wieso folgt es nicht den üblichen Schreibregeln (Und was verstehst Du in diesem Fall darunter?)? Es ist aufgebaut aus dem Radikal JUU bzw. too (also dem Kanji für die Zahl 10), ist in jedem Kanji-Lexikon normal indiziert über diese Radikal bzw. seine Strichzahl. Natürlich ist es selten in der Anwendung, wenn ich mich recht erinnere war es irgendwas mit 5000 in einem nach der Häufigkeit geführetn Index (Angabe ohne Gewähr). Und in KOmbination mit einem anderen Kanji (Bedeutung müsste ich jetzt nachschlagen) steht es für Schnee, wenn ich mich nicht irre.

Ich versuche es morgen nochmal genau nachzuschlagen, heute war die Zeit leider zu kurz...
 
manganite schrieb:
Schade, dass Du das mit den Hiragana nicht mehr weißt... Das hätte mich schon interessiert. Aber wie wäre es mit einem Tipp, wie man es am besten anstellt auf seinem Rechner überhaupt in Kana und Kanji schreiben zu können, ohne ein japanisches Windows zu installieren. Die Möglichkeit bräuchte ich nämlich jetzt mal langsdam...

Das mit dem japanischen Windows könnte ins Auge gehen. Es müßte aber Programme geben, die mit "europäischem" Windows problemlos laufen. Da kann Dir aber ein japanischer Bekannter eher helfen als ich aus der Ferne.
 
manganite schrieb:
Was ist für dich ein "reguläres Kanji"? Und wieso folgt es nicht den üblichen Schreibregeln (Und was verstehst Du in diesem Fall darunter?)?

Nach meinem Zeichenlexikon wird es mit sechs Strichen geschrieben; eine handschriftliche Form mit Andeutungen zur Strichfolge und Strichrichtung ist aber nicht angegeben. Das ist absolut unüblich - liegt das jetzt nur an meinem Zeichenlexikon?
Es sind auch keine Worte angegeben, die man mit diesem Zeichen schreibt - außer das Wort für "Swastika-Zeichen". Das ist auch nicht üblich.
 
hyokkose schrieb:
Nach meinem Zeichenlexikon wird es mit sechs Strichen geschrieben; eine handschriftliche Form mit Andeutungen zur Strichfolge und Strichrichtung ist aber nicht angegeben. Das ist absolut unüblich - liegt das jetzt nur an meinem Zeichenlexikon?
Es sind auch keine Worte angegeben, die man mit diesem Zeichen schreibt - außer das Wort für "Swastika-Zeichen". Das ist auch nicht üblich.

Also Nelson führt es in seinem "The Modern Reader's Japanese-English Character Dictionary" unter der laufenden Nummer 79. On-Lesung BAN oder MAN, KUN-Lesung manji, Bedeutung : gammadion, flyfot, swastika. Abgeleitet vom Radikal 1.2, bzw. klassisch: 2.24, also dem Zeichen für 10, wie oben dargelegt.

Kompositum: manji-tomoe, Bedeutung:falling in swirles

Unter der laufenden Nummer 12 führt er dann noch das unter den Nazis gebräuchliche Symbol auf. Als zusätzliche BEdeutung bei gleicher ON- und KUN-Lesung gibt er an: the Nazi swastika, the reversed swastika. Und bezeichent es als "variant of no. 79".

Als Kompositum gibt er wieder maji-tomoe an. Hier gibt er als zusätzliche Bedeutung "falling thick and fast" an.

Das ganze gibt es dann auch noch in deutsch bei Langenscheidt: "Langenscheidts Großwörterbuch Japanisch-Deutsch" nach Hadamitzky/Spahn.

Hier läuft es unter der Nummer 2k4.7. Lesungen sind identisch mit Nelson. Bedeutung: Swastika, Hakenkreuz, rechtsherum rotierender Wirbel (glücksverheißedes Symbol (buddh.))

Komposita ist ebenfalls manji-tomoe, Bedeutung: in Wirbeln fallen (Schnee).

Iregendetwas auffälliges kann ich an den jeweiligen Einträge nicht entdecken. Die Einträge unterscheiden sich in keiner Weise von denen anderer Kanjis. Ebenso gibt es diverse Kanjis, die ebenfalls mit wenigen oder sogar gar keinen davon abgeleiteten KOmposita aufgeführt sind. Das kann ich daher auch nicht als merkwürdig empfinden.

Die Häufigkeit in geschreibenen Texten dürfte wohl recht gering sein. Wenn ich mich recht erinnere gehört es nicht zu den 5000 am häufigste benutzen. Begnen tut es einem im ALltag jedoch recht oft, da es sich in vielen Inschriften an Schreinen/Tempeln findet oder sogar recht prägnant als Symbol herausgestellt wird. Daneben findet es sich halt in KArten in der BEschriftung entsprechender Gebäude.

Alles in allem kein großer Aufwand die Bedeutung des Zeichens festzustellen, Langenscheidt-Bücher gibts in jeder deutschen Buchhandlung zu kaufen... :rofl:
 
wthurner schrieb:
Seine Idee vom Stadtplan in Tokio und dem Sonnenrad als angebliches Kanji Zeichen hat
ihm Hyokkose schon zu Beginn und nun erneut versucht auszureden.Wie es scheint hat dies
Manganite immer noch nicht begriffen. Er möge diese Feststellung als wertfreie Tatsachenbehauptung mal akzeptieren.

Ich wüsste nicht was Hykosse mir ausgereden versucht hätte. Er hat seine persönliche EInschätzung abgeben, dass er es nicht für ein Kanji hält. Diese Einschätzung kann ich nicht, wie oben dargelegt, ganz nachvollziehen, da diese aus der mir zur Verfügung stehenden Literatur nicht hervorgeht.

Hast Du iregndeinen inhaltliche Beitrag zu einer der hier diskutierten Fragen zu leisten? Offensichtlich mangelnder eigener Kenntnisse nicht. Sollte das eine Fehleinschätzug sein, überzeuge mich vom Gegenteil oder verzichte auf weitere nicht zur Sache gehöriger Beiträge.
 
askan schrieb:
Also Schnee wird "yuki" ausgesprochen! Die Tochter einer Bekannten heißt so.

In der Tat, ein entsprechendes Kanji mit der Bedeutung und Lesung gibt es, keine Frage... Und noch ein paar andere mit gleicher Lesung aber anderer Bedeutung... :motz:
 
Lieber Manganite,

Der Ausdruck "manji-tomoe" ist mir nicht bekannt, und ein Japanisch-Wörterbuch habe ich leider nicht greifbar. Daher kann ich - ohne für etwas zu garantieren - nur raten, daß es sich bei "manji" und "tomoe" um zwei Wörter handelt. (Das heißt, daß "tomoe" als eigenständiges Wort im Wörterbuch zu finden sein müßte. Wenn nicht, Pech für mich.)

Das Wort "manji" dürfte, wenn mich mein sprachlicher Spürsinn nicht völlig im Stich läßt, in etwa die Bedeutung "Swastika-Zeichen" tragen, was im Einklang mit meiner Aussage stehen würde:
hyokkose schrieb:
Es sind auch keine Worte angegeben, die man mit diesem Zeichen schreibt - außer das Wort für "Swastika-Zeichen".

Wenn Dein Nelson Angaben zur handschriftlichen Standardschreibung (insbesondere Strichfolge und Strichrichtung) enthalten sollte, dann könnte ich falsch liegen, und es liegt wirklich an meinem Zeichenlexikon.

hyokkose schrieb:
eine handschriftliche Form mit Andeutungen zur Strichfolge und Strichrichtung ist aber nicht angegeben. Das ist absolut unüblich - liegt das jetzt nur an meinem Zeichenlexikon?
 
Hallo Hyokosse!

Erstmal danke für Deine Antwort. Dann versuche ich erstmal ein paar zusätzliche Infos zu geben. ICh beschränke mich dabei auf Nelson, da der Langenscheidt eher weniger Informationen gibt, sich aber ansonsten nur in dem zugrundeliegenden Radikal-System (Beschränkung auf 79 Radikale) von Nelson unterscheidet.

Bleiben wir bei den Radikalen. Also Nelson's Indizierung basiert auf den 214 klassischen Radikalen in der üblichen Anordnung (Die Begriffe "klasssich" und "üblich" finden sich in fast allen Büchern, die ich mir bisher angeschaut habe, in wieweit die Auswohl und insbesondere die Reihenfolge der RAdikale wirklich standatisiert ist, weiß ich nicht. Aber zumindest die Zahl 214 Radikale dürfte Dir geläufig sein).

Allerdings benutzt Nelson ein vereinfachtes Ableitungssystem. Das bedeutet im wesentlichen, dass er als Radikal immer das eindeutige Element mit der geringsten Strichzahl benutzt. Daher benutzt er zur Indizierung des fraglichen Zeichens "BAN, MAN, manji" (Ich gebe die ON-Lesung in Groß-, die KUN-Lesung in Kleinbuchstaben an) nicht das RAdikal 24 "JUU" (lange Vokale gebe ich mit Vokalverdoppelung an) = "zehn", sondern das Radikal 2 = "vertikaler Strich ohne Hacken am unteren Ende" an.

Das Buch ist aber so aufgebaut, dass man ein Kanji im Zweifelsfall nach beiden Indizierungssystemen findet.

Die zu einem Radikal gehörenden Kanjis sind nach zunehmender Srichzahl sortiert. Das Kanji "BAN, MAN, manji" findet sich demanch mit folgenden Angaben:

Indizierung nach Radikal 2: 1 Strich für das Radikal + 3 Striche = 4 Striche für das ganze Kanji.
Indizierung nach Radikal 24: 2 Striche für das Radikal + 4 Striche = 6 Striche für das ganze Kanji

Die unterschiedliche Strichzahl folgt direkt aus den bei Nelson angegeben Schreibregeln für radikale bzw. Kanjis. Explizite Angaben für jedes Einzelzeichen macht nicht.

Das Buch beruht auf dem japanischen Zeichenlexikon von Fuzamboo "Shookai Kanwa Daijiten", in dem ich den entsprechenden Eintrag gerne nachschauen kann, aber außer einer direkten Bestätigung dafür, dass "BAN, MAN, manji" als Kanji, wie jedes andere aufgeführt wird, kann das wohl auch nicht bringen.

Was die Bedeutung von "manji" angeht, so lautet sie in der Tat "Swastika" bzw. andere synnonyme Begriffe.

"tomoe" ist die KUN-Lesung des Kanjis Nr. 263 (laufende Nummer in Nelsons Buch). ON-Lesung "HA". Bedeutung nach Nelson "huge comma design". Es bildet neben "manji-tomoe" noch zwei weitere Komposita mit anderen Kanjis. ABer das führt wohl endgültig zuweit.

Ich kann nur nochmal zusammenfassen, dass sich die relavanten Einträge in keiner Weise von denen anderer Kanjis unterscheiden und sich kein Hinweis auf ein Sonderstellung in irgendeiner Form finden lässt.

Das es sich um sehr seltenen Zeichen handelt, steht außer Zweifel, aber das gilt wohl für einen großen Teil der 8000 Kanjis und 70000 Komposita, die Nelson aufführt... Aber selbst in dem Langescheidt-Buch, dass nur etwa die Hälfte an Kanjis und Komposita beinhaltet, sind diese Zeichen aufgeführt. So ungewöhnlich können sie daher wohl doch nicht sein, beziehungsweise es gibt einige Tausend Zeichen die noch seltener sind...

Ansonsten wäre es vielelicht hilfreich, wenn Du mir sagst was für ein Zeichenlexikon Du benutzt. Wenn es in einer mir verständlichenSprache ist, kann ich dann ja mal selber nachschauen, wenn ich es finde. Für mich ist das im Moment eine gute Übung, da ich mich wohl oder übel an die Benutzung solcher Werke werde gewöhnen müssen...

Was die praktische Verwendung des "BAN, MAN, manji"-Kanjis angeht, konnte ich mich vor wenigen Wochen vor Ort selber davon überzeugen, dass es so ist, wie ich es hier schön öfter angeführt habe. Siehe dazu z.B. den Link auf das Photo im Beitrag weiter oben...
 
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