Die Genealogie der Karolinger

Sonnendeck

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

mh. Ich brühte über dem Thema "Die Genealogie der Karolinger", wobei es eher um das genealogische Bewußtsein der Leute geht, als die Aneinanderreihung der Hausmeier/Könige.
Die haben sich ja alle auf Arnulf als Heiligen bezogen, es soll aber ja eine kurze und eine lange Genealogie existieren. Die Gründe lagen wohl in der Christianisierung, ist das korrekt? Hat jmd. evtl. Literaturtipps / Webseiten die das Thema behandeln, Tipps und wissenswertes über die genealogie der Karolinger?
Ich würd mich sehr, sehr sehr und sehr sehr zum Quadrat freuen!
 
Herkunft der Karolinger

Es gibt da eine kuriose Überlieferung über die Herkunft der Karolinger:
Nach der Legende eines obskuren Heiligen unter den Ahnen Karls des Grossen, der Vita S. Gundulfi (Acta Sanctorum, Julii VII).
Danach war Arnulf von Metz, der Sohn eines "Bodegisclus Dux" und Enkel des merovingischen Thronprärendenten "Mundericus" (siehe Gregor v.Tours, H.F. III,14).
Dieser aber sei wiederum ein Enkel fes "Sigebert, der Hinker,König on Köln", einem angeblichen Verwandten Chlodwigs.
Die zeitlichen Abstände sind allerdings so gross, dass vier Generationen zwiscgen Sigebert und Arnulf nicht ausreichen.Andererszits ist das kein Grund, diese Quelle zu verwerfen. Also?
Ich habe acht oder neun Bücher zum Thema "Franken- Merowinger-Karolinger" gelesen, aber ich habe diese Information nirgendwo erwähnt gefunden, weder im positiven, noch im negatien Sinn.
 
Das klingt interessant. Ich werde mal versuchen da etwas drüber zu finden, oder ist das einfach zu absurd?
Welche Bücher hast Du denn gelesen die einen guten Überblick geben und auch tief genug in das Thema Genealogie und ihre Bedeutung für die Karolinger (das genealogische Bewußtsein) eintauchen?
 
Ich habe acht oder neun Bücher zum Thema "Franken- Merowinger-Karolinger" gelesen, aber ich habe diese Information nirgendwo erwähnt gefunden, weder im positiven, noch im negatien Sinn.

Also ich schon, aber es ist auch wirklich nur eine Erwähnung: http://www.geschichtsforum.de/206124-post48.html

Ich hatte die genealogischen Bruchstücke, wie dort erwähnt, Rudolf Schieffers Monographie über Die Karolinger (Kohlhammer-Verlag, 1992/ 3. Auflage, S.11) Ich sehe aber gerade einen von mir gemachten Fehler: Bei Schieffer heißt es, daß in der Genealogie der Vater des Bischofs Arnulf von Metz ein gewisser Arnoald war; dieser aber war aber der erstgeborene Sohn von Anspert und Blithilt, der Tochter eines Frankenkönigs Chlothar - gemeint ist hier Chlotahr I. In dieser Version - Schieffer nennt sie die Metzer Genealogie - wird übrigens auch ein Modericus als Bruder Arnoalds erwähnt.

Vielleicht hilft die Dissertation von Otto Gerhard Oexle über Die Karolinger und die Stadt des heiligen Arnulf (Frühmitellealterliche Studien 1/ 1967, S. 250-364) weiter. Als mittelalterliche Quelle der Genealogie dient vielleicht das Liber de episcopis Mettensibus des für seine Langobardengeschichte bekannteren Paulus Diaconus sein.

Der User Bruno hatte meine Frage zu der von ihm angeführten Genealogie (http://www.geschichtsforum.de/206496-post53.html) so beantwortet, daß Anspert, der eine Merowingertochter ehelichte, demnach ein Enkel von dem gewissen Alberon von Mons war, der wiederum ein Sohn Chlodions gewesen sein sollte.

Auf dieser Seite werden die fiktiven Genealogien von Charlemagnbe ebenfalls erwähnt:

Eduard Hlawitschka schrieb:
Zu Arnulfs angeblicher Herkunft aus dem Geschlecht des Senators Ansbert, zu Arnoald und Bodegisel, die ihn als Vater, sowie zu Oda und Doda, die ihm als Mutter bzw. als Gemahlin zugeschrieben wurden - Angaben, die aus den tendenziösen KAROLINGER-Genealogien, ihren Ableitungen und Ergänzungen entnommen und die für die Rekonstruktion der frühen Verhältnisse unbrauchbar sind -, vgl. H.E. Bonell, Die Anfänge des karolingischen Hauses, Berlin 1866, Seite 3.

Mit der Vergleichsangabe im vorhergehenden Zitat ist ein Zitat auf derselben Seite gemeint, das dem Artikel „Arnulf (Bischof von Metz)“ in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayrischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), ab Seite 607, entnommen wurde:

noch zu Karls des Großen Zeiten war diese Heiligkeit des Ahnherrn der Stolz des neuen Königshauses. Erst später legte man größeren Werth auf den verwandtschaftlichen Zusammenhang mit der merovingischen Dynastie, und so wurde seit der Regierung Karls des Kahlen, dem Zeitalter der Fälschungen, an den Namen Arnulf’s ein genealogisches Gewebe geknüpft, das aller geschichtlichen Wahrheit entbehrt.
ADB:Arnulf (Bischof von Metz) - Wikisource

Ansonsten lassen sich noch einige Genealogien ergoogeln, die wohl vornehmlich auf Ausarbeitungen der mittelalterlichen Quellen zurückgehen (kleine Auswahl):
generation 15 ('stamoudgrootouders')
Section JL: Descendants of King Clovis the Riparian of Cologne
Tree: Arnold (Saint Arnulf) des FRANCS RIPUAIRES
Aber ich steige da nicht so ganz durch. Vielleicht noch eher hier - anders herum dargestellt: http://www.angelfire.com/ego/et_deo/carolingians.wps.htm
 
Puh, ist das alles verwirrend durch die vielen verschiedenen Namen, Daten und Strömungen der Genealogien.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Merowingern und Karolingern in Bezug auf die Landnahme der Angeln, Jüten und sachsen in england in Bezug auf die Genealogie? Sie verlängerten ihren stammbaum ja einfach über den Gott Woden hinaus bis hin zu Adam und Eva als Ahnen, dadurch war der Gott Woden unbedenklich geworden.
Die Merwoinger hingegen verzichteten doch komplett auf einen Götterstammbaum , als Chlodewig zum Christentum übertrat. Dies ist doch die sogenannte "kurze" Genealogie.
 
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Merowingern und Karolingern in Bezug auf die Landnahme der Angeln, Jüten und sachsen in england in Bezug auf die Genealogie?
Nö. Die Franken haben mit der Landnahme in Britannien nichts zu tun, sondern nur Angeln, Sachsen und Jüten - und vermutlich waren auch einige Friesen mit dabei.
Sie verlängerten ihren stammbaum ja einfach über den Gott Woden hinaus bis hin zu Adam und Eva als Ahnen, dadurch war der Gott Woden unbedenklich geworden.
Die Merwoinger hingegen verzichteten doch komplett auf einen Götterstammbaum , als Chlodewig zum Christentum übertrat. Dies ist doch die sogenannte "kurze" Genealogie.
Hier mußte ich gerade ein wenig schmunzeln, weil du hier einiges durcheinander bzw. zusammen wirfst.
Es ist richtig, daß die Merowinger ihre Abstammung von vorchristlichen Göttern ableiteten. Daraus resultierte die fränkische Staatskirche nach der katholischen Taufe König Chlodwigs.
Adam und Eva haben damit aber herzlich wenig zu tun, denn das waren die mythologischen ersten Menschen der Christenheit.
 
Ich habe noch mal gelegentlich gegoogelt und zwar ausgehend von BOIORIX' Hinweis auf die Vita Gundulfi, die in den Acta Sanctorum - sind online einzusehen (s. Links bei Acta Sanctorum – Wikipedia) aufgenommen wurde. Habe dann aber auch noch einen Hinweis auf einen gewissen Christian Settipani (vgl. Christian Settipani – Wikipedia) gefunden, der gesagt hat:

Settipani schrieb:
Arnulf is a son of Bodogisel according to texts of 9th c. The Vita. Gundulfi adds that he was the nephew of Gundulf, son of Munderic. This Gundulf, (great-)uncle of Arnulf, could be the nephew of a first Gundulf, son of Artemia, sister of Sacerdos, bishop of Lyons. For the value of these late texts and the confirmations they have in reliable sources, see now my paper in 'Onomastique and Parente', p. 185-229. These relationships are diagrammed on p. 229, Tableau 10: Conclusion: Les ancêtres de Arnulf.
RootsWeb: GEN-MEDIEVAL-L Gundulf and the ancestry of St. Arnulf (was Re: Munderic)
Don Stone stellt in seiner Antwormail fest, daß der in der Vita Gundulfi genannte Arnulf nicht explizit als der gleichnamige Stammvater der Arnulfinger, daß dieser Arnulf aber gemäß der Vita aber ein Sohn Bodegisels war, der wiederum ein "nepos" - (Groß-) Neffe oder vielleicht auch Enkel - von Gundulf sei. Settipani bevorzuge Neffe, da er einen anderweitig überlieferten Bodegilsel als Sohn eines Mummolin erscheint. Jedenfalls wäre(n) Gundolf (und nach Settipani auch Mummolin?) wiederum ein Sohn (bzw. Söhne) Munderichs, wiederum Sohn eines Childerichs (zu lesen als Chloderich der Parasit bei Gregor von Tours, Sohn von Sigibert dem Lahmen).

Wie all dem auch sei, interassant jedenfalls ist die mehrfache Verknüpfung der Karolingergenealigie mit dem Geschlecht der Merowinger sowie, wenn man die andere genealogische Abfolge mit dem Anspert dazunimmt, die Verknüpfung mit einer gallorömischen Adelsfamilie. Fest steht auch, daß die Merowinger eine solche Legitimation durch Abstammung nicht für nötig hielten, wenn man von Fredegars Meeresungeheuerlegende absieht, die ja erst aus späterer Zeit stammt; allerdings frage ich mich etwa, auf welche andere Quelle Herwig Wolfram (Die Germanen. München: Beck, 1997/3. überarb. Auflage) sich bezieht, wenn er schreibt: "So sollte der von einem Stiergott abstamnmende salische Merowinger Chlodwig nachg Ansicht eines gallischen Bischofs auf die Göttlichkeit, nicht aber auf die hervorgehobene adlige Qualität seiner Vorfahren verzichten." (S.61)

Hier mußte ich gerade ein wenig schmunzeln, weil du hier einiges durcheinander bzw. zusammen wirfst.
Es ist richtig, daß die Merowinger ihre Abstammung von vorchristlichen Göttern ableiteten. Daraus resultierte die fränkische Staatskirche nach der katholischen Taufe König Chlodwigs.
Und hierbei vergeht leider mir das Schmuzeln. Welcher Merowinger leitete bitte seine Herkunft von einem vorchristliche Gott ab? Beziehst dich auf Fredegars Meerungeheuer? Wie daraus dann auch noch die fränkische Staatskirche resultiert, bleibt mir völlig schleierhaft. Wer bringt hier was durcheinander?

ders. schrieb:
Nö. Die Franken haben mit der Landnahme in Britannien nichts zu tun, sondern nur Angeln, Sachsen und Jüten - und vermutlich waren auch einige Friesen mit dabei.
Ich glaube, so war das auch gar nicht gemeint, allerdings klingt die Frage sehr mißverständlich, weil hier tatsächlich verschiedene Bezüge fraglich verflochten werden. Natürlich hast du recht, wenn du einwendest, daß die Franken herzlich wenig mit der germanischen Landnahme in England zu tun haben. Aber Matthias Springer hat in seinem Sachsenbuch auch die ganze Vorstellung dieser Landnahme in Frage gestellt, an der nicht nur auch Friesen, wie du sagst beteiligt waren, sondern auch Bevölkerungsgruppen aus Norwegen und Schweden, vor allem aber eben eher nicht die Sachsen, die die fränkischen Herrscher später in Norddeutschland antrafen. Aber das ist eine andere Frage.
Die Frage von Sonnendeck ziehlt - so verstehe ich das - auf die Frage der Motivation genealogischer Konstruktionen und ihren Traditionskernen wie wir sie etwa bei den Ynglingern (Ynglinger – Wikipedia) finden, oder um auf die Angelsachsen zu kommen, dabei im Vergleich:

However, neither the Franks nor the Bavarians or Lombards seem to have had an awareness of a descent reaching far into the past. The early medieval regal lists in England legitimize the kings through their descent from the god Wodan, but in the case of the Wessex list at the same time root the ancestry in Christian culture by bridging the gap to Noah and Adam and in Anglo-Saxon culture by connecting the Wessex kings to the narrative of Bede.
Universität Siegen | LILI - Die Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik | Lili - Heft 147
aus dem dortigen Abstract zu Alheydis Plassmann, "Origin and Descent in the Early Middle Ages" in der Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik/2007 - Heft 147: W. Haubrichs (Hg.), Genealogische Diskurse

Andererseits wäre es auch möglich, daß sich SONNENDECK von solchen Hinweisen leiten ließ, wie sie sich hier finden: kapetinger:

Die KAPETINGER waren ein Nebenzweig der KAROLINGER und leiteten ihren Ursprung von Adelheid, einer Tochter LUDWIGS I. DES FROMMEN ab. Schon ihr Enkel Hugo, Herzog von Franzien und Burgund, machte Ludwig IV. von Frankreich die Herrschaft streitig. Dessen Sohn Hugo Capet bestieg nach dem Tode Ludwigs V. im Jahre 987 den französischen Thron. Seine männlichen Nachkommen wurden in KAPETINGER umbenannt. Von der jüngsten Schwester König Hugos stammte das normannische Königshaus in England ab. Mathilde, die Enkelin Wilhelms I. des Eroberers, die Gemahlin HEINRICHS V., vermählte sich in zweiter Ehe mit Gottfried von Anjou und wurde zur Stammutter des Hauses ANJOU-PLANTAGENET.

Aber ich muß zugeben. Ich finde das alles tatsächlich auch sehr kompliziert und die Bücher, in denen ich etwas nachschauen könnte, kenne ich nicht einmal.
 
Und hierbei vergeht leider mir das Schmuzeln. Welcher Merowinger leitete bitte seine Herkunft von einem vorchristliche Gott ab?
Alle Merowinger.
Wie daraus dann auch noch die fränkische Staatskirche resultiert, bleibt mir völlig schleierhaft. Wer bringt hier was durcheinander?
Zu diesem Thema habe ich schon ein paar mal hier im Forum etwas geschrieben. Z.B. hier: http://www.geschichtsforum.de/297301-post16.html
und vor allem hier:
http://www.geschichtsforum.de/298034-post36.html
 

Mensch ja - Sakralkönigtum :grübel:

Nur leider sind die Quellen sehr mager, die Hypothesen hergeben, aber keine Belege. Aber überzeuge mich, möglicherweise kennst du gar den Namen des göttlichen Ahnen der Merowinger.

ders. schrieb:
Zu diesem Thema habe ich schon ein paar mal hier im Forum etwas geschrieben. Z.B. hier: http://www.geschichtsforum.de/297301-post16.html
und vor allem hier:
http://www.geschichtsforum.de/298034-post36.html

O. K. so verstehe ich jetzt immerhin was du meinst und es ist ein interessantes Konzept, das du vertrittst. Wie gesagt: es fehlt mir nur der Beleg für die Angabe, daß die Merowinger sich als von einem Gott abstammend betrachteten.
 
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