Die "legale Revolution" von 1933

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War die sogenannte "legale Revolutuion" von Hitler, abgesehen davon, dass sie ethisch und moralisch absolut verwerflich war, legal und es fanden tatsächlich keine verfassungswidrigen Handlungen statt?
 
War die sogenannte "legale Revolutuion" von Hitler, abgesehen davon, dass sie ethisch und moralisch absolut verwerflich war, legal und es fanden tatsächlich keine verfassungswidrigen Handlungen statt?

Gegenfrage:
Hältst du das Außer-Kraft-Setzen der Verfassung (z.B. durch das sog, "Ermächtigungsgesetz"), das Verbot verfassungsmäßiger Parteien oder die Ermordung der SA-Spitze, um nur einige Maßnahmen zu nennen, als Bestandteile der "NS-Revolution" zur Machtetablierung und -sicherung der NSDAP für legal?
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich nicht. Aber das ist nicht meine Frage, sondern es geht mir darum, ob die NSDAP in irgendeinem Punkt konkret GEGEN DIE VERFASSUNG UND DIE GELTENDEN GESETZE verstossen hat...
 
Natürlich nicht. Aber das ist nicht meine Frage, sondern es geht mir darum, ob die NSDAP in irgendeinem Punkt konkret GEGEN DIE VERFASSUNG UND DIE GELTENDEN GESETZE verstossen hat...

Halbe Halbe:huh:

Ersteinmal muss man die Revolution, die "Bewegung der nationalen Erhebung" wie sie propagandistisch genannt wurde, zeitlich eingrenzen. Dann muss man genauer klären wer mit NSDAP gemeint ist!?

Wenn man sich nur 1933 betrachtet, und zwar genauer die Zeit vom 1.01.1933 bis zum April, so findet man Gesetzesdehnungen(-übertretungen) der damaligen Gesetze.
So war z.B. das "Reichsermächtigungsgesetz" legal und wurde unter Zustimmung des Reichstags in Kraft gesetzt. Allerdings hier mit der Einschränkung, dass die KPD ausgesperrt wurde, was für mich eine klare Übertretung der Gesetze ist, schließlich hatte die KPD das Recht ihre Wähler zu vertreten.

Allerdings gelten diese "Dehnungen" oder unauffälligen Übertretungen nur für die politische Arbeit der NSDAP, also der Führungsreihe und das wiederum nur mithilfe der Schlägertrupps.
Allein was die SA geprügelt und zerstört hat, würde wahrscheinlich Seiten füllen. Körperverletzung, Sachbeschädigung etc.

Gerade die Krawalle vor den Wahlen im März, während denen die SA viele Gewalttaten an Kommunisten und Sozialdemokraten verübte ( zusätzlich Sachbeschädigung, was im Gegensatz zu Mord das kleinr Übel ist) dienten der Beeinflussung der Bevölkerung und somit des Wahlergebnisses.
Natürlich ist klar, dass die Weisungen für die SA von der politischen Spitze kamen, welche sich aber selbst nie die Finger schmutzig gemacht hat.

Ich selbst ziehe die Begriffe Machtergreifung und Machtübertragung (es fällt einem doch auf, dass den Nationalsozialisten bestimmte Sachen geradezu ins Maul:still: gestopft wurden).
Revolution hat für mich den Beigeschmack von Volkserhebung (propagandistisch damals--> ja, in Realität--> nein), d.h. Demonstrationen, evtl. Krawalle/Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht.

Man kann allgemein sagen, dass die Spitze der NSDAP darauf bedacht war sich nicht die Finger an den Gesetzesbrüchen schmutzig zu machen, sondern lieber die SA prügeln ließ, um sich danach davon zu distanzieren.
 
es geht mir darum, ob die NSDAP in irgendeinem Punkt konkret GEGEN DIE VERFASSUNG UND DIE GELTENDEN GESETZE verstossen hat...

Vor der Machterschleichung verstieß die NSDAP ständig gegen geltende Gesetze. Danach war es nicht mehr die Partei sondern die Regierung.
 
Nicht zu vergessen die sog. "Reichstagsbrandverodnung" vom 28.2.1933, mit der faktisch alle Bürgerrechte außer Kraft gesetzt wurden.

Es handelte sich um eine von bis dahin mehreren Notverordnungen. Deren Einführung war zwar durch die Weimarer Reichsverfassung in § 48 gestattet, jedoch nur dann zulässig, wenn 3 Bedingungen erfüllt waren.

In §48, Abs.2 WRV steht:
(2) Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen.

Keine dieser Bedingungen war erfüllt. Weder war der Rechtsstaat gefährdet, noch wurde die Wiederherstellung der Ordnung damit beabsichtigt, noch war der Ausnahmezustand zeitlich begrenzt.

Das Gegenteil war der Fall: Die Grund- und Freiheitsrechte wurde auf Dauer abgeschafft, als einzige Ordnung dienten die Richtlinien einer Ideologie, bzw. eines Dikators, eine zeitliche Befristung war nicht zu sehen.

Damit war diese Notverordnung ungesetzlich. Und diese ungesetzliche Verordnung war die rechtliche Basis des Dritten Reiches.

Soviel zur Frage, ob gegen Gesetze und Verfassung verstoßen wurde.

Jacobum
 
Nicht zu vergessen die sog. "Reichstagsbrandverodnung" vom 28.2.1933, mit der faktisch alle Bürgerrechte außer Kraft gesetzt wurden.

Es handelte sich um eine von bis dahin mehreren Notverordnungen. Deren Einführung war zwar durch die Weimarer Reichsverfassung in § 48 gestattet, jedoch nur dann zulässig, wenn 3 Bedingungen erfüllt waren.

In §48, Abs.2 WRV steht:


Keine dieser Bedingungen war erfüllt. Weder war der Rechtsstaat gefährdet, noch wurde die Wiederherstellung der Ordnung damit beabsichtigt, noch war der Ausnahmezustand zeitlich begrenzt.

Das Gegenteil war der Fall: Die Grund- und Freiheitsrechte wurde auf Dauer abgeschafft, als einzige Ordnung dienten die Richtlinien einer Ideologie, bzw. eines Dikators, eine zeitliche Befristung war nicht zu sehen.

Damit war diese Notverordnung ungesetzlich. Und diese ungesetzliche Verordnung war die rechtliche Basis des Dritten Reiches.

Soviel zur Frage, ob gegen Gesetze und Verfassung verstoßen wurde.

Jacobum

Das stimmt ja, aber trotzdem wurde dieser Verstoß nicht direkt von der NSDAP "begangen", sondern von Hindenburg unter Einwirkung von Hitler.

Und das ist dann wieder ein gutes Beispiel für "Ich mache mir die Hände selber nicht dreckig".
 
Das stimmt ja, aber trotzdem wurde dieser Verstoß nicht direkt von der NSDAP "begangen", sondern von Hindenburg unter Einwirkung von Hitler.

Und das ist dann wieder ein gutes Beispiel für "Ich mache mir die Hände selber nicht dreckig".

Der Reichskanzler (Hitler) legte dem Reichspräsidenten (Hindeburg) die Notverordnung vor, die nach dessen Unterschrift Gesetzeskraft erhielt.


Der alte und von vielen als senil bezeichnete Hindenburg dürfte die Ausmaße dieser Verordnung gar nicht mehr umrissen haben. So z.B. der Umstand, dass Brandstiftung rückwirkend mit dem Tode bestraft wird. Zufällig einen Tag nach dem Reichstagsbrand. Aufgrund dessen wurde der vermeintliche Brandstifter van der Lubbe geköpft.

Und Göring (seinerzeit Reichstagspräsident) konnte schon 3 Tage nach Einführung der Verordnung tönen:

Volksgenossen, meine Maßnahmen werden nicht angekränkelt sein durch irgendwelche juristischen Bedenken. Meine Maßnahmen werden nicht angekränkelt sein durch irgendeine Bürokratie. Hier habe ich keine Gerechtigkeit zu üben, hier habe ich nur zu vernichten und auszurotten, weiter nichts! Dieser Kampf, Volksgenossen, wird ein Kampf gegen das Chaos sein, und solch einen Kampf führe ich nicht mit polizeilichen Machtmitteln. Das mag ein bürgerlicher Staat getan haben. Gewiß, ich werde die staatlichen und die polizeilichen Machtmittel bis zum äußersten auch dazu benutzen, meine Herren Kommunisten, damit Sie hier nicht falsche Schlüsse ziehen, aber den Todeskampf, in dem ich euch die Faust in den Nacken setze, führe ich mit denen da unten, das sind die Braunhemden!
Quelle: http://www.bpb.de/publikationen/049...n_der_nationalsozialistischen_Herrschaft.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Der alte und von vielen als senil bezeichnete Hindenburg dürfte die Ausmaße dieser Verordnung gar nicht mehr umrissen haben. So z.B. der Umstand, dass Brandstiftung rückwirkend mit dem Tode bestraft wird. Zufällig einen Tag nach dem Reichstagsbrand. Aufgrund dessen wurde der vermeintliche Brandstifter van der Lubbe geköpft.

Ein Lehrer meiner Schule hat ein inzwischen schulintern-berühmtes Zitat in die Welt gesetzt:
"Hindenburg war bei seiner Wahl zum Reichspräsidenten ein seniler Greis, dem der Kalk schon aus den Taschen rieselte!"

Das angesprochene Mysterium mit dem Reichstagsbrand und dem Brandstifter van Lubbe ist sehr interessant. Es gehört wahrscheinlich zu den größten, noch nicht aufgeklärten Geheimnissen der NS-Zeit.

Sind es tatsächlich die Nationalsozialisten gewesen, die den Brand gelegt haben, dann ist dies wohl die größte Gesetzesübertretung und Heuchelei der dt. Geschichte gewesen.
Interessanterweise habe ich erst vor kurzen in einem Buch beim schmökern in der Bibliothek gelesen, dass ein Brand von solch Größe nicht allein von einer Person gelegt werden konnte. Nach dem Kreig behaupteten einige ehemalige NS-Größen, dass sie für den Brand verantwortlich gewesen sind bzw. ihn gelegt haben.
Das Gerücht ging aber schon viel eher um (ein Witz aus den 30ern):

"Treffen sich zwei HJ-Jungen auf der Straße. Der eine rennt in Panik vorbei und ruft:
Der Reichstag brennt!
Worauf der andere antwortet:
Psst! Erst morgen!"
 
Das Gerücht ging aber schon viel eher um (ein Witz aus den 30ern):

"Treffen sich zwei HJ-Jungen auf der Straße. Der eine rennt in Panik vorbei und ruft:
Der Reichstag brennt!
Worauf der andere antwortet:
Psst! Erst morgen!"


Ist zwar :eek:fftopic: , aber weil wir gerade beim Volksmund sind:

Nach dem Reichstagsbrand gab es folgende Scherzfrage:

Was ist der Unterschied zwischen Reichswehr und SA?

Bei der Reichswehr heißt es "Legt an, gebt Feuer!"

Bei der SA dagegen: "Gebt an, legt Feuer!"
 
In den zwanzieger Jahren gab es die Brüder Sass, Berliner Automechaniker, die mehrfach spektakulär Banken ausraubten, die es aber schafften unentdeckt zu bleiben - bzw. der Verdacht fiel zwar auf sie, aber die Polizei hatte Schwierigkeiten, ihnen die Bankräubereien nachzuweisen.

Als der Reichstag brannte, hieß es daher auch, es seien die Brüder SA SS gewesen.
Die Brüder Sass hatten im Übrigen das Pech, von den Nazis umgebracht zu werden.
 
[FONT=Arial,Helvetica,sans-serif] Am 27. Februar 1933, knapp einen Monat nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, brannte in Berlin das Reichstagsgebäude. Im brennenden Parlament wurde der niederländische Linksanarchist Marinus van der Lubbe festgenommen. Er erklärte, die Brandstiftung allein unternommen zu haben, um die deutsche Arbeiterschaft zum Widerstand gegen das NS-Regime aufzurufen. Die Nationalsozialisten zeigten sich jedoch öffentlich überzeugt, daß es sich um eine Verschwörung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) handelte. Noch in der Brandnacht ließ Hermann Göring als kommissarischer preußischer Innenminister verbreiten, der "Beginn des kommunistischen Aufstandsversuches" stehe unmittelbar bevor. [/FONT] [FONT=Arial,Helvetica,sans-serif]Zielgerichtet nutzte die nationalsozialistische Führung den Reichstagsbrand, um kurz vor der Reichstagswahl am 5. März 1933 die hemmungslose Verfolgung von Regimegegnern, vor allem Kommunisten, zu verschärfen. Zehntausende Oppositionelle wurden innerhalb der nächsten Wochen in "Schutzhaft" genommen und in improvisierte Konzentrationslager (KZ) verschleppt. Eine "Legalisierung" erfuhr die Verfolgung durch die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933. Die von Reichspräsident Paul von Hindenburg auf Empfehlung des Kabinetts erlassene Notverordnung setzte die wesentlichen Grundrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft. Das Deutsche Reich befand sich in einem förmlich verhängten zivilen Ausnahmezustand. In ihrer Gegenpropaganda stellte die politische Linke die - ebenfalls unbewiesene - Behauptung auf, der Reichstagsbrand sei von den Nationalsozialisten selbst gelegt worden, um ihn als Rechtfertigung für ihre verschärfte Repressionspolitik und gewaltsame Durchsetzung ihrer unbeschränkten Diktaturgewalt zu nutzen[/FONT]
Quelle:http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/innenpolitik/reichstagsbrand/index.html


Das zeigt ja, das der Brand unmöglich von einer Person hätte gelegt werden, wenn selbst schon die Nazis selbst mehrere Täter vermuten. Aber wer weiß, vielleicht wussten die einfach dass es mehr als einer war da sie selbst die Urheber waren....
 
Ich bin jetzt kein Kenner der Weimarer Zeit, aber bei dieser Diskussion kommt mir folgender Gedanke in den Sinn. UNd zwar meine ich mich zu erinnern zu können, dass es in der Weimarer Verfassung keinen besonders geschützten Bestand von Grundgesetzen/-rechten gegeben hat. Also Gesetze, die selbst mit großen Parlamentsmehrheiten nicht geändert oder aufgehoben werden konnten, wie es im Grundgesetz der BRD der Fall ist. Insofern konnte praktisch der gesamte Grundrechtsbestand der Weimarer Verfassung ausgehebelt werden, ohne dass das im juristischen Sinne illegal gewesen wäre. Ich denke, genau hier liegt die Crux der Frage nach der "Legalität" der nationalsozialistischen Machtergreifung. Jedenfalls bin ich nicht ganz sicher, ob dieser Bereich den Apologeten des NS nicht eine leichte Angriffsfläche bieten kann, solange man nicht auf die juristischen Feinheiten solcher Fragen eingeht und sich statt dessen allein auf den Reichstagsbrand oder die SA-Schlägertrupps konzentriert.
Wale
 
Natürlich nicht. Aber das ist nicht meine Frage, sondern es geht mir darum, ob die NSDAP in irgendeinem Punkt konkret GEGEN DIE VERFASSUNG UND DIE GELTENDEN GESETZE verstossen hat...

Ganz konkret haben die Nationalsozialisten (NSDAP) z.B. in Person führender Parteimitglieder in der Reichsregierung das sog. "Ermächtigungsgesetz" initiiert und im Reichstag durchgesetzt. Auch wenn der Reichstag dem zugestimmt hat - gegen die Stimmen der SPD und unter Ausschluss der KPD-Mitglieder - , war dieses Gesetz ein Verfassungsbruch. Grundlegende Verfasungsbestimmungen wurden außer Kraft gesetzt, und das ist illegal.
Einige juristische Argumente dazu z.B. unter
http://master.fsjura.uni-koeln.de/gerdtest/Neue Seite/Download-Dateien/AG_Staatsorga_1.doc

Dass die Nationalsozialisten hinter dem Reichstagsbrand steckten, ist, soweit ich weiß, nach neuesten Dokumentenfunden nicht mehr umstritten. Nachlesen kann man das z. B. unter
http://www.zlb.de/projekte/kulturbox-archiv/brand/bahar-kugel.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin Klaus,

das von dir angeführte Dokument zum Nachweis der Illegalität des Ermächtigungsgesetzes vermag mich nicht zu überzeugen. Es geht in dem Text um den Versuch, ein ähnliches Gesetz in der BRD zu etablieren. Das ist seinerzeit vom Bundespräsidenten mit dem Hinweis auf Verfassungwidrigkeit abgeblockt worden.

Zur Begründung hieß es:
Das "Ermächtigungsgesetz" (das in der BRD eingeführt werden sollte) verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen die Ewigkeitsklausel des Art. 79 III GG. Es ist folglich materiell verfassungswidrig.

Nach der bundesrepublikanischen Gesetzeslage ist der Fall also klar. Anders verhält es sich, wenn man das reale Ermächtigungsgesetz vor der dem gesetzlichen Hintergrund der Weimarer Zeit betrachtet. Denn - darauf habe ich in meinem obigen Beitrag hingewiesen - in der Weimarer Verfassung gab es keine sog. Ewigkeitsklausel. Aus dieser Perspektive fällt es schwer, selbst grundlegende Verfassungsänderungen und Grundrechtsaufhebungen im streng juristischen Sinne als illegal zu definieren.

Wale
PS: ich will hier keineswegs den Eindruck erwecken, die NS-Machtergreifung in irgendeiner Weise verhamlosen zu wollen; es geht mir nur darum, Schwachstellen in der juristischen Diskussion dieser Frage aufzuzeigen.
 
Moin Klaus,

das von dir angeführte Dokument zum Nachweis der Illegalität des Ermächtigungsgesetzes vermag mich nicht zu überzeugen. Es geht in dem Text um den Versuch, ein ähnliches Gesetz in der BRD zu etablieren. Das ist seinerzeit vom Bundespräsidenten mit dem Hinweis auf Verfassungwidrigkeit abgeblockt worden.

Zur Begründung hieß es:
Das "Ermächtigungsgesetz" (das in der BRD eingeführt werden sollte) verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen die Ewigkeitsklausel des Art. 79 III GG. Es ist folglich materiell verfassungswidrig.

Nach der bundesrepublikanischen Gesetzeslage ist der Fall also klar.
Leider lässt sich der von Klaus angegebene Link von mir nicht öffnen. Mich würde jedoch interessieren, wann in der Bundesrepublik ein "Ermächtigungsgesetz" verabschiedet worden sein soll? Das hat es meineswissens nicht gegeben. Könnte es sein, dass der Link zu einem fiktiven Lehrfall führt, mit dessen Hilfe Studenten ihr juristisches Urteilsvermögen schärfen sollen?

Was allerdings in der Bundesrepublik immer wieder mal vorkommt, sind Probleme mit den sogenannten "Ermächtigungsklauseln". Nach Artikel 80 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz können durch Gesetz die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Allerdings muss dann die entsprechende Ermächtigungsklausel Inhalt, Sinn und Zweck dieser Rechtsverordnungen vorgeben und das Bundesverfassungsgericht wacht mit strengen Maßstäben darüber, dass sich die Regierungsbürokratie im Rahmen ihrer konkreten Ermächtigung bewegt. In solchen Rechtsverordnungen werden nachgeordnete Detailfragen geregelt. Sie stehen ihrem Rang nach unter den Parlamentsgesetzen und dürfen diesen nicht widersprechen. Mit dem "Ermächtigungsgesetz" des Jahres 1933 sind solche "Ermächtigungen" nicht vergleichbar.
Wale schrieb:
Anders verhält es sich, wenn man das reale Ermächtigungsgesetz vor der dem gesetzlichen Hintergrund der Weimarer Zeit betrachtet. Denn - darauf habe ich in meinem obigen Beitrag hingewiesen - in der Weimarer Verfassung gab es keine sog. Ewigkeitsklausel. Aus dieser Perspektive fällt es schwer, selbst grundlegende Verfassungsänderungen und Grundrechtsaufhebungen im streng juristischen Sinne als illegal zu definieren.

PS: ich will hier keineswegs den Eindruck erwecken, die NS-Machtergreifung in irgendeiner Weise verhamlosen zu wollen; es geht mir nur darum, Schwachstellen in der juristischen Diskussion dieser Frage aufzuzeigen.
Es sprechen rechtsphilosphische und rechtslogische Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des Ermächtigungsgesetzes:
  • Die Unterworfenheit des Einzelnen unter das Recht, das ja vor allem von den Anderen bestimmt wird, lässt sich nur dann überzeugend rechtfertigen, wenn es dem Einzelnen prinzipiell möglich ist, seinen Widerwillen gegen das Recht zum Ausdruck zu bringen, sich mit anderen zu organisieren mit dem Ziel eine Rechtsänderung herbeizuführen - kurzum wenn er eine faire Chance hat, den Inhalt des Rechts mitzubeeinflussen. Infolgedessen setzt die Legitimität von Recht Grundrechte wie Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit, aber auch politische Strukturen wie freie Wahlen, Parlament und Mehrheitsentscheidungen bzw. parlamentarische Opposition voraus. Das Ermächtigungsgesetz zielte jedoch gerade darauf ab, dies alles auszuhebeln.
  • Die Reichstagsabgeordneten wurden vom Volk als Volksvertreter gewählt. Wer andere vertritt, ist nicht nur berechtigt, mit Wirkung für und gegen andere zu handeln. Er ist auch verpflichtet, die ihm anvertrauten Aufgaben wahrzunehmen. Deshalb durften die Abgeordneten nicht einfach auf ihre Kontrollaufgaben, die sie gegenüber der Regierung nicht etwa aus eigenen persönlichen Rechten sondern FÜR das Volk gegenüber der Regierung wahrzunehmen hatten, verzichten und einer Entmachtung zustimmen, die wiederum nicht allein sie in ihrem persönlichen Rechtskreis betraf sondern das von ihnen vertretene Volk. Mit ihrem Votum zu Gunsten des Ermächtigungsgesetzes überschritten die zustimmenden Volksvertreter ihre Vertretungsbefugnis.
Es existiert aber auch noch eine zweite Argumentationslinie, die für die Bewertung des Ermächtigungsgesetzes als rechtswidrig spricht: die Abstimmung des Reichstags war manipuliert. Die Nazis liessen oppositionelle Abgeordnete, vor allem der KPD, verhaften und ermorden und im Plenarsaal übten uniformierte Schlägertrupps schon allein durch ihre Anwesenheit unzulässigen Druck aus. Um eine freie Abstimmung handelte es sich nicht.
 
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Fall 2: Das „Ermächtigungsgesetz"
Nachdem die letzte Regierung an den Reformen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik gescheitert war, schlossen CDU und SPD eine „Große Koalition", die im Bundestag und im Bundesrat über eine stabile Mehrheit von 85 % verfügte. Um den in der Vergangenheit entstandenen Reformstau zügig zu beenden, entschloß sich die neue Regierung, das Gesetzgebungsverfahren zu vereinfachen. Daher verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen der Koalition ein Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, durch das die folgende Vorschrift in die Verfassung eingefügt wird:
Artikel 75a Grundgesetz
Bundesgesetze können auch von der Bundesregierung beschlossen werden. Auf die von der Bundesregierung beschlossenen Gesetze finden die Artikel 76 bis 78 GG keine Anwendung.

Das ist der einschlägige Passus in dem von Klaus angeführten Dokument. Es kann gut sein, dass es sich hierbei lediglich um einen fiktiven Fall zur juristischen Übung handelt, diese Möglichkeit war mir zunächst nicht in den Sinn gekommen..

Deine Argumente gegen die Legalität des Ermächtigungsgesetzes finde ich logisch und nachvollziehbar. Allerdings entstammen diese Argumente, wenn ich sie richtig einordne, aus der Sphäre des Naturrechts; etwa die Überlegung, dass jedem Menschen von Natur aus ein Recht auf pol. Partizipation zusteht. Zu fragen bleibt daher, inwieweit solche Argumente in den Diskursen rechtspositivistischer Rechtskulturen zum Zuge kommen bzw. ob und wie sie sich realiter juristisch Geltung verschaffen können.

Wale


 
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