Die Lotosesser

Andachtsjodler

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In Homers Odyssee wird von einer Insel im Mittelmeer berichtet, deren Einwohner sich primär von einer rauschgiftähnlichen Pflanze namens Lotos ernährt haben sollen. Laut Herodot soll diese Pflanze den Feigen oder Datteln nicht unähnlich gewesen sein, der Beschreibung nach klingt es nicht so, als sei damit der Lotos gemeint, der in Asien und dem Nahen Osten verbreitet ist. Lotoskerne würden vielleicht schon eher auf die Beschreibung Herodots passen. Da ihnen auch eine beruhigende Wirkung nachgesagt wird, könnte vielleicht hier die Urquelle aus Homers Dichtung liegen. Wie sehen die heutigen Erkenntnisse über den Lotophagen Mythos aus?
 
Zu heutigen Erkenntnissen kann ich nichts sagen. Aber ältere Spekulationen anfügen.

Nicht nur in der Odysee, auch in der Ilias erscheint der Lotos, und zwar in jener Verführungsszene des Zeus durch Hera, die sich von Aphrodite den "scharfen" Gürtel ausleiht:
Zeus, und umarmte voll Inbrunst seine Gemahlin.
Unten nun sproß die heilige Erd' aufgrünende Kräuter,
Lotos mit tauiger Blum', und Krokos, samt Hyakinthos,
Dichtgedrängt und weich, die empor vom Boden sie trugen:
Hierauf ruheten beid', und hüllten sich rings ein Gewölk um,
Schön und strahlend von Gold; und es taueten glänzende Tropfen.
(Il. 14.346ff)

An dieser Stelle dominiert das Unwirkliche, Einlullende, Schlafgebende des Lotos.

Zur Lotosesser-Passage in der Odyssee (9.90ff). In ihr wirkt das Motiv des Nicht-Wiederkehrens. "Nicht-Wiederkehren" wurde wohl im archaischen Griechisch mit dem Begriff des "Die-Heimat-Vergessen" gleichgesetzt, wie ich bei Fränkel lese. Er setzt es in Analogie mit der Sirenengeschichte, in der ebenfalls honigsüße Gesänge den Seefahrer einlullen, und den erotischen Verführungskünsten der Kirke. Neben die gewalttätigen Hindernisse in der Od. treten u.a. mit den Lotosessern die süße Verführung, und zwar diejenige des Vergessens der Heimat. Ich kann mir vorstellen, dass die see-skeptischen Griechen die Gefahr der Wegbleibens in allen Varianten darstellen wollten, um den Wert der Heimat umso höher anzusetzen, daher heißt es auch in Od. 9.34: "Nichts ist doch süßer als unsere Heimat."

Fazit: Lotos gilt hier sicher auch als einlullend und Schlaf bringend, vor allem aber als süße Pflanze, um die "Süße der Heimat" aufzuwägen.
 
An dieser Stelle dominiert das Unwirkliche, Einlullende, Schlafgebende des Lotos.

Im Ilias sind wirklich die Lotos-Wasserpflanzen gemeint. Denn Krokusse und Hyazinthen wie auch der Lotos sind als romantisch, weiche Lagerstatt zu interpretieren.

Zu Homer.
Homer beschrieb leider nicht den "Lotos", der berauschen soll. Die erste Beschreibung des dattelförmigen "Lotos" stammt von Herodot drei Jahrhunderte später. Da Herodot der wichtigsten Literatur seiner und vor seiner Zeit habhaft sein dürfte, hat er den "Lotos" literarisch aufgenommen und weiter ausgeschmückt.
 
Im Ilias sind wirklich die Lotos-Wasserpflanzen gemeint. Denn Krokusse und Hyazinthen wie auch der Lotos sind als romantisch, weiche Lagerstatt zu interpretieren.
Ah, und ich dachte, es wäre damit das Kraut gemeint ("die heilige Erd' aufgrünende Kräuter"), das bei Plinius unter dem Namen "Lotus" angegeben ist (13.32.3, Melilotus officinalis = Steinklee), allerdings ist das kein Schlafmittel, sondern eher schmerzlindernd. Aber die Wasserpflanze mag romantischer sein, auch wenn ich es komisch finde, dass Wasser- und Landpflanzen hier zusammen vorkommen.

Plinius kennt 3 Typen des lotos: 1. als afrikanischer Baum bzw Strauch, 2. als Steinklee, 3. und die bekannte Wasserpflanze (nymphaea nelumbo): Pline l'Ancien : Histoire naturelle : livre XIII (traduction française) , Kap. XXXII (in französisch).
 
Ah, und ich dachte, es wäre damit das Kraut gemeint ("die heilige Erd' aufgrünende Kräuter"), das bei Plinius unter dem Namen "Lotus" angegeben ist (13.32.3, Melilotus officinalis = Steinklee), allerdings ist das kein Schlafmittel, sondern eher schmerzlindernd. Aber die Wasserpflanze mag romantischer sein, auch wenn ich es komisch finde, dass Wasser- und Landpflanzen hier zusammen vorkommen.

Plinius kennt 3 Typen des lotos: 1. als afrikanischer Baum bzw Strauch, 2. als Steinklee, 3. und die bekannte Wasserpflanze (nymphaea nelumbo): Pline l'Ancien : Histoire naturelle : livre XIII (traduction française) , Kap. XXXII (in französisch).

Die Blüten der Lotos-Wasserpflanzen sind auf dem Wasser, nicht im Wasser.
Natürlich kann es auch sein, dass anderer Lotos wie bei Plinius beschrieben gemeint ist.
Mit "aufgrünende Kräuter" sind nicht der Lotos, Hyazinthe und Krokus gemeint. Die Kräuter sind mit Namen nicht genannt.
 
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