Die Marke Hitler

Leopold Bloom schrieb:
Ohne dass ich die Frau nun nachhaltig sympathisch finde, aber rein technisch und filmgeschichtlich ist der Olympiafilm in jeglicher Hinsicht bahnbrechend (neue Überblenden, teilweise andere Perspektiven, "revolutionärer" Schnitt)
Sie ging noch mit 90 Jahren nachhaltig tauchen.
Exkurs Deutsch: Nachdem was hält, hält es auch danach noch. Nach dem Halten, hält es noch.
Wenn ich im Landtag M-Vs sitze, werde ich solche Wortschöpfungen per Dekret abschaffen. Das ist meine aller-aller-letzte Warnung. Definitiv.
 
ein sehr interessanter link auf eine englische dissertation (oder hausarbeit?) zum thema:

http://www.geocities.com/ebutcher1/

ein zitat hieraus:

Brian Winston states the ‘the film was not used generally for propaganda purposes in Germany at the time.’ ... As demonstrated, the film has limited propagandistic value to a German audience, as it is difficult to see how it could have manipulated audiences as effectively as the Tendenz films.
 
Nur eignet sich "Triuph des Willens" durchaus für die Goebbelsche Propaganda. Nicht nur aus heutiger Sicht. Die Goebbels-Propaganda war durchaus vielschichtiger und subtiler. Das war ja nicht "Stürmer-Niveau". Mag sein, dass die zeitgeschichtliche Wirkung nicht die allerschlagkräftigste war, dennoch ist weder eine solche Absicht noch eine solche Wirkung schlußendlich zu leugnen.
 
die absicht verleugne ich ja gar nicht, aber dieser eine film hatte m.e. nicht die wirkung aufs publikum, die ihm nachträglich unterstellt wurde/wird.

noch ein link:

http://www.hyperhistory.org/index.php?option=displaypage&Itemid=703&op=page

und noch ein zitat (wieso finde ich solche anmerkungen nicht auf deutsch??):
However, the film was never a box office success and was not used much for internal propaganda.

ich sehe gerade, dass hier wieder brian winston zitiert wird, aber immerhin wird hier darauf hingewiesen, dass der film kommerziell kein erfolg war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber hier stellt sich ja die Frage, wie wirksam der "bloße Kassenerfolg" ist, bzw. im Umkehrschluss "wirkungslos" ein Film ist, der eben nicht der große Schlager war.

Worauf ich hinaus will: Die Goebbelsche Propaganda war auf eine Weise letztlich so wirkungsvoll, als man noch heute etliche Inhalte für das Publikum für bedenklich hält. Wenn man nun nur den "Stürmer" nimmt, ist das nicht so. Das ist einfachst zu durchschauender allerdümmster Antisemitismus. Die Subtilität von Goebbels ging aber recht weit. Man muss sagen, dass dies eine Propaganda war, die wider besseren Wissens und jeglichen gesunden Menschenverstands große Teile der Bevölkerung den 2. Weltkrieg bis zum allerbittersten Ende zuende führen ließ.
 
ich stelle das ja gar nicht in abrede, dass die goebbelsche propaganda extrem wirksam war. diese diskussion ist aber daraus entstanden, dass eine person, nämlich leni riefenstahl, quasi auf die gleiche ebene gestellt wurde. das ist nach meinem dafürhalten zuviel der "ehre" für sie.

wie ich dargelegt habe, hat sie in der zeit des nationalsozialismus extrem wenig filme gedreht, darunter zwei mit direktem bezug zum regime (den kurzfilm zur wehrmacht lass ich jetzt mal aussen vor). einer davon wurde kurz nach der uraufführung aus dem verkehr gezogen, so dass es bei einem film, Triumph des Willens, bleibt.

ich habe nie bestritten, dass dieser film ein propagandafilm der extraklasse ist (er ist übrigens nicht verboten, wie andere filme aus dieser zeit, er darf unter auflagen auch heute gezeigt werden).

Aber: dieser film war zur damaligen zeit, 1935, kaum jemanden bekannt (s.o., was ich hoffe auch bald durch zuschauerzahlen belegen zu können). um eine wirkung auf das publikum gehabt zu haben, muss ein film auch gesehen worden sein. nur deswegen trete ich immer wieder auf diesem umstand herum.

in den von mir zitierten artikeln ist auch immer wieder davon die rede, das gerade goebbels von dieser art propagandafilmen nichts hielt. er zog die indirekte beeinflussung durch "unterhaltungsfilme" wie jud süss vor (er bewunderte eisensteins panzerkreuzer potemkin). diese art filme hatten sicher wesentlich mehr wirkung als die cineastischen meisterleistungen der leni riefenstahl.
 
collo schrieb:
lieber heinz,
dass das kino eine andere bedeutung hatte als heute, habe ich wohl deutlich genug dargestellt. und weil du das fernsehen erwähnst, ist es heute nicht auch so, dass eine gute dokumentation auf arte eine wesentlich geringere reichweite hat als big brother auf rtl2?

Du hast natürlich recht lieber Collo,
dass big brother sicherlich eine andere Zuschauerzahl wie eine Dokumentation in arte hat, wobei ich big brother noch nie gesehen habe.
Da sich für Sport die Bevölkerung stärker interessiert, dürfte der Olympia-Film wohl eine größere Resonanz gehabt haben. :)
 
man kann anders wirkung erzielen, als durch reinen zuschauererfolg

die frage ist, wie? wir reden hier von propaganda, die, um wirken zu können, auch ein publikum braucht. goebbels, um wieder an die ursprünge dieses threads zurückzukommen, hat dies erkannt und bevorzugte deshalb beim film die indirekte propaganda, die viel mehr leute erreichte. zu eisensteins panzerkreuzer potemkin sagte er, dass dieser film leute zu bolschewisten machen könne.
 
Liebe Ursi, vielen Dank für Deine Links. Für mich ist auch Heinz Rühmann als Bruchpilot ein sehr indirekt politischer Film. Ein echter Durchhalte-Film dürfte Kolberg sein, der noch 1944 gedreht wurde. :(
 
Kolberg lief ja vor ein paar Jahren auf ARTE in Originalversion. Mal flappsig gesagt "ein etwas theatralischer Historienschinken", für seine Zeit recht aufwendig gemacht.

Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, daß die "Durchhaltewirkung", dieses "Aufgeputscht sein", lange angehalten haben könnte. Wenn um mich herum echte Häuser zusammenbrechen und echte Kugeln zischen, dann ist doch die Filmidylle vom tapferen Heldentod schnell weggewischt, oder?
 
Arne schrieb:
Kolberg lief ja vor ein paar Jahren auf ARTE in Originalversion. Mal flappsig gesagt "ein etwas theatralischer Historienschinken", für seine Zeit recht aufwendig gemacht.

Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, daß die "Durchhaltewirkung", dieses "Aufgeputscht sein", lange angehalten haben könnte. Wenn um mich herum echte Häuser zusammenbrechen und echte Kugeln zischen, dann ist doch die Filmidylle vom tapferen Heldentod schnell weggewischt, oder?

Ja die Filmwelt und die Realität sieht der "Heldentod" sicher anders aus.
Ich habe eine Doku gesehen, wo ein ehemaliger HJ sagte, sie haben den Film gesehen und wollten dann genau so die Stadt von den "Feinden" retten. Als dann die richtigen Kugeln folgen, hatten sie Angst aber es gab kein zurück mehr. Sie mussten gegen die Russen kämpfen. Er war damals ca. 14 Jahre alt.

Nun bei jungen Menschen, die in einem solchen Regime aufwuchsen und nichts anderes hörten wie ihr seit Helden usw. kann man sicher eine Art von Durchhaltewirkung erzielen.

Für uns heute, ich habe ihn auch gesehen, scheint der schon eher einem, wie Du sagst theatralischer Historienschinken mit kitschigen Farben unrealistischer Film zu sein.
 
Wenn man "Kolberg" mit den vielen amerikanischen Filmen vergleicht, in denen ihre Soldaten heldenhaft dargestellt werden, ist der Film für´s Nachmittagsprogramm geeignet ;) Ich denke da an solche Filme, wie "Top Gun" oder "Wir waren Helden" etc etc.

Ich meine, daß die (teils freiwillige Selbst-)Zensur im deutschen Fernsehen unter diesem Gesichtspunkt nicht nachvollziehbare Merkwürdigkeiten hervorbringt... :runter:
 
Arne schrieb:
Wenn man "Kolberg" mit den vielen amerikanischen Filmen vergleicht, in denen ihre Soldaten heldenhaft dargestellt werden, ist der Film für´s Nachmittagsprogramm geeignet ;) Ich denke da an solche Filme, wie "Top Gun" oder "Wir waren Helden" etc etc.

Ich meine, daß die (teils freiwillige Selbst-)Zensur im deutschen Fernsehen unter diesem Gesichtspunkt nicht nachvollziehbare Merkwürdigkeiten hervorbringt... :runter:

Ich glaube Kolberg wurde nicht zensiert oder doch?

Welche Filme meinst du den mit der Zensur? Die Nazi-Probagandafilme müssen ja nicht unbedingt gezeigt werden, denn leider können die immer noch eine gewisse Wirkung erzielen.
 
ursi schrieb:
Ich glaube Kolberg wurde nicht zensiert oder doch?
Nein, Kolberg ist meines Wissens nicht (mehr) indiziert. Eigentlich schon nachvollziehbar aus der Tatsache, daß er im Fernsehen lief. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube in der Nachkriegszeit, als sehr viel indiziert war, fiel er darunter. Die langen Listen von Büchern und Filmen wurden aber dann recht schnell stark gekürzt.

ursi schrieb:
Welche Filme meinst du den mit der Zensur? Die Nazi-Probagandafilme müssen ja nicht unbedingt gezeigt werden, denn leider können die immer noch eine gewisse Wirkung erzielen.

Das ist richtig. Mit dem Hinweis auf die "freiwillige Selbstzensur" meine ich, daß viele nicht indizierte Filme, die in meinen Augen heute harmlos sind - darunter fallen diverse "Heldenfilme" aus der Zeit der Weimarer Republik und des frühen NS-Staates - nicht im Handel sind oder nicht ausgestrahlt werden. Die Inhalte sind heute von der Entwicklung überholt und ungefährlicher als so mancher aktueller Film in dem Gewalt offen verherrlicht wird. Ich glaube es sind zwei Gründe, warum man sie nicht zeigt: Erstens würden sie wohl keinen "Hund hinterm Ofen hervorholen" und zweitens haben sie diesen bitteren Beigeschmack von deutschem Militarismus, den man einfach nicht will. Darunter fällt dann auch "Kolberg".

Die echten "Giftfilme", in denen zum Beispiel Antisemitismus offen oder verdeckt gebracht wird, gehören keinesfalls ins Fernsehen. Sie würden mit Sicherheit ihren Hass auch heute noch ins Publikum bringen. Selbst bei meiner energischen Zensurfeindschaft ringe ich mit mir, ob man solche Filme überhaupt irgendwo zeigen dürfte.

Die diversen "Parteifilme" ("Hans Westmar", "Hitlerjunge Quex", "SA-Mann Brand" etc.) gehören natürlich ebensowenig ins Fernsehen, allein schon weil der Sender gegen das Strafgesetzbuch verstossen würde. Ich würde sie, wenn es nach mir ginge, aber mit kommentierendem Material und einer FSK18 Einschränkung im Handel erlauben. Ich traue der aufgeklärten, interessierten Bevölkerung zu, daß sie diese Kost heute ohne geistigen Schaden verträgt.
 
manganite schrieb:
Und was ist mit den anderen Leuten?

Guter Einwand. Und sicher auch der Grund, warum es überhaupt solche Einschränkungen gibt.

Wenn man darüber nachdenkt, kommt man zu der Frage, wieviel traut der Staat seiner Bevölkerung zu? Was hält er von seinen eigenen Mitbürgern? Was traut er ihnen zu?
Jeder Volljährige darf die Regierung mitwählen. Aber andererseits hält man es für zweckmäßig ihn zu bevormunden, ihm zu verbieten frei zu entscheiden, was er liest, sich ansieht, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Leider ist es so, daß wir als Bürger doch nicht ganz frei sind, weil der Staat dem Bürger zutraut falsche Entscheidungen zu treffen. Ist das nicht auch ein Grund, warum man Volksentscheidungen ablehnt?
In Deutschland gab es keine Abstimmung über den EURO. Es wird keine Abstimmung über die EU-Verfassung geben und es dürfte doch daran liegen, daß man befürchtet, daß die Ergebnisse (ähnlich, wie in anderen EU-Mitgliedsländern, in denen abgestimmt wurde) nicht im Sinne der Regierung sind, oder siehst du das anders?:confused:

Als EU und EURO-Befürworter bin ich darüber ganz glücklich, aber eigentlich dürfte ich das nicht sein - wenn ich konsequent wäre. Da bin ich wohl wieder ein Heuchler? ;)

Hmm..ich befürchte, wir kommen jetzt doch in die Tagespolitik..?
 
andere leute haben längst andere quellen.
wenn dieser müll ab 18 freigegeben wäre, würde man diese "anderen" noch nicht einmal wegen verbreitung oder verherrlichung drankriegen. deshalb sollte diese filme schön illegal bleiben.
 
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