Die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg

Zwei konkrete Beispiele: 1940 hat die Schweizer Luftwaffe deutsche Flugzeuge, die nach Einsätzen im Frankreichfeldzug den Schweizer Luftraum verletzt hatten mehrfach abgeschossen, was dann auch die zu erwartenden politischen Probleme erzeugt.

Was heisst mehrfach? Kannst du bitte deine Quelle nennen.

Es ist zudem richtig, dass die Schweiz auch Güter in die Gebiete der Achse geliefert hat. Mir ist vor einiger Zeit ein Vorgang untergekommen, dass von deutscher Seite bei Brown und Boveri 1941 ein High-Tech-Windkanal bestellt wurde, den die Schweizer Seite aber nie vollständig geliefert hat, wahrscheinlich auch weil ab 1942/43 die Niederlage des Dritten Reichs deutlich wurde. Darüber gab es in der Folge einen immer erregteren Schriftverkehr zwischen dem RLM und den Schweizer Diesntstellen und Lieferanten.

Mit Maßstäben eines moralischen Rigorismus hierüber im Rückblick zu urteilen, ist einigermaßen unpolitisch gedacht.

Grüße

Vitruv

Ich empfehle dringend sich mal diese Bücher (25 Bände) durchzulesen:

Unabhängige Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg UEK

oder zumindest den Schlussbericht. Denn findet man unter Berichte 2001/2002. Man sollte auch den unterschiede zwischen der offiziellen Schweiz - sprich Staat - tun und den privaten Firmen machen.

Die Bücher der Expertenkommisson ist der aktuellste Stand der Forschung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was sollte die Schweiz auch machen? Exportorientierte Industrie und 1940- Oktober 1944 keine Außengrenze mit sonstwem. Die Leute müssen ja leben.

Richtig,
und ganz abgesehen von den schweizerischen Importen, zB Kohle, die wir an anderer Stelle hier schon erwähnt haben.

Mit Maßstäben eines moralischen Rigorismus hierüber im Rückblick zu urteilen, ist einigermaßen unpolitisch gedacht.
Merkwürdige Formulierung.
 
Hallo Ursi,

25 Bände sind gewichtig, aber mich hätte mehr Deine hier geäußerte Einschätzung interessiert. Prinzipiell empfehle ich die Unaufgeregtheit und sich an manche Fakten zu halten, die zugegeben teilweise widersprüchlich sind. Strittig mag die prinzipielle Einschätzung sein, aber dafür gibt es ja ein Forum und dort ist Einvernehmlichkeit tödlich.

Zu den Abschüssen, die hier nur ungläubig zur Kenntnis genommen werden wollen, gibt es mehrere Quellen, allerdings mit differierenden Abschusszahlen. Die jeweils unterschiedlichen Angaben müsste ich erst noch einmal in meinen Quellen recherchieren und neu zusammenstellen, da ich manche Quellen nur in der Erinnerung habe. Eine aktuelle Quelle ist die Schweizer Wochenzeitung in der Ausgabe vom 17.01.08, die geringere Abschusszahlen zum Beispiel für Anfang Juni 40 angibt, gewöhnlich wird hier von 6 abgeschossenen He-111 Bombern ausgegangen:

WOZ - Schweiz - Zweite Folge der kleinen Geschichte der Schweizer Kampfflugzeuge: Gefährlicher Triumph über Görings Luftwaffe

Nur kurz ein Zitat hieraus:
‚Die Deutschen tauchen am 8. Juni noch einmal mit 28 Me-110 drohend über dem Schweizer Jura auf. Und wieder zeigen sich die Schweizer unbeeindruckt (...): Drei deutsche Maschinen stürzen ab.
Insgesamt elf deutsche Kampfflugzeuge sind jetzt innert eines Monats von den Schweizer Flieger- und Fliegerabwehrtruppen abgeschossen worden, drei eigene Maschinen gingen verloren. Bei den beiden Luftschlachten steht die Bilanz eins zu fünf zuungunsten der Deutschen.'

Doch die Schweiz hat nicht nur gegen die deutsche Seite, sondern auch gegen die alliierte Seite ihre Lufthoheit verteidigt. Manche Quellen gehen von bis zu 60 abgeschossenen Maschinen aus, eine größere Zahl wurde nach Navigationsproblemen interniert. Zuletzt (vor ca. 2 Jahren) wurde aus dem Greifensee ein abgeschossener amerikanischer Bomber vom Typ B-17 geborgen.

Die Schweizer Jagdwaffe besaß hierzu 58 deutsche Messerschmitt Me-109 D/E und 34 in Lizenz gebaute französische Morane D-3800. 1944 kamen einige Me-109 in der G-Version hinzu, die jedoch erhebliche Fertigungsmängel aufwiesen und teilweise wieder stillgelegt werden mussten.

Amerikanische Luftangriffe gab es wiederholt auf Basel (insbesondere Güterbahnhof Wolf) und Zürich (speziell Industriequartier Oerlikon). Besonders stark getroffen wurden Schaffhausen (Altstadt, Bahnhof und Industrie bei Neuhausen) am 1. April 1944 (40 Tote) und Stein am Rhein am 22. April 1945. Insbesondere die letzten können keine Navigations-Irrtümer gewesen sein

Wie hier schon angedeutet, stand die Schweiz in der Zeit von 40-45 in einem sehr komplexen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Kontext. In diesem Kontext die wesentlichen Grundzüge einer unabhängigen Politik bewahrt zu haben, ist im Prinzip ein großes Verdienst der damaligen Regierung in Bern.

Zu den anderen Vorhaltungen gerne etwas mehr bei entsprechender verfügbarer Zeit…

Beste Grüße

Vitruv
 
@Vitruv: Doch die Schweiz hat nicht nur gegen die deutsche Seite, sondern auch gegen die alliierte Seite ihre Lufthoheit verteidigt. Manche Quellen gehen von bis zu 60 abgeschossenen Maschinen aus, eine größere Zahl wurde nach Navigationsproblemen interniert. Zuletzt (vor ca. 2 Jahren) wurde aus dem Greifensee ein abgeschossener amerikanischer Bomber vom Typ B-17 geborgen.

Ob es Navigationsfehler waren oder nicht kann ich nicht beurteilen. Sowohl in der Schweiz als in Schweden landeten (oder wurden zu dieser gezwungen) zahlreiche alliierte Flugzeuge, meist viermot. Bomber. Es wird behauptet, dass dies oft kriegsmüde Besatzungen waren, 1942-1944 standen die Chancen auf ein Überleben des Krieges für Bomberbesatzungen nämlich nicht gut.
 
Ob es Navigationsfehler waren oder nicht kann ich nicht beurteilen. Sowohl in der Schweiz als in Schweden landeten (oder wurden zu dieser gezwungen) zahlreiche alliierte Flugzeuge, meist viermot. Bomber. Es wird behauptet, dass dies oft kriegsmüde Besatzungen waren, 1942-1944 standen die Chancen auf ein Überleben des Krieges für Bomberbesatzungen nämlich nicht gut.


Hallo BB,

bei den Internierungen habe ich Zahlen von 200 Maschinen, was mich erstmal vorsichtig werden ließ. Hast Du irgendwelche anderen ggf. präzise Quellen hierzu?? 200 scheint mir eine geschätze Angabe zu sein...

Beste Grüße

Vitruv
 
So auf die Schnelle kann ich nur mit dieser Seite dienen. Da sind auch Flugzeuge aufgeführt, die letztendlich in der Schweiz oder Schweden landeten.
Scheint eine echte Fundgrube zu sein, nachzählen musst du aber schon selbst.
B-17 Flying Fortress - Serien-Nummern

Hier ist das Schicksal von über 1500 amerik. Bombern im WK II aufgelistet. Natürlich waren viel mehr Maschinen eingesetzt, aber einen dramatischen Querschnitt bietet die Seite.

Allein beim flüchtigen Durchsehen vom einem Bruchteil der Datenbank komme ich auf 3 "Notlandungen" und einen Abschuss über der Schweiz, 2 Notlandungen in Schweden und eine in der Türkei.

Die Zahl 200 betrifft vielleicht Besatzungsmitglieder, bei einer B17 Fortress immerhin 10 Personen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo BB,

Danke für den interessanten Link. Ich habe das auch noch mal anderweitig durchgeschaut und die Schweizer Luftwaffe gibt aus eigenen Quellen 198 Maschinen meist B-17 und Liberators- an, die in einem großen sogenannten 'Bomberpark' abgestellt wurden (siehe Foto).

Grüße

Vitruv
 

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Für alle, die selbst gern nachlesen wollen:
Zweiter Weltkrieg
Die Zahl wird stimmen, da es eine offizielle Seite ist.

@kwschaefer, dann lass uns Schweden und andere Neutrale dazu nehmen, dann ist die Überschneidung geringer. Kann ein Mod das Thema ergänzen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Birdy und KWSchaefer,

daß das Thema schon einmal behandelt wurde, war mir nicht bekannt.

Zur Ergänzung ggf. eine umfangreiche und spannende Schweizer Luftfahrtbibliographie der 'WOZ/ Wochenzeitung', von den Anfängen bis zur aktuellen Diskussion- auch einige Internetquellen:

WOZ Die Wochenzeitung - Schweizer Kampfflugzeuge

Grüße

Vitruv
 
Hallo Ursi,

25 Bände sind gewichtig, aber mich hätte mehr Deine hier geäußerte Einschätzung interessiert. Prinzipiell empfehle ich die Unaufgeregtheit und sich an manche Fakten zu halten, die zugegeben teilweise widersprüchlich sind. Strittig mag die prinzipielle Einschätzung sein, aber dafür gibt es ja ein Forum und dort ist Einvernehmlichkeit tödlich.

Was soll das heissen, was willst du mir unterstellen?

Welche Äusserungen meinst du? :confused:

Ich halte mich an die neuste wissenschaftliche Forschung, die WOZ ist gut und recht, nur nicht die Zeitung auf die ich mich berufen würde. Jedem das seine.

Die Bibliographie des zweiten Links ist sehr gut, hat ein paar überholte Autoren dabei, aber im grossen und ganzen eine sehr gute Zusammenstellung.

Nun gut, über Kampfhandlungen habe ich keine Ahnung (hab ich mich dazu geäussert :grübel:, ach ja ich wollte nur "mehrfach" wissen, was das heisst. Weil mehrfach kann von 2 bis 1000 sein, ist eben ungenau), da nicht von interesse, dennoch wäre ich vorsichtig wenn man als Quelle eine Zeitung nimmt - im allgemeinen gesehen.

Ach ja ich weiss, dass Flugzeuge von den Schweizern abgeschossen wurden. Wie gesagt, mir hat mehrfach nicht gefallen, da ungenau.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus dem Historischen Lexikon der Schweiz, Stand 2006

Obwohl sich nach dem Fall Frankreichs im Juni 1940 das Kriegsgeschehen für über vier Jahre von der Schweiz entfernte, blieb diese nicht ganz unberührt. Der intensiv geführte Luftkrieg der Engländer und der Amerikaner ab Aug. 1940 gegen Deutschland und Italien führte zu einer häufigen Verletzung des schweiz. Luftraums (6'501 Vorfälle) mit 16 Abschüssen von Flugzeugen durch die schweiz. Luftwaffe und 9 durch die Flugzeugabwehr, 191 Notlandungen und 56 Abstürzen. Im Nov. 1940 wurde in der Schweiz die Verdunkelung eingeführt. Schweizer Territorium wurde 77 Mal bombardiert (84 Tote). Der gravierendste Zwischenfall war die Bombardierung von Schaffhausen am 1.4.1944 mit 40 Toten, über 100 Verletzten und dem Verlust von Kulturgütern. Die Alliierten vergüteten die von ihren Bombern verursachten Schäden.

Dann hier über die Bombadierung von Schaffausen:

Schaffhausen im Zweiten Weltkrieg***** Der öffentliche Verkehr am Tag der Bombardierung*** Der 1
 
Die Angabe ‚mehrere’ war aus der Erinnerung zitiert. Damit ist man im sicheren Bereich, da auch die Quellen zu Anzahl und abgeschossenen Maschinen uneinig sind. Die Schweizer Wochenzeitung hat in einer dreiteiligen Reihe eine Chronologie der Schweizer Luftwaffe veröffentlicht, die genau und präzise recherchiert ist. Auf Grund der Seriosität dieser Quelle und weil ich mit einigen Projekten überlastet bin, meinte ich mir eine weitere Nachrecherche sparen zu können.



Grüße



Vitruv
 
Die Angabe ‚mehrere’ war aus der Erinnerung zitiert. Damit ist man im sicheren Bereich, da auch die Quellen zu Anzahl und abgeschossenen Maschinen uneinig sind. Die Schweizer Wochenzeitung hat in einer dreiteiligen Reihe eine Chronologie der Schweizer Luftwaffe veröffentlicht, die genau und präzise recherchiert ist. Auf Grund der Seriosität dieser Quelle und weil ich mit einigen Projekten überlastet bin, meinte ich mir eine weitere Nachrecherche sparen zu können.



Grüße



Vitruv

Zur Info, die WOZ ist eine sehr linke Zeitung, die doch sehr Richtung GSoA(Gruppe Schweiz ohne Armee) tendiert (vorschichtig ausgedrückt). Deshalb ist doch Vorsicht geboten, wenn man die WOZ als Quelle angibt. Da stehen eben doch ein paar Fragezeichen im Raum und ich würde die Seriosität der Angaben mit wissenschaftlichen Quellen überprüfen.

Noch einen Nachtrag. Diese Serie passt gerade in eine aktuelle politische Diskussion über die Luftwaffe in der Schweiz - schon das gibt mir zu denken.
 
Zuletzt bearbeitet:
Orientierungen und Kompass...

Das mag im Grunde richtig sein. Aber ich lese in einem breiten Spektrum, auch wenn ich prinzipielle Vorbehalte gegen eine politische Orientierung der Publikation habe. Wenn die Inhalte überzeugend und schlüssig vorgetragen sind, sollte man sich der Lektüre nicht verschließen. Ich lese gerne auch das Schweizer Magazin ‚Zeit-Fragen’, dessen potentielle Anstößigkeit ich mir bis jetzt nicht so recht entschlüsseln konnte.

Ich denke nach Lektüre dieser Artikel zur Geschichte der Schweizer Luftwaffe, die mir vor zwei Wochen unter die Augen kamen, wird deutlich, dass jedenfalls hier keine einseitige Betrachtungsweise kultiviert, sondern die Chronologie sehr zurückhaltend und sachorientiert mit guter Detailkenntnis präsentiert wird. Dafür spricht auch schon die daneben veröffentlichte umfangreiche Quellensammlung. Meine letzte französische Quelle hierzu habe ich nicht so schnell zur Hand, dort wurden andere diesbzgl. Zahlen angegeben.

Über die Reaktionen auf die zahlreichen Bombenangriffe auf Schweizer Städte und Siedlungen habe ich bei Interesse noch einen Artikel, der neben Schweizer Reaktionen auch die offiziellen Untersuchungen der US Streitkräfte hierzu thematisiert.

Grüße


Vitruv
 
Das mag im Grunde richtig sein. Aber ich lese in einem breiten Spektrum, auch wenn ich prinzipielle Vorbehalte gegen eine politische Orientierung der Publikation habe. Wenn die Inhalte überzeugend und schlüssig vorgetragen sind, sollte man sich der Lektüre nicht verschließen. Ich lese gerne auch das Schweizer Magazin ‚Zeit-Fragen’, dessen potentielle Anstößigkeit ich mir bis jetzt nicht so recht entschlüsseln konnte.

Ich möchte hier nicht eine Diskussion über die Zeitschriften in der Schweiz loslassen, nur - dieses Zeit-Fragen Magazin hat nicht gerade den allerbesten Ruf, da man doch den einen oder andern Schwindel festgestellt hat. Würde auch diese Zeitschrift nicht als seriöse Quelle nehmen.

Der Lektüre muss man sich nicht verschliessen, aber man sollte sich aber schon bewusst machen, aus welchem Lager die Lektüre stammt und kritisch bleiben. Wenn die Texte schlüssig sind, sollte man sie dennoch nachprüfen. Auch der Frage, für welchen Zweck der Artikel in einer Zeitung erscheint sollte man nachgehen.

Wie gesagt ich möchte hier keine Diskussion über die Zeitungen in der Schweiz, denke aber das ich die Zeitungen in der Schweiz und ihren Hintergrund recht gut kenne. Deshalb meinen Einwand.
 
Die Justierung des Magnetfeldes

Es entwickelt sich hier wohl das Spiel des Schusses auf die laufende Quelle und auf die Qualität der verwendeten Wasserfilter. Daher zu Fragen der Quellenkritik: Hierbei verhält es ich im Prinzip analog zu einer Interviewkonstellation: Desto mehr ich über eine Person weiß, desto bessere und präzisere Fragen kann ich stellen. Desto mehr ich also von einem Vorgang weiß, desto bessere Fragen kann ich an eine Quelle stellen und diese derart beurteilen. Wenn dieser Filter jedoch durch eine vermutete oder tatsächliche politische Haltung der Publikation ersetzt werden soll, gebe ich genau die erwünschte Autonomie auf, die ich mir durch Wissensarbeit angeeignet habe. Nur wenn ich über kein Wissen verfüge, kann dies als ressourcenneutraler Schnellfilter gelten.

Die ‚Zeit-Fragen’ habe ich gezielt erwähnt - und eben nicht die im sicheren Bereich liegende NZZ- , nicht um sie als etablierte Quelle einzuführen- dazu ist zu kämpferisch- , sondern um einzubringen, wie schwierig oft die Einschätzung einer politischen Haltung ist. Dass deren betont kritische Palästina-Haltung nicht immer auf freudige Gegenliebe stößt, ist leicht absehbar, nur nicht tauglich als politischer Kompass. Zudem glaube ich prinzipiell, dass ich mir nach 15 Jahren Publikationstätigkeit und knapp einem Dutzend Fach-Ausstellungen einigermaßen die Fähigkeit erworben habe, an Hand der Qualität der Ausführungen zu unterscheiden, was eine brauchbare und eine nicht brauchbare Quelle ist.

Mir stellt sich eben hier am konkreten Vorgang eine ganz andere Frage: Wieso schafft es eine linke Wochenzeitung, die pazifistischen Strömungen nicht abgeneigt ist, eine derart fundierte und kenntnisreiche Artikelserie auf die Beine zu stellen, die ich der TAZ zum Beispiel nicht zutrauen würde? Denn hinter diesem Ressourcenverbrauch verbergen sich ja auch klare redaktionelle Entscheidungen. Daß die WOP dies aber realisiert hat, ist ihr nicht als sektorale Störung des eingeübten Weltbildes, sondern als positiver und konstruktiver Beitrag anzurechnen.

Nun, was ist hier noch strittig? Ich habe die Formulierung oben‚ einfliegende deutsche Maschinen ‚mehrfach abgeschossen’ gezielt gewählt, da ich wusste, dass es zur Zahl der Einflüge wie zur Zahl der Abschüsse wie zu den Abläufen unterschiedliche Darstellungen gibt. Unstrittig ist jedoch in allen Quellen jedoch, dass es mehrere Einflüge gab und auch mehrere Abschüsse- insofern ist dies eine präzise Angabe, eben soweit möglich. Die letzte mir untergekommene französische Quelle gab mehrere Bomberabschüsse an, die hier nicht erwähnt werden. Die Schweizer Luftwaffe gibt selbst in ihrer Eigenpräsentation ohne Nennung genauer Zahlen und Umstände an: ‚Die Fliegertruppe schoss im Luftkampf mehrere Flugzeuge der Luftwaffe Görings ab.’ Sie bewertet dies als Nachweis für das damalige Ringen um ‚Neutralitätsschutz’.

Nun zum anderen Teil meines ‚brisanten’ Kommentars’, der Lieferung von Rüstungsgütern. Ich habe während der Erarbeitung eines Gutachtens große und unübersichtliche Teile der einzelnen Aktenbestände der Baugruppen innerhalb der Generalbauinspektion durchgesehen. Dort fiel mir ein etwas verirrter Bestand in die Hände, der die Auseinandersetzungen um die Lieferung und Bau eines Überschallwindkanals für Forschungszwecke der Deutschen Luftwaffe dokumentierte. Dieser Windkanal, wenn ich mich an meine damaligen Recherchen genau erinnere, wäre der einzige und erste weltweit gewesen und sollte das Strömungsverhalten während des Übertritts in die Schallmauer untersuchen, das damals als Phänomen in den Wirkungen völlig unbekannt war. Die DVL und das RLM hatten diesen bereits 1941 in der Schweiz bestellt.

Am Schriftverkehr ließ sich nun wie in Parabel deutlich machen, unter welchem enormen Druck die Schweiz in der damaligen Zeit stand, und mit welchen Techniken schweizerseits operiert wurde, um hier nicht weitgehend instrumentalisiert zu werden. Obwohl dieser Vorgang hohes Empörungs- und Profilierungspotential besaß, habe ich ihn nicht veröffentlicht, da er unmittelbar und kurzschlüssig anders gelesen worden wäre, als ein eindeutiges weiteres moralisches Indiz für die Verwicklung der Schweiz in den Rüstungsapparat des Ministeriums Speer. Dafür war er aber nach einer Einschätzung überhaupt nicht tauglich, eher für das Ringen um eine Form der damals möglichen Autonomie.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es entwickelt sich hier wohl das Spiel des Schusses auf die laufende Quelle und auf die Qualität der verwendeten Wasserfilter. Daher zu Fragen der Quellenkritik: Hierbei verhält es ich im Prinzip analog zu einer Interviewkonstellation: Desto mehr ich über eine Person weiß, desto bessere und präzisere Fragen kann ich stellen. Desto mehr ich also von einem Vorgang weiß, desto bessere Fragen kann ich an eine Quelle stellen und diese derart beurteilen. Wenn dieser Filter jedoch durch eine vermutete oder tatsächliche politische Haltung der Publikation ersetzt werden soll, gebe ich genau die erwünschte Autonomie auf, die ich mir durch Wissensarbeit angeeignet habe. Nur wenn ich über kein Wissen verfüge, kann dies als ressourcenneutraler Schnellfilter gelten.

Die ‚Zeit-Fragen’ habe ich gezielt erwähnt - und eben nicht die im sicheren Bereich liegende NZZ- , nicht um sie als etablierte Quelle einzuführen- dazu ist zu kämpferisch- , sondern um einzubringen, wie schwierig oft die Einschätzung einer politischen Haltung ist. Dass deren betont kritische Palästina-Haltung nicht immer auf freudige Gegenliebe stößt, ist leicht absehbar, nur nicht tauglich als politischer Kompass. Zudem glaube ich prinzipiell, dass ich mir nach 15 Jahren Publikationstätigkeit und knapp einem Dutzend Fach-Ausstellungen einigermaßen die Fähigkeit erworben habe, an Hand der Qualität der Ausführungen zu unterscheiden, was eine brauchbare und eine nicht brauchbare Quelle ist.

Mir stellt sich eben hier am konkreten Vorgang eine ganz andere Frage: Wieso schafft es eine linke Wochenzeitung, die pazifistischen Strömungen nicht abgeneigt ist, eine derart fundierte und kenntnisreiche Artikelserie auf die Beine zu stellen, die ich der TAZ zum Beispiel nicht zutrauen würde? Denn hinter diesem Ressourcenverbrauch verbergen sich ja auch klare redaktionelle Entscheidungen. Daß die WOP dies aber realisiert hat, ist ihr nicht als sektorale Störung des eingeübten Weltbildes, sondern als positiver und konstruktiver Beitrag anzurechnen.

Nun, was ist hier noch strittig? Ich habe die Formulierung oben‚ einfliegende deutsche Maschinen ‚mehrfach abgeschossen’ gezielt gewählt, da ich wusste, dass es zur Zahl der Einflüge wie zur Zahl der Abschüsse wie zu den Abläufen unterschiedliche Darstellungen gibt. Unstrittig ist jedoch in allen Quellen jedoch, dass es mehrere Einflüge gab und auch mehrere Abschüsse- insofern ist dies eine präzise Angabe, eben soweit möglich. Die letzte mir untergekommene französische Quelle gab mehrere Bomberabschüsse an, die hier nicht erwähnt werden. Die Schweizer Luftwaffe gibt selbst in ihrer Eigenpräsentation ohne Nennung genauer Zahlen und Umstände an: ‚Die Fliegertruppe schoss im Luftkampf mehrere Flugzeuge der Luftwaffe Görings ab.’ Sie bewertet dies als Nachweis für das damalige Ringen um ‚Neutralitätsschutz’.

Nun zum anderen Teil meines ‚brisanten’ Kommentars’, der Lieferung von Rüstungsgütern. Ich habe während der Erarbeitung eines Gutachtens große und unübersichtliche Teile der einzelnen Aktenbestände der Baugruppen innerhalb der Generalbauinspektion durchgesehen. Dort fiel mir ein etwas verirrter Bestand in die Hände, der die Auseinandersetzungen um die Lieferung und Bau eines Überschallwindkanals für Forschungszwecke der Deutschen Luftwaffe dokumentierte. Dieser Windkanal, wenn ich mich an meine damaligen Recherchen genau erinnere, wäre der einzige und erste weltweit gewesen und sollte das Strömungsverhalten während des Übertritts in die Schallmauer untersuchen, das damals als Phänomen in den Wirkungen völlig unbekannt war. Die DVL und das RLM hatten diesen bereits 1941 in der Schweiz bestellt.

Am Schriftverkehr ließ sich nun wie in Parabel deutlich machen, unter welchem enormen Druck die Schweiz in der damaligen Zeit stand, und mit welchen Techniken schweizerseits operiert wurde, um hier nicht weitgehend instrumentalisiert zu werden. Obwohl dieser Vorgang hohes Empörungs- und Profilierungspotential besaß, habe ich ihn nicht veröffentlicht, da er unmittelbar und kurzschlüssig anders gelesen worden wäre, als ein eindeutiges weiteres moralisches Indiz für die Verwicklung der Schweiz in den Rüstungsapparat des Ministeriums Speer. Dafür war er aber nach einer Einschätzung überhaupt nicht tauglich, eher für das Ringen um eine Form der damals möglichen Autonomie.


Verstehe ich jetzt nicht so richtig.
Ursi hat darauf hingewiesen, dass der WOZ-Zeitungsartikel im Kontext der derzeitigen Schweizer Innenpolitik gesehen werden muss. Kenntnisse die wir im "großen Kanton" in aller Regel eben nicht haben.
Wo liegt das Problem?

Abgesehen davon haben wir das Thema schon mal recht tiefschürfend hier gehabt. kwschäfer (Foren-Luftkriegsexperte) hat Dir den Link doch schon reingesetzt.
hier ist er nochmals
 
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