Die Suche nach der Stadt Phasis

alexa68

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Die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg führt seit letzem Jahr in Kooperation mit der Uni Tiflis eine Ausgrabungsprojekt in Georgien durch. Es geht um die verschollene Stadt Phasis. Siehe auch: Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg e.V. (Vortrag vom 25.1.2012)

Die diesjährige Kampagne im August brachte einige Funde, die natürlich noch genauer datiert und ausgewertet werden müssen, daher meinerseits keine Spekulation dazu. Für nächstes Jahr ist am Fundort eine Flächengrabung geplant, denn es gibt Anzeichen für eine Siedlung.

Meine Frage an die Experten hier:

Wie hoch schätzt ihr die Erfolgschancen ein, dass Phasis tatsächlich gefunden wird und welchen Stellenwert würde dieser Fund international haben? Meiner Kenntnis nach ist es zumindest für Georgien ein Prestigeprojekt im Stellenwert von Troja.

Falls jemand Interesse an dem Projekt hat oder weitere Informationen vom Grabungsleiter haben möchte, kann mich gerne kontaktieren und ich frage nach, ob ich seine Kontaktdaten weitergeben darf.
 
Wie hoch schätzt ihr die Erfolgschancen ein, dass Phasis tatsächlich gefunden wird und welchen Stellenwert würde dieser Fund international haben? Meiner Kenntnis nach ist es zumindest für Georgien ein Prestigeprojekt im Stellenwert von Troja.

Ich hatte von der antiken griechischen Kolonie Phasis, das in der Nähe des heutigen Poti lag, bislang nie etwas gehört. Erst bei der alten Tante Wiki konnte ich mich ein wenig sachkundig machen. Poti ? Wikipedia

Für die Georgier ist das sicherlich ein faszinierendes Thema, zumal Phasis - folgt man Wiki - noch bis in byzantinische Zeit bestanden haben soll. Wenn das so ist, wird man sicher den Standort erkunden können und vermutlich auch ertragreiche Funde machen. Jedenfalls hoffe ich das für die Archäologen und die Georgier! :winke:

Einiges scheint jedoch bereits bekannt zu sein, denn bei Wiki steht: "Archäologen haben einen Teil der Siedlung unter der Oberfläche des Sees Paliostomi in der Nähe von Poti gefunden. In Phasis stand ein Apollon-Tempel, der unter anderem von einer Inschrift auf einer Silberschale aus Subow (Kuban) bekannt ist."
 
Hallo Dieter,
danke für den Hinweis.

Ich habe dies mal an den Grabungsleiter weitergegeben. In dem Vortrag, der im Januar in Nürnberg stattfand, war von einem See die Rede, aber ich weiß nicht mehr, ob es sich um das im Wikipedia genannte Gewässer handelte.

Nach den neuesten Infos handelt es sich bei der im Eingangsposting angesprochenen Siedlung nicht um die gesuchte griechische Kolonie, sondern um eine kolchische Siedlung.

Gruß,
Alexa
 
Nach den neuesten Infos handelt es sich bei der im Eingangsposting angesprochenen Siedlung nicht um die gesuchte griechische Kolonie, sondern um eine kolchische Siedlung.

Die griechische Kolonie Phasis ist die wichtigste Stadt der antiken Landschaft Kolchis, die zwischen Kaukasus und der Ostküste des Schwarzen Meeres liegt. Und da es keine zwei Orte mit Namen Phasis gibt, muss es sich um das in deinem Vortrag genannte Phasis handeln, zu der im von dir genannten Veranstaltungsverzeichnis steht:

"Die von Kolonisten aus Milet gegründete Stadt Phasis wird von vielen antiken Autoren als die wichtigste und reichste Stadt am Schwarzen Meer gerühmt. Detailliert wird ihre Lage im heutigen Georgien beschrieben. Trotzdem waren bisher alle archäologischen Grabungen erfolglos. Warum ist die Stadt verschwunden?"
 
Hallo Dieter,

da der deutsche Grabungsleiter mein Vermieter ist und wir uns eh gestern zu einem kurzen Plausch getroffen haben, habe ich ihn natürlich wieder dazu befragt.

Um noch ein mal klar zu stellen. Die Siedlung, die ich im Eingangsposting erwähnt habe, ist eine bisher unbekannte Siedlung (hat nichts mit dem See zu tun) und es wurden bisher keine Steinstrukturen gefunden.

Natürlich wurden im Vorfeld des Projektes alle vorhandenen Schriften, in denen Phasis erwähnt wird, gewälzt. Bei der Voruntersuchung letztes Jahr war auch ein Geologe dabei, der den Boden des im Wikipedia erwähnten Sees untersucht hat. Scheinbar gibt es bis zu 12 Hypothesen über den Standort der Stadt (ähnlich Varusschlachtfeld) und im See liegt sie nach derzeitigen Erkenntnissen nicht. Die Quelle aus der die Aussage in Wiki stammt, ist selbstverständlich ebenfalls ausgewertet worden.

Die Suche richtet sich schwerpunktmäßig auf den in der Schale erwähnten Apollontempel. Hat man den gefunden, dann hat man Phasis gefunden.

Die Untersuchung der Fundstücke von diesem Jahr hat erst begonnen, aber nach der ersten Datierung ist die Siedlung zeitgleich mit der Stadt. In den nächsten Kampagnen wird sich zeigen, ob die Vermutung, dass Phasis in der Nähe dieser neu gefundenen Siedlung liegt, richtig ist. Sowohl der georgische Chefarchäologe, als auch der deutsche Grabungsleiter sind zuversichtlich.

Für die Schwarzmeerarchäologie wäre es ein Fund im Wert von Troja.
 
Hallo Dieter,

Um noch ein mal klar zu stellen. Die Siedlung, die ich im Eingangsposting erwähnt habe, ist eine bisher unbekannte Siedlung (hat nichts mit dem See zu tun) und es wurden bisher keine Steinstrukturen gefunden.

Wenn man nich Phasis sucht, welchen Ort des antiken Kolchis sucht man dann?

Es muss ja immerhin zeitgenössische Berichte und auch einen Namen geben, sonst wüssten wir heute nichts von der Stadt, die die Archäologen dort ausgraben wollen.
 
Irgendwie verstehe ich Dich nicht.

Es ist die Suche nach der STADT Phasis (ich wiederhole mich), aber man ist in der abgeschlossenen Kampagne noch nicht auf die STADT gestoßen, sondern auf eine kolchische SIEDLUNG (keine Steinstrukturen), die vermutlich zur selben Zeit bestand wie die STADT Phasis. Der nächste Schritt ist dann herauszufinden, ob die Vermutung, dass die STADT Phasis in der Nähe der neu gefundenen SIEDLUNG liegt, richtig ist. Aber das wird erst eine der nächsten Kampagnen zeigen. (ich wiederhole mich wieder). Die jetzigen Funde müssen erst mal ausgewertet werden.

Wie heißt es so schön: "Archäologie ist keine exakte Wissenschaft."
 
Kleine Ergänzung. Im englischen Wikipedia steht unter Phasis:

"(...) Yet, a series of questions regarding the town’s exact location and identification of its ruins remains open due largely to the centuries-long geomorphologic processes of the area as the lower reaches of the Rioni are prone to changes of course across the wetland. (...)"

Die Aussage stützt sich auf Lordkipanidze (2000), p. 48 / 50.
 
Es fanden oder finden also Umlandsurveys um diese Siedlung statt?

Ich möchte aber eigentlich auf dieen Satz hinweisen "Hat man den Apollontempel, hat man auch Phasis". Man darf sich so etwas nicht so einfach vorstellen. Erst einmal ist die Frage, ob man in Kolchis mit einem griechisch geprägten Ringhallentempel rechnen darf oder ob man einen Tempel in einem ganz anderen Bautypus erwarten muß, den man dann aber erstmal als Tempel identifizieren muß. Dann ist die Zuschreibung auch immer eine Frage, wenn man nicht ausreichedns Fundmaterial wie INschriften oder Weihgaben hat, man bedenke, wieviele Tempel, die wir heute noch kennen, nicht benannt sind.
Und schließlich wäre die Frage, wieviel von dem Tempel noch da ist, abhängig davon, aus welchem Material er erbaut war. Da kann man, wenn man Pech, noch eine Fundamentmauer finden, die man nie als Tempel interpretiert. Das ist also schon noch eine harte Nuß.
 
Hallo bjwin,

stimmt schon was Du schreibst. Danke für die Hinweise auf die Möglichkeiten.

Meine Aussage mit dem Tempel ist zu relativieren, aber es wäre die aus der Laiensicht einfachste Sache. In der Praxis ist das viel komplizierter.

So wurden im Vorfeld natürlich Überlegungen angestellt, wie hat sich der Fluss verändert, wie hat sich der See verändert. Ist der See künstlich oder natürlichen Ursprungs. In den Reisebeschreibungen wird der Standort für Phasis (nach meinem Wissen) mit an See und Fluss gelegen beschrieben. Sehr präzise ... Über die Jahrhunderte hinweg verändert sich der Flusslauf und auch die Küstenlinie.

In den letztjährigen Voruntersuchung stieß man bei einem Schnitt auf Baumwurzel. Keine Ahnung, ob schon eine Datierung vorliegt.

In diesjährigen Kampagne hat man an anderer Stelle römische Münzen "vom Ende des 2. / Anfang des 3. Jhs. n. Chr. (Commodus bis Geta (!) mit Caracalla)" (Mail Grabungsleiter) gefunden.

Die in den Siedlungsresten aufgefundene Vorratskeramik wurde vorerst "auf 8. - 6. Jh. v. Chr" (Mail Grabungsleiter) datiert. Die Siedlung wurde am Ende der Kampagne gefunden, sodass für weitere Schnitte in der Umgebung keine Zeit mehr gewesen war.

Gruß,
Alexa
 
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