Die Wirtschaftsordnung des Dritten Reichs

Kurz: Natürlich wies das faschistische Wirtschaftssystem überwiegend „kapitalistische“ Eigenheiten auf, aber eben nicht nur. Sie wurden nicht nur bei Notlagen ergänzt durch Initiativen nationalsozialistischer Organisationen, teils durch direkte „Ausgrenzung“ der eigentlichen, „kapitalistischen Eigentümer“ (Junkers/Heinkels), als auch durch völlig eigenmächtige Neugründungen, welche der Privatindustrie Konkurrenz machte (Volkswagenwerk).
so sehe ich das auch: überwiegend kapitalistisch - - und dass dann die Kriegssituation den freien selbstregulierenden Wirtschaftskräften das schalten und walten teilweise rapide beschnitt, erklärt weniger aus der Wirtschaftsform als mehr aus der polit.-militär. Situation.
 
... und dass dann die Kriegssituation den freien selbstregulierenden Wirtschaftskräften das schalten und walten teilweise rapide beschnitt, erklärt weniger aus der Wirtschaftsform als mehr aus der polit.-militär. Situation.

Die von tejason angesprochenen Eingrenzungen und Beispiele betreffen nicht Kriegszeiten, sondern die Sachlage 1933/39.

1939 kann man nochmals einen Schnitt machen, sofern die NS-Wirtschaft darzustellen wäre. Zu den o.a. Abweichungen würde ich ab 1939 noch das SS-Wirtschaftssystem zählen.
 
was allerdings nichts daran ändert, dass die Wirtschaft unter der faschistischen Greuelherrschaft im wesentlichen eine kapitalistische war bzw. "überwiegend kapitalistische Eigenheiten aufwies" - oder sollte ich da total irren?

Um mich mal kurz in diese Diskussion einzumischen, die hier nun ausgebrochen ist: Ich denke, du irrst dich nicht vollständig. Ich weiß, daß die Kommunisten die Wirtschaft klar als imperialistische (als die höchste Form der kapitalistischen) Wirtschaftsform definierten. Sie machten das (wie könnte das anders sein) an den Eigentumsverhältnissen an den Produktionsmitteln fest. Die blieben klar in privater Hand.
Andererseits wurde seit Kriegsbeginn (und von da an im extremen Maß) die Wirtschaft auf den Krieg ausgerichtet. Die Produktion von kriegswichtigem Material hatte oberste Priorität und wurde sicher auch befohlen. Aber auch hier änderten sich nicht die Besitzverhältnisse (eine Ausnahme wurde bereits genannt: die "Arisierung"). Daß hieß, die Unternehmen produzierten Waffen usw. (und verdienten nicht schlecht dabei), der Staat trat dabei vor allem als Auftraggeber auf. Damit ist die Rollenverteilung klar. Das gibt es aber auch in einer freien Marktwirtschaft, daß der Staat gelegentlich als Auftraggeber auftritt (z. B. bei Bauvorhaben von öffentlichen Gebäuden oder eben auch bei der Rüstung - Kriegsgerät für die Bundeswehr). Damals wie heute werden solche Aufträge von der Wirtschaft gern angenommen, da sie lukrativ sind.
Andereseits gab es in der NS-Ideologie auch sozialistische Elemente. Der Reichsarbeitsdienst u. a. wurden schon genannt. Einer der Gründe für den Judenhass war auch die private Bereicherung auf Kosten der Bevölkerung. Dies wurde vor allem den Juden vorgeworfen (Stichwort: "Weltjudentum").
Aber es gab auch noch ein weiteres Element: Amerikanische Experten (nagelt mich mich jetzt bitte nicht auf Namen fest) habe ich im Fernsehen auch schon von einem "Sklavenhalterstaat" im Bezug auf das 3. Reich im Krieg sprechen hören. Und auch das halte ich zumindest für nicht so ganz falsch, denn die Kriegsgefangenen und andere KZ-Häftlinge wurden tatsächlich wie Sklaven gehalten und zwar unter meist unmenschlichen Bedingungen.

Insofern gab es im NS-Reich Elemente aus recht vielen verschiedenen Wirtschaftsformen und ist deswegen nicht so einfach einzuordnen. Wahrscheinlich muß man die Wirtschaftsformen nach der Zeit vor/nach Kriegsbeginn unterscheiden, wobei man dann erst noch festsellen muß, welche Wirtschaftsform jeweils dominierte.
 
Andereseits gab es in der NS-Ideologie auch sozialistische Elemente. Der Reichsarbeitsdienst u. a. wurden schon genannt.

Der Reichsarbeitsdienst ist nun alles andere als ein "sozialistisches Element". Es handelte sich dabei zwar um eine Form der Einheits"gewerkschaft", aber diese war nicht horizontal, also der gesellschaftlichen Stratigraphie folgend, sondern vertikal, also quer durch alle gesellschaftlichen Schichten organisiert. Kurz: Unternehmer und Arbeitnehmer befanden sich aus den der faschistischen Ideologie eigenen Gründen in einem gemeinsamen Einheitsverband, der weder die Interessen der Arbeitnehmer noch die der Arbeitgeber durchsetzen konnte noch dazu bereit war.

Einer der Gründe für den Judenhass war auch die private Bereicherung auf Kosten der Bevölkerung. Dies wurde vor allem den Juden vorgeworfen (Stichwort: "Weltjudentum").

Wie kommt nun dieses Thema in die Diskussion?
 
Ups, hier "purzelt" aber einiges durcheinander.

Liebe Mitdiskutanten,

seht es mir bitte nicht als oberlehrerhaft nach, wenn ich versuche in die Diskussion wieder etwas Struktur zu bringen.

Der RAD war eine quasi paramilitärische Organisation und hat mit Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmerorgaisationen nichts zu tun; wohl aber mit der nationalsozialistischen Wirtschaftsordnung und dem NS-Erziehungssystem.

Die DAF war die Zwangsorganisation für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer und stellte ein antimodernistisches Element ("Ständestaatsprinzip") im System der NS-Machtausübung dar, gedeckt durch den ideologischen NS-Terminus der "Volksgemeinschaft" . Natürlich war die DAF ebenfalls Bestandteil der ns Wirtschaftsordnung.

@Barbarossa

Die Dimitrowsche Faschismusdefinition ist nicht mehr ganz up to date, aber, und das ist wichtig, sie betont den kapitalistischen Charakter der faschistischen Systeme.

Zurück.

Empirisch lassen sich in Deutschland zwischen 1933 und 1945 keine grundlegenden Veränderungen bei den Besitzverhältnisen der Produktionsfaktoren Kapital und Boden nachweisen, von den Arisierungen und einigen von tejason angeführten Individualschicksalen abgesehen.

Allerdings greift der Staat und die Partei massiv in einem bis dato nicht gekanntem Maße anfangs aus ideologischen Gründen, später dann, m.E ab 1936 ("Vier-Jahres-Plan"), aus kriegswirtschaftlichen Überlegungen schon in Friedenszeiten überregulierend in die Wirtschaft ein. Die Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit werden in Anlehnung an ein antimodernistische "Ständestaatsprinzip" zwangsweise zusammengeschlossen, DAF; dito der Produktionsfaktor Boden, "Reichsnährstand".

Diese außerstaatlichen ns Organisationen hatten auf die tatsächliche "Wirtschaftslenkung" aber zu keiner Zeit grundsätzlichen Einfluß, sondern waren dabei quasi "Hilfsorgane" staatlicher Stellen.

Man könnte somit, von einem ns Wirtschaftsmodell sprechen, welches die Besitzverhältnisse nicht grundsätzlich antastet, aber über viele juristische und informelle Einflüsse Besitzrechte der Produktionsfaktoren einschränkte z.B. Devisenbewirtschaftung, Ressourcenzuteilung, silesia erwähnte es, staatlich verordnete Kalkulationschemata, Arbeitsdienstpflicht etc.

In den bestzten Ländern nach 1939 ist die Situation anders, zwar werden auch hier nicht die Besitzverhältnisse grundsätzlich angetastet, aber hier spielen außerökonomische Zwangsmaßnahmen eine zusätzliche Rolle, insbesondere in Polen und der Sowjetunion (vulgär = Raub). Eine grundsätzliche Konfiszierung der Produktionsfaktoren Kapital und Boden zu Gunsten des Deutschen Reiches gab es m.W. nicht. Der Produktionsfaktor "Arbeit" wurde aber massiv reguliert, "Zwangsarbeit".

@silesia

Das "SS-Wirtschaftsimperium" schlussendlich zusammengefasst und dem Dach des WVHA, ist m.E. ein Sonderfall. M.E. stellt die SS die höchste Integrationsstufe einer Parteiorganisation mit dem ns Staat dar (Polizeifunktion). Jetzt muß ich in den Konjunktiv rutschen, ich meine, die "SS-Unternehmen" waren juristisch privatwirtschaftlich organisiert und unterstanden der kriegszwangswirtschaftlichen Regulierung staatlicher Stellen z.B. RMfBW. Ich kenne leider keine Arbeit, die das "SS-Vermögen" zwischen Partei und Staat "aufdröselt".

Und dann wäre die Frage zu klären, wäre das Parteivermögen einer "Staatspartei" bzw. Staatsvermögen bereits per se "Vergesellschaftetes Eigentum"? Du führtest weiter oben bereits die StaMoKap Diskussion an.

M.
 
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Ups, hier "purzelt" aber einiges durcheinander.

[...]

Der RAD war eine quasi paramilitärische Organisation und hat mit Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmerorgaisationen nichts zu tun;

Oh ja. :rotwerd: Ein peinlicher Fehler, der mir da unterlaufen ist. Ich meinte selbstverständlich in allen meinen Beiträgen die DAF und eigentlich weiß ich auch zwischen DAF und RAD zu unterscheiden.
 
Faktisch wurde im Nationalsozialismus ein ähnliches Wirtschaftssystem wie in vielen autokratischen Systemen zwischen dem 19. und dem 21. Jahrhundert betrieben. Das System kennzeichnet sich durch partielle Übernahme bestimmter Wirtschaftssektoren durch den Staat und/oder die politische Elite. Staat und Partei mischen sich ganz bedeutend in die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ein, vor allem durch Überregulierung bestimmter Industriesektoren. Dabei spielen (gesellschaftspolitische) Ideologie und Wirtschaftspolitik eng zusammen, wie bei den Erbhofgesetzen, oder den Infrastrukturmaßnahmen mithilfe des RAD. Die Arbeitskraft, manch Banker würde es heute Humankapital nennen wurde im Sinne des Staates und nicht von der Wirtschaft gelenkt. Dies wurde im Krieg, mit der Bereitstellung von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern in größerem Maß fortgesetzt.

Die Autarkiebestrebungen des deutschen Reiches waren dafür ein gutes Beispiel. Die NS-Regierung setzte auf Autarkie und unterstützte dazu auch unwirtschaftliche Verfahren wie die Kohleverflüssigung oder die Synthetisierung von Kautschuk. Natürlich geschah dies zum Teil auch in Hinblick auf einen kommenden Krieg, war aber auch ideologisch bedingt, im Sinne der Ablösung der Weltwirtschaft durch eine von Deutschland dominierte "Hegemonialraumwirtschaft".

Auch die Finanzpolitik war Staatsinterventionstisch geprägt. Die Öffa/Mefo-Wechsel waren praktisch Methoden um das monetäre System zu umgehen.



Andererseits wurden die Besitzverhältnisse kaum verändert. Die Industriellen der Weimarer Republik waren auch in den meisten Fällen (soweit sie nicht jüdischer Abstammung waren) auch in der zeit des Nationalsozialismus Industrielle, ohne Besitzeinbuße.


Grundsätzlich ist es aber schwierig NS-Wirtschaftspolitik im Frieden zu betrachten, da die Vorbereitungen für den Krieg ab 1933 liefen und somit von einer Nationalsozialistischen Friedenswirtschaft kaum gesprochen werden kann. Ich würde die Wirtschaft des deutschen Reichs zwischen 1933 und 1939 trotzdem als (über)regulierte Marktwirtschaft bezeichnen.
 
Faktisch wurde im Nationalsozialismus ein ähnliches Wirtschaftssystem wie in vielen autokratischen Systemen zwischen dem 19. und dem 21. Jahrhundert betrieben. Das System kennzeichnet sich durch partielle Übernahme bestimmter Wirtschaftssektoren durch den Staat und/oder die politische Elite.

Könntest du Beispiele für weitere autokratische Systeme nennen?
Für mich würde dadurch der Unterschied zur sozialen Marktwirtschaft deutlicher, denn diese reguliert ja auch bestimmte Marktmechanismen.
 
Selbstveraständlich, Franco-Spanien wäre ein gutes Beispiel. Dort erfolgte der Aufbau der Schwer- und Rüstungsindustrie unter staatliche Direktion, nach privatwirtschaftlicher Organisation aufgebaut.

Diverse Staaten, (Irak unter Hussein, Libyen unter Gaddafi, Ägypten unter Nasser etc.) nationalisierten ihre zentralen Infrastruktureinrichtungen und Rohstoffvorkommen um sie vor ausländischem Zugriff zu schützen und diese für die Staatsführung nützlich zu machen.

Peron regulierte ebenfalls seine Wirtschaft, fast schon nach faschistischem Vorbild und versuchte so das Land zu Industrialisieren. Er hielt die Verbraucherpreise künstlich stabil und versuchte so das Volk zu seinen gunsten zu beeinflussen.

Der Unterschied zwischen sozialer Markwirtschaft und autokratisch regulierter Marktwirtschaft sehe ich im Ziel. Die autokratisch regulierte Marktwirtschaft dient der Stärkung der nationalen Interessen und der führenden Partei/Elite. Soziale Marktwirtschaft hingegen reguliert zum Zwecke der verbesserung des Gesamtvolkswohlstands.
 
Der Unterschied zwischen sozialer Markwirtschaft und autokratisch regulierter Marktwirtschaft sehe ich im Ziel. Die autokratisch regulierte Marktwirtschaft dient der Stärkung der nationalen Interessen und der führenden Partei/Elite. Soziale Marktwirtschaft hingegen reguliert zum Zwecke der verbesserung des Gesamtvolkswohlstands.

Danke, das macht es deutlich. Das Ziel der sozialen Marktwirtschaft war ja ein partieller sozialer Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Besitzständen, auch um das friedliche Miteinander einer Gesellschaft aufrechtzuerhalten.
Dieser Grund fällt beim autokratischen System weg, da das Auseinderfallen der Gesellschaft autokratisch und damit gewaltsam durch Druck von oben verhindert wird. Rhetorisch und bei einzelnen Maßnahmen mögen sich die autokratischen Systeme durchaus beim Sozialismus bedient haben. Damit aber genug des OT-Exkurses.
 
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Könntest du Beispiele für weitere autokratische Systeme nennen?
Für mich würde dadurch der Unterschied zur sozialen Marktwirtschaft deutlicher, denn diese reguliert ja auch bestimmte Marktmechanismen.

@rena8

Das ist ein entscheidender Punkt. Wirtschaftsregulierung ist per se weder gut noch schlecht.

@YA

Meinst Du nicht, daß wir im Uz bleiben sollten, ansonsten "zerfasert" die Diskussion. Franco-Spanien ist noch einigermaßen i.O. Die anderen von Dir so genannten autokratisch regierten Staaten gehören nicht so richtig in die historische Epoche, selbst bei Peron kämen mir da bedenken, ansonnsten listen wir uns alle Diktaturen auf, die nicht kommunistisch geprägt waren.

Aber:

"...Der Unterschied zwischen sozialer Markwirtschaft und autokratisch regulierter Marktwirtschaft sehe ich im Ziel.(Hervorhebung durch mich) Die autokratisch regulierte Marktwirtschaft dient der Stärkung der nationalen Interessen und der führenden Partei/Elite. Soziale Marktwirtschaft hingegen reguliert zum Zwecke der verbesserung des Gesamtvolkswohlstands. ..."

Damit gehe ich natürlich nicht konform, aber die Betonung des Zieles, wenn sie sich dann auch empirisch nachweisen läßt, was sie es im ns Deutschland tut, ist kein übler Ansatz.

M.
 
Ziel ist vielleicht etwas unscharf formuliert. Aus dem "Ziel" der Stärkung der nationalen Interessen ergeben sich, teilweise andere "Regulierungsmuster" als in einer sozialen Marktwirtschaft mit dem Ausgleichsgedanken. Aber rein wirtschaftstheoretisch macht es wenig unterschied, ob jemand Märkte aus Gründen des Arbeitsplatzerhalts, der zielgerichteten Industrialisierung oder der Rüstungsanstrengungen reguliert. Es werden zumeist nur unterschiedliche Wirtschaftszweige reguliert.

Zur zerfaserung der Diskussion:
Ich wurde nach Beispielen gefragt und ich liefere Beispiele und bevor jemand dagegen hält, dass ganze wäre ein Phänomen der 30er Jahre, bringe ich grundsätzlich Beispiele aus einer anderen Epoche. Wenn wir über die Frage reden, ob Deutschland 1933-1945 marktwirtschaftlich oder planwirtschaftlich geprägt war müssen wir uns ja wohl oder übel auch vergleichbare Situationen ansehen (Autokratien und Totalitäre Staaten mit nationalistischer Ausrichtung) und sehen, wie ihre Wirtschaftssysteme ausgerichtet sind, um entsprechende Schlüsse, auch in Hinblick auf eine "Faschistische" Wirtschaftsordnung zu ziehen. Besonders, weil NS-Deutschland praktisch 12 Jahre lang kriegswirtschaftlich ausgerichtet war und wir deshalb, wie bereits ausgeführt, über NS-Wirtschaft in Friedenszeiten nur spekulieren können.
 
Rhetorisch und bei einzelnen Maßnahmen mögen sich die autokratischen Systeme durchaus beim Sozialismus bedient haben. Damit aber genug des OT-Exkurses.

Wer eine Wirtschaft steuern will, kommt automatisch zu ähnlichen Regelungsmechanismen, seien die Urheber nun Faschisten, Autokraten oder Kommunisten. Es gibt zentrale Planungs- oder Steuerungsbehörden, meist auch Mehrjahrespläne und eine Abstimmung zwischen politischen Zielen und entsprechenden dirigistischen ökonomischen Maßnahmen.

Lediglich bei Verstaatlichungen sind autokratische Regimes zurückhaltender als sozialistische/kommunistische, doch gibt es - wie im Dritten Reich - Konferenzen von Spitzenvereinigungen der Wirtschaft und hohen Staatsbeamten, wo quasi eine "Befehlsausgabe" des Regimes an die Wirtschaftsbosse erfolgt und es bleibt nicht ungestraft, wenn sich Einzelne dagegen auflehnen.
 
@YA

Sorry, wenn das mit dem Zerfasern falsch angekommen sein sollte.

@Dieter

"Wer eine Wirtschaft steuern will, kommt automatisch zu ähnlichen Regelungsmechanismen, seien die Urheber nun Faschisten, Autokraten oder Kommunisten. Es gibt zentrale Planungs- oder Steuerungsbehörden, meist auch Mehrjahrespläne und eine Abstimmung zwischen politischen Zielen und entsprechenden dirigistischen ökonomischen Maßnahmen.

Lediglich bei Verstaatlichungen sind autokratische Regimes zurückhaltender als sozialistische/kommunistische, doch gibt es - wie im Dritten Reich - Konferenzen von Spitzenvereinigungen der Wirtschaft und hohen Staatsbeamten, wo quasi eine "Befehlsausgabe" des Regimes an die Wirtschaftsbosse erfolgt und es bleibt nicht ungestraft, wenn sich Einzelne dagegen auflehnen."

Entschuldige bitte, aber da muß ich Dir widersprechen. Es macht schon einen Unterschied wem die beiden Produktionsfaktoren gehören, auch wenn die volle Verfügungsgewalt über sie infolge einer kriegszwangswirtschaftlichen Regulierung eingegrenzt ist. Einkommen; Verfügbarkeit, das vllt. eingeschränkt; Vererbarkeit.

Unter dem Kontext: " ...Abstimmung zwischen politischen Zielen und entsprechenden dirigistischen ökonomischen Maßnahmen..." Was susumierst Du da? Alle kriegszwangswirtschaftlichen Eingriffe des ns Staates oder eine ihrer höchsten Formen, die "Produktionsringe"?

M.
 
1.Das Primat der NS-Ideologie für die privatwirtschaftliche Organisation
Es soll und war auch nicht behauptet worden, dass die VWten der WR und des 3. Reich identisch gewesen sind, sondern lediglich die grundsätzlichen strukturellen Merkmale der privatwirtschaftlichen Organisation relativ konstant geblieben sind, wie bei Neumann [7] postuliert. Der Grad der Veränderung während des 3. Reichs unterliegt dabei am wenigsten den ideologischen Dispositionen des Parteiprogramm der NSDAP oder „linker“ Vorstellungen, sondern ist sowohl dem Effekt der Kriegswirtschaft als auch dem inhärenten Planungssystem geschuldet.

Mit der Machtübernahme blieb zunächst die radikale Veränderung der Bürokratie aus. Die wechselseitige Einflussnahme zwischen den Wirtschafts-Eliten und den Parteieliten der NSDAP unterlag einer Veränderung über die Zeit. So stellt Frei [2,S.7] fest: „Zumindest in den ersten Jahren des Dritten Reichs penetrierte die private Großwirtschaft das politische System, nicht umgekehrt.“

Auf das frühe Ende der Einflussnahme ideologischer Restbestände noch im Jahr 1933 hatte ich bereits hingewiesen und es erfolgte eine frühzeitige Abfuhr (August 1933) an alle „romantischen“ Zielsetzungen, die noch der 1932 gegründete „Kampfbund für den gewerblichen Mittelstand“ als Träger formuliert hatte. „In der modernen Industriegesellschaft, auch nationalsozialistischer Prägung, gab es dafür keinen Platz“ [2, S. 78]. Ähnlich äußert sich Bavaj und rekurriert auf andere Historiker [2,S. 130].

Durch Schacht (als Reichswirtschaftsminister, ab 1934) wurde im September 1934 der „Neue Plan“ eingeführt. Er zielte primär auf die rigorose Kontrolle des Außenhandels und somit der Devisenströme ab. Der Ex- und Import wurde restrukturiert und nach der Logik entwickelt: „Kaufe bei deinem Kunden“ und im Rahmen von bilateralen Verträgen abgesichert. Auch mit dem Hintergedanken, die deutschen Handelsströme dem Zugriff der Royal Navy zu entziehen.

In der Folge wurden Kontrollmechanismen eingeführt, deren Mechanismen, laut Tooze, noch in der Finanzkrise des Jahres 1931 wurzelten [16, S. 135]. Die Grundlage des von Schacht neu geschaffenen Ordnungsrahmens bildete eine neue Struktur der Wirtschaftsverbände, die auf einer Zwangsmitgliedschaft basierten. Diese neuen Organisationen waren autoritär organisiert und folgten dem „Führerprinzip“. Ihre Aufgabe war die Steuerung im Sinne der zielorientierten Kommunikation der Erlasse des RWM. Mit den seit 1936 eingeführten „Bilanzierungsschemata“ konnten die „Wirtschaftsgruppen“ die Interna der Unternehmen – theoretisch - relativ umfassend beurteilen und bildeten den Hebel für die Mikro-Steuerung bis auf die Ebene der Unternehmen. Ohne grundsätzlich die „unternehmerische Initiative“ komplett zu unterdrücken!

Diese Kontrollstruktur zielte primär auf die Überwachung des Imports ab und wirkte sich wie ein Einfuhrverbot aus für nicht-deutsche Unternehmen. In der Folge wurde der deutsche Binnenmarkt um die ausländischen Anbieter bzw. Produkte „bereinigt“ [16, S. 136].

Ein weiterer wichtiger Eingriff erfolgte im Rahmen des von Goerdeler konzipierten staatlich beaufsichtigten Preisbildungssystems. Ein Aspekt auf den „Melchior“ bereits hinwies. Die Unternehmen wurden in der Folge von „exzessiven Preissteigerungen“ entlastet und viele Unternehmen bewegten sich für die verbleibenden 30er Jahre in einem relativ stabilen, konstanten Marktumfeld.

Von zentraler Bedeutung als wirtschaftliches Ordnungsinstrument wirkte das bereits in der Weimarer Republik intensiv genutzte „Kartellsystem“ und beschleunigte in der Folge den ohnehin vorhandenen Konzentrationsprozess. Im Juli 1933 wurde das RWM ermächtigt, Kartellbildungen zu erzwingen, eine Regulierung ihrer Aktivitäten zu ermöglichen und Preise zu reglementieren.

Unter diesen Voraussetzungen eines protektionistischen Binnenmarktes konnten die Unternehmen hohe Gewinne erzielen. Relevant waren diese Gewinne, als „gigantische Finanzreserven“, im Hinblick auf „selbstfinanzierte Investitionen“. Eine Option, die vor allem vor dem Hintergrund der zu erwartenden hohen Investitionen für die Großraumwirtschaft von hoher politischer Bedeutung war und eines der zentralen Anliegen der NS-Wirtschaftspolitik, sprich Autarkiebestrebung. „Das Thema Technik ist denn auch der entscheidende Schlüssel für die Analyse der Beziehungen zwischen dem Hitlerregime und der deutschen Privatwirtschaft.“ [16, S. 144]

Das ab 1936 deutlich intensivierte Rüsten führte zu einer exponentiell anwachsenden Belastung des Haushalts durch Rüstungsausgaben und bereits 1937 mußten anstatt der veranschlagten 3,6 Mrd RM bereits 8.9 Mrd RM eingestellt werden (es gibt deutlich höhere Zahlen für diesen Zeitraum und das Zahlenwerk soll insgesamt komplett außen vor gelassen werden). Hinweise zu den Rüstungsausgaben finden sich beispielsweise bei Milward [12] oder Abelshauser [20] und Meinck [13] zur Begründung der Rüstung aus militärpolitischer Sicht und Hitlers erklärtem Wille, das Rüstungstempo noch zu forcieren. Bei Thomas [15] finden sich die entsprechenden Überlegungen bzw. Planungen für die WM.

Vor diesem Hintergrund war die prekäre Devisensituation des 3. Reichs im Sommer 1936 zu bewerten,die sich hemmend auf die Beschaffung von Rohstoffen auswirkte und somit drastisch auf das Tempo der Aufrüstung auswirkte und Hitler war aus politischen Gründen nicht bereit, diese Hemnisse zu akzeptieren [17, S. 45ff].

Als Folge dieser „Rüstungskrise“ formulierte Hitler die „Denkschrift zum Vierjahresplan“ [14] (vermutlich entstanden August 1936) und setzte Göring als Beauftragten für den - zweiten – Vierjahresplan auf dem Nürnberger Parteitag im September 1936 ein. Mit dem Ziel die WM in 4 Jahren kriegsbereit und ebenso die Wirtschaft kriegsfähig zu machen. Und kriegsfähig hieß primär, eine „kontinentale Großraumwirtschaft“ zu schaffen, die autark im Bereich der Beschaffung und des Absatzes war gegenüber dem restlichen Weltmarkt. Aus diesen politischen Vorgaben Hitlers leitete sich ein Teil der Handlungen ab, die ab 1936 sich auf die zunehmend kriegswirtschaftliche Organisation der VW auswirkte. In diesem Kontext formulierte Göring am 04.09. 1936 im Rahmen einer Ministerratssitzung: „Alle Maßnahmen haben so zu erfolgen, als ob wir im Stadium der drohenden Kriegsgefahr befänden“ [17, S. 53].

Im Einzelnen ergaben sich folgende Anforderungen [17, S. 50]: 1.Entsprechend den militärischen und politischen Konzepten hat sich die wirtschaftliche Entwicklung ebenfalls zu entwickeln. 2. Der Bedarf ist auf dem Binnenmarkt zu decken und nur bei Not durch Importe und wurde durch die Vorgabe zur künstlichen Brennstofferzeugung, der Erzeugung von synthetischen Gummi und der Erzeugung von Eisen bzw. Stahl in Deutschland ergänzt. Und am 18.10.1936 erließ Hitler die „Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplanes“ (Übersicht über die Gliederung der Organisation bei 17, S. 60 und die des RWM auf S. 65).

Bis zum Angriff auf Polen verblieben lediglich 3 Jahre zur Schaffung der „Wehrwirtschaft“ unter den Bedingen der relativen Friedensproduktion. Ein extrem kurzer Zeitkorridor für als Vorbereitung auf einen „Totalen Krieg“, der das Überleben sicherstellen sollte!? Und ein Schlaglicht wirft auf die grobe wirtschaftliche Inkompetenz der NS-Elite.

2. Kontinuität , Modernisierung und totaler Krieg
Es sind unterschiedliche Positionen vorhanden, die die Veränderungen der Wirtschaftssystem von 1933 bis 1939 diagnostizieren haben. Auch wenn sich aufgrund des zunehmenden staatlichen Interventionismus, primär zunächst im Rahmen des Vierjahresprogramms, die Bedeutung des Staates für das wirtschaftliche Handeln erhöhte, wäre es jedoch falsch von einer einseitigen Machtposition des NS-Regimes gegenüber der Wirtschaft auszugehen. Obwohl die Machtposition im 3. Reich dauerhaft verändert wurde, im Vergleich zu der dominanten Position der Wirtschaft in der Weimarer Republik, übte die deutsche Industrie durch ihre Möglichkeit zur faktischen Einflussnahme durchaus weiterhin eine beträchtliche ökonomische Macht aus im 3. Reich [16, S. 144].

Zudem kann man im Rahmen der Formulierung der Denkschrift von Hitler ebenfalls das Primat der Politik über die Ökonomie deutlich ablesen [17, S.51] und er deutlich macht, dass sofern die Privatwirtschaft die ihr gestellten Aufgaben nicht erfüllt, der NS-Staat diese Aufgabe übernehmen würde. In diesem Sinne war die Organisationsform der Wirtschaft nicht gravierend betroffen. So formuliert beispielsweise Blaich [22, S. 288]: „Das Wirtschaftssystem bildete für die Rüstungspolitik eine vorgegebene Größe. Nach der Machtübernahme war keine radikale Umge4staltung der Wirtschaftsordnung erfolgt, vielmehr behielt das Regime den Grundsatz der dezentralen Planung und Lenkung des Wirtschaftsprozesses bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bei“.

Geht man eine Stufe tiefer von der Makroökonomie zur Mikroökonomie dann findet sich beispielsweise bei Bavaj (S. 117) der Hinweis, dass nach der Machtergreifung primär die Ansätze zur betrieblichen Rationalisierung verfolgt wurden, die bereits in den zwanziger Jahren entwickelt worden sind. Und bereits vor dem Krieg es durch dieses Rationalisierungsmaßnahmen zu einer dramatischen Steigerung des Produktionsausstoßes gekommen ist (Bavaj, S. 118)

In diesem Zusammenhang hat die DAF auch maßgeblich, trotz teils massiver Konflikte mit den Zielen der Unternehmen, zu der Rationalisierung beigetragen und durch die „Verwissenschaftlichung“ unter anderem zu Innovationen im Personalbereich beigetragen, die beispielsweise den „modernen Leistungslohn“ (Bavaj, S. 122).

Trotz dieser vorhandenen Tendenzen der Modernisierung der VW wird von Mommsen (S. 407) der volkswirtschaftliche Erfolg der Rationalisierung in Frage gestellt mit dem Hinweis auf die isolierte und häufig nicht koordinierte Bedeutung einzelner erfolgreicher Projekte der Modernisierung. Vielmehr betont er, dass die destruktiven Nebeneffekte einzelner Projekte sich – im negativen Sinne – stärker ausgewirkt haben, wie das Beispiel der Reichswerke „Hermann Göring“ am deutlichsten aufzeigt. Ähnliches betont Weisbrod, der die Auswirkungen des „räuberischen Kriegs-Kapitalismus“ für die volkswirtschaftliche Modernisierung des 3. Reichs sehr skeptisch beurteilt. Und Overy [4,5,S. 257] stellte in Bezug auf die Leistungsfähigkeit fest: „Die deutsche Wirtschaft hat im Krieg jedoch weniger Waffen produziert, als ihr mit den vorhandenen Rohstoffen und Produktionskapazitäten…möglich gewesen wäre. „

Die Ursachen liegen, wie beispielsweise Blaich [22] und Herbst [21] in Anlehung an die Ergebnisse des „Strategic Bombing Survey“ festhalten, in den widersprüchlichen und nicht integrierten Planungen der Kriegswirtschaft im 3. Reich. Sie führen zudem aus, auch in Anlehnung an die Arbeiten von Milward [23], dass die rüstungswirtschaftlichen Anstrengungen beachtlich waren, aber es durchaus einen substantiellen Bereich der Produktion für den privaten Verbrauch gab. Ein Aspekt, der tendenziell die Konstanzthese der privatwirtschaftlichen Organisation der deutschen VW , trotz der zunehmenden planerischen Veränderungen, als plausibel erscheinen läßt.

In diesen Kontext gehören mindestens zwei Diskussionsstränge, die aber nicht vertieft werden sollen. Zum einen hängt mit der Organisations- bzw. auch Produktionsstruktur die Frage zusammen, in welchem Umfang die deutsche Rüstung als „Tiefen- oder Breitenrüstung“ organisiert werden soll und in diesem Zusammenhang die Priorisierung im Bereich von „Guns or Butter“ liegen sollte.

Die relative Ineffektivität des Wirtschaftssystems des NS-Systems wurde bei Mason als These dergestalt radikalisiert formuliert wurde, dass er eine deutliche Zunahme der Systemwidersprüche und eine Systemkrise der NS-Herrschaft für das Jahr 1939 meint erkannt zu haben, die zwangsläufig das NS-System in die Auslösung des Angriffs auf Polen gezwungen hat. Dieser Sichtweise hat vor allem Overy [4] widersprochen.

3. Abschließende Bewertung der These
Im Rahmen einer Bewertung der NS-Wirtschaftspolitik kommt Herbst [19]insgesamt zu einem vernichtenden Urteil. „wäre man in der Lage, eine volkswirtschaftliche Gesamtbilanz oder gar eine Modernisierungsbilanz der nationalsozialistischen Zeit zu erstellen, so fiele sie eindeutig negativ aus.“ Und die Gründe für dieses Urteil liegen in den chaotischen Ordnungsstrukturen und antagonistischen und isolierten Planungshorizonten der NS-Wehrwirtschaft.

Er stellt zudem fest, dass der Forschungsstand in Bezug auf die NS-Wirtschaft nicht zufriedenstellend ist und nach wie vor keine „integrierte Theorie“ der NS-Wirtschaft vorgelegt wurde.

Zum Teil ist diese Situation darauf zurück zu führen, dass „Für keine Wirtschaft besitzen generelle Aussagen so wenig Geltung wie für die nationalsozialistische, durchbricht die Ausnahme so häufig die Regel.“ [10, S. 175]

20. Abelshauser, W.: Germany: guns, butter, and the economic miracles, in: The Economics of World War II, Harrison (Ed.), 1998, S. 122ff
11. Bauer, K.: Nationalsozialismus. 2008, bes. S.303ff
1.Bavaj, R: Die Ambivalenz Der Moderne im Nationalsozialismus, 2003, S. 117ff
22. Blaich, F.: Wirtschaft und Rüstung in Deutschland 1933 – 1939, in: Nationalsozialistische Diktatur 1933 – 1945, Bracher, Funke & Jacobsen, o.J., S. 285ff
2.Frei, N: Der Führerstaat, 2001, S. 68ff
10. Herbst, L.: Nationalsozialistische Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, in: Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, Sösemann (Hg.), 2002, S. 172ff
21. Herbst, L.: Die Mobilmachung der Wirtschaft 1938/39 als Problem des nationalsozialistischen Herrschaftssystems, in: Sommer 1939. Benz & Graml (Hg.), 1979, S. 62ff
19. Mason, T.W. Innere Krise und Angriffskrieg 1938/1939, Wirtschaft und Rüstung am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, Forstmeier & Volkmann (Hg.), 1975, S. 158ff
12. Milward, A.S.: Der Zweite Weltkrieg, 1977, S. 46 und S. 386
23. Milward, A.S.: Die deutsche Kriegswirtschaft 1939 – 1945, 1966
13. Meinck, G.: Hitler und die deutsche Aufrüstung 1933-1937, 1959
14. Michalka, W.: Deutsche Geschichte, 1933-1945, bes. S. 110, Dok. 92
3. Mommsen, H.: Nationalismus als vorgetäuschte Modernisierung, in: Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft, 1991, S. 405ff
7. Neumann, Behemoth, 1942, bes. S. 271ff
4. Overy, R. J.: Germany. Domestic Crisis and War in 1939, in: The Third Reich: The essential readings, 1999, S. 97ff
5. Overy, R.J.: War and Economy in the Third Reich, 1994, S. 29ff
6. Overy, R.J. Die Wurzeln des Sieges, 2005, bes. S. 233
17. Petzina; D.: Autarkiepolitik im Dritten Reich, 1968, bes. S. 45 ff
18. Petzina, D. Vierjahresplan und Rüstungspolitik in: Wirtschaft und Rüstung am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, Forstmeier & Volkmann (Hg.), 1975, S. 65ff
15. Thomas, G.: Geschichte der deutschen Wehr- und Rüstungswirtschaft, 1966, bes. S. 62ff und S. 111ff
16. Tooze, A: Ökonomie der Zerstörung, 2008
 
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Der Beitrag von Thane zeigt - gerade anhand der griffigen, aber nur schlaglichartig-rudimentären Beschreibungen der wirtschaftshistorischen Literatur -, dass es in der nationalsozialistischen Wirtschafts'ordnung' wenig um Ordnung, noch weniger um (be-)Werte(ten Output), als vielmehr und absolut unkapitalistisch um reine Mengenziele ging, bei deren Entstehung der Ordnungsrahmen nur zweitrangig war, und man sich flexibel bei den vorliegenden Angeboten bediente.

a) Ich halte wenig von Plakatierungen wie von Frei, (ein Unprofessionelles: wer hier wen penetriert hat,) wenn es um schichtweise zu beobachtendes Kollaborationsverhalten im Zuge der Machtübernahme ging. Ich halte auch wenig von Pauschalierungen, die in Beantwortung von #23 mit "überwiegend kapitalistisch" erfolgen müssten (wobei die Terminologie der Auseinandersetzungen des Kalten Krieges übernommen wird, und "kapitalistisch" weniger systembeschreibend verwendet wird, als vielmehr den Kampfbegriff der Politischen Ökonomie darstellt).

b) Qualifizierend ist auch nicht die Übernahme von Wirtschaftsstrukturen oder sogar begonnenen Wirtschaftsreformen der Weimarer Republik wie etwa im Zuge der Bankenkrise 1931. Allerdings ist das im Detail interessant: staatliches Handels im NS bedeutete, das "Führerprinzip" als "Erfolgsmodell" auch in Wirtschaftsreformen umzusetzen. So wurden "kapitalistische" Unternehmensmodelle verteufelt ...

(Beispiel statt vieler in Schlüsselsektoren: die erzwungene Umwandlung der B&V-Aktiengesellschaft in eine personen("Unternehmer"-)orientierte Gesellschaftsform)

... während die (not)gedrungen akzeptierte "kapitalistische" Gesellschaftsform in Aufgriff der schon Weimarer Zeit angelaufenen Reformen (Brüningsche Notverordnungen 1932 zum AktG und HGB) in eine Aktienrechtsreform 1937 mündete, die dem "Führerprinzip" durch Gestaltung der Unternehmensstrukturen und Dominanz des Vorstandes gegenüber Aufsichtsorganen (Aktionäre und Hauptversammlung als "kapitalistische" Vereinigung und 'Sabbel-Bude') zum Durchbruch verhelfen sollte.

(siehe zB: Löhr, Joseph: Die Verwaltung der Aktiengesellschaft insbesondere unter Berücksichtigung des Führerprinzips, Dissertation 1940).

Ergo:
Die Zeit 1933/39 bis zum Kriegsausbruch ist daher NS-seitig, ordnungspoilitisch gesehen unfertig. Alle betrachteten Sektoren und Einzelfälle, von Junkers, B&V, von Stahl/Fett bis zu Devisen und Aktienrechtsreformen, sind nur Einzelaspekte und Mosaikstücke, denen - m.E. fälschlicherweise - in den o.a. Darstellungen dann beweisender Charakter als "Systemelement" begelegt wird. Die Beispiele oben und auch Thanes Hinweis auf das fehlende wirtschaftspolitische NS-Konzept zeigen allerdings, dass es für den NS keinen beachtenswerten Systemrahmen gab. Wo kein Systemrahmen bestand, sondern outputbezogene Beliebigkeit herrschte, macht es auch wenig Sinn, diesem "System" ein "überwiegend ..." aufzukleben.

Kernelement der NS-Wirtschaft ist die Planungs- und Steuerungsabsicht, deren Realisierungsgrad praktisch nur davon abhing, ob die Ökonomie im Rahmen der politischen Ziele "funktionierte" und die abgeforderten Volumina bereitstellen konnte.

@melchior: selbvstverständlich stützte sich das SS-Wirtschaftsimperium formalrechtlich auf privatwirtschaftliche Rechtsformen ab (die Unternehmen waren zB als GmbH organisiert).

Mein Fokus war die
1. totale (partei)politische, NS-staatsbezogene Verknüpfung,
2. die marktkonträre "Beschaffung" von Produktionsfaktoren kombiniert mit
3. ökonomiefernen Vernichtungszielen,
4. allumfassende, systemtragende Bereicherungen, Veruntreuungen und Korruption im "SS-Konzern".

Dieses "Gebilde" war ein Fremdkörper in Bezug auf die Wirtschaftskontinuitäten, aber gibt wohl ein Beispiel für den erstrebten Endzustand der NS-Wirtschaft ab: totale Verflechtung mit dem Staat. Dass man sich dazu gängiger Rechtskleider bediente, tut dem keinen Abbruch, sondern passt zu dem übrigen formal-legalen Anstrich, den man sich im NS gab. Auch für das SS-Wirtschaftsimperium meinte man beispielsweise, ein 1000-Seiten-Gutachten für die steuerfreie Kapitalverschiebung von Staat/Partei in dieses "Gebilde" hinein benötigen zu müssen.

______
P.S. Legt man übrigens - rein als Fiktion! - den kompletten Weimarer Ordnungsrahmen an, hätte dieses "Gebilde" auf dem Papier binnen kurzem durch die Strafverfolgung inkl. seiner personellen mafiösen Strukturen zerschlagen werden müssen.
 
a) Ich halte wenig von Plakatierungen wie von Frei, (ein Unprofessionelles: wer hier wen penetriert hat,) wenn es um schichtweise zu beobachtendes Kollaborationsverhalten im Zuge der Machtübernahme ging.

Im Rahmen der Machtstrukturen und speziell im Bereich der Eliten geht es sicherlich auch um Kollaboration, aber wesentlich wichtiger für die Frage der Sicherung von Machtpositionen, ist die Frage der Kooptation und somit zur Reproduktion von Machtpositionen von Eliten. An diesem Punkt des sozialen Wandels entscheidet sich der Grad der Veränderung von ökönomisch definierten Machtpositionen.

Ein Phänomen, das auch auf die Art der sozialen Rekrutierung des Führungspersonals in der Wirtschaft verweist, auf die soziale Herkunft, auf die Ausbildung und auf die sozialen bzw. auch kulturellen Netzwerke.

Und vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die die traditionellen Wirtschaftseliten in der Lage waren, ihre Position in den 30er Jahren zu behalten oder wurden sie durch NS-Kader ersetzt als zentraler Gradmesser für die Veränderung der Wirtschaftsstrukturen im Sinne einer Übernahme durch das NS-System.

Und dieser Aspekt verweis zudem auf die theoretische Fragestellung, welches generelle Modell der Herrschaft und somit Machtstrukturen man für das 3. Reich als angemessen erachtet. Wie beispielsweise das polykratische Modell von Hütternberger (das auf Überlegungen von Neumann aufbaut und bei Kershaw aufgegriffen wird).

http://books.google.de/books?id=Twn...a=X&ei=lZcBT4P2DI3TsgabzpC7DQ&ved=0CEUQ6AEwAw

Für den betrachteten Zeitraum (seine Zeitreihe reicht von 1900 bis 38) kommt Ziegler zu dem Befund einer relativen Stabilität der Struktur der Wirtschaftseliten (vgl. S. 52).

Sieht man davon ab, das bis 38, wie Hallgarten schreibt, die Arisierung ihren Höhepunkt erreicht hatte und somit für den Bereich der Wirtschaftseliten mit jüdischer Herkunft als Sonderfall zu interpretieren ist.

Grossbürger und Unternehmer: die ... - Dieter Ziegler - Google Bücher

In diesem Sinne ist die Aussage von Frei durchaus nicht plakativ, sondern unter dem Gesichtspunkt des Wandels der Elitestrukturen zu hinterfragen und seine Einschätzung durch die Ergebnisse von Ziegler letzlich m.E. zu bestätigen.
 
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"...@melchior: selbvstverständlich stützte sich das SS-Wirtschaftsimperium formalrechtlich auf privatwirtschaftliche Rechtsformen ab (die Unternehmen waren zB als GmbH organisiert).

Mein Fokus war die
1. totale (partei)politische, NS-staatsbezogene Verknüpfung,
2. die marktkonträre "Beschaffung" von Produktionsfaktoren kombiniert mit
3. ökonomiefernen Vernichtungszielen,
4. allumfassende, systemtragende Bereicherungen, Veruntreuungen und Korruption im "SS-Konzern".

Dieses "Gebilde" war ein Fremdkörper in Bezug auf die Wirtschaftskontinuitäten, aber gibt wohl ein Beispiel für den erstrebten Endzustand der NS-Wirtschaft ab: totale Verflechtung mit dem Staat. Dass man sich dazu gängiger Rechtskleider bediente, tut dem keinen Abbruch, sondern passt zu dem übrigen formal-legalen Anstrich, den man sich im NS gab. Auch für das SS-Wirtschaftsimperium meinte man beispielsweise, ein 1000-Seiten-Gutachten für die steuerfreie Kapitalverschiebung von Staat/Partei in dieses "Gebilde" hinein benötigen zu müssen.

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P.S. Legt man übrigens - rein als Fiktion! - den kompletten Weimarer Ordnungsrahmen an, hätte dieses "Gebilde" auf dem Papier binnen kurzem durch die Strafverfolgung inkl. seiner personellen mafiösen Strukturen zerschlagen werden müssen. ..."


@silesia

Ersteinmal zu Deinem P.S., ja, da hast Du vollkommen recht. Es gab ab 1943 ja auch Ermittlungen wegen Korruption im "SS-Imperium", inkl. Verurteilungen. So weit ich weiß, läuft da auch ein Projekt sowohl an der Uni Wien, als auch dem Fritz-Bauer-Institut (Stichwort: "Konrad Morgen").

"Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut." Acton, o.k. Platitude.

Die juristische Konstruktion war natürlich dem deutschen Zivilrecht geschuldet, aber das ist m.E. unwesentlich.

Darf ich auf Deine vier Punkte eingehen.

ad 1)

Ja, vollkommen d'accord. In keinem Bereich des ns Staates war die "Machtverschmelzung" zwischen Staat und Partei so ausgeprägt wie bei der "SS".

ad 2)

So "marktkonträr" war m.E. des "SS-Wirtschaftsimperium" gar nicht. Es hat knappe Ressourcen zur Verfügung gestellt. Edelmetalle, Arbeitskräfte etc., Du erlaubst mir bitte, daß ich jetzt bei der Aufzählung stoppe. Militärökonomisch war das Personal des WVHA und der Inspektion der K.L. auch "optimal" aufgestellt. Soweit ich weiß, waren die tatsächlichen "Aufseher" in den KZ jenseits der Militärtauglichkeit. Die Wachbataillone, zumindest in der zweiten Kriegshälfte, ebenfalls nicht frontverwendungsfähig.

Ich weiß nicht, ob die exBDC Akten unter diesem Blickwinkel bereits einmal ausgewertet wurden.

ad 3)

So ökonomiefern waren die Ziele nicht.

Das liest sich jetzt sehr unangenehm. Aber bestimmt finden sich Akten des RMfEL sowie des "Ostministeriums", die aus ökonomischen Gründen gar nicht so unfroh waren, daß es die sog. "Einsatzgruppen" und später die "Vernichtung durch Arbeit" in den KZ gab.

ad 4)

Vollkommen d'accord.

Das gilt alles natürlich nur, unter den gegeben historischen Bedingungen eines totalitären Staates.


M.
 
Nur kurz vorab dazu:

So "marktkonträr" war m.E. des "SS-Wirtschaftsimperium" gar nicht. Es hat knappe Ressourcen zur Verfügung gestellt. Edelmetalle, Arbeitskräfte etc., Du erlaubst mir bitte, daß ich jetzt bei der Aufzählung stoppe. Militärökonomisch war das Personal des WVHA und der Inspektion der K.L. auch "optimal" aufgestellt. Soweit ich weiß, waren die tatsächlichen "Aufseher" in den KZ jenseits der Militärtauglichkeit. Die Wachbataillone, zumindest in der zweiten Kriegshälfte, ebenfalls nicht frontverwendungsfähig.

Das sehe ich ganz anders, und habe es oben auf die Faktorbeschaffung bezogen. Diese hat nichts mit marktlichen Gegebenheiten zu tun (um das Schlagwort "kapitalistisch" aus der Politischen Ökonomie zu vermeiden).

Du hast recht, wenn Du diese Art der "Faktorbeschaffung" und des Faktoreinsatzes (ein mglw. zynisch wirkender Ausdruck in diesem Zusammenhang, aber ich verwende ihn weiter, um präzise zu bleiben) unter (kurzfristigen) Gewinnkalkülen betrachtest. Diese Verwendung von Gewinnkalkülen ist allerdings systematisch überhaupt nicht mehr trennscharf, sondern könnte auch sozialistischen Modellen etc. zugeordnet werden.

Oder anders: nicht jedes Gewinnkalkül führt zwingend zu dem Schluss, dass es innerhalb marktlicher Systeme betrieben wird.
 
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