Das Problem Neanderthaler - Cro Magnon- Mensch besteht ja aber, so wie ich das sehe, darin, daß die Zahlen der für die Vermischung bereit stehenden Individuen nicht dem von Hans forscht gegebenen Beispiel entsprechen. Man kann wohl davon ausgehen, daß die Neanderthaler wenigstens am Anfang nicht viel geringere Populationen aufwiesen als die Jetztmenschen, die zuwanderten. Daher müßte die Mischungsrate eigentlich höher sein.
Wieso sollte man davon ausgehen können und warum sollte "wenigstens am Anfang" relevant sein?
Stell dir ein sehr dünn besiedeltes Gebiet vor, karst, mit wenig Menschen und wenig Wild und wenig eßbaren Pflanzen. Während sich die Umweltbedingungen allmählich bessern, sickern Fremde in größerer Menge ein, gefolgt von mehr und mehr dieser Fremden. Diese Fremden nehmen hin und wieder Einheimische in ihre Familien auf, bleiben aber im Großen und Ganzen von den Einheimischen getrennt. Die Zuwanderer sind erfolgreich, vermehren sich, ziehen weitere Zuwanderer nach, während die Einheimischen immer mehr ins Abseits gedrängt werden. Die von den Zuwanerern aufgenommenen Einheimischen haben mit den Zuwanderern Nachfahren, die sich mit den Zuwanderern, nicht aber mit den Einheimischen identifizieren und mit Zuwanderern neue Familien gründen. Allmählich gehen sie kaum noch sichtbar im Genpool der Zuwanderer auf, während die letzten "reinen" Nachfahren der Einheimischen immer weniger werden.
Vergleichen wir das doch einmal mit Australien, den USA und Kanada:
Wiki sagt zu Australiens Bevölkerung: "
2,4 % der Bevölkerung bezeichnen sich als zumindest teilweise indigener Abstammung". Der Anteil der Aboriginee-Gene am gegenwärtigen Genpool Australiens liegt also bereits wesentlich unterhalb von 2,4%. Wenn wir davon ausgehen, dass alle Einwohner sich in den kommenden Jahrtausenden ziemlich gleichmäßig vermischen, wird man kaum noch typische Aboriginee-Eigenschaften bei australischen Individuen vorfinden.
Im Falle der USA ist das komplizierter, weil hier zu den Ureinwohnern und den europäischen Siedlern, von denen dann auch noch Hispanics ausgegrenzt werden, auch noch Nachfahren der Negersklaven kommen, die sich auch bei Durchmischung mit anderen ethnischen Hintergründen meist schlicht als Afroamerican definieren, soweit überhaupt noch ein afrikanischer Anteil erkennbar ist. Als Zahlen kann ich da aus Wiki anbieten: "
Indianer Nordamerikas und Ureinwohner Alaskas 0,9%, eingeborene Hawaiianer und Amerikaner aus Ozeanien 0,2%". Macht also zusammen 1,1%.
Für Kanada findet sich bei Wikipedia ein Wert von 3,8% der Bevölkerung, der "(angab) Mitglied einer indigenen Gruppe zu sein".
Bei all diesen Angaben muss man natürlich berücksichtigen, dass die Zugehörigkeit zu indigenen Gruppen zu Privilegien oder Diskriminierung führen kann, was die Entscheidung für die eine oder andere Zugehörigkeit beeinflussen mag, wenn das Idividuum eine Wahlmöglichkeit hat.
Nun wird aber niemand behaupten, es gäbe hier irgendwelche Artgrenzen.
Könnte das Szenario zwischen CroMagnon und Neanderthalern nicht ähnlich gewesen sein?
Rechnspiele sind sicherlich was schönes. Wenn ich mir die drei Beispiele ansehe und dann voraussetze, es gäbe keine Diskriminierungen in der jeweiligen Bevölkerung (leider eine in den gegebenen Beispielen nicht zutreffende Annahme) wüßte ich nicht, was dagegen sprechen sollte, dass schließlich eine ziemlich gleichmäßige Durchmischung mit nicht mehr erkennbaren Herkünften der Individuen herauskäme, die dann eben einem Beitrag zum Genpool entsprechend dem Anteil an der Gründerbevölkerung entspricht.
Jedenfalls aber sind die Anteile der jeweiligen Indigenen in allen drei Fällen ziemlich gering und werden, eine gleichmäßige Vermischung vorausgesetzt, auf längere Zeit zu einem ähnlichen scheinbaren Aussterben selbst dann führen, wenn die Mitglieder dieser Gruppen sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit wie die Mitglieder der jeweiligen größeren Gruppen fortpflanzen. Dazu braucht es keine biologischen Grenzen.