diplomatische Haltungen der Länder 1913-1914

KarlCooper

Neues Mitglied
Kann mir jemand zu folgenden Fragen weiterhelfen bzw. eine Antwort geben??
(es reicht eine kurze Antwort von 1-2 Sätzen völlig aus, nur damit ich weiß, was ebend ungefähr die Richtung wäre).
Es geht um die Diplomatischen Haltungen und Gründe für die Haltung der verschieden Länder zueinander in der Zeit kurz vor dem 1. Weltkrieges also ca. 1913-1914.

1. Welche Gründe gab es für die enge Anlehnung Deutschlands an Österreich und wie war das Verhältnis zwischen beiden Ländern?

2. Welches besondere Interesse hatte England an der Aufrechterhaltung des Friedens in Europa?

und 3. (Nur wenn es zufällig jemand weiß):
Worauf zielte die Politik Bethmann Hollwegs (zuerst im preuß. Verwaltungsdienst; Reichskanzler und preuß. Ministerpräsident) ab, was ist sein wichtigstes Motiv)?

Wäre echt nett, wenn jemand heute noch antworten könnte!
 
Nachdem es kurz sein darf (und deshalb unvermeidlich vereinfacht):
zu 1.: Nachdem sich Großbritannien, Frankreich und Russland auf die entente cordiale geeinigt hatten, blieben nicht mehr viele wichtige Länder übrig. Wenn es doch etwas ausführlicher sein soll (bei allem, was man gegen die Wikipedia einwenden kann):
Entente cordiale ? Wikipedia
zu 2.: Großbritannien war die führende Industrienation. Da ist man mehr an Geschäften als an Krieg interessiert - zumindest so lange einem niemand beim Geschäfte machen in die Quere kommt. Wichtiger Zweck der Entente war gerade, dass sich GB und Frankreich in Afrika nicht mehr in die Quere kommen sollten.
 
Nachdem es kurz sein darf (und deshalb unvermeidlich vereinfacht):
zu 1.: Nachdem sich Großbritannien, Frankreich und Russland auf die entente cordiale geeinigt hatten, blieben nicht mehr viele wichtige Länder übrig. Wenn es doch etwas ausführlicher sein soll (bei allem, was man gegen die Wikipedia einwenden kann):
Entente cordiale ? Wikipedia

Die engen cordialen Beziehungen zwischen dem DR und Ö-U gab es schon Jahrzehnte vor der sogenannten Entente Cordiale.

zu 2.: Großbritannien war die führende Industrienation.

Nicht mehr im frühen 20. Jahrhundert. GB war seit diesem Zeitabschnitt wieder nur noch eine der führenden Industrienationen.

Wichtiger Zweck der Entente war gerade, dass sich GB und Frankreich in Afrika nicht mehr in die Quere kommen sollten.

Nicht nur in Afrika. Entente sollte zur Konfliktbeilegung zwischen den globalen Imperien FR und GB dienen.
 
Die engen cordialen Beziehungen zwischen dem DR und Ö-U gab es schon Jahrzehnte vor der sogenannten Entente Cordiale.
Nicht dass ich unbedingt recht oder das letzte Wort behalten müsste, nachdem "heute" mittlerweile vorbei ist. Aber gefragt war nach 1913/14, und da war die Auswahl an Freunden nicht mehr groß, nachdem der (vermeintlich) alte Freund Italien de facto aus dem Dreibund ausgeschieden war und 1915 auf der Seite der Entente in den 1. Weltkrieg eingriff. Dass es nicht erst seit 1913 freundschaftliche Beziehungen zwischen dem DR und ÖU gab, habe ich nicht bestritten; schließlich gab es den Zweibund seit 1879. Aber von der so verhängnisvollen "Nibelungentreue" war (mangels Alternativen) erstmals 1909 die Rede.
 
und 3. (Nur wenn es zufällig jemand weiß):
Worauf zielte die Politik Bethmann Hollwegs (zuerst im preuß. Verwaltungsdienst; Reichskanzler und preuß. Ministerpräsident) ab, was ist sein wichtigstes Motiv)?
Theobald von Bethmann Hollweg vertrat liberale Auffassungen. Er bemühte sich als überparteilicher Kanzler um einen Ausgleich zwischen Sozialdemokratie und Konservatismus. Dieses Ansinnen brachte ihm Lob, aber vor allem Kritik beider Seiten ein.
Theobald von Bethmann Hollweg ? Wikipedia
Selber schrieb er das so genannte Septemberprogramm, was die Interessen Deutschlands im 1.WK niederlegt.
Dies kannst du unter folgendem Link nachlesen:
Dokument: Bericht: Septemberprogramm des Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg, 1914
 
und 3. (Nur wenn es zufällig jemand weiß):
Worauf zielte die Politik Bethmann Hollwegs (zuerst im preuß. Verwaltungsdienst; Reichskanzler und preuß. Ministerpräsident) ab, was ist sein wichtigstes Motiv)?
Theobald von Bethmann Hollweg vertrat liberale Auffassungen. Er bemühte sich als überparteilicher Kanzler um einen Ausgleich zwischen Sozialdemokratie und Konservatismus. Dieses Ansinnen brachte ihm Lob, aber vor allem Kritik beider Seiten ein.
Theobald von Bethmann Hollweg ? Wikipedia
Selber schrieb er das so genannte Septemberprogramm, was die Interessen Deutschlands im 1.WK niederlegt.
Dies kannst du unter folgendem Link nachlesen:
Dokument: Bericht: Septemberprogramm des Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg, 1914

Über das Verhältnis von Deutschland und Österreich möchte ich noch sagen, dass in beiden Länder eine Monarchie "herrschte", was die Länder noch zusätzlich miteinander verband.
 
Nicht nur in Afrika. Entente sollte zur Konfliktbeilegung zwischen den globalen Imperien FR und GB dienen

Die Entente Cordiale vom 08.April 1904 ist ein Interessenausgleich zwischen Frankreich und großbritannien hinsichtlich Marokko und Ägypten. Ich habe unten einmal den Vertragstext reinkopiert. Aus dem Vertrag kann ich keine globale Konfliktbereinigung erkennen.

Vertrag zwischen Großbritannien und Frankreich über Ägypen und Marokko vom 08.April 1904:

Artikel I.
Falls eine der beiden Regierungen sich durch die Gewalt der Umstände gezwungen sieht, ihre Politik hinsichtlich Ägyptens und Marokkos zu ändern, bleiben die Verpflichtungen, die sie gegenseitig durch die Artikel IV, VI und VII der Erklärung vom heutigen Tage eingegangen sind, unverändert in Gültigkeit.

Artikel II.
Die Regierung Seiner Britischen Majestät beabsichtigt gegenwärtig nicht, den Mächten irgendeine Abänderung des Systems der Kapitulationen und der Gerichtsverfassung in Ägypten vorzuschlagen.
Falls die britische Regierung es für wünschenswert erachten sollte, in Ägypten Reformen einzuführen, um die ägyptische Gesetzgebung der in andern zivilisierten Ländern bestehenden anzugleichen, wird es die französische Regierung nicht ablehnen, diese Vorschläge zu prüfen, in der Voraussetzung, dass die Regierung Seiner Britischen Majestät sich dazu versteht, die Anregungen zu prüfen, die ihr die französische Regierung etwa hinsichtlich der Einführung ähnlicher Reformen in Marokko machen sollte.

Artikel III.
Die beiden Regierungen kommen überein, dass ein bestimmter Teil des marokkanischen Gebiets, der an Melilla, Ceuta und die andern Präsidios angrenzt, an dem Tage, an welchem der Sultan aufhören sollte, darüber die Oberhoheit auszuüben, der spanischen Einflusszone zufallen soll, und dass die Verwaltung der Küste von Melilla bis zu den Höhen auf dem rechten Ufer des Sebou – diese nicht einbegriffen – Spanien übertragen werden soll.
Jedoch hätte Spanien zuvor seine förmliche Zustimmung zu den Bestimmungen der Artikel IV und VII der Erklärung vom heutigen Tage zu geben und sich anheischig zu machen, sie auszuführen.
Gleichfalls hätte sich Spanien zu verpflichten, die unter seiner Oberhoheit stehenden oder in seiner Einflusszone liegenden Gebiete nicht im ganzen oder teilweise zu veräußern.

Artikel IV.
Wenn Spanien der Aufforderung, den Bestimmungen des vorstehenden Artikels zuzustimmen, sich ablehnend gegenüber verhält, so würde das Abkommen zwischen Frankreich und Großbritannien in der Fassung der Erklärung vom heutigen Tage nichtsdestoweniger sofort anwendbar sein. ...

Quelle für den Vertragstext: Vertrag zur Entente Cordiale
 
Aber gefragt war nach 1913/14, und da war die Auswahl an Freunden nicht mehr groß, nachdem der (vermeintlich) alte Freund Italien de facto aus dem Dreibund ausgeschieden war und 1915 auf der Seite der Entente in den 1. Weltkrieg eingriff.
Dass es nicht erst seit 1913 freundschaftliche Beziehungen zwischen dem DR und ÖU gab, habe ich nicht bestritten;

Die sehr freundschaftlichen Beziehungen zu Ö-U waren aber eben auch einer der Hauptgründe, warum "die Auswahl an Freunden (unter den Großmächten zu dieser Zeit) nicht mehr groß" war.

schließlich gab es den Zweibund seit 1879. Aber von der so verhängnisvollen "Nibelungentreue" war (mangels Alternativen) erstmals 1909 die Rede.

Nicht schon seit der Bosnienkrise von 1908?

Die Entente Cordiale vom 08.April 1904 ist ein Interessenausgleich zwischen Frankreich und großbritannien hinsichtlich Marokko und Ägypten. Ich habe unten einmal den Vertragstext reinkopiert. Aus dem Vertrag kann ich keine globale Konfliktbereinigung erkennen.

-Vetragstext-

Quelle für den Vertragstext: Vertrag zur Entente Cordiale

Der Vertrag zwischen Großbritannien und Frankreich über Ägypten und Marokko war nur eins, wenn auch das wichtigste Abkommen, das am 8. April 1904 abgeschlossen wurden.
Weitere Abkommen betrafen Gebiete in West- und Zentralafrika, Neufundland, Siam, Madagaskar und die Neuen Hebriden.

Die Vertragstexte der anderen Abkommen kann man hier nachlesen (auf die roten Seitenzahlen drücken): Entente Cordiale Table of Contents

Im Wiki-Artikel zur Entente Cordiale wird ein Überblick der Inhalte der Abkommen gegeben: Entente cordiale - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Großfürst Pavel schrieb:
Die sehr freundschaftlichen Beziehungen zu Ö-U waren aber eben auch einer der Hauptgründe, warum "die Auswahl an Freunden (unter den Großmächten zu dieser Zeit) nicht mehr groß" war.

Es gab nach 1871 aber auch nicht sehr viel andere Alternativen. Frankreich schied nach Lage der Dinge als Freund und Bündnispartner wohl auf unabsehbare Zeit definitv aus.

England erwarb 1875 ein großes Paket der Aktien am Suezkanal und war wohl wohl schon gedanklich mit der Inbesitznahme Ägyptens beschäftigt. Des Weiteren stand 1875 auch noch Indien auf der Agenda: Disraeli plante, das Victoria Kaiserin von Indien werden sollte, was sie dann auch 01.01.1877 auch wurde, und war voll mit den dafür vorbereitenden Maßnahmen in Anspruch genommen.

Außerdem war England war in jener Zeit gar nicht gewillt, feste Bündnisverpflichtungen einzugehen.

Es blieben also nur Österreich-Ungarn und Russland und genau in diese Richtung gingen Bismarcks Bemühungen schon seit 1871. Erster Höhepunkt war, wenn auch nur mit inhaltlich bescheidenen Absprachen, das DreikaiserAbkommen.
 
Außerdem war England war in jener Zeit gar nicht gewillt, feste Bündnisverpflichtungen einzugehen.

Dazu war es in Europa praktisch bis zum Ende des "langen 19. Jahrhunderts" nicht bereit.

Es blieben also nur Österreich-Ungarn und Russland und genau in diese Richtung gingen Bismarcks Bemühungen schon seit 1871. Erster Höhepunkt war, wenn auch nur mit inhaltlich bescheidenen Absprachen, das DreikaiserAbkommen.

Ich bezog mich auf Russland und Italien.
Solange das DR eine pro-österreichisch-ungarische Politik betrieb, war ein "befreundetes" RR, solange Ö-U eine unkooperative, agressive Balkanpolitik betrieb, und ein "befreundetes" I, seit dem I aufgrund von französischen Finanzinvestitionen und einem kolonialen Arrangement mit F insgesamt arrangiert hatte, nicht zu erwarten.
 
großfürst Pavel schrieb:
Ich bezog mich auf Russland und Italien.
Solange das DR eine pro-österreichisch-ungarische Politik betrieb, war ein "befreundetes" RR, solange Ö-U eine unkooperative, agressive Balkanpolitik betrieb, und ein "befreundetes" I, seit dem I aufgrund von französischen Finanzinvestitionen und einem kolonialen Arrangement mit F insgesamt arrangiert hatte, nicht zu erwarten.

Ich habe lediglich auf die fünf europäischen Großmächte abgehoben und dazu zählte Italien nicht.

Bismarck ging es bei seinen Bündnissystem darum, mit zwei weiteren Großmächten bündnispolitisch verbunden zu sein und das konnten nur Österreich-Ungarn und Russland sein. Für Bismarck war es dabei sicher von Nutzen, wenn ÖU und Russland bei ihren doch sehr gegensätzlichen Interessen auf dem Balkan, auf Deutschland als Vermittler angewiesen waren. In der Folge haben aber sowohl Österreich-Ungarn als auch Russland die bilaterale Verbindung zum Deutschen Reich gesucht.

GB und auch Frankreich haben eigentlich kein sonderliches Interesse an Veränderungen, im Gegensatz zu Russland, auf dem Balkan gezeigt.
 
Ich habe lediglich auf die fünf europäischen Großmächte abgehoben und dazu zählte Italien nicht.

Ob nun das Königreich Italien eine europäische Großmacht war ist hier nicht relevant.
Relevant ist das Italien für F oder Ö-U, dessen Großmachtstatus zu dieser Zeit auch immer zweifelhafter wurde, eine problematische Bedrohung für deren südliche Flanken darstellt und deshalb für das DR als (potenzieller) Verbündeter oder Feinde nicht außer Acht gelassen werden durfte.

Bismarck ging es bei seinen Bündnissystem darum, mit zwei weiteren Großmächten bündnispolitisch verbunden zu sein und das konnten nur Österreich-Ungarn und Russland sein. Für Bismarck war es dabei sicher von Nutzen, wenn ÖU und Russland bei ihren doch sehr gegensätzlichen Interessen auf dem Balkan, auf Deutschland als Vermittler angewiesen waren. In der Folge haben aber sowohl Österreich-Ungarn als auch Russland die bilaterale Verbindung zum Deutschen Reich gesucht.

Eine sehr riskante Strategie, die auf Dauer nur aufrecht zu erhalten war, wenn keine der beiden anderen Staaten sich erfolgreich einen anderen Partner suchte und fand oder sich beide untereinander verständigten.
Beides war aber möglich und geschah denn auch später.

GB und auch Frankreich haben eigentlich kein sonderliches Interesse an Veränderungen, im Gegensatz zu Russland, auf dem Balkan gezeigt.

Im Gegensatz zu R und Ö-U, das den Balkan als zukünftigen Expansions- und Hegemonialraum für sich selbst anstrebte.
 
Ob nun das Königreich Italien eine europäische Großmacht war ist hier nicht relevant.
Relevant ist das Italien für F oder Ö-U, dessen Großmachtstatus zu dieser Zeit auch immer zweifelhafter wurde, eine problematische Bedrohung für deren südliche Flanken darstellt und deshalb für das DR als (potenzieller) Verbündeter oder Feinde nicht außer Acht gelassen werden durfte.

Das hat Bismarck auch gar nicht getan. Aber die größte Gefahr ging gemäß Bismarck nun einmal von einer Verständigung zwischen den Großmächten Frankreich und Russland aus. Diese galt es zu verhindern. Bismarck hat es bis zu seiner Entlassung im Jahres 1890 auch verstanden, dies erfolgreich zu verhindern.

Am 20.Mai 1882 trat Italien den Zweibund zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn bei und begründete damit den Dreibund. Bereits 1883 trat dann ebenfalls Rumänien den Dreibund bei. Der Dreibund bestand bekanntermaßen ja bis zum ersten Weltkrieg, in dem sich Italien 1915 sehr vornehm dem Meistbietenden, hier den Alliierten, anschloß.
 
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