Diskussionsforum über die NS Zeit möglich?

Phrygia

Neues Mitglied
Liebes Geschichtsforum-Team,

ích würde gern ein Diskusionsforum finden, wo man sich kritisch über die NS-Zeit auseinandersetzen kann.
Jedoch nicht neutral oder wertefrei.
Nur, wenn man seine Meinung zu dem Thema frei äußern könnte, wäre man in der Lage, seine durch Vorurteile, Halbwissen und Trotz geprägten Ansichten durch vernünftige Argumentation revidieren zu können. Wenn man dieses Thema immer wieder tot schweigt, werden ausländerfeindliche, Pro-Hitler-Denkweisen nicht aus der Welt geschafft werden können.

Gerade mit Menschen mit rechtsradikaler Gesinnung sollte offen diskuiert werden können, um diese durch fundiertes Geschichtswissen vom Gegenteil zu überzeugen.
Wo soll ein Neonazi oder ein Hitlerist denn lernen, zu differenzieren?

Erstes Beispiel wäre die landläufige Ansicht: "Ohne Versailler Vertrag kein Hitler" (Ohne den Versailller Vertrag mit seinen unsäglichen Folgen, wie Deutschlands Alleinige Kriegsschuld etc. hätte Adolf Hitler keine Anhänger gefunden.)
Hitler war erfolgreich, weil die von ihm vorgefundene Unzufriedenheit der deutschen Bevölkerung einen starken Führer herbeisehnte, der das sog. Versailler Schanddiktat beseitigen wollte und auch konnte.

Zweites Beispiel: Hitler schaffte des erste Deutsche Wirtschaftswunder (mithilfe der Pläne von Yalmar Schacht). Beseitigung der Arbeitslosigkeit, Wirtschaftlicher Aufschwung, wo sonst fast überall Depression herrschte."

Drittes Beispiel: Ohne Hitlers Aufhebung des Versailler Vertrages wären wir noch heute ein Arbeiter- und Bauernstaat; wir hätten uns wirtschaftlich nie erholt.

Viertes Beispiel: Warum ist "Mein Kampf" noch immer nicht der Öffentlichkeit zugänglich? Hätten auch damals schon mehrere Leute das "Werk" gelesen, hätte man noch entsprechend gegensteuern können. Laut Richard von Weizsäcker sollte "Mein Kampf" in jedem Geschichtsunterricht durchgenommen werden. Denn: Alles Verbotene ist interessant. Und die heutige Generation kann sowieso nichts mehr mit Begriffen wie Vaterlandsliebe, Heldentod etc, etwas anfangen, so dass die Gefahr, die von dem Pamphlet ausgeht, m.E. bei weitem überschätzt wird.

Ist es möglich in diesem Geschichtsforum über so etwas zu diskutieren?

Danke für Antworten im Voraus, Phrygia
 
Selbstverständlich darf man darüber diskutieren. Einzelne Themen wurden bereits im GF diskutiert.

Nur beachte folgendes.

Jede Behauptung oder These die man aufstellt, muss man mit Quellen und Sekundärliteraur belegen können. Also woher oder woraus hat man seine Meinung gebildet. Einfach mal was ins blaue hinaus zu behaupten damit kommt man nicht weit und ist auch nicht wissenschaftlich.

In der Geschichtswissenschaft kann man mit provokativen Thesen arbeiten, aber die muss man belegen können. Als Beispiel der Historiker Götz Aly verwendet immer mal wieder Thesen die provozieren - er belegt alles und man kann es nachprüfen. Und genau so läuft es auch im Geschichtsforum.

Dann das zweite, alles was in Leugung des Holocaust oder auch Relativierung des Völkermordes hinausläuft, dafür hat es keinen Platz. Solche Themen werden gelöscht.

Auch keinen Platz hat es für absurde Verschwörungstheorien.


Wichtig zu beachten ist noch folgender Hinweis:

http://www.geschichtsforum.de/f8/schreibrechte-neuzeit-9706/
 
Zuletzt bearbeitet:
Hei,

alle Beispiele werden hier diskutiert.
Wichtig ist aber, dass man seine Thesen begruendet und ggf. auch durch Quellen belegen kann.

Gruss, muheijo
 
Dann das zweite, alles was in Leugung des Holocaust oder auch Relativierung des Völkermordes hinausläuft, dafür hat es keinen Platz. Solche Themen werden gelöscht.

Auch keinen Platz hat es für absurde Verschwöhrungstheorien.

richtig so!!

mir selber erscheint ein eigenes Diskussionsforum unnötig: das Geschichtsforum hat doch mehrere Abteilungen zur fraglichen Zeit (Drittes Reich, II Weltkrieg) und dort können - erteilte Schreibrechte vorausgesetzt - neue Themen eingebracht werden.

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aber spaßeshalber zu "Verschwörungstheorien": kennst du den satirischen Roman "Deutsche Suite" von Herbert Rosendorfer?
 
Hei,

alle Beispiele werden hier diskutiert.
Wichtig ist aber, dass man seine Thesen begruendet und ggf. auch durch Quellen belegen kann.

Gruss, muheijo

Richtig und deshalb wird in diesem Thema nicht darüber diskutiert, dafür haben wir die Unterforen zweiter Weltkrieg und drittes Reich.
 
Hei,

alle Beispiele werden hier diskutiert.
Wichtig ist aber, dass man seine Thesen begruendet und ggf. auch durch Quellen belegen kann.

Gruss, muheijo

Korrekt!

Nun zu den Thesen.

1)
Der Versailler Friedensvertrag wird durchaus kontrovers diskutiert, allerdings führte er nicht zwangsläufig in die ns Diktatur. Hier würde ich mich, wenn Du insistierst, "hineinknien".

2)
Hjalmar Schacht war bestimmt ein durchaus phantasievoller Wirtschaftspolitiker, aber "Wirtschaftswunder" - nöh nicht wirklich. Jenseits von Mefo-Wechsel und vagen Vorstellungen der "Tiefenrüstung" bleibt da nicht viel.

3)
"Arbeiter- und Bauernstaat" ist eine Floskel aus der legitimatorischen Geschichte der DDR.

4)
Das Buch "Mein Kampf" ist in jeder wissenschaftlichen Bibliothek einsehbar. Viel Spaß bei der Lektüre.

M.
 
Viertes Beispiel: Warum ist "Mein Kampf" noch immer nicht der Öffentlichkeit zugänglich? [...] Laut Richard von Weizsäcker sollte "Mein Kampf" in jedem Geschichtsunterricht durchgenommen werden. Denn: Alles Verbotene ist interessant. Und die heutige Generation kann sowieso nichts mehr mit Begriffen wie Vaterlandsliebe, Heldentod etc, etwas anfangen, so dass die Gefahr, die von dem Pamphlet ausgeht, m.E. bei weitem überschätzt wird.

Als jemand der das Buch gelesen hat: Die Schüler würden, wenn sie das Buch im Ganzen läsen vor Langeweile weglaufen. Man muss schon so jemanden haben, wie Serdar Somuncu, der aus dem Buch die Lachnummern herausseziert. Das ist vielleicht ganz heilsam.
Im Geschichtsunterricht wird das Buch aber auszugsweise tatsächlich als Quelle verwendet.
 
Liebes Geschichtsforum-Team,

ích würde gern ein Diskusionsforum finden, wo man sich kritisch über die NS-Zeit auseinandersetzen kann.
Jedoch nicht neutral oder wertefrei.
Nur, wenn man seine Meinung zu dem Thema frei äußern könnte, wäre man in der Lage, seine durch Vorurteile, Halbwissen und Trotz geprägten Ansichten durch vernünftige Argumentation revidieren zu können. Wenn man dieses Thema immer wieder tot schweigt, werden ausländerfeindliche, Pro-Hitler-Denkweisen nicht aus der Welt geschafft werden können.

Gerade mit Menschen mit rechtsradikaler Gesinnung sollte offen diskuiert werden können, um diese durch fundiertes Geschichtswissen vom Gegenteil zu überzeugen.
Wo soll ein Neonazi oder ein Hitlerist denn lernen, zu differenzieren?

Erfahrungsgemäß kann man mit Neonazis nicht vernünftig diskutieren, weil diese Leute nicht differenzieren können/ wollen.

Erstes Beispiel wäre die landläufige Ansicht: "Ohne Versailler Vertrag kein Hitler" (Ohne den Versailller Vertrag mit seinen unsäglichen Folgen, wie Deutschlands Alleinige Kriegsschuld etc. hätte Adolf Hitler keine Anhänger gefunden.)
Hitler war erfolgreich, weil die von ihm vorgefundene Unzufriedenheit der deutschen Bevölkerung einen starken Führer herbeisehnte, der das sog. Versailler Schanddiktat beseitigen wollte und auch konnte.

Der Vertrag von Versailles war inkosequent. Er bürdete Deutschland die alleinige Kriegsschuld, Reperationen und annexionen auf, ließ es aber territorial insgesamt intakt, Deutschland blieb die stärkste Macht in Mitteleuropa, die K. K. Monarchie war hinüber und die Sowjetunion mit sich selbst beschäftigt. Deutschlands Reperationen wurden mit amerikanischen Krediten bezahlt, Frankreich war viel zu schwach, Versailles durchzusetzen. Jede deutsche Regierung hatte die Revision von Versailles auf der Agenda und Politiker wie Stresemann hatten durchaus Erfolge dabei. Als Hitler an dieMacht kam, war Versailles nur noch ein Fetzen Papier.

Hitler aber legte Wert darauf, dass seine Erfolge "dem Ausland" abgetrotzt seien.

Zweites Beispiel: Hitler schaffte des erste Deutsche Wirtschaftswunder (mithilfe der Pläne von Yalmar Schacht). Beseitigung der Arbeitslosigkeit, Wirtschaftlicher Aufschwung, wo sonst fast überall Depression herrschte."

Das "Wirtschaftswunder" war eins auf Pump und eine Mogelpackung. Rüstet man massiv auf, führt man allgemeine Wehrpflicht und Reichsarbeitsdienst ein, dann verschwinden Arbeitslose aus der Arbeitslosenstatistik. gewrkschaften gab es auch keine mehr, und die Blase wäre bald geplatzt, wenn der Krieg nicht gekommen wäre und die Besiegten zahlten die Zeche.

Drittes Beispiel: Ohne Hitlers Aufhebung des Versailler Vertrages wären wir noch heute ein Arbeiter- und Bauernstaat; wir hätten uns wirtschaftlich nie erholt.

Ohne Hitler hätte es womöglich gar keinen Zweiten Weltkrieg gegeben.

Viertes Beispiel: Warum ist "Mein Kampf" noch immer nicht der Öffentlichkeit zugänglich? Hätten auch damals schon mehrere Leute das "Werk" gelesen, hätte man noch entsprechend gegensteuern können. Laut Richard von Weizsäcker sollte "Mein Kampf" in jedem Geschichtsunterricht durchgenommen werden. Denn: Alles Verbotene ist interessant. Und die heutige Generation kann sowieso nichts mehr mit Begriffen wie Vaterlandsliebe, Heldentod etc, etwas anfangen, so dass die Gefahr, die von dem Pamphlet ausgeht, m.E. bei weitem überschätzt wird.

Ist es möglich in diesem Geschichtsforum über so etwas zu diskutieren?

Danke für Antworten im Voraus, Phrygia


Die Rechte an" Mein Kampf" besitzt der Freistaat Bayern, und aus urheberrechtlichen Gründen wird es erst eine bestimmte Periode nach dem Tode des Autors oder seiner Erben gemeinfrei.
 
Hallo Zusammen,
vielen Dank für die detaillierten Antworten.

Ich habe für alle aufgestellten Behauptungen ("Thesen") meine Quellen:

Sebastian Haffner hat in seinem Buch "Anmerkungen zu Hitler" dessen Leistungen aufgeführt, wozu er in erster Linie das Wirtschaftswunder zählte.

Die Ansicht Richard von Weizsäckers über Hitlers "Mein Kampf" habe ich aus dem Buch: "Kommentierte Ausgabe zu Mein Kampf" von Christian Zentner.

Und was den Aufarbeitungsprozess des Nationalsozialismus betrifft:
Der Historiker Ernst Nolte vertritt in seinem Buch "Zwischen Geschichtslegende und Revisionismus?" folgende These:
"Auschwitz resultiert nicht in erster Linie aus dem überlieferten Antiseminismus und war im Kern nicht bloßer "Völkermord", sondern es handelte sich vor allem um die aus Angst geborene Reaktion auf die Vernichtungsvorgänge der Russischen Revolution". (Piper Verlag 1989)

Aber -entschuldigung- wir wollen hier nicht diskutieren.
Entsprechende Fragen stelle ich dann in den jeweiligen Foren.
Hier wollte ich zunächst einmal Grundsätzliches zu dem Thema klären.

Danke nochmals für Eure ausführlichen Erläuterungen.

VLG Phrygia
 
Zuletzt bearbeitet:
Man sollte sich dann aber auch etwas mit den Historikern und der Rezeption ihrer Thesen befassen, bevor man sie als Beleg für seine Thesen einführt ... gerade Ernst Nolte ist da nicht ganz unkritisch zu sehen, seine Thesen blieben in keinster Weise unwidersprochen (mal unter "Historikerstreit" nachlesen).

Hitlers "Mein Kampf" wird auch im Geschichtsunterricht durchgenommen, oft in kleinen Ausschnitten sogar gelesen, von daher sind Weizsäckers "Forderungen" nichts revolutionär Neues und schon gar nichts, worüber man diskutieren müsste. Wie andere schon gesagt haben, das Buch ist nicht verboten und denjenigen, die es sich antun wollen durchaus zugänglich.
 
...Und was den Aufarbeitungsprozess des Nationalsozialismus betrifft:
Der Historiker Ernst Nolte vertritt in seinem Buch "Zwischen Geschichtslegende und Revisionismus?" folgende These:
"Auschwitz resultiert nicht in erster Linie aus dem überlieferten Antiseminismus und war im Kern nicht bloßer "Völkermord", sondern es handelte sich vor allem um die aus Angst geborene Reaktion auf die Vernichtungsvorgänge der Russischen Revolution". (Piper Verlag 1989)

...

@Phrygia

Ich kenne das Buch nicht, aber Du wirst schon richtig zitiert haben. Also, demnach hatte das mächtige Deutschland mächtig viel Angst vor jüdischen Kids in Erwartung, daß diese jüdischen Kids, so sie erwachsen sind, eine bolschewistische Revolution anzetteln und das deutsche Volk im Zuge dieser antizipierten Revolution "Vernichtungsvorgängen" unterwerfen?
Daher war die vorsorgliche Ermordung von jüdischen Kids angezeigt und die handelnden Täter befanden sich in einer Situation der "Staatsnotwehr".

Ohne weiteren Kommentar.

M.
 
Sebastian Haffner hat in seinem Buch "Anmerkungen zu Hitler" dessen Leistungen aufgeführt, wozu er in erster Linie das Wirtschaftswunder zählte.

Eingangs würde mich mal interessieren, wie diese Aussage Haffners dazu führen kann, die Bemerkung in #1 zu kreieren. Das sind schon mal zwei paar Schuhe. Kannst Du das noch bitte aufklären?

Wenn man sich mit der Wirtschaftsgeschichte des NS (und derjenigen der Weimarer Zeit) beschäftigt hat, sollte jedenfalls sofort einleuchten, dass der ökonomische Laie Haffner schon fachlich nicht der Weisheit letzten Schluss zu liefern in der Lage ist. Sollte die Bemerkung wie im letzten Zitat gefallen sein, wäre er ein spätes Opfer der NS-Propaganda. Bei Bedarf kann ich Dir ein Auswahl der wirtschaftsgeschichtlichen Literatur empfehlen, wenn das Thema weiter interessiert. Eine Auswahl findet man allerdings auch schon in diversen Themen hier im Forum, siehe Suchfunktion. Dort finden sich auch einige wichtige Faktenhinweise zur Wirtschaftsgeschichte des NS.

Die Legenden des 3.Reiches halten sich offenbar sehr zäh.

Ansonsten ist Papa Leos Rat sehr gut, dass eine gewisse Vorbefassung mit den Thesen und dem Kontext sinnvoll ist. Vielleicht kannst Du das noch nachholen.:winke: Diskussion im GeFo ist über solche Themen natürlich möglich, schließlich ist das hier nicht irgendeine Bi-Ba-Butz-Politik-Laberbude.
 
Zuletzt bearbeitet:
...

Gerade mit Menschen mit rechtsradikaler Gesinnung sollte offen diskuiert werden können, um diese durch fundiertes Geschichtswissen vom Gegenteil zu überzeugen.
Wo soll ein Neonazi oder ein Hitlerist denn lernen, zu differenzieren?

Neonazis wollen i.d.R. nicht differenzieren. Das ist üblicherweise auch eine Frage der Einstellung und selten des Wissens. Viele davon wissen, dass ihre Thesen nicht wahr sind.

Ich habe übrigens auch mit vielen Alt- und Neonazis diskutiert. Ein paar bemerkenswerte Exemplare der ersten Spezies habe ich sogar in der eigenen Familie.

Erstes Beispiel wäre die landläufige Ansicht: "Ohne Versailler Vertrag kein Hitler" (Ohne den Versailller Vertrag mit seinen unsäglichen Folgen, wie Deutschlands Alleinige Kriegsschuld etc. hätte Adolf Hitler keine Anhänger gefunden.)
Hitler war erfolgreich, weil die von ihm vorgefundene Unzufriedenheit der deutschen Bevölkerung einen starken Führer herbeisehnte, der das sog. Versailler Schanddiktat beseitigen wollte und auch konnte.

Ein "starker Führer" muss aber nicht gleich ein größenwahnsinniger Irrer sein der einen Teil der Bevölkerung auslöschen und den Kontinent mit Krieg überziehen will.

Offensichtlich gibt es einen Zusammenhang zwischen den Aufstieg Hitlers und dem Versailler Vertrag. Eine "Nortwendigkeit" dass es gerade er sein musste, gab es nicht.

Der Versailler Vertrag war übrigens auch nicht härter als das Diktat von Brest-Litowsk. Das deutsche Reich ist also mit einem sehr schlechtem Beispiel vorangegangen.

Zweites Beispiel: Hitler schaffte des erste Deutsche Wirtschaftswunder (mithilfe der Pläne von Yalmar Schacht). Beseitigung der Arbeitslosigkeit, Wirtschaftlicher Aufschwung, wo sonst fast überall Depression herrschte."


Das ist ein gängiger Irrtum. Der "wirtschaftliche Aufschwung" war auf Sand gebaut. Mit dem Bau von Autobahnen, Panzern und Flugzeugen schafft man kein echten Wohlstand sondern man verschuldet nur den Staat. Das DR stand deshalb 1939 vor dem Staatsbankrott. Diese wurde durch den Raub an den Juden und dann durch die Überfälle auf die Nachbarn etwas hinausgezögert. Ausserdem senkt sich die Arbeitslosigkeit automatisch wenn Millionen Menschen ins Exil getrieben werden, ins KZ-Wandern oder eingezogen werden.


Drittes Beispiel: Ohne Hitlers Aufhebung des Versailler Vertrages wären wir noch heute ein Arbeiter- und Bauernstaat; wir hätten uns wirtschaftlich nie erholt.

Die Reparationen des 2 WK haben wir auch bezahlt. Das DR war zur zeit der Weimarer Republik auch kein "Arbeiter und Bauern" Staat, sondern eine kapitalistische Industriemacht, wenn auch in der Krise. Die Revolution war schon vor Hitler niedergeschlagen worden.

Viertes Beispiel: Warum ist "Mein Kampf" noch immer nicht der Öffentlichkeit zugänglich?

Es ist zugänglich. Wir haben hier bereits darüber diskutiert und mehrere der Teilnehmer haben es gelesen. Es gibt bereits mehrere kommentierte Ausgaben. Der Staat Bayern ist lediglich mit den Rechten für den Nachdruck sehr restriktiv umgegangen. Verboten ist es jedoch nicht.


Hätten auch damals schon mehrere Leute das "Werk" gelesen, hätte man noch entsprechend gegensteuern können.

Das Buch war massiv im Umlauf. Man hat es damals sogar zur Hochzeit geschenkt bekommen. Wer nicht mitbekam, was drin stand, wollte es nicht wissen.

Laut Richard von Weizsäcker sollte "Mein Kampf" in jedem Geschichtsunterricht durchgenommen werden. Denn: Alles Verbotene ist interessant. Und die heutige Generation kann sowieso nichts mehr mit Begriffen wie Vaterlandsliebe, Heldentod etc, etwas anfangen, so dass die Gefahr, die von dem Pamphlet ausgeht, m.E. bei weitem überschätzt wird.

Ich sehe das zwar wie Weizsäcker, die Schüler würden mir aber leid tun, die dieses unsäglich lahme und schlechte Werk lesen müssten.

Ist es möglich in diesem Geschichtsforum über so etwas zu diskutieren?

Wir diskutieren dauernd so etwas. Du musst dich nur in die entsprechenden Unterforen begeben. Über die Lüge des "Wirtschaftaufschwungs" ist z.B. sehr viel hier geschrieben worden.

Und übrigens, ein aus dem Kontext gerissenes Zitat eines beliebigen Autors ist noch keine Quelle. Ich sehe auch keinen Zusammenhang zwichen diesen Zitaten (ausser der fragwürdigen Aussage Haffners zu dem "Wirtschaftswunder" ) mit den oben aufgeführten Punkten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Besten Dank an Bdaian für die weiteren Klarstellungen.

Interessanterweise wiederholt Phrygia die These, dass das "Versailler Schanddiktat" (Sprachgebrauch der extremen Propaganda in der Weimarer Republik, sowie im Dritten Reich) den Wahlerfolg der NSDAP entscheidend begründet habe.

Welche Wahlstudie belegt das eigentlich? Zieht man die umfangreichste Untersuchung zum Wahlverhalten von Falter heran, die hier im Forum schon oft zitiert worden ist, lassen sich dagegen lediglich drei Thesen formulieren:

1. Es gelang der extremen Rechten, insbesondere dem NS, einen Zusammenhang zwischen Verlustängsten ihrer Wählerschichten und dem Versailler Vertag zu konstruieren. Dabei zogen bestimmte Kreise mit, so zB die Reichswehr, Teile der Wirtschaftlichen Führungsschicht, Teile im Bereich des Großgrundbesitzes, etc.

2. Ausserhalb der extremen Rechten, also bei 2/3 der Wähler 1930/32, zuvor bei zT mehr als 3/4, spielte das "Schanddiktat" keine Rolle in den politischen Forderungen.

3. In der entscheidenden Phase war das "Schanddiktat" selbst in der Propaganda des NS (1932) nachrangig und wurde mehr als gewohnheitsmässige Phrase in zuvor gewohnter Weise weiter gedroschen. Als ausschlaggebendes Wahlkampfthema war es 1932/33 nicht präsent, sondern wurde mehr hilfsweise zur Anklage der "Systemverbrecher" (in der NS-Terminologie) benutzt. Entscheidend für die NS-Wählerschichten waren vielmehr die Verlustängste im Zuge der Scharfen Weltwirtschaftskrise, was sich aus den Stimmenpotenzialen herleiten lässt.

Welche Studien sollen nun davon abweichende Ursachen belegen?
 
@ silesia: Eingangs würde mich mal interessieren, wie diese Aussage Haffners dazu führen kann, die Bemerkung in #1 zu kreieren. Das sind schon mal zwei paar Schuhe. Kannst Du das noch bitte aufklären?

Gerne, wenn du mir sagst,was du mit meiner Bemerkung zu Nr. 1 meinst.

@ Scorpio:
Der Vertrag von Versailles war inkosequent. Er bürdete Deutschland die alleinige Kriegsschuld, Reperationen und annexionen auf, ließ es aber territorial insgesamt intakt, Deutschland blieb die stärkste Macht in Mitteleuropa, die K. K. Monarchie war hinüber und die Sowjetunion mit sich selbst beschäftigt. Deutschlands Reperationen wurden mit amerikanischen Krediten bezahlt, Frankreich war viel zu schwach, Versailles durchzusetzen. Jede deutsche Regierung hatte die Revision von Versailles auf der Agenda und Politiker wie Stresemann hatten durchaus Erfolge dabei. Als Hitler an dieMacht kam, war Versailles nur noch ein Fetzen Papier.

Hitler aber legte Wert darauf, dass seine Erfolge "dem Ausland" abgetrotzt seien.


Danke für Deine fundierte Erklärung. Jetzt sehe ich den Ausdruck "Versailler Schanddiktat" in einem anderen Licht.

Gruß Phrygia
 
Zum Thema "Wirtschaftswunder". Unterstellen wir die statistische Validität der Statistischen Jahrbücher des Deutschen Reiches, sieht das nicht nach "Wirtschaftswunder" aus.

Das Volkseinkommen pro Kopf, steigt langsam und überschreitet erst in der Kategorie "jeweilige Kaufkraft", 1937 die Marke von 1930 (Angaben in Mark), bei den Angaben in Reichsmark wird sie 1938 überschritten. Bei der Indizierung der Kaufkraft auf Basis 1928 wird das Volkseinkommen pro Kopf (wiederum in Mark) von 1930 erst 1936 überschritten. Ähnlich sieht es auf Basis von RM aus.

Vergl.:

DigiZeitschriften: Seitenansicht

Ein "Wirtschaftswunder" sieht dann doch wohl anders aus.

M.
 
Sehr richtig.

Hinzu kommt, dass zu den NS-eigenen Statistiken höchstens angemerkt werden könnte, dass sie zum Zweck der Fälschung positiver - wenn überhaupt - dargestellt worden sind.

Im Übrigen war die Erholung in anderen Ländern nicht schlechter, zum Teil besser, die auf die starke Rüstungskonjunktur anfangs verzichtet haben (1938/39 sah das dann vor dem Hintergrund der zunehmenden Rüstungsbedrohung durch das Deutsche Reich dann anders aus).
 
Phrygia schrieb:
Der Vertrag von Versailles war inkosequent. Er bürdete Deutschland die alleinige Kriegsschuld, Reperationen und annexionen auf, ließ es aber territorial insgesamt intakt, Deutschland blieb die stärkste Macht in Mitteleuropa, die K. K. Monarchie war hinüber und die Sowjetunion mit sich selbst beschäftigt. Deutschlands Reperationen wurden mit amerikanischen Krediten bezahlt, Frankreich war viel zu schwach, Versailles durchzusetzen. Jede deutsche Regierung hatte die Revision von Versailles auf der Agenda und Politiker wie Stresemann hatten durchaus Erfolge dabei. Als Hitler an dieMacht kam, war Versailles nur noch ein Fetzen Papier.


Das Deutsche Reich war nach dem verlorenen Krieg nicht stärkste Macht in Mitteleuropa. Das Potenzial für eine künftige Großmachtstellung war ohne Frage vorhanden, aber zunächst war man erst einmal mehr oder weniger Objekt der Alliierten.

Und ich bin mir auch nicht sicher, ob Frankreich zu schwach war, um Versailles alleine durchzusetzten. Frankreich galt als starke Militärmacht, dem die Reichswehr im Falle eines Falles nur sehr wenig entgegen zu setzen gehabt hätte.

Das hat sich erst mit der ungeheuren personellen und materiellen Aufrüstung durch Hitler geändert. Und bis zu jenem Zeitpunkt, als das Dritte Reich die Genfer Abrüstungskonferenz verließ und auch die Mitgliedschaft im Völkerbund aufkündigte, galten für das Deutsche Reich noch ein Reihe von Restriktionen, die es wenn auch mit Einschränkungen, beachtet hatte.
 
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