"The Genius of Mozart - Miracle of Nature" (BBC)
"The Genius of Mozart - Miracle of Nature" (Drehbuch/Regie: James Kent) 2004
Ich habe ja schon diverse BBC-Dokus gelobt, aber diese war einfach grauenhaft. Ich habe mir danach gespart die übrigen 2 Teile anzuschauen.
Ganz grob wird der Werdegang des jungen Mozart bis hin zu seiner Wiener Zeit vorgestellt. Leopold Mozart (Kenneth Cranham), Nannerl Mozart (Claire Skinner) und Constanze Weber (Emma Cunniffe) "sprechen" aus ihrer eigenen Perspektive. Der Zuschauer wird daneben noch von einem Kommentator durch die Doku geleitet, der dann auch Musikbeispiele auf einem modernen Flügel (warum eigentlich?) vorstellt.
Man erfährt nichts neues. Überhaupt erfährt man wenig. So wird seltsamerweise unterschlagen, was doch für das frühe Talent Mozarts mit am besten gesprochen hätte, dass er schon als 11 Jähriger Opern komponierte - freilich musikalisch eher altbacken. Alles was dem Drehbuchautor nicht in den Kram passt, also nicht mit seiner Theorie von der einmaligen Genialität Mozarts harmoniert, wird außen vor gelassen. So erfährt man nichts von den musikalischen Impulsen, die Mozart erst durch den Mannheimer Aufenthalt und die Parisreise als Mitzwanziger erhielt. Der musikalische Wandel des Komponisten, der ja noch recht lang am alten ital. Stil festhielt wird ausgeblendet. Daneben schleichen sich auch dicke historische Flüchtigkeitsfehler ein, wie der Anachronismus 1764 im Zusammenhang mit George III. von einem "mad king George" zu sprechen, wovon zu dem Zeitpunkt noch keine Rede sein konnte. Seine erste aber ganz kurze Krankheitsphase war 1765. Auch war Joseph II. 1781 nicht erst Kaiser geworden; er war es schon seit 16 Jahren (!). Hier wurde offenbar Alleinherrschaft und Kaisertum durcheinander gebracht. Der Kommentator spricht dauernd davon, dass Mozart hier und da irgendetwas getan hätte, was es noch nie in der Musik gegeben habe, scheint sich aber offensichtlich mit der Musik dieser Zeit bis auf Mozart auf keinem Auge auszukennen, was eben bei einer Doku über einen Komponisten schon ein echtes Trauerspiel ist. Normalerweise holt man sich ein paar Fachkenner, meinetwegen Dirigenten und diverse Historiker dazu, die den Künstler dann aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten (gutes Beispiel dazu, trotz manchen Spielszenen: "Lully l'incommode" 2008) und eben auch kritische Stimmen laut werden lassen. Eben die kritische Reflektion über dem großartigen Künstler Mozart fehlt hier komplett. Davon abgesehen ist die Ausstattung weitesgehend miserabel, von ein paar Perücken abgesehen. Da laufen einige ausgeschlachtete Sofas rum oder aber die aristokratischen Snobs, die den jungen Mozart beäugen, sind scheinbar den 1790ern entsprungen, einer Zeit, die er kaum noch erleben sollte... Von den oft unnützen Spielszenen her erinnerte die Doku stark an dt. Produktionen. Ein paar Bilder von Originalschauplätzen der Reisen Mozarts (müsste man doch im Archiv finden) und vor allem Porträts der Protagonisten wären da sicherlich sinnvoller gewesen.