Wer genau dieses Bild (vom Dolchstoß in den Rücken) zu welchem Zeitpunkt aufbrachte, ist eine Fragestellung.
Sinngemäß kann man dazu auch bereits auf die Kriegsjahre und die "kommunistische Wühlarbeit" zurückgehen, die dem Kaiserlichen Heer (und dem Deutschen Volk) nach Presse und Armeenerichten in den Rücken fiel. Bis auf begriffliche Details passen solche Hinweise 17/18 bereits in das Muster. Ebenso kann man Ludendorffs nebulöse Andeutungen oder Hindenburgs Angaben von der Untersuchungskommission als Ausgangspunkt nehmen. Solche möglichen Antworten auf Urheberschaften sehe ich allerdings als weniger relevant für die Thematik an (schon deshalb, weil ergänzend zu belegen wäre, mit welchen Deutungsmustern und mit welchen Zwecke diese "Autoren" die Begriffe verwendet hätte und ob sich dieses im Zeitablauf anders verhielt).
Eine völlig andere Fragestellung ist, wer dieses Bild und mit welchem Zweck später nutzte, und diese Frage ist - wie oben in den Beiträgen von thanepower - auf die möglichst erschöpfende Frage der Wirkmächtigkeiten und politischen Instrumentalisierungen gerichtet.
Dazu der Hinweis auf die Thematik bei Deist:
"...Deists Darstellung, daß es im Herbst 1918 einen »verdeckten Militärstreik« 165 gegeben habe, hat bereits Eingang in die Literatur gefunden. Zehntausende, in den letzten Kriegswochen gar Hunderttausende sollen demnach durch alle möglichen Formen von Dienstentziehung - Urlaubsüberschreitung, unerlaubte Entfernung und Desertion bis hin zur Befehlsverweigerung - jenen Verfall der Kommandoautorität bewirkt haben, der Deutschland zusammen mit der aussichtslosen militärischen Lage zur Kapitulation zwang. Es ist überflüssig zu erwähnen, daß Deist hier nicht primär die »Wühlarbeit« obskurer, linksradikal-zersetzender Kräfte am Werke sieht. Er geht vielmehr davon aus, daß viele Soldaten, die Lage klar erkennend, individuell und doch ähnlich handelten, so daß jenes Kollektiwerhalten entstand, das später als »Dolchstoß in den Rücken des unbesiegten Heeres« diffamiert werden konnte."
Ausschließlich in dem Kontext (plus des Exkulpationsgedankens für die Niederlage) bewegt sich die frühe "militärische Verwendung" des Dolchstoßbildes, das seinen inhaltlichen Ursprung bereits in den Kriegsjahren hatte: "In diesen Zusammenhang gehören ebenso die in der zweiten Kriegshälfte immer häufiger werdenden Erlasse »zur Verhütung der Verbreitung hetzerischer und staatsfeindlicher Flugblätter«."
So hat die Überschrift mehrere Facetten, die wie folgt beschrieben werden können:
"Der Streit um die Wirksamkeit der »zersetzenden Propaganda« in der deutschen Armee war lange Zeit die Domäne des rechten und linken Randes des politischen Spektrums. Während die Mär vom »Dolchstoß in den Rücken des unbesiegten Heeres« für die Rechte und die Militärführung in der Nachkriegszeit zur universalen Exkulpation gegenüber allen denkbaren Vorwürfen eigenen Versagens, vor allem aber zum jederzeit verfügbaren Kampfmotto gegen die Republik und damit gegen die parlamentarische Demokratie avancierte, galt sie der kommunistischen Linken als früher Beweis eigener Massenwirksamkeit."
Und quasi als Antwort auf die oberflächlichen Urheberdiskussionen in der Wikipedia:
"Dabei waren es immer wieder besonders Soldaten aus dem rheinisch-westfälischen und dem saarländischen Industrierevier, von denen gemeldet wurde, daß sie während ihres Heimaturlaubes offensichtlich »aufgehetzt« worden seien. Hier wurde einer der Keime für die Dolchstoßlegende gelegt, indem - der Aktenüberlieferung nach zu urteilen - vereinzelte Meldungen zu einem sicheren Beweis gezielter Umsturzvorbereitungen von links verdichtet wurden. Die Militärbehörden hatten die Schuldigen am Verlust des Krieges bereits gefunden als sie noch hofften, ihn gewinnen zu können."
Ludendorff/Hindenburg palaverten ab Ende 1918 nur über eine Sichtweise, die bereits in bestimmten Kreisen existent war. Und wenn man nicht am "Dolch" klebt, sondern auch "Gifte" gelten läßt, ist mit Hindenburgs September-Proklamation der eigentliche Erfinder wie folgt zu beschreiben: "Vergiftung des Geistes der Deutschen durch die alliierte Propaganda" (natürlich aus dem Blickwinkel des Heeres "von hinten") als Ursache der drohenden Niederlage.
Die Geburt der (?) Legende, wenn man danach fragen möchte, dauerte also Jahre und Geburtshelfer gab es viele.