Es gibt viele "Naturalismen", insofern wäre es sinnvoll, du wüßtest, zu welchem "Naturalismus" du eine Gegenströmung suchst.
Aus der modernen Philosophie kenne ich ein Beispiel:
Dirk Hartmann & Peter Janich (Die kulturalistische Wende. in: dies. (Hg.), Die kulturalistische Wende. Suhrkamp tb, 1998, S.9-22) stellen sich dem epistemologischen Naturalismus gegenüber. Den Naturalismus charakterisieren die genannten Autoren allgemein "durch die These, daß alles Geschehen, eigentlicht Naturgeschehen ist in dem Sinne, daß es mit den Mitteln der Naturwissenschaft (wenigstens prinzipiell) vollständig beschrieben werden kann - auch das Handeln des Menschen und seine Kultur." (S.14)
Bei Wikipedia wird dieser Naturalismus etwa hier
Naturalismus (Philosophie) - Wikipedia
und zwar unter dem Stickwort "Starker erkenntnistheoretischer Naturalismus" erwähnt.
Mit ihrem Vertreter Willard van Orman Quine könne sich der Naturalismus jedenfalls "mit Recht als die die Philosophie dominierende Strömung fühlen." (Hartmann & Janich, 1998, S.14)
Tatsächlich stellt sogar Herbert Schnädelbach in seiner "Erkenntnistheorie zur Einführung" (Junius-Verlag, 2002) fest, daß diese von Quine geforderte Naturalisierung der Erkenntnistheorie, "d. h. die Auffassung menschlicher Kognition als eines Forschungsgegenstandes wie alle anderen und ihre Untersuchung mit naturwissenschaftlichen Methoden" (S.16), zwar einen Zirkel enthalte, insofern sich "die naturwissenschaftliche Erkenntnis sich auf sich selbst bezieht" (ebd.), stimmt ihm aber nicht desto weniger zu, daß dieser "nicht gefährlich, sondern fruchtbar [sei]." (ebd.)
Philosophiegeschichtlich sehen Hartmann & Janich (1998) in David Humes Philosophie einen Höhepunkt des Naturalismus, wofür sich Argumente finden lassen, wird ansonsten aber (etwa
Eisler - Wörterbuch: Naturalismus) nicht als Naturalist bezeichnet. Argumente lassen sich über den Positivismusstreit finden: Adorno (Einleitung. in: Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie. Dtv, 1993, S.7-79) spricht von einer "Kette Hume-Mach-Schlick" des "älteren subjektiven Positivismus"; zumindest verstehe ich auch so den Hinweis der Kulturalisten auf die Frankfurter Schule, in deren Tradition man auch bezüglich der Verengung der naturwissenschaftlichen Diskurse von einer "kulturellen Eindimensionalität" gesprochen hat (so H. Hastedt, Das Leib-Seele-Problem. Zwischen Naturwissenschaft des Geistes und kultureller Eindimensionalität. Ffm: 1988).
Gegen einen Naturalismus des 19. Jahrhunderts (in Form des Vulgärmaterialismus) hatte sich jedenfalls dezidiert der Neukantianismus gewendet. Insofern läßt sich auch der kritischen (nicht zu verwechseln mit dem deutschen oder absoluten) Idealismus als Gegenströmung zum Naturalismus betrachten.
Während ich diesen Beitrag schreibe, stelle ich fest, daß in der Frage sicherlich überhaupt nicht auf Philosophiegeschichte abgehoben wird; wahrscheinlich geht es eher um Gegenströmungen zur Kunstrichtung:
http://www.geschichtsforum.de/f31/kunst-des-naturalismus-14517/
Und da muß ich zugeben, daß ich deine Verwirrung gut verstehen. In meinem Taschenlexikon von Meyer lese ich z. B.: "Für die Stilrichtung in der realistischen bildenden Kunst, die durch Objektivität und Naturtreue besonders auf das illuisionistische Abbildung der Wahrnehmungswelt zielt, hat sich der Begriff Naturalismus eingebürgert."
Ich folge mal einer Einführungslink von MERCY:
Kunst bei Ceryx.de: Geschichte der Kunst - Naturalismus und Realismus
Demnach ist der künstlerische Naturlismus eine Ausprägung des 19. Jahrhunderts. Allerdings verstehe ich dann nicht diesen Link, wo Kunstrichtungen beschrieben werden, die ich eben eher und ganz unbedaft als "Gegenströmung" zum Naturalismus/Realismus begreifen würde:
Moderne Malerei
Was soll's, schließlich haben wir noch die Literatur, aber auch da kenne ich mich nun gar nicht aus.