Einführung in die griechische Geschichte

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Daniel Oswald

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Die Anfänge der griechischen Geschichte liegen ziemlich im Dunkeln. Im allgemeinen läßt man die griechische Geschichte mit der sogenannten „mykenische Kultur“ beginnen, die von HEINRICHSCHLIEMANN entdeckt wurde. In der Zeit vom 16. bis 13./12. Jahrhundert vor Christus dominierten eine Schicht von adeligen Kriegern, die von Streitwägen aus kämpften und von einer Burg aus das umliegende Land beherrschten. Die bedeutendsten Zentren waren Mykene, Tyrins, Pylos und Athen. Obwohl zwar Mykene wahrscheinlich eine dominierende Stellung innehatte, waren alle diese Orte voneinander unabhängig.

Das Ende der mykenischen Zeit kam mit der sogenannten „Dorischen Wanderung“ (12. Jahrhundert). Während dieses Prozesses drangen griechischsprechende Gruppen aus dem Norden in den reicheren und kulturell höherstehenden Süden vor und vernichteten die Mykener oder drängten sie in abgelegene Regionen zurück. Da die Eindringlinge mehr der Vieh- und Weidewirtschaft als dem Ackerbau verhaftet waren, ging die bestehende städtische Kultur fast vollständig unter. Die Zeit bis zum 9./8. Jahrhundert wird auch als „dark ages“ bezeichnet, da darüber nur wenig bekannt ist. In dieser Zeit fand die Entwicklung statt, an deren Ende die griechischen Städte (poleis; Einzahl: polis) wiederum zu den maßgeblichen politischen Einheiten geworden waren.

Ab dem 8. Jahrhundert vor Christus wurde mehr oder weniger ganz Griechenland von einer sozialen Krise erfasst, deren Ursachen darin lagen, daß die reichen Adeligen, die die Politik und die Gesellschaft dominierten, sich den Grund der ärmeren Bauern angeeignet hatten, so daß deren Lebensgrundlage wegfiel. Die daraus resultierenden sozialen Spannungen fanden einerseits Ausdruck in einer breiten Kolonisationsbewegung, in deren Verlauf griechische Städte an fast allen Küsten des Meers gegründet wurden (Syrakus, Neapel, Marseilles) und andererseits in Umstürzen und Revolutionen, die in vielen Städten Tyrannen, also Alleinherrscher, an die Macht brachten, die sich auf breite Volksschichten stützten, so z.B. Peisistratos und seine Söhne in Athen (546-510).

Aber bis spätestens Ende des 6. Jahrhunderts gewannen Adeligen, gestützt auf ihr Ansehen und ihr Vermögen, in den meisten Städten die Macht zurück, allerdings mußten sie Konzessionen an die Bürger machen. In Athen und vielen anderen Städten entstand so eine Demokratie (=Herrschaft des Volkes), in der zwar die Bürger über alles abstimmten, aber die maßgeblichen Männer aus dem alten Adel stammten.

500-494 v. Chr. rebellierten einige Städte Kleinasiens (an der Westküste der heutigen Türkei) gegen die Herrschaft der Perser, wobei sie von Athen mit einigen Schiffen unterstützt wurden. Dieser sogenannte „Ionische Aufstand“ wurde niedergeschlagen und Griechenland war - nicht zuletzt aus Rache - ins Blickfeld der Perser geraten. Der erste persische Angriff auf Griechenland scheiterte, weil die Flotte in einem Sturm vernichtet wurde (492). Der zweite Feldzug wurde in der Schlacht von Marathon (490) zurückgeschlagen.

Danach setzte THEMISTOKLES in Athen ein Flottenbauprogramm durch, um weitere Angriffe abwehren zu können. Nach langen Vorbereitungen zogen 480 die Perser erneut gegen Griechenland, waren aber wieder erfolglos (Schlachten bei den Thermopylen und Salamis 480, und Plataiai 479). Wichtigstes Ergebnis der Perserkriege war, daß Athen aufgrund seiner neugeschaffenen Flotte die Herrschaft in der Ägäis erwarb. Dies geschah mit Hilfe des „Attischen Seebundes“, der eigentlich zur Abwehr der Perser zwischen den griechischen Seestädten gegründet war und in dem Athen dominierte. Diese Zeit gilt auch als Athens „Goldenes Zeitlalter“, deren wichtigste Person PERIKLES war, der von 443 bis 429 (sogenanntes „Perikleisches Zeitalter“) die athenische Politik leitete.

Spannungen mit Sparta, der zweiten, älteren großen Macht Griechenlands, führten 431 zum „Peloponnesischen Krieg“ um die Vorherrschaft. Dieser Krieg dauerte - mit Unterbrechungen - bis 404 und endete mit der Niederlage Athens. Aber auch Sparta konnte die neugewonnene Hegemonie nicht lange behaupten. In den nächsten 60 Jahren rangen in verschiedenen Konstellationen Athen, Theben und Sparta um das Übergewicht in Griechenland, wobei allerdings niemand gewann und am Ende alle geschwächt wurden. Die Entscheidung brachte schließlich das Eingreifen Philipps II. von Makedonien (im Norden Griechenlands), der in der Schlacht von Charoneia 338 die verbündeten Griechen schlug und damit die Vorherrschaft erringen konnte, indem er Griechenland im „Korinthischen Bund“, der von Makedonien dominiert wurde, zusammenfaßte.

Nach seiner Ermordung 336 führte sein Sohn Alexander ein griechisch-makedonisches Herr zum Angriff auf das Perserreich, vernichtete dieses und eroberte weite Teile Asiens. Etwa seit dieser Zeit spricht man vom „Hellenismus“, womit das Ausgreifen griechischer Kultur gemeint ist.
Nach seinem Tode 323 zerbrach das Reich und seine Generäle kämpften um die Nachfolge. Bis 281 gewann dann das hellenistische Staatensystem seine endgültige Gestalt: In Ägypten (Ptolemaier), im vorderen Orient (Seleukiden) und im ägäischen Raum (Antigoniden) etablierten sich makedonische Dynastien, die bis zum Eingreifen Roms bestanden.

Einführende Literatur (zur politischen Geschichte):
- Bayer, Erich: Grundzüge der griechischen Geschichte, Darmstadt 1978
- Bengtson, Hermann: Griechische Geschichte, München 1982
- Bengtson, Hermann: Herrschergestalten des Hellenismus, München 1975
- Finley, Moses: Die Griechen. Eine Einführung in ihre Geschichte und Zivilisation, München 1983
- Finley, Moses: Die Welt des Odysseues, München 1979
- Green, Peter: Alexander der Große. Mensch oder Mythos, Würzburg 1977
- Kerschensteiner, Julia: Die mykenische Welt in ihren schriftlichen Zeugnissen, München 1970

Verfasst von Roland Binder (Ehemaliger Moderator der Rubrik Altertum)
 
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