Elsass-Lothringen unter dem deutschen Einfluss

Frederic B

Neues Mitglied
Guten Tag!

Ich heiße Frederic, 17 und bin neu hier im Forum. Ich interessiere mich seit ewig für Geschichte, besonders aber für die deutsche.

Nun stehen bei uns die Facharbeiten in der Oberstufe an und ich habe mich entschieden im Fach Französisch meine Facharbeit zu schreiben mit dem Thema:
"Elsass-Lothringen unter dem deutschen Einfluss" ["L'Alsace et la Lorraine sous l'influence allemande"] - Also der (moderne) Umgang mit der deutschen Kultur (Geschichte/Spracheinflüsse/Essenskultur/ usw.) nach 1919

Ich habe mich für das Thema entschieden, eben weil ich sehr geschichtsinteressiert bin und mich die in jeder Hinsicht z.T. traurige Geschichte unseres Volkes umfassend interessiert.

Ich habe natürlich grob schon eine Idee, welche Inhalte sich in der Arbeit wiederfinden sollten:

- Was ist Elsass-Lothringen überhaupt? - Definition und Lage.
- Woher "stammen" die Deutschen in der Region, Eroberung der Gebiete in
der Renaissance.
- Geschichte (Versailler Vertrag, Integrität im franz. Staat, 2.Weltkrieg,
CdZ-Gebiet E-L, Vierte franz. Republik, -> heute)
- Sprachbildentwicklung (Dialekte, Mundarten, Einflechtung ins
Französische) im Zeitraum von 1919-jetzt
- Städtebauliche Elemente
- Essenskulturrelikte
- Straßen-/ Familiennamen
- Politische Situation (Verbände [Sport, usw], evtl. Landsmannschaften,
Parteienlandschaft)
- Eventuell eine Quelle (egal welcher Art)
- Ein Interview, was passend die Entwicklung beschreibt.
- Heutige Einstellung zum Deutschtum


Ich würde mich freuen, wenn ihr kreative, sowie vernünftige Ideen dazu beisteuern könnten wie ich meine Facharbeit gut und sachgemaß, aber auch kreativ und originell gestalten könnte.

Vielen Dank schon einmal in voraus für euer Engagement! :winke:
Frederic
 
Ich mag mich täuschen, aber für mich sieht die Fragestellung nach dem Thema/Titel mehr danach aus, vor allem wenn es um Französisch geht, wie die Franzosen den Einfluss der Deutschen empfanden und wie sie damit umgingen. :grübel:
 
Ich gehe insgesamt und allgemein von der Bevölkerung aus, also wie Deutsche und Franzosen den deutschen Einfluss empfinden/empfanden. Das ganze einfach dann auf Französisch hingeschrieben.

Danke für eure Hilfe im voraus!
 
Guten Tag!

Ich heiße Frederic, 17 und bin neu hier im Forum. Ich interessiere mich seit ewig für Geschichte, besonders aber für die deutsche.

Nun stehen bei uns die Facharbeiten in der Oberstufe an und ich habe mich entschieden im Fach Französisch meine Facharbeit zu schreiben mit dem Thema:
"Elsass-Lothringen unter dem deutschen Einfluss" ["L'Alsace et la Lorraine sous l'influence allemande"] - Also der (moderne) Umgang mit der deutschen Kultur (Geschichte/Spracheinflüsse/Essenskultur/ usw.) nach 1919

Ich habe mich für das Thema entschieden, eben weil ich sehr geschichtsinteressiert bin und mich die in jeder Hinsicht z.T. traurige Geschichte unseres Volkes umfassend interessiert.

Ich habe natürlich grob schon eine Idee, welche Inhalte sich in der Arbeit wiederfinden sollten:

- Was ist Elsass-Lothringen überhaupt? - Definition und Lage.
- Woher "stammen" die Deutschen in der Region, Eroberung der Gebiete in
der Renaissance.
- Geschichte (Versailler Vertrag, Integrität im franz. Staat, 2.Weltkrieg,
CdZ-Gebiet E-L, Vierte franz. Republik, -> heute)
- Sprachbildentwicklung (Dialekte, Mundarten, Einflechtung ins
Französische) im Zeitraum von 1919-jetzt
- Städtebauliche Elemente
- Essenskulturrelikte
- Straßen-/ Familiennamen
- Politische Situation (Verbände [Sport, usw], evtl. Landsmannschaften,
Parteienlandschaft)
- Eventuell eine Quelle (egal welcher Art)
- Ein Interview, was passend die Entwicklung beschreibt.
- Heutige Einstellung zum Deutschtum


Ich würde mich freuen, wenn ihr kreative, sowie vernünftige Ideen dazu beisteuern könnten wie ich meine Facharbeit gut und sachgemaß, aber auch kreativ und originell gestalten könnte.

Vielen Dank schon einmal in voraus für euer Engagement! :winke:
Frederic

Ich möchte auch noch wegen des Titels nachfragen: ["L'Alsace et la Lorraine sous l'influence allemande"]

Ist Dir das Thema von Deinem Lehrer so vorgegeben worden? Hat er noch weiter gesagt, was in der Arbeit alles erscheinen soll? Denn im Prinzip ist "influence allemande" ein sehr weiter Begriff. Damit mag die elsässische und teils die lothringische Regionalidentität gemeint sein (letztendlich handelt es sich ja um deutsche Sprachgebiete). Für Lothringen gilt letzteres nur eingeschränkt. Es mag die Zugehörigkeit zum deutschen Staatsgebiet (1871 - 1918 und 1940 - 1944) meinen, oder den Umgang mit dieser Zugehörigkeit unter französischer Regierung.

Dekumatland hat ja auch auf die architektonischen Hinterlassenschaften in Metz (und ich möchte Straßburg ergänzend nennen) hingewiesen.

Daneben ist auch noch die Situation der Bevölkerung zu nennen. 1870/1871 kämpften sie auf französischer Seite gegen Deutsche. 1914 - 1918 kämpften sie als Deutsche gegen Franzosen. 1940 als Franzosen gegen Deutsche. Direkt anschließend als Deutsche gegen Franzosen, Amerikaner, Engländer, Russen etc.

Man kann jetzt natürlich viel streifen, aber bei wenig in die Tiefe gehen. Dazu ist das Thema zu groß. Welchen Umfang soll denn das Œuvre haben?
 
Nein, ich habe mir das Thema selber gewählt, da ich dachte, dass das Thema noch recht unverbraucht ist.
Bezüglich der Weite des Begriffes gebe ich dir Recht. Ich hatte ursprünglich vorgeschlagen: "Der moderne Umgang mit der deutschen Vergangenheit".

Meine Lehrerin hat es dann wie oben zu sehen formuliert.

Veranlagt sind 12 bis 15 Seiten reiner Text (also ohne Literaturangaben).

Architektonisch mag der Festungsbau vermutlich für viele interessant sein, allerdings befürchte ich, dass meiner 30-jährigen Lehrerin dieser Aspekt weniger interessiert.

Interessant und vermutlich auch die finale Feststellung wird in die Richtung gehen, dass die Menschen immer eher pro-französisch eingestellt waren. Das zu begründen wird, denke ich, die Aufgabe sein, aber ebenso welche Gründe sich finden und schließlich warum die Menschen immer recht deutlich am Deutschtum (aber weniger am dt. Staat) festgehalten haben.

Ich suche eben noch nach guten Ideen, welche einen interessanten und informativen Blick auf die Materie werfen und natürlich eine gelungene inhaltliche Gestaltung, weshalb ich hauptsächlich nach attraktiven Theme suche.

Sehr vielen schonmal Dank für eure Mithilfe!
 
Die Inhalte sind für eine Facharbeit zu allgemein. Das wird so eher ein Wikipedia-Artikel zu Elsaß-Lothringen. Nimm dir am besten ein spezielleres Thema, z.B. die Eingliederung der eroberten Reichsgebiete in das Königreich Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert. Der Eingliederungsprozess war mit der Eroberung nicht abgeschlossen. Es gab da einige Sonderbehandlungen: Die Revokation des Edikts von Nantes wurde im Elsaß mit Rücksicht auf die lutherische Bevölkerung nicht durchgeführt.

Eroberung der Gebiete in
der Renaissance.
Noch ein kleiner Tipp: Louis XIV lebte nicht in der Renaissance.

Architektonisch mag der Festungsbau vermutlich für viele interessant sein, allerdings befürchte ich, dass meiner 30-jährigen Lehrerin dieser Aspekt weniger interessiert.
Architektur hat immer eine Aussage. Man kann z.B. analysieren welche symbolischen Botschaften in der architecture impériale allemande von Straßburg stecken und wie diese Botschaften von der Bevölkerung rezipiert wurden. Anderes Beispiel: Wilhelm II. ließ die Hohkönigsburg als Herrschaftszeichen wiederaufbauen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo AnDRo: Danke für deinen Beitrag. Ich hatte diese Kritik fast befürchtet. Das Thema was du vorschlägst, beunruhigt mich insofern, dass ich mich frage, ob man die angegebene Seitenzahl mit der Thematik füllen kann.

Allerdings habe ich nicht vor einen erweiterten Wikipediaartikel zu schreiben, sondern dezidiert auf deutsche Elemente in der Kultur hinzuarbeiten und die Meinung der Bevölkerung dazu herauszuarbeiten.

Irgendwie könnte ich diese Idee doch ebstimmt auch mit einem Interview ausfüllen. Vielleicht mit einem ethnisch deutschen E-L'er, bzw eines französischen E-L'er.
Wie kann das realisieren? Habt ihr sonst noch andere gute Kritiken ? Danke!!!!
 
Renn'! Dreh' dich von diesem Thema ab, und schau' nie wieder zurück! :D

Spaß beiseite, da hast du dir ein schwieriges Thema ausgesucht, und alleine dein zweiter Punkt über die "Abstammung" der "Deutschen" in Elsass-Lothringen ist ziemlich, ziemlich kompliziert. Ich bitte den Stilbruch zu verzeihen, daß ich mich hier selbst zitiere, ich finde es nur auf die Schnelle im Forum nicht, und wusste noch wo ich's auf dem Computer habe, deswegen zitiere ich mich in Folge selbst. Dazu anzumerken wäre, daß es im Original darum ging, ob die Elsässer sich als Deutsche, oder als Franzosen verstanden, mit genauerer Untersuchung der Sprachlage. Die "Schnepfenhauben" waren in einem vorangegangen Beitrag spezifisch angesprochen worden. Bei Bedarf suche ich gerne die Originalquellen der Zitate heraus.

Alle Angaben stammen aus: ‘Nation-Building and Cultural Particularism in Eighteenth-Century France: The Case of Alsace’, Author(s): David A. Bell Source: Eighteenth-Century Studies, Vol. 21, No. 4, (Summer, 1988), pp. 472-490 Published by: The Johns Hopkins University Press. Sponsor: American Society for Eighteenth Century Studies (ASECS).

Laut Bell (1988) deuten die Bemühungen Louis XIV die Französische Sprache im Elsaß einzuführen im Zusammenhang mit der Hugenottenvertreibung und der konfessionellen Anbindung des Elsaß an Augsburg (also den Protestantismus) zu verstehen. Man wollte vermeiden, dass Ideologien verbreitet werden die Frankreich schaden könnten. Auf der anderen Seite folgten dem Edikt des Conseils d’Etat im Januar 1685 aber keine Taten, auch wenn die Herrschaft in der Person Ludwigs XVI im Jahre 1788 sich noch beklagte: „La langue Allemande est à Strasbourg la seule que la pluspart des gens du peuple parlent et entendent. Il résulte de la plusieurs inconvénies dont sa Majesté est frappé.”

Auf der anderen Seite fand im Elsaß, in Straßburg im Jahr 1775 die Gründung der “Gesellschaft zur Ausbildung der Deutschen Sprache“ (fortan als ‚die Gesellschaft’ bezeichnet) statt, die auch eine Wochenzeitung mit Namen ‚Der Bürgerfreund’ herausbrachte. Trotz des Enthusiasmus für die Deutsche Sprache, betrachtete die Gesellschaft sich politisch an Frankreich gebunden. Eines der Mitglieder jedoch, Blessig, beklagte sich, dass seine Freunde zwischen dem Deutschen und Französischen so oft wechselten, dass sie keines mehr richtig könnten.

Ein anderes Mitglied, Michael Lenz, sagt in seiner Rede zur Gesellschaft am 2. November 1775 ausdrücklich: „Wir sind alle Deutsche.“ Und fährt fort die Französische Regierung zu preisen: „Eben weil diese Regierung menschenfreundlich und beglückend ist fordert sie diese Aufopferung (gemeint ist die Assimilierung) Ihnen nicht; der Geist, meine Herren leidet keine Naturalisation.“ Und eine Woche später heißt es wieder von Lenz man möge „das Band mit ihrem Deutschen Vaterlande“ erhalten. Die Mitglieder der Gesellschaft (zu der laut Bell auch Goethe und Herder Zugang in Straßburg hatten) sahen anscheinend keinerlei Widerspruch darin Deutschland (N.B.: zu jener Zeit ja noch kein Nationalstaat, also im kulturellen Sinne zu verstehen) als ‚Vaterland’ zu bezeichnen, und zur gleichen Zeit Frankreich gegenüber loyale Untertanen zu sein. Was die Französische Zentralregierung von diesen Dingen hielt, darüber schweigt sich Bell aus.

Die eigentliche Absicht der Gesellschaft wurde im ‚Bürgerfreund’ angegeben: „Auch die Moral die wir vortragen wollen, soll lokal sein, unsere Schilderungen sollen nicht dem Mann im Monde, sondern den Mann im Elsaß zum Gegenstand haben.“ (Übrigens bemerket ein solcher ‚Mann im Elsaß’ ebenfalls im Bürgerfreund zu dem was ihm da vorgelegt wurde: „Von Ihren Versen versteh’ ich nichts.“)

Was die ‚Schneppenhauben’ angeht, scheint es nach der Französischen Revolution durchaus wieder Zweifel an der Loyalität der Elsässer aufgekommen zu sein. Bell erwähnt sie nur im Zusammenhang mit einer Rede aus Elsässischen Kreisen zu ihrer Verteidigung in der es heißt: „les filles et les femmes qui portent des Tresses et des Schneppenhaubens, sont-elles moins citoyennes?“ Weiter wird das ancien regime angeklagt ‚tyrannisch’ gewesen zu sein mit seinen linguistischen Auflagen.

Zuerst jedoch zeigte sich die Zentralregierung freundlich und erließ am 14. Januar 1790 ein Edikt, dass alle Gesetze und Dekrete in lokale Sprachen übersetz werden sollten. Anscheinend wurde dies weitgehend ignoriert, außer im Elsaß wo in jener Zeit Deutschsprachige Heere umherzogen. Kurz darauf jedoch erfolgte eine neue ‚Gallisierungskampagne’ mit zum Teil undurchführbaren Vorschlägen, wie die von einem ehemaligen Priester namens Rousseville gemachte, dass man die Elsässer alle ins Landesinnere deportieren solle und das Elsaß mit Französischsprachigen Kolonisten besiedeln möge. Ein anderer conventionell, namens Lacoste sagt wortwörtlich: „La seule mésure à prendre est de faire guillotiner le quart des habitants […].“

Auf Elsässischer Seite wusste man sich jedoch durchaus der Rhetorik der Französischen Revolution zu bedienen und klagte auch die Straßburger Jakobiner an ‚poison royalistique-aristocratique’ mit solchen Maßnahmen zu verbreiten. Nach dem Terror hörten die ernsthaften Maßnahmen zur Verbreitung der Französischen Sprache wieder auf, und die Deutschsprachige Universität in Straßburg wurde wiedereröffnet. Anscheinend blieben die Elsässer Frankreich gegenüber loyal, gerade weil die Maßnahmen ein Ende fanden, so Bell.

Aus der Sicht des Nationalgedankens des 19. Jahrhunderts scheinen die Elsässer im Laufe der Zeit immer wieder widersprüchliche Loyalitäten gut vereinbart zu haben: Protestantismus gegenüber der konfessionellen Politik Ludwigs XIV, geistige Anbindung an Deutschland, politische Anbindung an Frankreich etc, und haben damit anscheinend auf allen Seiten Zweifel aufkommen lassen, wobei sie anscheinend ausdrücklich immer in erster Linie Elsässer waren.
Von Abstammung steht da zwar nichts drin, aber der springende Punkt war, daß die Elsässer sich kulturell als Deutsch verstanden haben, aber dem französischen Staat loyal waren. Heutzutage mag sich das seltsam anhören, aber im Kontext der Zeit war es durchaus normal und verständlich. So oft wie sich Ländergrenzen bis in jüngste Neuzeit verschoben haben, sind strenge Unterteilungen in "Deutsch" oder "Französisch", so wie wir das heute verstehen, eigentlich unsinnig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Puh ... ok zuerst einmal vielen Dank auch für deinen Beitrag! Die Thematik scheint nicht einfach zu sein, wovon ich allerdings selber auch ausgegangen bin, was sich in deinem hinzugefügten Zitat ebenfalls wiederspiegelt.

Allerdings halte ich es nicht für unmöglich, da ich mit einer schwierigen Thematik viele Seiten füllen kann & es dem Anspruch einer Facharbeit genügen muss, zumal es mich auch interessiert.

Ich nehme deinen (euren) Tips auf, da ich Anfang der nächsten Woche nach Münster zur Unibibliothek fahren möchte, um mir Bücher über mein Themengebiet ausleihen zu können.

Deshalb frage ich hier nach interessanten Themensträngen, die ich zu berücksichtigen werden habe bei meiner Büchervorbestellung.

Vielen Dank für eure Hinweise und Tips hier! Werde ich definitiv im Hinterkopf behalten!
 
Kennst du die Beiträge aus unserem Forum unter
aus: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?p=94457#post94457 ?!

Interessant vielleicht auch dieses Zitat:

"...Merkliche Parallelen zum oberschlesischen Fall förderte Christiane Kohser-Spohn (FU Berlin) in ihrem Vortrag Der Traum vom föderalen Europa. Die elsässische Autonomiebewegung in der Zwischenkriegszeit zutage. Auch hier erwies sich "Traum" als das Schlüsselwort.
War 1918 die "Befreiung" in Elsaß-Lothringen begeistert begrüßt worden, so hatte sich bis 1925 ein schwerer Konflikt zwischen Region und Hauptstadt entwickelt. In den 1930er Jahren entstand aus dem zunächst defensiven, antigouvernementalen Protest eine offensive, antifranzösische Autonomiebewegung, die jedoch praktisch keine Änderung der Pariser Politik durchsetzen konnte. Den Widerstand ausgelöst hatte die rabiate Französisierungspolitik, die Paris noch 1918 implementierte und die vielfach als demütigend und sogar als Rückschritt gegenüber dem im Kaiserreich erworbenen Sonderstatus empfunden wurde. Nicht zuletzt diese relative "Fremdheit" in Deutschland und der Kampf mit Berlin um politische Rechte hatten ein starkes regionales Sonderbewußtsein heranwachsen lassen sowie die gesellschaftliche Infrastruktur zu dessen Artikulation. Die Konfession spielte hier eine interessante Doppelrolle: Der Laizismus der Regierung Herriot gab regionalistischen Argumenten unter der katholischen Bevölkerung Auftrieb, während zugleich die Katholizität Frankreichs die protestantischen Elsässer Bauern auf den radikalen Flügel der Bewegung trieb.
Doch auch im Falle Elsaß-Lothringens erwies sich der Regionalismus als dem Nationalismus nicht ebenbürtig. Denn der Regionalismus drückte sich in einer Vielzahl heterogener Vorstellungen und Projekte aus, deckte ein Spektrum ab von maßvoller Kulturautonomie für die "etwas anderen" Franzosen bis hin zur Loslösung des eigenständiges "Mittlervolkes" zwischen Franzosen und Deutschen als selbständiges Mitglied in einem zu schaffenden europäischen Bundesstaat. Uneinigkeit, Unklarheit und eine deutliche Spannung zwischen "europäischer" Rhetorik und provinzieller Ausschließlichkeit prägten und schwächten seine Programmatik.
Demgegenüber agierte Paris hart nach Maßgabe geschlossener Vorstellungen: Der zentralistische Staat hatte sich im Krieg bewährt, sein Rückzug aus der Provinz konnte dort nur deutschem Revanchismus zuarbeiten und die Unruhe unter ähnlich gesinnten Minderheiten (Bretonen, Basken, Korsen) anheizen. Diesen machtpolitischen Erwägungen entsprach ein Verständnis der Nation als "une et indivisible", ausgestattet mit einer letztlich universalistischen Homogenisierungsmission im Sinne der "civilisation française", voller Überlegenheitsgefühl gegenüber jedem Anklang von "attitude boche". Die Berufung der Regionalisten auf die Minderheitenschutzklauseln des Völkerbundes, ihre Beschreibung Frankreichs als zu föderalisierender Vielvölkerstaat wurde in Paris als gefährlicher Affront aufgefaßt. Mithin bestimmten der Zentralismus des französischen Staates und die ideologische Armut der Autonomiebewegung den Ausgang des Konfliktes.
..."

aus: Die Grenzen der Nationen und Nationalstaaten: Regionalismus in europäischen Zwischenräumen von der Mitte des 19. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Berlin: Zentrum für Vergleichende Geschichte Europas, 09.02.2001-10.02.2001
weitere Angaben unter http://www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=27408
 
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ich möchte in diesem kontext eine Frage stellen, die mich schon lange beschäftigt: wie oben angeführt ist F ein zentralistischer Staat. "France de l`Est" (hab ich aus einem Gespräch mit einem Provencalen, ich nehme an, das entspricht unserem "Elsass-Lothringen" hat ein "deutsches" Jagdrecht: Reviersystem, die gleichen Schonzeiten, Abschusspläne.

Frankreich hat sonst ein diametral anderes System. Frei begehbare Flächen statt Reviere (ist nicht ganz konsequent durchgezogen), Jagdgesellschaften statt Reviere, Nachtjagdverbot, Jagd auf alles Wild nur von September bis Januar u.a.

Da drängen sich mir zwei Fragen auf:
- warum hat Paris den Elsässern ausgerechnet das deutsche Jagdrecht gelassen?
- wann? wahrscheints nach 1918, obwohl in D erst der Reichsjägermeister (hickss) das Jagdrecht vereinheitlicht hat
 
ich möchte in diesem kontext eine Frage stellen, die mich schon lange beschäftigt: wie oben angeführt ist F ein zentralistischer Staat. "France de l`Est" (hab ich aus einem Gespräch mit einem Provencalen, ich nehme an, das entspricht unserem "Elsass-Lothringen" hat ein "deutsches" Jagdrecht: Reviersystem, die gleichen Schonzeiten, Abschusspläne.

Frankreich hat sonst ein diametral anderes System. Frei begehbare Flächen statt Reviere (ist nicht ganz konsequent durchgezogen), Jagdgesellschaften statt Reviere, Nachtjagdverbot, Jagd auf alles Wild nur von September bis Januar u.a.

Da drängen sich mir zwei Fragen auf:
- warum hat Paris den Elsässern ausgerechnet das deutsche Jagdrecht gelassen?
- wann? wahrscheints nach 1918, obwohl in D erst der Reichsjägermeister (hickss) das Jagdrecht vereinheitlicht hat

Ich kenne mich weder mit dem französischen noch mit dem deutschen
noch mit dem elsässisch-lothringischen Jagdrecht aus. Aber es gibt eine Reihe von rechtlichen Abweichungen zwischen dem ehemaligen Reichsland Elsaß-Lothringen und dem restlichen Frankreich.

Als nach dem 1. Weltkrieg Elsaß-Lothringen zu Frankreich zurückkehrte, wurden einige Regelungen aus der Zeit der Zugehörigkeit zum Deutschen Reich beibehalten. Grund dafür war, dass kurzfristig die Verwaltung weiterhin funktionieren sollte. Die Übernahme sollte eigentlich befristet sein, aber immerhin funktioniert es ja schon seit über 90 Jahren :rofl:.

Bekanntere Beispiele für noch gültige Regelungen aus der deutschen Vergangenheit von Elsaß-Lothringen sind der Rechtsverkehr bei den Eisenbahnen (in Frankreich gilt ansonsten Linksverkehr im Schienenverkehr) sowie der 26. Dezember, der im Gegensatz zum restlichen Frankreich ein Feiertag ist.

Ein Auflistung von rechtlichen Besonderheiten in Elsaß-Lothringen bietet der folgende Artikel auf Französisch:

Droit local en Alsace et en Moselle - Wikipédia


Speziell zum Jagdrecht der folgende Unterpunkt:
Droit local en Alsace et en Moselle - Wikipédia
 
Carolus, je t`aime! Wikipédia, Droit local, klar, ich idiot! lesen kann ich´s , aber auf die Suchbegriffe bin und wär´ ich nie gekommen... Da werd´ich mich jetzt mal mit Inbrunft reinhängen, nochmal Danke..

Steffen
Olivenöl statt Butter!

PS: mit deinem Wikipédia-Link und meiner originellen Frage (vor Eigenlob stink) könnte Frederic B. doch eine echt originelle Facharbeit abliefern anstelle des üblichen "Sind die E-Ls deutsch oder französisch?" - Gelaber?!
 
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Super, genau solche Eigenheiten suche ich, die zeigen inwiefern auch solche deutschen 'Relikte' geblieben sind! Herzlichsten Dank!!! Wikipedia ist zwar keine zitierfähige Seite, aber alleine der Gedanke ermöglicht es einem sich weiter dahinter zu hängen. Ich bin am Donnerstag in der Unibücherei Münster und werde solche Stichworte/Gedanken weiterverfolgen.
 
Hallo,
es war nun etwas länger ruhig hier. In der Zwischenzeit habe ich mich in der Universitätsbibliothek Münster und im Netz schlau gemacht.

Auch habe ich eine Gliederung (unten) angefertigt (& von meiner Lehrerin abgenommen) und ich denke, dass ich mich aufbautechnisch und inhaltlich gut auf Sie beziehen kann.

Meine Frage ist, da ich mich nicht so zurecht finde im Internet bei dem Thema, ob Ihr Ideen habt, wo ich vor allem Informationen über Elsass-Lothringen nach 1919 finde (Geschichte usw.) Auch wären viele Zitate und Expertenmeinungen klasse. Um dem Vorwurf schon frühzeitig entgegenzutreten. NEIN - ich möchte nicht, dass ihr mir die Arbeit abnehmt und ich bin auch nicht faul, aber es gibt immer jemanden mit mehr Überblick!

Ich wäre euch verdammt dankbar. (Französische Links sind auch i.O, da die Arbeit auf Französisch verfasst wird)

Alles in eckigen Klammern dient hier nur zur Erklärung.



I. Einleitung



1. Themenstellung

2. Ziele der Arbeit,

3. Methoden & Wege zu Anfertigung

4. [Warum diese] Themenauswahl [Mich interessiert dt. Geschichte, (deutsche) Minderheiten in Europa; z.B. Situation mit dem heutigen Baskenland vergleichend anmerken; die noch heute

währende Unterdrückung der deutschen Kultur (Verbot des deutschen Jugendteils in der deutschen Ausgabe der Dernières Nouvelles d'Alsace (DNA) (Elsässische Neueste Nachrichten) im

März 2012)]



II. Definition des Begriffs "Elsass-Lothringen"



1. Geographischer Bezugsrahmen [Reichsland Elsass-Lothringen (1871-1919)]

2. Zentrale Problematik der Region [Ich bin mir nicht sicher, in welchen Teil ich diese zentrale Problemstellung einfügen soll?]; [Hin- und Hergerissenheit der Region aufgrund der zwei Ethnien]

3. Geschichte und die deutsche Sprachentwicklung

a) Vorgeschichte [kürzer...]; [Woher stammen die Deutschen?, Wann wurde die Region französisch und wie entwickelte sich die Region nach der Reichsgründung 1871/dem Ersten Weltkrieg]

b) Versailles und seine Konsequenzen [Zurück zu Frankreich, Hoffnungen und Enttäuschungen]

c) Besetzung durch Nazi-Deutschland [Reaktion der Bevölkerung]

d) Mit der 4. Republik in die Moderne [Der Krieg und seine Folgen für die Kulturgemeinschaft der Deutschen, Deutsch-Französische-Annäherung= Recht auf Kulturfreiheit?, Zentrum Europas als Chance (EU Parlament in Strassbourg), Ist heute alles vorbildlich und emanzipiert?]



III. Die (sprachliche) Identität Elsass-Lothringens



1. Fremdansicht

a) Französische



1) Vor 1919 [Zentrales (Revanche-) Thema in der franz. Politik, Befreiung von der deutschen "Unterdrückung", schon immer französisch, Ignorierung des Deutschtums]

2) Zwischen 1919 und 1940 [Annerkennung der Deutschen, um sie nicht gegen den Staat zu Vergraulen, Restriktive Französisierungspolitik; dennoch Deutsch bleibt gebräuchlich]

3) 1940 bis 1945 [Weitgehende Ignoranz, da größere Probleme (Besetzung des gesamten Landes, Vichy-Regime)]

4) Nachkriegszeit: Restriktive Französisierungspolitik, die sich seit 70'er Jahren verselbstständigt, nur noch ältere sprechen deutsche Mundarten, 'c'est chic de parler francais', '"Es ist 5 vor 12 für die deutsche Kultur"



b) Deutsche

1) Vor 1919 [Normaler Teil des Deutschen Reiches]

2) zwischen 1919-45 [Verlorener Urdeutscher Boden, Unrecht des Versailler Vertrags]

3) seit 1945 [keinerlei Ansprüche seitens Deutschland, Annerkung als französisches Gebiet, Förderung der Kultur, allerdings nicht im historischen sondern im fremdsprachligen Sinne, 'Nichteinmischungspolitik als Mischung aus Unwissenheit, Resignation und ängstlicher Bequemlichkeit.]



2. Eigenansicht

a) vor 1919 [Geteiltes Echo-> Tendenz eher deutsch, aber auch eigenständig/unabhängig]

b) zwischen 1919-40 [Versuche als treues Element im französischen Staat zu sein, weitesgehende Verneinung des deutschen Staates, allerdings Kultur wird erhalten]

c) 1940 bis heute [Zwang ein Teil des Dritten Reichs gewesen zu sein, nach dem Krieg treue Franzosen, allerdings bleibt deutsche Sprache bis in die 70er erhalten, aber geht seitdem stark zurück. 'es ist 5 vor 12 für die deutsche Kultur', langsames und kleines Wiedererwachen für deutsche Kultur, deutsche Kindergärten etc..., fühlen sich noch immer unterdrückt, müssen

aber vorsichtig sein (keine öffentlich Kritik an Zeitungsverbot [siehe oben], Möchten Sie Deutsche genannt werden?)



FÜR DEN DEUTSCHEN TEIL UND DIE EIGENANSICHT STEHEN NOCH RECHERCHEN AUS



IV. Die deutsche Sprache in Elsass-Lothringen



1. Lokalisierung der deutschen Sprache und von Mundarten [Sprachenkarte]

2. Was unterscheidet Sie von Hochdeutsch und wie unterscheidet sie sich untereinander? [Welchen Einflüssen unterliegt/unterlag sie?]

3. Welche Verwendung findet sie? [noch geläufig? In welchen Schichten, Milieus]

a) Stadtnamen

b) Familiennamen

c) Administration [öffentlich, aber auch EU]





V. Resümee



1. Der Versuch einer Identitätsstiftung unter den gegeben Vorzeichen [Wie lässt sich das Elsass-Lothringen also quasi wie in einer Enzyklopädie beschreiben]

2. Hat die deutsche Identität der Region eine Zukunft? [Perspektiven für die Sprache etc]

3. Die künftige Rolle Elsass-Lothringens als Beispiel für das europäische Zusammenwachsen? [Erübrigung der Staatzugehörigkeitsfrage]
 
Weil ich das schon ewig mal loswerden wolltee:

Ostern 2009 musste ich bei Colmar ein Erstatzteil für mein Moped einkaufen. Vor mir hinterm Tresen der Patron (um die 60), davor Madame (um die 40) mit missratenem Sprössling (so 16, 17). Sprösslings Roller war kaputt, selber dran rumgebastelt, dann Kolbenfresser. Die technische Diskussion erfolgte auf Elsässisch. Dann ging´s an die Kosten und alle drei, vorab Mme, dann Patron, dann missratener Sprössling wechselten nahtlos ins Französische. Dann wieder technische Alternativen (gebrauchter Motor, anderes Moped) auf Elsässisch. Dann wieder Kosten auf Französisch. Abschliessend hat Mme Sprössling auf Französisch den Marsch geblasen. Verabschiedung auf Elsässisch.

Mein nicht ganz ernst gemeintes Fazit: die unangenehmen Sachen werden auf Französisch besprochen, das angenehme und interessante auf Elsässisch.

Bischen ernster: die waren über drei Generationen perfekt zweisprachig, über die Zukunft der Zweisprachigkeit macch ich mir seither keine Gedanken mehr.

PS: ich hab auf Französisch mit ihm geradebrecht und er ist auch nicht auf D umgestiegen, obwohl ich den dumpfen Verdacht hege, daß er gemerkt hat, auf welcher Seite des Rheins ich aufgewachsen bin.
 
Da ich zufälliger weise schon mal hier bin,werde ich mal den Standpunkt eines Deutschlothringers erläutern.

Zu erst einmal;Elsass-Lothringen hat es so nie gegeben,sondern ist eine Erfindung vom 2 Reich.

Auch Deutschlothringen gab es vor dem Reich nicht.Was es gegeben hat war das Herzogtum Lothringen mit der Lorraine thioise also einem deutschsprachigen Gebiet.Auch baillage d'Allemagne(deutsches Lehen)genannt.

Die Lothringer Welsche wie Deutsche,sahen sich seit dem Mittelalter vor allem als Lothringer.



Das besagt auch der Spruch der Lothringer-Français je ne puis,Allemand je ne veux,Lorrain toujours.Also ungefähr-Franzose kann ich nicht sein,Deutscher will ich nicht sein,Lothringer bin ich.

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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Tut mir leid.Das mit You tube hatte ich nicht mitbekommen.Beste Publikation über Lothringen in deutscher Sprache;

Merian -Lothringen-September 1968
 
2. Hat die deutsche Identität der Region eine Zukunft? [Perspektiven für die Sprache etc]

Mit dem Begriff "deutsche Identität" würde ich im Bezug auf E-L vorsichtig agieren. Ich glaube es würde nicht so gut ankommen, wenn man einem Elsässer grundweg eine "deutsche Identität" unterstellt. Die dort heute aktiven Heimatverbände pflegen auch nicht das "Deutschtum", sondern stellen ihre Elsässische/Lothringische Identität in den Vordergrund, bemühen sich um den Erhalt der Mundarten, alter Traditionen und Bräuche (die sicher oftmals alemannischen Ursprungs sind) und kämpfen für mehr Selbstverwaltung. Ich behaupte mal, eine "deutsche Identität" gibt es in diesem Sinne in der heutigen Zeit dort nicht.

Diese Heimatverbände haben es auch heute, in unserer "aufgeklärten" Zeit noch schwer, allgemeine Akzeptanz und politische Unterstützung zu finden. Das Pro-Französische Geschichtsbild findet immer noch weitaus mehr Zuspruch von offizieller Seite. Negative Seiten (das Französische betreffend) werden geflissentlich ausgeblendet oder verfremdet wiedergegeben. Die "schlimme" Zeit unter Dt. Herrschaft 1871-1918 wird hingegen noch immer als eine besonders harte Zeit der Unterdrückung der Elsass-Lothringer verkauft. Dabei wird jedoch z. B. ganz vergessen, dass E-L 1911 eine eigene Verfassung bekam - eine Errungenschaft, die bis heute unter franz. Herrschaft undenkbar ist.

Einen wirklich interessanten Einblick in die völlig unterschiedliche Sichtweise der elsässischen Heimatgeschichte im 20. Jahrhundert bietet die Betrachtung der beiden elsässischen Persönlichkeiten Jean-Jaques Waltz und Joseph Rossé - zwei "Heimatkämpfer", wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten.

Ich hoffe das Einstellen dieses Links ist erlaubt:

Unsri Heimet Jean-Jacques Waltz und Joseph Rossé ? zwei Schicksale im ElsassDo sin m'r d'heim

Wer nicht alles lesen will, dem sei zumindest der Teil weiter unten "Hansi und Rossé heute" ans Herz gelegt, in dem erkennbar wird, wie schwer man sich in Frankreich auch heute noch mit einer differenzierten und ausgeglichenen Geschichtsbetrachtung tut.
 
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