Die soziale Entstehung von "Adelsgeschlechtern", die für Mitteleuropa historisch relevant waren, kann man auf die Schichtungs- bzw. Klassenstruktur der römischen Gesellschaft zurückführen.
Teilweise geht die Vorstellung der Stratifizierung auf biblische Vorstellungen zurück, die die Abkömmlinge von drei "Vätern" den "Nobilites", den "Milites" und den "Servicii. (ich hoffe ich habe es lateinisch korrekt geschrieben)
Über die Jahrhunderte veränderte sich die Bedeutung dieser Begriffe vom römischen Imperium bis in das Hochmittelalter. (vgl. Duby)
Dabei ist grundsätzlich zu beachten, das die Nobilität / Adel im wesentlichen als eine gesellschaftliche Gruppe verstanden wird, deren Rechte legal abgesichert sind und durch Geburt vererbbar. Die Aristokratie dagegen ist eine soziale Gruppe, die sich durch einen bestimmten Lebensstil auszeichnet. Sie ist nicht identisch mit dem Adel, wenngleich der Adel eine Teilmenge der Aristokratie ist (vgl. dazu Crouch)
Grundsätzlich ist die Entwicklung des Adels - sowohl des höheren wie des niederen - im Kontext der Staatsbildung der feudalen Gesellschaften um das Jahr 1000 zu datieren, soweit es beispielsweise u.a. "Gerichtsakten dokumentieren (vgl. Duby 1976).
Der höhere Adel wurde im wesentlichen durch "Familienpolitik" generiert und setzte sich aus den Nachkommen des "Hochadels" zusammen. Während der niedere Adel sich im Entstehungsprozess aus Gefolgsleute des höheren Adels bildete bzw. aus wohlhabenden Bauern rekrutierte. Die Durchlässigkeit in Richtung "Ritterschaft" - als ein Merkmal der Zugehörigkeit zum niederen und zum höheren Adel - um das Jahr 1000 in Frankreich noch höher, während 200 Jahre später die Nobilität eine Voraussetzung war, "Ritter" zu werden (vgl. zur Sozialstrktur Duby 1986, S. 43ff)
Die Entstehung war auch eng verbunden mit der Verwaltung von "Ländereien". Der Zugang zum Adel, auch beispielsweise in Spanien erfolgte u.a. auch über die Verfügung über Grundbesitz (vgl. z.B. Wickham, Kap. 20)
Die Bedeutung des niederen Adels ergab sich auch aus der Notwendigkeit, die zunehmende soziale Kluft zwischen dem Hochadel und den andere sozialen Gruppen "aufzufüllen" und so die "Regierbarkeit" der feudalen Staaten sicher zu stellen. Zumal die Bedeutung der Kriegsführung durch den Adel noch wichtig war, viel stärker aber die administrativen Aspekte in den Vordergrund traten und die Adelssitze die "Verwaltungszentren" der feudalen Gesellschaften im Mittelalter waren, wie man an der deutlichen Zunahme von "Verwaltungsvorschriften" der königlichen Verwaltung in GB erkennen kann.
Exkurs: Karl d.G. schuf zwar ein Reich, aber er schuf keine staatlichen Strukturen und deshalb zerfiel sein Reich relativ schnell nach seinen Tod.
Die Entwicklung des Adels - inklusive der Herausbildung der "Ritterschaft" - fand ab ca. 970 in Macon - dokumentiert - statt. Die Entwicklung verlief in Frankreich und GB etwa parallel ab. Weiter östlich setzte diese Entwicklung ca. 100 Jahre später ein und übernahm teilweise die "Werte" und die Ideologie der "Ritterschaft" (vgl. zu Deutschland, Bumke, Bd. 1. S. 64ff)
Insgesamt ein Prozess der sich - sofern man der Dokumentenlage mit Duby zustimmt - ab ca. 970 in Zentraleuropa abspielte und um ca. 1400 abgeschlossen war.
Bumke, Joachim (1986): Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. Band 1. 2 Bände. München: Deutscher Taschenbuch Verlag
Crouch, David (2015): The Birth of Nobility. Constructing Aristocracy in England and France, 900-1300. s.l.: Taylor and Francis.
Duby, Georges (1976): Die Ursprünge des Rittertums. In: Arno Borst (Hg.): Das Rittertum im Mittelalter. Darmstadt: Wiss. Buchges, S. 349–369.
Duby, Georges (1986): Krieger und Bauern. Die Entwicklung der mittelalterlichen Wirtschaft und Gesellschaft bis um 1200. Frankfurt (Main: suhrkamp
Wickham, Chris (2010): The inheritance of Rome. A history of Europe from 400 to 1000. London: Penguin Books