Entstehung des "spartanischen" Sparta

Hänsel

Mitglied
Hoffe mal wieder eine gute Diskussion starten zu können. Beschäftige mich momentan mit Sparta un seiner Geschichte, wobei der Hauptaugenmerk auf dem Wandel des spartanischen Systems und der Lebensweise.

Bei Weber und Baltrutsch findet man den Wandel des spartansichen Systems und der Lebensweise durch die neue Verfassung des Lykurg im 2. Messenischen Krieg. Ausschlaggebend sind die schlimme Lage des spartanischn Staates im Krieg und die Übernahme der Hoplitenphalanx (von Argos?), die soziale Umwälzungen nach sich zog. Soweit einleuchtend, dass die Spartaner durch die akute Gefahr die Lyra weglegten und zu Speer und Hoplon griffen. Diese Umwälzung fand also im 600 Jh. v. Chr statt.


nach einem anderen Autor (Martin Dreher, Athen und Sparta) fand diese Umwälzung erst viel später ( im 500 Jh) stattfand.

natürlich verändert sich eine Gesellschaft nicht von heute auf morgen, was auch noch das Auftreten von Alkman belegt. aber dauert dieser wandel so lange und warum spricht dreher erst im 500JH von einem wandel des spartanischen Kosmos?

Wann meint ihr hat sich dieser Wandel vollzogen und welche Gründe gibt es dafür?
 
Alles was ich bisher las, lautet ähnlich wie die von dir angegebenen Gründe: Der bzw. die Kriege gegen Messenien waren nur erfolgreich abzuschließen, indem Sparta den Wandel weg von einer Aristokratie zu einem System schaffte, dessen Machtbasis aus sämtlichen Spartiaten bestand und jeder der Hopliten mehr oder weniger die gleiche Stimme und gleiche Chancen besaß.
Auch den Frauen kam in Sparta - anders als im übrigen Griechenland - eine besondere Rolle zu: nur durch Miteinbeziehung der Frauen in das öffentliche Leben, war es möglich, daß die Gesellschaft auch stabil blieb, wenn die Männer im Feld waren.

Daß dieser Gesellschaftswandel nicht plötzlich kam, sondern einer langen Entwicklung unterlegen war, ist mehr als wahscheinlich. Die Grundlagen wurden aber nach Meinung der meisten Forscher schon während des "totalen Krieges" gegen Messenien gelegt.
Übrigens ist es nicht bezeugt, daß es je einen Lykurg gegeben hat. Die griechische Legendenbildung schreibt gerne die Errungenschaften mehrerer Personen oder einer ganzen Gesellschaft einer einzigen Person zu, wie auch andere Beispiele zeigen (Solon, Kleisthenes usw.).

Im übrigen bin ich aber der Ansicht, daß dieser Gesellschaftswandel schon zu Beginn des 5. Jahrhunderts - also schon vor den Perserkriegen und des attisch-lakedaimonischen Gegensatzes - abgeschlossen war und würde mich somit den erstgenannten Autoren anschließen.
 
dessen Machtbasis aus sämtlichen Spartiaten bestand und jeder der Hopliten mehr oder weniger die gleiche Stimme und gleiche Chancen besaß
--> was mitunter zum kriegerischen image spartas führte.:fs:
 
An dieser Stelle sei noch zu bemerken, daß die Quellenlage aus Sparta sehr spartanisch ist. ;) Das heißt, man muß sich vorwiegend auf Quellen und Niederschriften fremder, meist attischer, Autoren stützen.
Dies hat zur Folge, daß das Bild Spartas sicherlich auch etwas verklärt und in verschiedene Richtungen idealisiert ist und möglicherweise(!) war das Leben in Sparta zwar "etwas anders" als in den übrigen Poleis und Ethne Griechenlands (Wobei ich deren Vielfalt jetzt auch mal einfach über einen Kamm schere. :rolleyes: ), aber nicht so extrem wie die Quellen es suggerieren.
 
hm, ich denke die Beschreibung, dass die ganze Stadt (die Ansammlung von Dörfern^^) ein einziges Heerlager gewesen wäre trifft es doch ganz gut auf den Punkt. Weil während man ja vorher noch spartanische Keramik auch ausserhalb von Lakonien findet, übernimmt diese Rolle in klassischer Zeit ja wohl klar Athen. Auch die restlichen Künste müssen wohl bald hinter dem militär zurückstehen oder diesem dienen (Thema Musik). Auch die Anflüge von Größenwahn die spartanisch Erzogene Diplomaten usw im Ausland bekame sprechen denk ich in die diese Richtung (Paradebsp: Pausanias). Die Frage ist nur, wie das so schnell (nichtmal ein halb Jh. ) und wieso sich die veränderung vollzogen hat. Der messenische Krieg scheint mir einleuchtend, aber nicht ausreichend. Preußen, dass unter Friedrich dem Großen wohl klar ein vergl. Militärstaat war, brachte trotzdem noch Kultur hervor ( Bauten, Philosophie etc) während all dies in Sparta unterging.
 
Der messenische Krieg scheint mir einleuchtend, aber nicht ausreichend.

Der entscheidende Punkt sind mMn die Folgen des Messenischen Krieges.

Der Grund für die Militärkultur der Spartaner ist kein äußerer Feind, sondern das Helotentum, also der Feind im Inneren. Die Spartaner unterdrückten mit einer numerisch viel zu schwachen männlichen Bevölkerung eine riesige Menge von anderen Völkern. Es kam ja auch zu mehreren sehr heftigen Aufständen.

Der zweite messenische Krieg war es mMn, der dann das spartanische Sparta erzeugte. Er führte beinah zu einer Auslöschung der Spartaner, und das Trauma davon führte zu einem Wandel der ganzen Kultur. Man lebte schließlich dann sozusagen als Gefangener des eigenen Erfolges. Man versklavte die Heloten und um sie zu unterdrücken mußte man selber seine Freiheit und Kultur opfern.

Dazu passt, daß der spartanische Militarismus nach Innen gerichtet war. Die Spartaner waren nach außen hin nur wenig agressiv, griffen nicht gern an und blieben lieber zu Hause. Sparta war z.B. viel weniger Agressiv als Athen. Für einen derart extrem militaristischen Staat ist das erstaunlich, hängt aber mit dem Grund für den Militarismus zusammen, nämlich den Heloten und der Staatssklaverei.
 
Nun, der messenische Krieg trug wohl bei, aber eben nur als einer unter mehreren Faktoren.
So war die spartanische Kunst bis an die Wende zum 5. Jh produktiv, stilistisch wie in der Menge. Man denke an Eisengießerei, Marmorakrotere, glasierte Mischkrater aus Ton.
Bemalte Keramik war bis ungefähr 550 produktiv und die spartanische Produktion war nicht die erste, die durch die attische Konkurrenz ruiniert wurde.
Es gab auch Großplastik bis ins 5. Jahrhundert, wenn dann auch in der Entwicklung stehengeblieben. Man denke an den "Leonidas", der um 480 als Teil eines größeren Ensembles entstand. Und auch die Grabreliefs waren z.T. feiner als die provinziellen und zurückgebliebenen Heroenreliefs, die heute als typischer Ausdruck spartanischer Verkümmerung im künstlerischen Ausdruck gelten.
Sparta wurde meiner Meinung nach erst kurz vor (Erdbeben) und im ersten peloponnesischen Krieg "spartanisch", d.h. rein militaristisch und dann aus manifesten Selbstbehauptungsgründen (massiver Bevölkerungsschwund, zumindest der Vollbürger).
Die Entwicklung in Richtung dieser Spezialisierung hielt aber sehr lange vor - das dann doch seit spätestens dem zweiten messenischen Krieg.
 
Zurück
Oben