Entwicklungskeule "Nationalstaat"

Pope

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Toller Titel, nich?

Ich setze mal eine These in den virtuellen Raum, der ich viel abgewinnen kann: Eine der Ursachen für die langwierigen Entwicklungsdefizite - insbesondere in Afrika - ist die Enführung der Konzeption des Nationalstaats in weitgehend kleinräumige und stammesbezogene Gesellschaften. Dadurch sind Staaten wie Kenia entstanden, die mehr als 40 Ethnien vereinen. Unterschiedliche Sprachen, Lebensgewohnheiten, Lebensräume, Entwicklungsniveaus (vgl. etwa Kikuyu, Luo, Swahili, Maasai), da sind Konflikte vorprogrammiert. Man stelle sich nur vor, wie Deutschland mit 39 Minderheiten zurecht käme!

Der Sudan oder Somalia: krasse Beispiele von "failed states".

Zur Diskussion stehen:

1. Nationalstaat = Entwicklungskeule für Afrika?
2. Welche Alternativen hätte es 1950 gegeben?
 
Noch heute merkt man, wie unsinnig die Grenzen im afrikanischen Kontinent gezogen wurden. 1880 (bitte nicht genau auf die Jahreszahl festnageln) fand in Berlin eine Konferenz statt, in der Afrika unter den europäischen Großmächten aufgeteilt wurde. Hierbei wurden Grenzen völlig willkürlich gezogen. Mit dem Lineal auf einem Blatt Papier, sozusagen. Ohne Rücksicht auf die Interessen der eingeborenen Volksgruppen (Arne kann das sicherlich besser erklären).

Interessant in diesem Zusammenhang auch die Entstehung des "Caprivi Streifens".
1890 wurde zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich der "Helgoland-Sansibar-Vertrag" geschlossen. Die beiden Inseln tauschten ihre Besitzer und Deutschland wurde zusätzlich ein Zugang von Deutsch-Südwest-Afrika nach Deutsch-Ostafrika zuerkannt. Der große Haken an der ganzen Sache war aber, dass man in völliger Unkenntnis der tatsächlichen geographischen Lage, die Linien auf den vorhandenen Karten falsch zeichnete. Somit lief die vermeindliche Verbindung ins Leere.
Korrigiert wurde dieser Fehler nie.
Schaut man sich eine Karte von Namibia an, kann man diese "grenzpolitische Fehlkonstruktion" noch heute besichtigen.

Ich stimme jedenfalls mit Pope überein und glaube auch, dass viele der heutigen Konflikte in Afrika ihren Ursprung u. a. durch die unsinnige Grenzpolitik der "Kolonialherren" im 19. Jahrhundert hat.
 
Festus621 schrieb:
Interessant in diesem Zusammenhang auch die Entstehung des "Caprivi Streifens".
1890 wurde zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich der "Helgoland-Sansibar-Vertrag" geschlossen. Die beiden Inseln tauschten ihre Besitzer und Deutschland wurde zusätzlich ein Zugang von Deutsch-Südwest-Afrika nach Deutsch-Ostafrika zuerkannt. Der große Haken an der ganzen Sache war aber, dass man in völliger Unkenntnis der tatsächlichen geographischen Lage, die Linien auf den vorhandenen Karten falsch zeichnete. Somit lief die vermeindliche Verbindung ins Leere.
Korrigiert wurde dieser Fehler nie.
Schaut man sich eine Karte von Namibia an, kann man diese "grenzpolitische Fehlkonstruktion" noch heute besichtigen.
.

Widerspruch:

Der Caprivi-Zipfel hat nichts mit einer Landverbindung nach DOA zu tun. (Dazu wären die Geographen 1890 lässig imstand gewesen.)
Es ging um eine Verbindung zum Sambesi!
Und die wurde auch korrekt vermessen!

Interessant im Zusammenhang noch, dass der Kongo-Freistaat zu der Zeit Privateigentum des belgischen Königs war. Verkauft hat ihn Stanley an Leopold.
König Leopold hat ihn dann 1908 dem belgischen Staat geschenkt.

Grüße Repo
 
Pope schrieb:
Toller Titel, nich?

1. Nationalstaat = Entwicklungskeule für Afrika?
?

Deiner These entnehme ich, dass Du vermutlich ein anderes Verständnis vom Begriff "Nationalstaat" als ich hast.

Könntest Du kurz erklären, warum Du die aus den Kolonien entstandenen afrikanischen Staaten ausgerechnet "Nationalstaaten" nennst?
 
Repo schrieb:
Widerspruch:

Interessant im Zusammenhang noch, dass der Kongo-Freistaat zu der Zeit Privateigentum des belgischen Königs war. Verkauft hat ihn Stanley an Leopold.
König Leopold hat ihn dann 1908 dem belgischen Staat geschenkt.

Ebenfalls Einspruch, Euer Ehren. Stanley war beauftragt worden, den Kongo für Leopold in Besitz zu nehmen. von einem "Verkauf" weiss ich nichts. Leopold hat den Kongo dann zwar offiziell verschenkt, eigentlich stand dahinter immenser politischer und öffentlicher Druck, weil man entsetzt war, wie Leopold sich im Kongo auf Kosten der (wenigen noch verbliebenen) Einheimischen bereicherte.

Nachzulesen bei J. Conrads "Herz der Finsternis" oder T. Packenhams "Scramble for Africa".
 
"Nation building" bedeutet für mich die Zusammenfassung eines Territoriums und einer Volksgemeinschaft zu einem staatlichen Gebilde mit einem Volk, zentralen Funktionen, festen administrativen Einrichtungen, festgelegten Außengrenzen, einer Staatsideologie (Demokratie dazugezählt), usw..

http://de.wikipedia.org/wiki/Nation

"Nation ist ein politischer Zusammenschluss als Staat (Staatsnation)
Nation ist dann die politisch souverän organisierte und geordnete Staatsnation. Territorialer Zusammenhang kann, muss aber nicht sein. Ethnische, religiöse und sprachliche Gegebenheiten sind nachrangig. Ein Musterbeispiel ist die Schweiz. Fehlen territoriale, ethnische oder kulturelle Klammern, sind solcherlei Nationen leicht Angriffen von innen und außen ausgesetzt und können häufig nur durch totalitäre, autokratische oder absolutistisch-bürokratische Regierungsformen existieren. Beispiele in der Geschichte: Jugoslawien, Sowjetunion, verschiedene postkoloniale Nationen in Afrika und Asien."

Der Widerspruch steckt wahrscheinlich schon im Wort und seiner Anwendung auf afrikanische Staaten.
 
Pope schrieb:
Ebenfalls Einspruch, Euer Ehren. Stanley war beauftragt worden, den Kongo für Leopold in Besitz zu nehmen. von einem "Verkauf" weiss ich nichts. Leopold hat den Kongo dann zwar offiziell verschenkt, eigentlich stand dahinter immenser politischer und öffentlicher Druck, weil man entsetzt war, wie Leopold sich im Kongo auf Kosten der (wenigen noch verbliebenen) Einheimischen bereicherte.

Nachzulesen bei J. Conrads "Herz der Finsternis" oder T. Packenhams "Scramble for Africa".

So weit ich weiß hat Stanley den Kongo aber auch anderen "Interessenten" angeboten. Werde ich mal nachlesen.

Beim Begriff Nationalstaat liegst Du aber auf jeden Fall falsch.

http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalstaat

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Widerspruch:

Der Caprivi-Zipfel hat nichts mit einer Landverbindung nach DOA zu tun. (Dazu wären die Geographen 1890 lässig imstand gewesen.)
Es ging um eine Verbindung zum Sambesi!
Und die wurde auch korrekt vermessen!

Ich habe es so gehört bzw. gelesen, dass sie eine Landverbindung von DSW nach DOA wollten und im Endeffekt eine zum Sambesi bekamen.

Allerdings kann ich momentan die Quelle nicht nennen, wo steht, dass der Caprivi Streifen ein Vermessungsfehler ist. Ich such noch.;)

Wikipedia schreibt:
"Am 1. Juli 1890 wurde der Caprivi-Zipfel (benannt nach dem damaligen deutschen Reichskanzler Grafen Leo von Caprivi) im Helgoland-Sansibar-Vertrag von Großbritannien an das Deutsche Reich abgetreten. Das Ziel dieses Vertragsteils war auf deutscher Seite, die Voraussetzungen für eine Landverbindung zu der Kolonie Deutsch-Ostafrika zu schaffen."

Caprivi
 
Dann irrt Wikipedia.
Ich habe das jetzt nirgends nachgelesen. Die Landvermesser des Jahres 1890 waren aber garantiert besser. (Das passt max. in die Kolumbus-Zeit)
Bei dem wasserlosen Namibia macht der Zugang zuum Sambesi doch auch mehr Sinn, als eine 40-50 kilometer breite Landverbindung nach DOA.

Grüße Repo
 
Stimmt es, dass jeder (Preussen, Engländer) mit der jeweils eigenen Meile bei Land(ver)käufen gerechnet hat und daher teilweise mehr Land übertragen hat als man wollte (oder überhaupt besaß)?
 
Themistokles schrieb:
Stimmt es, dass jeder (Preussen, Engländer) mit der jeweils eigenen Meile bei Land(ver)käufen gerechnet hat und daher teilweise mehr Land übertragen hat als man wollte (oder überhaupt besaß)?

Dass auf diese Art und Weise die Afrikaner "beschissen" wurden, halte ich durchaus für "Stand der Dinge".
Aber die verhandelnden deutschen und englischen Diplomaten, das waren doch Profis. Das halte ich nicht für möglich.
Halbe Gewaltakte wie bei den türk./britischen und ÖU/italienischen Waffenstillständen 1918 halte ich in dem Fall für ausgeschlossen.

Hier noch der Vertragstext im Original:
http://www.deutsche-schutzgebiete.de/helgoland.htm

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Beim Begriff Nationalstaat liegst Du aber auf jeden Fall falsch.

Nun, das ändert nichts an der Tatsache, dass man die Tansanier, Kenianer und wenauchimmer in Nationalstaaten europäischen Vorbilds "gesteckt" hat. Darum geht es mir.
 
Pope schrieb:
Nun, das ändert nichts an der Tatsache, dass man die Tansanier, Kenianer und wenauchimmer in Nationalstaaten europäischen Vorbilds "gesteckt" hat. Darum geht es mir.

Ich verstehe was Du meinst.
Dass viele Probleme Afrikas heute daraus resultieren, dass einfach die Grenzen der kolonialzeit übernommen wurden, ohne jede Rücksicht auf Stammeszugehörigkeiten usw.
Und das sehe ich genauso.

Aber der Begriff "Nationalstaat" den Du hier nochmals verwendet hast, ist mit einer fast gegenteiligen Bedeutung besetzt. Ich will keineswegs den "Rechthaber" spielen, aber ich denke darauf muss schon Rücksicht genommen werden.

Grüße Repo
 
interessant finde ich, dass pope in seiner eingangsthese ausgerechnet somalia als "fehlschlag" aufgeführt hat. eines der wenigen länder in schwarzafrika mit homogener bevölkerung (nach volk, sprache, religion etc.). dennoch war dies der erste "failure states".

andererseits gibt es durchaus funktionierende staatswesen (nach afrikanischen massstäben) wie ghana, das 46 unterschiedliche völker kennt.

das problem der schwarzafrikanischen staaten kann also nicht allein an der bunt zusammengewürfelten bevölkerungszusammensetzung festgemacht werden. und nach über 40 jahren sollte man annehmen können, dass die kolonialzeit nicht noch immer als entschuldigung für die misere herhalten muss.

auch in asien gab es kolonien, auch dort gibt es staaten ohne eigentliches staatsvolk, auch dort gab es stellvertreter- und bürgerkriege, und dennoch haben diese staaten es geschafft, sich zu entwickeln.

dass das auch in schwarzafrika hätte gelingen können, zumindest in den ländern mit bodenschätzen, zeigt für mich botswana. seit der unabhängigkeit "unauffällig", d.h. keine inneren zwistigkeiten, kein herrscher, der sich profilieren musste, demokratisch regiert.

krasses gegenbeispiel direkt daneben: zimbabwe. heruntergewirtschaftet durch praktisch einen einzigen mann. früher lebensmittelexporteur, heute hungersnot. und dass das kein abschreckendes beispiel ist, zeigt namibia.
 
Gerne. Ich will aber noch einige Aspekte - neben der Grenzziehung - hineinwerfen:

Staatsverständnis

1. In afrikanischen Stammesgesellschaften ist der Führer eine (Groß-)Vaterfigur, der (Groß-)Vater ein Führer. D.h. dass ein Staatsverständnis vorherrscht, das den Amtsinhaber in eine fast familliäre Beziehung setzt. Insbesondere, wenn es ein Amtsinhaber aus dem eigenen Clan ist.

2. Nepotismus ist afrikanisch-tribalistisch gesehen kein Verbrechen, im Gegenteil, es wird von jedem Amtsträger ERWARTET, dass er seiner Familie, seinem Clan "aushilft".

3. Wer ein wichtiges Amt hat, der muss reicher sein, als ein normaler Mensch. Wenn ein Bürgermeister sich kein Haus und keinen Mercedes leisten kann, wie soll man ihn dann Ernst nehmen? Wer ein Amt hat, hat Anspruch auf statusgerechtes Leben. Das ist in Afrika nichts verwerfliches.

4. Volkswirtschaftlich sind die afrikanischen Staaten bis auf wenige Ausnahmen unterentwickelt, weil sie immer noch nach "Aussen" ausgerichtet sind. Zudem funktioniert das Motivationsprinzip profitorientiertes Denken und leistungsgerechte Entlohnung nicht oder nur schlecht. Darauf aber baut die "Nordatlantische" Marktwirtschaft. Zudem ist im afrikanischen Kontext gespartes Geld verlorenes Geld. Wer spart lebt unter seinen Verhältnissen, und das ist unverständlich.

5. Status wird fast ausschließlich mit der Geburt verliehen. Viele Ämter, Leistungen und Positionen stehen also nur bestimmten "Eliten" zur Verfügung.

6. "Chefs" - also jegliche Amts- oder Würdenträger - werden als Macher verstanden. Es ist unverständlich, warum ein Bürgermeister seinen Kompetenzbereich übertritt, wenn er einen örtlichen Richter einsperrt. Er ist doch der Chef der Stadt! Und nur ein höherer Chef - etwa der Provinzgouverneur - kann seine Entscheidung übergehen.

(Deshalb verstehen viele Einwanderer auch das deutsche Behördenysytem nicht, weil sie denken, Vorschriften sind nachrangig, wenn der Amtsleiter nur ja sagt. Und wenn er nein sagt, dann nehmen sie das sehr persönlich, beleidigend.)

7. Kritik wird immer positiv formuliert und Amtsträger werden nicht mit Schmutz beworfen. Was bedeutet das für eine unabhängige Presse?

Nur einige Diskussionspunkte.
 
Zu den Failing States gibt es eine sehr gute Studie die ich euch ans Herz lege zu lesen.

Die findet ihr hier:

Politische Studien

Das Inhaltsverzeichnis:

Schwerpunktthema: „Failing States“ – Ursachen,
Verlaufsformen, Sicherheitsprobleme

Klaus Lange Einführung ..................................... 19

Asad Durrani Staaten unter Druck und traditionelle
Gesellschaften ....................... 22

Leonid Fituni Der Begriff des „Staats am Rande
des Zusammenbruchs“ – Herausforderungen
und Antworten aus
russischer Perspektive .................... 26

Mahmoud Kassem Staaten am Rande des Abgrunds ... 38

Irina Abramova Staatlicher Zusammenbruch und
Schurkenstaaten in Afrika: Ein
Problem für die Sicherheit oder
eine Frage der Entwicklung? .......... 46

Mgcwebi L. Snail Konfliktlösung im Gebiet der
großen Seen in Afrika 1993-2000:
Die Erfahrung mit Burundi ........... 59
 
collo schrieb:
interessant finde ich, dass pope in seiner eingangsthese ausgerechnet somalia als "fehlschlag" aufgeführt hat. eines der wenigen länder in schwarzafrika mit homogener bevölkerung (nach volk, sprache, religion etc.). dennoch war dies der erste "failure states".

Nun gut. Somalia ist vielleicht kein ideales Beispiel in hinsicht auf Ethnizität.


collo schrieb:
das problem der schwarzafrikanischen staaten kann also nicht allein an der bunt zusammengewürfelten bevölkerungszusammensetzung festgemacht werden. und nach über 40 jahren sollte man annehmen können, dass die kolonialzeit nicht noch immer als entschuldigung für die misere herhalten muss.

Ich gehe eben davon aus, dass nicht die ehemalige "ökonomische Ausbeutung", Sklaverei, Stellvertreterkriege oder ähnliches das primäre Entwicklungshemmnis darstellen, sondern die Etablierung von Staats-, Gesellschafts und Territorialstrukturen, die dort Fehlschlagen MUSSTEN. Das ist (m)eine These.

collo schrieb:
auch in asien gab es kolonien, auch dort gibt es staaten ohne eigentliches staatsvolk, auch dort gab es stellvertreter- und bürgerkriege, und dennoch haben diese staaten es geschafft, sich zu entwickeln.

Eben, das wäre ein Argument in meine Richtung. Die Herrschaftssysteme waren dort empfänglicher für das europäische Staatsverständnis bzw. kompatibler.

collo schrieb:
dass das auch in schwarzafrika hätte gelingen können, zumindest in den ländern mit bodenschätzen, zeigt für mich botswana. seit der unabhängigkeit "unauffällig", d.h. keine inneren zwistigkeiten, kein herrscher, der sich profilieren musste, demokratisch regiert.

Botswana bläht gerade seine Staatsausgaben ins Unermessliche auf. Wenn die Blase platzt, dann werden wir sehen, was von dem Musterbeispiel übrig bleibt. Aber lassen wir mal die Ausnahmen, und kommen zurück auf die Regel.
 
Festus621 schrieb:
Ich habe es so gehört bzw. gelesen, dass sie eine Landverbindung von DSW nach DOA wollten und im Endeffekt eine zum Sambesi bekamen.

Allerdings kann ich momentan die Quelle nicht nennen, wo steht, dass der Caprivi Streifen ein Vermessungsfehler ist. Ich such noch.;)

Wikipedia schreibt:
"Am 1. Juli 1890 wurde der Caprivi-Zipfel (benannt nach dem damaligen deutschen Reichskanzler Grafen Leo von Caprivi) im Helgoland-Sansibar-Vertrag von Großbritannien an das Deutsche Reich abgetreten. Das Ziel dieses Vertragsteils war auf deutscher Seite, die Voraussetzungen für eine Landverbindung zu der Kolonie Deutsch-Ostafrika zu schaffen."

Caprivi

Ehrlich gesagt kenn ich das auch so wie es Repo beschreibt: Zugang zum Sambesi (wegen des Wassers). Die Landverbindung nach Deutsch-Ostafrika wäre nur dann gewährleistet gewesen, wenn man die englischen Kolonien "durchstoßen" hätte (dazu hätte man das damals noch vereinte Rhodesien (heutiges Sambia und Zimbabwe) teilen müssen; etwas, das wohl ohne Gewaltanwendung nie möglich gewesen wäre)
 
collo schrieb:
dass das auch in schwarzafrika hätte gelingen können, zumindest in den ländern mit bodenschätzen, zeigt für mich botswana. seit der unabhängigkeit "unauffällig", d.h. keine inneren zwistigkeiten, kein herrscher, der sich profilieren musste, demokratisch regiert.

Eben...(das Beispiel wollt ich auch bringen)...hinzu kommt aber, dass es sich bei Botswana um einen ethnisch weitgehend homogenen Staat handelt.


Allgemein:

Dennoch würde ich noch einen weiteren Aspekt einfügen wollen. Nicht immer ging es um ethnische Auseinandersetzungen.
Gerade Somalia ist in mehr oder weniger 3 Teile zerfallen (Somaliland, Somalia, Puntland), wenngleich es ethnisch einigermaßen homogen ist. Auch die Bürgerkriege in Angola und Mocambique hatten nichts mit der Ethnie zu tun.
Unmittelbar nach der Unabhängigkeit gerieten etliche Staaten in den Einflußbereich des Kalten Kriegs. Und das ist zusätzlich ein Punkt, der m.M.n. nicht von geringer Bedeutung ist:
Da hat man dann Despoten schalten und walten lassen (maybe he´s a bastard, but at least he´s our bastard). Mobutu Sese Seko im Kongo, Bokassa in der Zentralafrikanischen Republik, Idi Amin in Uganda etc...
Erst mit Wegfall dieser Ideologien (West contra Ost, Kapitalismus contra Kommunismus) entstanden viele ethnische Spannungen: Gerade im Kongo, in Burundi, in Ruanda.

Aber auch heute noch sind nur Teile der afrikanischen Kriege ethnische oder kulturelle Auseinandersetzungen (wenngleich es definitiv mehr wurden und vermutlich noch mehr Konfliktpotential existiert). Aber auch heute noch gibt es "klassische Machtkriege" (den Kongo darf man in Teilen dazu zählen, Uganda mit seinen Fundamentalchristen ebenso).
 
Pope schrieb:
Gerne. Ich will aber noch einige Aspekte - neben der Grenzziehung - hineinwerfen:

Staatsverständnis

1. In afrikanischen Stammesgesellschaften ist der Führer eine (Groß-)Vaterfigur, der (Groß-)Vater ein Führer. D.h. dass ein Staatsverständnis vorherrscht, das den Amtsinhaber in eine fast familliäre Beziehung setzt. Insbesondere, wenn es ein Amtsinhaber aus dem eigenen Clan ist.

Gerade dieser Punkt ist aber auch in arabisch-islamischen Gesellschaften nicht unbekannt.
 
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