Erster Weltkrieg: Alternative Geschichte - Realistisch?

Wenn Du das mal etwas differenzierter ausführen könntest als mit Einzeilern?
...1. Du findest die entsprechenden kompetenten Beiträge im Forum, die die Rolle von Ö-U und die Frage der Inklusion von Slawen, Tschechen oder Magyaren (in Ungarn war ein größer Anteil der Bevölkerung Süd-Slawen) vor 1914 differenziert behandeln...
Ich finde die Behauptung in Ungarn sei ein großer Anteil der Bevölkerung Süd-Slawen gewesen ohne zwischen Ungarn und Kroatien zu differenzieren zu wenig differenzierend um mich damit schulmeistern zu lassen.^^
 
Behauptungen oder Missverständnisse, die man jedenfalls als solche empfindet, mit Fakten aufzuklären oder in der Diskussion zu erläutern, ist kein Problem.

Freundliches Nachfragen auch nicht.:winke:
 
Nationen sind keine naturgegebenen Gebilde, die stets dieselben Personen und deren Nachkommen umfassen und deren Grenzen fest umrissen werden können, sondern entwickeln sich im Rahmen der jeweiligen historischen Gegebenheiten.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Schaffung reiner Nationalstaaten meist auch kurzfristig gesehen nicht möglich ist. Was sagen uns denn Abstimmungen in umstrittenen Gebieten, die am Ende mit 50,1:49,9% für die eine oder andere Seiten ausfallen, was hilft solch ein Ergebnis?

Wenn als Beispiel oben von Ungarn und Südslawen die Rede ist, zu welchem nationalen Gebilde sollte man etwa die Vojvodina umwandeln? Wie viele verschiedene Gruppen leben dort?

Wollte man also "ethnisch reine" Staaten im Sinne des Threaderöffners schaffen, ginge das nur mittels großflächiger Umsiedlungen, Vertreibungen, vermutlich bis zum Genozid. Das ist weder demokratisch noch erstrebenswert.
 
Ähnliches läßt sich doch sicherlich auch über Deutschland sagen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen deutschsprachigen Regionen waren und sind immer noch groß.

Aber auch in kleineren Nationalstaaten wie den Niederlanden gibt es große Unterschiede zwischen den Dialekten. Sogar in den flämischsprachigen Gebieten Belgiens sind die Unterschiede noch groß. Vor einiger Zeit sprach ich mit einem Flamen, der mir sagte, dass er bereits 60 km von seinem Heimatort entfernt die lokalen flämischen Dialekte nicht mehr verstand (von den Unterschieden zwischen dem flämischen Norden und dem wallonischen Süden ganz zu schweigen).

Ähnliches gilt auch für Frankreich und Spanien.

Das ist auch korrekt. Nationalstaaten sind letztendlich ein Konstrukt der von einer bestimmten Definition abhängt. Wenn man tatsächlich ethnisch homogene Staaten bilden will, kommen am Ende winzige Gebilde heraus.

Der spanische Fall:

Die Basken z.B.sind sich ziemlich einig dass sie ein Volk bilden, hauptsächlich auf Grund ihrer einzigartigen Sprache. Sie sind jedoch seit jeher zwischen Kastilien, Frankreich und Navarra aufgeteilt und auch heute noch möchten in Spanien die Navarresen aus historischen Gründen nicht zur autonomen Region Baskenland gehören und würden sich auch nicht einen freien Baskenland anschliessen. Katalanen und Valencianer ähnlich. Das Valencianische ist eigentlich ein westkatalanischer Dialekt der sich kaum vom Hauptstamm unterscheidet, aber sie wollen nicht zu den Katalanen gezählt werden und betrachten sich berwiegend als Spanier.
Galicier, Asturianer, Leonesen, Aragonesen, haben eigene Sprachen und Dialekte, bildeten einst eigene Reiche, betrachten sich jedoch auf Grund der langen gemeinsamen Geschichte eindeutig als Spanier (mit gelegentlichen Ausnahmen ).

Der französische Fall ist ist ähnlich gelagert nur dass dort in den letzten beiden Jahrhunderten ein sehr starker bewusster Prozess der hogenisierung betrieben wurde, mit der Unterdrückung der lokalen Sprachen und Dialekte.

Italien als "später" Nachzügler unter den Nationalstaaten war jedoch um 1914 noch nicht konsolidiert, hatte weder eine lange gemeinsame Geschichte wie die Spanier noch einen bewussten Akkulturationsprozess wie die Franzosen. Der erste Weltkrieg hat die vorhandenen Spannungen verstärkt und führte fast zum Bruch. Bei den Meutereien 1917 spielte die regionale Herkunft eine wichtige Rolle.
 
..Freundliches Nachfragen auch nicht.:winke:
Es tut mir ja leid wenn ich unfreundlich wirke, in meiner Wahrnehmung bin ich das eher nicht.
Es gibt hier Fachhistoriker und geschichtsinteressierte Amateure, von denen bin ich einer. Mein Interesse als Amateur gilt einem allgemeinem Verständnis der Weltgeschichte, die ich als dynamisches Ganzes zu begreifen suche.
Die Fachleute sind in einer anderen Situation, die forschen eifrig in Teilbereichen und Details. Ich kenn sowas auch, in meiner Studienzeit haben wir zB ein Semester lang 2 §§ des Eherechts seziert, gedreht und gewendet, bis jeder Buchstabe restlos beleuchtet war. Diese wissenschaftliche Interesse hab ich hier nicht, für mich ist das einfach ein Internetforum wo sich Geschichtsinteressierte treffen.
Aus dieser Situation bin interessiert an dem hier stattfindenden Gedankenaustausch und schätze das Wissen mancher hier Anwesender sehr,
ein gewisses Probleme hab ich halt mit herablassender Belehrung, besonders in Beiträgen die deutlich zeigen dass der Schreiber von der Angelegenheit, in der er mich schulmeistern will, grundsätzlich wenig Ahnung hat oder zumindest weniger als ich.
Und schreiben tu ich oft so kurz wenn ich vom Handy aus hier bin.^^
 
Einfaches Gegenbeispiel: Die Volksabstimmung im Saargebiet 1935, die mit überwältigender Mehrheit zugunsten des Anschlusses an Hitler-Deutschland und gegen einen Anschluss an das demokratische Frankreich ausging.

Das ist kein einfaches Gegenbeispiel, sondern ein Extrembeispiel, findest du in der Antike auch zu Hauf, entkräftigt nicht die Regel. Ein demokratisches Bayern wär in Deutschland verblieben, und nicht in der K.u.K. Monarchie.

Das mit der "Inklusion der Völker" ist übrigens der reinste Geschichtsrevisionismus. Die Ungaren wurden auch "inkludiert", nachdem man sie 1849 massakriert hatte. Kein Volk wäre bei den Habsburg-Tyrannen verblieben, hätte es die Wahl gehabt. Nicht ohne Grund wurde die Habsburg Monarchie von Spanien bis nach Polen, von Griechenland bis nach Schweden gehasst.

Russland wird dein Freund nicht sein, Frankreich nicht, GB auch nicht, Ø/U oder was davon uebrigbleibt auch nicht.
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Es wurde ja auch schon genannt, bei ethnisch gemischten Gebieten gibt's ohnehin keine Lösung ohne Gewinner und Verlierer.
...
Der Krieg 1870/71 ist ausgebrochen, weil sich jemand beleidigt gefühlt hat...

Dem Deutschen Reich hätte es egal sein können, welche Monarchie sein Freund oder Feind ist, kann doch keine der Monarchien ohne die unterdrückten Völker einen Krieg führen. Was glaubst du, wäre mit Russisch-Polen passiert wenn Deutschland die polnischsprachigen Gebiete an eine unabhängige "Republik Polen" abgegeben hätte? Was wäre die öffentliche Meinung in Frankreich und Dänemark gewesen, hätte Deutschland freiwillig Gebiete abgetreten?

Und wenn es bei ethnisch gemischten Gebieten immer Gewinner und Verlieren gibt, dann soll man sie so teilen das beide Parteien in gleichem Maße Gewinner und Verlierer sind.

Und die USA hätten Deutschland unterstützten müssen, um Frankreich/GB die Kolonien leichter abzuringen. Womit hätten denn die Monarchisten ihr Volk zum Krieg gegen Deutschland bewegen sollen? "Weil es Demokratie fördert"? Nichts wäre passiert, die Welt wäre so wie sie heute ist, nur ohne Millionen von Toten, mit mehr Prestige für Europa und weniger für die USA.

Weshalb hätten die handelnden Personen in Preußen-Deutschland - insbesondere der frischgebackene Kaiser und Otto von Bismarck - gerade zum Zeitpunkt des Triumphes der unter schweren Konflikten durchgesetzten monarchischen Politik plötzlich gegen die eigenen Überzeugungen eine demokratische Reform des Staatswesens in Angriff nehmen sollen?

Humanismus
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube, Du solltest Dich etwas eingehender mit der Habsburg Monarchie beschäftigen. Aus meiner Sicht verdient sie im späten 19. Jhd nur sehr bedingt den Begriff "Tyrannei".
 
Ein demokratisches Bayern wär in Deutschland verblieben, und nicht in der K.u.K. Monarchie.

Hätte sich eine bayrische Räterepublik der (späteren) Sowjetunion angeschlossen?
Hätte sich Franken gemeinsam mit der Pfalz, den Moselfranken und Letzeburg einem neuen Lothringen-Flandern angeschlossen?
Wo landet denn nun die Vojvodina?

Und die USA hätten Deutschland unterstützten müssen, um Frankreich/GB die Kolonien leichter abzuringen

Um diese dem eigenen Kolonialreich anzuschließen?

Womit hätten denn die Monarchisten ihr Volk zum Krieg gegen Deutschland bewegen sollen?

Womit haben sie es denn die Jahrhunderte zuvor geschafft?

Was glaubst du, wäre mit Russisch-Polen passiert wenn Deutschland die polnischsprachigen Gebiete an eine unabhängige "Republik Polen" abgegeben hätte?

Öhhmmm - nichts?
 
Und wenn es bei ethnisch gemischten Gebieten immer Gewinner und Verlieren gibt, dann soll man sie so teilen das beide Parteien in gleichem Maße Gewinner und Verlierer sind.

Das ist ja einfach! ;)

Also auch keine Exklaven/Enklaven?

Wer ist eigentlich wahlberechtigt? Wer führt die Wahlen durch, wer überwacht sie? Wie sehen die Wahlbezirke aus? Man kann es noch so gut meinen, der vermutliche oder tatsächliche Verlierer wird 1000 Gründe finden, die Wahlen nicht anzuerkennen, zu bøykottieren, zu fälschen, Gewalt zu schüren usw. usw.

Egal was dabei herauskommt, es werden Legenden geboren werden, neue - vermeintliche oder echte - Ungerechtigkeiten entstehen...
Führer "unterdrueckter Minderheiten" werden ihr Mutterland zur Hilfe rufen, trotz oder wegen des Wahlergebnisses.

Die Problematik wird anhand der Entstehung des Burgenlandes vielleicht deutlich, aber natuerlich auch in den anderen Abstimmungsgebieten nach dem 1.Weltkrieg.

Gruss, muheijo
 
ein gewisses Probleme hab ich halt mit herablassender Belehrung, besonders in Beiträgen die deutlich zeigen dass der Schreiber von der Angelegenheit, in der er mich schulmeistern will, grundsätzlich wenig Ahnung hat oder zumindest weniger als ich.
Und schreiben tu ich oft so kurz wenn ich vom Handy aus hier bin.^^

Wenn Du mal nicht vom Handy aus hier bist, schreib doch bitte mal etwas zum Umgang mit südslawischen Minderheiten in Österreich-Ungarn oder auch gern speziell in Ungarn. Ich habe von diesem Thema so gut wie keine Ahnung, es würde mich aber interessieren.
 
Burgenland ist ein gutes Beispiel, hier gibts auf einige Kilometer Entfernung Windisch Minihof,
Deutsch Minihof und Kroatisch Minihof, und einige Kilometer weiter ungarische Dörfer.

Zum Umgang der Ungarn mit südslawischen Minderheiten: frag mich bitte was leichteres und bedenke folgendes:

die Ungarn sind ein kleines mittelasiatisches Steppenreitervolk, wenn man das salopp formulieren will, das zu den heutigen Siedlungsplätzen geflüchtet ist, umgeben von indoeuropäischen Slawen und Germanen, woraus sich Betonung der nationalen Eigenständigkeit ergibt um nicht in der Umgebung aufzugehen.

"Minderheiten" sind ein Produkt des Nationalismus als Erscheinung des 19.Jhd., gegen dessen Ende Ungarn Magyarisierung betrieben hat, allerdings nicht gezielt gegenüber Südslawen sondern beispielsweise hier im ehemaligen Deutsch Westungarn gegenüber der deutschsprachigen Bevölkerung.

in einem feudalstaatlichen System gibts eigentlich keine "Minderheiten", in einer Grafschaft (oder Fürstentum oder Königreich oder was_auch_immer) wird eine Sprache gesprochen, woanders eine andere, hat aber keinen politischen Unterschied gemacht, die Verwaltung ist ja unabhängig vom jeweiligen Herrscher spezifisch für die jeweilige Struktur, klingt jetzt verworren, kurz gesagt, die Habsburger haben in der Wojwodina nicht als Kaiser von Österreich geherrscht sondern als "Großwojwoden der Woiwodschaft Serbien", aus der Selbständigkeit dieser Gebiete ergibt sich die Vielzahl an Amtssprachen,
Deutsch, Ungarisch, Tschechisch, Slowakisch, Polnisch, Italienisch, Slowenisch, Kroatisch, Serbisch, Rumänisch, Ukrainisch.

Die Habsburger haben alle ihre Untertanen schlecht behandelt, egal welche ihre Muttersprache gewesen ist.

in Südosteuropa waren über Jahrhunderte auch die Osmanen politisch aktiv, dazu kommen große religiöse Unterschiede im christlichen Bereich.


Innerhalb dieser Parameter kann man versuchen Antworten auf die Frage zu finden, wie die Ungarn mit südslawischen Minderheiten umgegangen sind.
 
@Nikki: Was meinst du denn mit "Humanismus"? Bismarck, Wilhelm I., Roon oder Moltke hätten sich doch kaum als Humanisten bezeichnet? Wenn man sie nach ihrer Wertehaltung befragt hätte, dann wäre die Antwort wohl "Wir sind treue evangelische Christen und aufrechte Preußen" oder etwas in diese Richtung gewesen.
 
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