Ich kann mich aber nicht erinnern, dass diese Vorwürfe gegen H. Bestandteil des gegnerischen Wahlkampfs waren.
Mussten sie auch. Hitlers Putschversuch und der sich anschließende aufsehenerregende Prozess 1923/1924 waren schließlich monatelang durch die Zeitungen gegangen und Hitler selbst hat daraus ja apäter auch keinen Hehl gemacht, im Gegenteil, das Tam-tam um die "Blutzeugen der Bewegung" stellte die damalige Aktion ja noch ostentativ herraus.
Ich gebe dir Brief und Siegel darauf, wenn jemand versucht einen Staatsstreich zu inszenieren, es im Zuge dessen zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Toten kommt, im Zuge dessen Vertreter der legitimen Regierung und der Armee als Geiseln genommen werden (v. Kahr und v. Lossow) und anschließend ein Hochverratsprozess mit reichlich öffentlichem Interesse abgehalten wird, wird man sich keine 10 Jahre später selbstredend daran erinnern.
Und wenn man unter den Wählern tatsächlich genau informiert war, so nahm man das wohl "im Sinne der Sache" nicht als besonders störend hin.
Dazu musste man nicht besonders genau informiert sein, es reichte während der Jahre 1923/1924 mal die Tagespresse konsumiert zu haben. Es wurde einfach nicht als störend empfunden. Damit war die Wählerschaft der Nazis nicht alleine, die der KPD hatte ja auch kein Problem damit sich hinter den Putschisten Thälmann (Hamburg 1923) zu stellen.
Die militärischen Begriffe, wie Ehre und Treue, hatten ja nach der Niederlage im WK1 einen erheblichen Einbruch erlitten und wurden erst nach der Machtergreifung wieder "salonfähig" gemacht.
Das widersprich der gesammten Thematik "Dolchstoßlegende".
Die Ansicht man sei im Felde unbesiegt verraten worden (eindeutig ein Rekurs auf militärische Ehre und Treue) und sei dann in Versailles unerhört in der nationalen Ehre gekränkt worden, war ja keine exklusive Ansicht der extremen Rechten, sondern zug sich durch das politische Spektrum bis weit in die politische Mitte hinein.
Der Zusammenhang zwischen Deserteuren und Widerständlern besteht in der empfindlichen Schwächung der Wehrkraft in einem besonders kritischen Kriegszustand.
Ich möchte gegeneitliges behaupten. Den militärischen Dilletanten Hitler vom Oberkommando der Streitkräfte zu entfernen, hätte den kompetenteren Generälen und Feldmarschällen die Möglichkeit eingeräumt in vernünftigeren Bahnen zu handeln. Insofern waren die Attentäter mit ihrem Versuch ein bisschen spät drann.
Bei einem erfolgreichen Attentat, sagen wir Mitte 1943, hätte das der Generalität im Osten die Handhabe gegeben die Truppen bei Notwendigkeit zurückzunehmen, was die Katastrophen, die Hitlers Haltebefehle in der Realität auslösten verhindert hätten.
Insofern und in einiger anderer Hinsicht, hätte ein erfolgreicher Schlag des Widerstands die militärischen Möglichkeiten Deutschlands nicht eingeschränkt, sondern im Gegenteil seine Ressourcen geschohnt.
Auch wäre dadurch die Chance im Westen zum Frieden zu kommen und dadurch im Osten möglicherweise eine tragbare Situation herzustellen, sicher größer gewesen als mit Hitler.
Deserteure liefen zu diesem Zweck oft zum Gegner über und lieferten geheime Informationen als Faustpfand. Militärische Widerständler erreichten die gleiche Wirkung, obwohl sie das NS-System erhalten wollten, aber vom Gegner eine bessere Behandlung erwarteten.
Nein.
Deserteure die übergehen und sich gefangen setzen lassen, berauben sich selbst der Fähigkeit weiterhin effektiven Widerstand zu leisten und schwächen damit das eigene Lager direkt und irreversibel.
Widerständler, die einen militärisch inkompetenten und für jede Form von Verhandlungen untragbaren Staatschef absägen, schwächen das eigene Lager nicht irreversibel, weil sie im Gegensatz zum Deserteur ihre Waffen nicht abliefern und sich gefangen setzen lassen oder gar die Reihen des militärischen Gegners als Überläufer auffüllen.
Ein Deutschland mit einem Regime à la Stauffenberg hätte unbeeinträchtigt weiterhin militärischen Widerstand leisten können, wenn es das wollte, in Sachen Verhandlungen hätte es hingegen jedenfalls mal bessere Karten gehabt, als ein Hitler, dem niemand mehr etwas abnahm.
Im Gegensatz zu Deserteuren hätte ein erfolgreicher Widerstand Deutschlands Situation strategisch und militärisch eher gestärkt (ob das viel geändert hätte, ist dann freilich eine andere Frage) und deswegen sind Desertion und Widerstand in diesem Kontext nicht gleichzusetzen.
Deshalb wurden beide von Durchhalte-Bürgern als hinterhältig beurteilt.
Wie viele von denen gab es wohl noch?
Zum Zeitpunkt des Attentats waren die deutschen Kräfte in Weißrussland bereits dabei zusammen zu brechen und die Westalliierten in der Normandie bereits gelandet.
Die letzten militärischen Erfolgsmeldungen waren da bereits 1,5 Jahre her und es ging militärisch stetig bergab. Um eine deutliche Ahnung zu haben, dass dieser Krieg verlorengehen würde, musste man zu diesem Zeitpunkt wirklich kein militärischer Experte sein. Die Geschwindigkeit, in der die Westalliierten dann vorrückten und das weitgehende Ausbleiben ernsthaften militärischen Widerstands im Westen, spätestens nach der alliierten Rheinüberquerung, zeigte da jedenfalls relativ wenig Durchhalteenenthusiasmus.
Und natürlich von Militärs, die auch nach dem Krieg eine Aufweichung der Wehrkraft fürchteten. Erst in neuerer Zeit hat sich die Meinung gewandelt.
Ich würde mal behaupten, dass die Militärs anno Ende 1943-1944 von den militärisch unsinnigen Haltebefehlen und dem Absetzen militärisch vernünftig handelnder Befehlshaber derart frustriert waren, dass sie heilfroh darüber gewesen wären Hitler los zu sein, weil ihnen das erlaubt hätte veritable Teile der Armee durch Rückzug zu retten und damit ihre Kampfkraft zu erhalten.
Eine Aufweichung der Wehrkraft stellten unter anderem Hitlers militärisch blödsinnige Weisungen dar, die zur Vollkatastrophe der Schlacht von Minsk 1944 und zum Abschneiden der Verbände der Heeresgruppe Nord in Kurland führten, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Nicht umsonst nahmen diverse ranghohe Militärs zu dem Umsturzversuch eine Haltung ein, die mindestens mal wohlwollende Neutralität signalisierte und im Fall des Gelingens weitere Kooperation in Aussicht stellte:
"wenn Hitler beseitigt wäre, dann...."
Hätte man von der Ermordung Hitler tatsächlich entscheidende Wehrkraftzersetzung erwartet, hätte man von der Seite her Stauffenberg und Konsorten angeschwärzt. Fromm als Befehlshaber des Ersatzheeres und v. Kluge als Generalfeldmarschall etwa waren in jedem Fall ausreichend im Bilde um Stauffenberg und Konsorten ans Messer liefern zu können, wenn sie von diesen und ihren Plänen eine Gefahr für die Armee erwartet hätten, unterließen dies aber, auch Manstein tat nichts dergleichen obwohl der sich sichtlich um Distanz bemühte.
Btw. Ich denke, dass das nichts mehr mit dem orriginären Thema der Bewertung Stauffenbers im Besonderen in der Nachkriegszeit zu tun hat. Daher würde ich anregen, das entweder per PN fortzuseten oder darum zu bitten, es in einem anderen Faden unterzubringen.