Feudalismus - Lehnswesen

M

Märtl

Gast
Hallo ihr,

habe eine Frage bzgl. des Feudalismus bzw. Lehnswesens im (Hoch)Mittelalter.
Gab es zuerst den Feudalismus oder das Lehnswesen? Warum kam
es überhaupt dazu?
Habe schon einige Beiträge gegoogelt, aber keiner konnte meine Frage so richtig klären...:cry:
Vielen Dank schonmal..
 
Hm, ist das nicht irgendwie das selbe?
"Feudalismus" wird häufig verwandt um die Unfreiheit der Bauern (=Ungerechtigkeit) zu beschreiben, wohingegen "Lehenswesen" die Art der Herrschaft beschreibt, dass eben Land und Ämter von oben verliehen werden.

Warum kam es überhaupt dazu?

Soweit ich weiß, wurden die freien Bauern durch Kriege und Verwüstungen genötigt sich "Schutz" von oben zu holen, im Gegenzug gaben sie ihre Freiheit auf.

Was das Lehenswesen angeht: Der König verleiht Land und Ämter und lässt sich im Gegenzug dazu vom Lehensempfänger die Treue schwören. Dadurch hat er theoretisch mächtige Untergebene, die ihm im Kriegsfall zur Seite stehen. Dadurch, dass das Land/Amt nur verliehen ist, fällt es nach dessen Tod zurück, oder kann auch eingezogen werden, und der König erhält sich so eine gewisse Machtstellung.
 
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Soweit ich weiß, wurden die freien Bauern durch Kriege und Verwüstungen genötigt sich "Schutz" von oben zu holen, im Gegenzug gaben sie ihre Freiheit auf.
Aber was ist der Nutzen daraus? Konnten sich nicht die freien Bauern selbst wehren? Man denke an die völkerwanderungszeitlichen Heere der Germanen!
Oder wurden diese Bauern entwaffnet?

War der Übergang von einer Menge von Freien zu der begrenzteren Wehrordnung auf eine bestimmte Gruppe nicht der wesentliche Aspekt und geschah das nicht zur Zeit der Karolinger?
 
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Unter dem historischen Fachterminus Lehnswesen versteht man das durch Lehnsrecht geregelte personale Verhältnis zwischen Lehnsherrn und adligen Vasallen mit seinen Auswirkungen auf die politische, militärische und wirtschaftliche Strukturen des europäischen Mittelalter (Feudalgesellschaft). Der oft synonym verwendete Begriff Feudalismus wird in der wissenschaftliche Terminologie als universalhistorische Kategorie aufgefasst und ist vom Lehnswesen klar zu unterscheiden. Die Wortbedeutung von lêhen (lat. beneficium) umfasst nicht nur das vasallitische Lehen, sondern auch das grundherrliche und das durch städtischen Besitz begründete Abhängigkeitsverhältnis. In der wissenschaftlichen Diskussion wird dagegen zwischen dem vasallitische Lehnsverhältnis (Lehen) und dem bürgerlichen bzw. bäuerlichen Leiheverhältnis (Leihe) unterschieden. Der lateinische Quellenbegriff feudum leitet sich vom germanischen Ausdruck fihu, d.h. Vieh, ab. Erst in der karolingischen Periode schränkte sich der Begriff auf den lehnsweisen Grundbesitz ein.


Der Begriff Feudalismus, abgeleitet vom germ.-mittellaterlichen feudum (dt. Lehen), bezeichnet das auf Lehnswesen und Grundherrschaft aufgebaute mittelalterliche Wirtschafts- und Gesellschaftssystem Europas, in dem die über den Grundbesitz verfügende adelig-aristokratische Oberschicht politische, richterliche und militärische Herrschaftsfunktionen ausübte (Feudalgesellschaft). Er bezieht sich somit auf agrarische, vorwiegend naturalwirtschaftlich und hierarchisch geordnete Gesellschaftsformen. Im Verlauf seiner Geschichte erfuhr der Begriff einen Bedeutungswandel: Er wurde nicht mehr allein auf das Lehnswesen bezogen, sondern als universalhistorische Kategorie verwendet.
 
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Sind das zeitgenössische Erwägungen und sind das Deine Spekulationen? Es geht mir ja um die Motivation von einem Stammeskriegertum zu einem Kriegertum der Berufskrieger überzugehen. Hat da damals jemand gesagt: "ich habe keinen Bock mehr auf die bisherige Wehrordnung"? Darum geht es mir doch. Klar ist auch, dass so ein Übergang immer ein lange verlaufender Prozess ist. Aber auch nach der Lektüre von Delbrücks Aussagen dazu ist mir noch nicht ganz klar, wer denn der Hauptinitiator dieses Wandels war.
 
Es geht mir ja um die Motivation von einem Stammeskriegertum zu einem Kriegertum der Berufskrieger überzugehen. Hat da damals jemand gesagt: "ich habe keinen Bock mehr auf die bisherige Wehrordnung"? Darum geht es mir doch. Klar ist auch, dass so ein Übergang immer ein lange verlaufender Prozess ist. Aber auch nach der Lektüre von Delbrücks Aussagen dazu ist mir noch nicht ganz klar, wer denn der Hauptinitiator dieses Wandels war.

Ich sehe einen Ausgangspunkt dafür bei den fränkischen Panzerreitern: lt. der Lex Ribuaria werden die Kosten für Waffen, Ausrüstung und Pferd auf 50 Solidi (Goldmünzen) dotiert - und dabei kostete allein das Pferd 12 Solidi. Aus diesem Grund wurde in den Capitularia regnum francorum (Karl der Große 807/808) festgelegt, daß jeder Freie mit 4 oder mehr Hufen Land am Heerbann teilzunehmen hatte, daß sich Bauern mit weniger als 4 Hufen mit anderen Freien zu Verbänden von 4 Hufen zusammenschließen sollten - um dann einen der ihren zu einem Reiterkrieger auszurüsten und in seiner Abwesenheit seinen Hof mitzuversorgen - sowie daß Freie mit 12 oder mehr Hufen Land als Panzerreiter (also entsprechend schwer gerüstet, schwer bewaffnet und beritten) im Heerbann mitzuziehen hatten.
 
Ich sehe einen Ausgangspunkt dafür bei den fränkischen Panzerreitern: lt. der Lex Ribuaria werden die Kosten für Waffen, Ausrüstung und Pferd auf 50 Solidi (Goldmünzen) dotiert - und dabei kostete allein das Pferd 12 Solidi. Aus diesem Grund wurde in den Capitularia regnum francorum (Karl der Große 807/808) festgelegt, daß jeder Freie mit 4 oder mehr Hufen Land am Heerbann teilzunehmen hatte, daß sich Bauern mit weniger als 4 Hufen mit anderen Freien zu Verbänden von 4 Hufen zusammenschließen sollten - um dann einen der ihren zu einem Reiterkrieger auszurüsten und in seiner Abwesenheit seinen Hof mitzuversorgen - sowie daß Freie mit 12 oder mehr Hufen Land als Panzerreiter (also entsprechend schwer gerüstet, schwer bewaffnet und beritten) im Heerbann mitzuziehen hatten.
So wurde es mir auch schon mal erklärt.Demnach schliessen sich die Bauern,die alleine nicht die Kosten für die teure Ausrüstung tragen können,zusammen und bewaffnen einen von ihnen,der dann im Heerbann mitzieht.Derweil bestellen sie dann die Felder(,was doch eigentlich wirtschaftlich gesehen besser ist als die alte Methode,dafür hat der Kriegsherr leider weniger Kämpfer,die jedoch durch das Zusammenspiel der Bauern besser ausgerüstet sind).Meines Wissens nach können sich die ärmeren Bauern alternativ auch einem wohlhabenderen Bauern unterstellen.Wobei ich mir allerdings nicht sicher bin,ist,ob die Bauern, die nicht in den Krieg ziehen, durch den Zusammenschluss gleich ihre Freiheit und ihr Land verlieren.
 
Wir dürfen uns dabei v.a. auch nicht dem Irrtum hingeben, daß Bauern und Freie sich ausschließen - umgekehrt haben wir auch die ritterlichen Dienstleute, welche ursprünglich unfreie Bedienstete waren, die jedoch in dieser Funktion militärische Dienste als Berittene leisteten. Diese sind dann insbes. später im HRR als Ministeriale besonders bedeutend, wo sie sich ab dem 12. Jh. dem Adelsstand annäherten bzw. schließlich in diesen aufgingen (Minsterialadel bzw. Dienstadel).

Detaillierter hatte ich diese Dinge bspw. in meinem Beitrag zu Grundherrschaft, Hofrecht, Bauern, Freien und Unfreien sowie meinem Beitrag zu Lehensverhältnissen, Unfreien und Minderfreien ausgeführt.
 
Sind das zeitgenössische Erwägungen und sind das Deine Spekulationen? Es geht mir ja um die Motivation von einem Stammeskriegertum zu einem Kriegertum der Berufskrieger überzugehen.
Das waren meine eigenen Überlegungen, die ich auch teilweise mal gelesen hatte (ich glaube im Kontext mit den englischen Freibauern, aus denen später die Langbogenschützen wurden).
Einen direkten Übergang wie Du ihn nennst, kann ich mir auch nicht vorstellen. Was ich beschrieb könnte nur die Beweggründe eines freien Bauern im schon relativ weit entwickelten Lehnssystem beschreiben, in dem der Berufskrieger Normalfall ist (wie Timo es beschreibt).
Ich bezweifle auch, dass die meisten Bauern auf diese Art in Abhängigkeit gerieten oder so der Anfang war, ich sehe es eher als einen beschleunigenden Effekt.
Zwischen Völkerwanderung und Karl dem Großen sowie den Wikingereinfällen dieser Zeit (und den Arabern und den Ungarn) liegen 200...300 Jahre. Viel Zeit um sich fest zusetzen und alte Ideale aufzugeben (aufgeben zu müssen)
 
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