Finnisch = Ungarisch

Dieses Thema im Forum "Nordeuropa | Skandinavien" wurde erstellt von JohnLocke, 26. November 2007.

  1. JohnLocke

    JohnLocke Neues Mitglied

    Ich habe mal gehört, dass Suomi(so heißt die Finnische Sprache wenn ich mich recht erinnere) und Ungarisch sich ziemlich ähneln.

    Mir würden so direkt jetzt keine groß politischen Verbindungen dieser zweier Staaten einfallen! Wie steht es bei euch?

    Irgendwie müssen diese Sprachen ja miteinander verwand sein ;)
     
  2. Tekker

    Tekker Gast

    "Politische Verbindungen" von Staaten sind keineswegs eine zwingende Voraussetzung für etwaiige Sprachverwandschaft. :fs:

    "Müssen" muß nicht, ist aber so. Wurde hier erst kürzlich wieder bestätigt. ;)
     
  3. JohnLocke

    JohnLocke Neues Mitglied

    Oh, das habe ich ganz übersehen, tut mir leid.

    Aber hatten FInnland und Ungarn denn schonmal was großes politisches Ereignis?
     
  4. Hurvinek

    Hurvinek Gast

    Die einander ähnelnden Sprachen gehen weit in die Geschichte zurück. Heutige Sprachgemeinsamkeiten haben keinen politischen Hintergrund.
    Die uralischen Sprachen (z.B. finnisch und ungarisch) haben sich in der Zeit der Völkerwanderung (ab 300 u.Z.) nach Westen verschoben und aufgeteilt.
     
  5. Tekker

    Tekker Gast

    Nein, nicht, daß ich wüßte. :)
     
  6. Jacobum

    Jacobum Neues Mitglied


    Kannst Du das ein wenig präzisieren?
     
  7. JohnLocke

    JohnLocke Neues Mitglied

    Ahh, das wollte ich wissen, vielen Dank.
     
  8. Köbis17

    Köbis17 Gast

    Wie steht es mit den Ursprung des Sprachstammes, dabei sind sich diese beiden Sprachen ähnlich oder gar gleich. Aber komplett anders als alle Sprachen in Europa.
    Ich habe gehört, das die baskische Sprache ebenfalls zu den Sprachstammt des ungarisch und finnisch gehört.
    Wenn das stimmt wird es ganz schön wirr...
     
  9. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Keine Sorge, Baskisch gehört nicht zu dieser Gruppe. Allerdings hat der Münchener Sprachhistoriker Vennemann die äußerst umstrittene These aufgestellt, dass das Baskische ein Relikt der europäischen Ursprache sei.
     
  10. Reinecke

    Reinecke Aktives Mitglied

    Was immer jetzt auch "die europäische Ursprache" gewesen sein soll; Adam und Eva lassen grüßen...

    Wenn das Baskische schon vor der Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen existiert haben sollte (wie man das feststellt überlasse ich mal den Sprachhistorikern), ist es eine von (vermutlich) mehreren Sprachen in Europa; und vor diesen gab es andere, und davor... und davor...
     
  11. urvo

    urvo Aktives Mitglied

    Die estnische Sprache gehört, im Gegensatz zu den baltischen Sprachen Lettisch und Litauisch,
    zum finno-ugrischen Sprachstamm.


    „Das Litauische im engern Sinn, die Sprache des Landvolkes in der Gegend um Memel und Tilsit und in den russischen Gouvernements Kowno und Wilna, ist die altertümlichste unter den lebenden indogermanischen Sprachen Europas und deshalb sehr wichtig für die vergleichende Sprachforschung. Schon in Bopps vergleichender Grammatik ist die litauische Sprache behandelt, aber der berühmte Sprachforscher Schleicher war der erste, der diesen Schatz systematisch zu heben suchte, indem er 1852 mit Unterstützung der österreichischen Regierung eine Art Entdeckungsreise nach Litauen unternahm und den Bauern durch Abfragen die uralten Formen ihrer Sprache sowie verschiedene ihrer volkstümlichen Lieder (Dainos), Fabeln und Märchen entlockte. Die Resultate seiner Reise legte er in einem vortrefflichen »Handbuch der litauischen Sprache« nieder, wovon der erste Teil die Grammatik (Prag 1855), der zweite das Lesebuch mit Glossar (das. 1856) enthält. Für die Zwecke der Sprachvergleichung verwertete Schleicher das Litauische selbst in seinem »Kompendium der vergleichenden Grammatik« (4. Aufl., Weim. 1876)“.
    http://www.peter-hug.ch/lexikon/10_0834
    http://www.peter-hug.ch/lexikon/15_0180a
     
  12. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Vennemann argumentiert mit Ortsnamen in Europa, die "waskonische" Anklänge haben, aber ich sagte ja, seine Thesen sind eher umstritten...

    "'A satisfactory etymology has long been available': Notes on Vasconic names outside the Basque country: With particular reference to some British Arn- and Earn- names and to German Arnoldsweiler", in: Jose Ignacio Hualde and Joseba Lakarra, eds., Commemorative volume for Larry Trask (Anejos del Anuario Seminario de Filología Vasca "Julio de Urquijo"), Donostia / San Sebastián (Diputación Foral de Gipuzkoa). Noch unveröffentlicht.

    Europa Vasconica - Europa Semitica (Trends in Linguistics: Studies and Monographs, 138), Patrizia Noel Aziz Hanna, ed., Berlin (Mouton de Gruyter) 2003.

    Ich habe davon natürlich nichts gelesen und kann daher auch keine Angaben zum Inhalt machen.
     
  13. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Neben Vennemann vertreten auch andere diese Hypothese, die - das sei zugegeben - umstritten ist.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass Baskisch das Überbleibsel einer alteuropäischen Sprache ist. Immerhin muss es nachdenklich stimmen, dass sich überall in Europa indoeuropäische Sprachen ausgebreitet haben und nur noch das Baskische als einziges Idiom verblieben ist, das keiner bekannten Sprachfamilie zugeordnet werden kann. Alle diesbezüglichen Spekulationen haben sich als unhaltbat erwiesen und finden in der seriösen Sprachforschung keine Anerkennung.

    Dass es zahlreiche historisch verbürgte alteuropäische Sprachen gab, die vor der Expansion des Indoeuropäischen gesprochen wurden, ist eine zweifelsfreie Tatsache. Dazu zählen u.a. das Iberische, Ligurische, Etruskische, Minoische und möglicherweise auch das Pelasgische, obwohl es beim letzteren auch Sprachwissenschaftler gibt, die dahinter eine indoeuropäische Sprache vermuten.

    Generell nimmt man im im gesamten Mittelmeerraum eine vorindoeuropäische Sprachschicht an, auf die entsprechende Gewässer- und Ortsnamen hindeuten. Wie immer zählt ja die Hydronomie meist zu den ältesten Sprachschichten.
     
  14. deSilva

    deSilva Neues Mitglied

    Es gibt ein ähnlich ungeklärtes Phänomen in Nordamerika: Die Na-Dene Sprachen. Es ist ganz unbestritten, das die Na-Dene NACH der Hauptgruppe der Amerind sprechenden Siedler über die Beringstraße kam.

    Allerdings gibt es völlig getrennt von Kanada weit im Süden in der Nähe der Behausung Winnetous eine Gruppe - auch unbestritten - Na-Dene sprechender Indiander.

    Jeder, der sich eine Sprachkarte ansieht, sagt aber sofort: "Klar die Na-Dene" stellen die Urbevölkerung dar, die von den späteren Amerind-Sprechern in Laufe der Zeit in die Wüste und ins arktische West-Kanada verdrängt wurde :)

    (Ich lasse das Problem mal beiseite, ob es sowas wie Amerind überhaupt gibt...)
     

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  15. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Wenn, dann ist es andersherum. Die Na-Dene sind ein später eingewanderter Zweig, mit einer vorgeprellten Splittergruppe (Navaho, Apatschen) im Süden.
     
    Zuletzt bearbeitet: 28. März 2008
  16. Ingeborg

    Ingeborg Moderator Mitarbeiter

    Räusper. Sofern es eine Behausung Winnetous in den USA gäbe, würde nicht in deren Nähe, sondern genau dort eine zur Na-Dene-Gruppe gehörende Sprache gesprochen. Die zur Na-Dene-Gruppe gehörenden Sprachen im Kulturareal Südwesten sind Dineh (Navaho) und Inde bzw Nade (Apache). Es gibt auch noch einen weiteren 'Ausreißer' in California.

    Die Beringstraßen-Theorie zur Besiedelung Amerikas war übrigens bei den Natives dort noch nie hoch im Schwange und wird auch mittlerweile von der Wissenschaft nicht mehr unkritisch gesehen, da es Funde gibt, die diesen Zeitrahmen sprengen.

    Es ist auch nicht unbedingt zwingend, aus der geographischen Verteilung der Na-Dene-Sprachen darauf zu schließen, daß diese Gruppe eine verdrängte Urbevölkerung stellt: die Na-Dene sprechenden Völker haben ein recht geschlossenes Siedlungsareal in Kanada und Alaska und, wie gesagt, gibt es nur drei dieser Gruppe zugehörende nations, die außerhalb dieses Siedlungsgebietes leben. Gerade auch angesichts des Umstandes, daß die zur Sprachfamilie der Algonkin gehörenden nations von der Ostküste bis zur Westküste (California) verteilt sind, lassen sich da eher Wanderungsbewegungen als Begründung heranziehen als eine derartig massive Verdrängung.
     
  17. deSilva

    deSilva Neues Mitglied

    Ich hatte bereits geschrieben, dass es "anders herum" ist - aber doppelt hält sicherlich besser :winke:
     
  18. deSilva

    deSilva Neues Mitglied

    Hmm, irgendwie habe ich das Gefühl, man versteht mich nicht... na, macht nix!
     
  19. timotheus

    timotheus Aktives Mitglied

    Um nach den Ausflügen zu verschiedenen Sprachen nordamerikanischer Indianer noch einmal zum eigentlichen Thema zurückzukommen...

    Die für uns in diesem Thread relevante bzw. interessante Klassifikation ist wie folgt:


    Uralische Sprachen
    |
    zerfallen in
    / \
    Finno-Ugrische Sprachen und Samojedische Sprachen

    von dort:

    Finno-Ugrische Sprachen
    |
    zerfallen in
    / \
    Finnopermische Sprachen (u.a. Finnisch) und Ugrische Sprachen (u.a. Ungarisch)

    Anm.: Die hier im Thread ebenfalls erwähnte Baskische Sprache ist weder den indoeuropäischen noch den uralischen noch den Turksprachen zuzuordnen, sondern gilt nach wie vor als sogenannte isolierte Sprache.
    Zu diesen Thematiken kann man übrigens sogar mit einigermaßen gutem Gewissen die entsprechenden Artikel der Wikipedia verlinken:
    Uralische Sprachen – Wikipedia
    Finno-ugrische Sprachen – Wikipedia
    Samojedische Sprachen – Wikipedia
    Baskische Sprache – Wikipedia
     
    Zuletzt bearbeitet: 28. März 2008
  20. Sinikka

    Sinikka Neues Mitglied

    Innerhalb der finnougrischen Sprachfamilie sind sich Finnisch und Ungarisch so fern wie Deutsch und Russisch innerhalb der indoeuropäischen. Das sagte meine Finnisch-Professorin (Muttersprachlerin) einmal in einem Einführungsseminar zur Finnougristik.
     
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