Forderungen des 3. Standes während der Franz. Revolution

Sehr Gut

Neues Mitglied
hallo...
ich wollt einfach ma fragen was der 3. Stand für Forderungen gegenüber dem Adel hatten....wäre gut wenn ihr so schnell wie möglich melden könntet :winke:
 
"Der 3. Stand" war keine einheitliche Gruppierung mit einheitlichen Interessen, sondern stellte den Großteil der frz Bevölkerung dar, von den Ärmsten bis zu den wohlhabenden Bürgern. Dies spiegelt sich auch in den Forderungen wieder; besagten wohlhabenden Bürgern war der Brotpreis egal, den hungernden Parisern nicht...
 
"Der 3. Stand" war keine einheitliche Gruppierung mit einheitlichen Interessen, sondern stellte den Großteil der frz Bevölkerung dar, von den Ärmsten bis zu den wohlhabenden Bürgern.
Es gab schon mal einen Thread über http://www.geschichtsforum.de/f16/abb-siey-s-17116/, aber keine Diskussion. Ich versuche mal, eine anzuzetteln: :winke:

Der Dritte Stand (der "Tiers") war zunächt nicht mehr als eine Fiktion. Die Behauptung, er stelle 98 % (oder so) der Bevölkerung dar bzw. alles das, was nicht Adel und Klerus war, war ein geschickter Schachzug von Leuten wie Sieyès. In Wirklichkeit waren diejenigen, die sich in die Versammlungen wählen ließen, ausschließlich Angehörige der Bourgeoisie; es war kein einziger Bauer, kein kleiner Handwerker usw. darunter.

Albert Soboul zeigt das am Beispiel der Assemblée de Vizille [1]: Am 21.7.1788, sehr früh also, zusammengekommen, bestand ihr "3. Stand" aus Notaren, Bevollmächtigten, Advokaten usw. Ihr Sprecher Jean-Joseph Mounier konstatierte wahrheitsgemäß, dass "'die letzten Klassen des Volkes' ausgeschlossen waren; die Städte hatten ausschließlich Privilegierte und Bourgeois entsandt, und von den 1212 Gemeinden im Dauphiné waren nur 194 vertreten."

Die politische Agitation, die um die Jahreswende 1788/89 in Gang kam, "spiegelte die Bestrebungen der besitzenden Klasse wider, die die Privilegien [der beiden anderen Stände] nur deswegen beseitigen wollte, weil sie ihren Interessen widersprachen; das Schicksal der arbeitenden Klassen, der Bauern und kleinen Handwerker, beschäftigte sie weniger. Einige nahmen sich jedoch der Nöte des Volkes an; so zum Beispiel Dufourny in seinen Cahiers de la Quatrième ordre" [2].


[1] Die Große Französische Revolution. Frankfurt 1973, S. 84
[2] aaO, S. 100
 
In Wirklichkeit waren diejenigen, die sich in die Versammlungen wählen ließen, ausschließlich Angehörige der Bourgeoisie; es war kein einziger Bauer, kein kleiner Handwerker usw. darunter.
Nicht ganz, da muss ich korrigieren. Es waren auch viele Angehörige des 1. und 2. Standes dabei. Sieyès selbst hast Du schon genannt. Ich nenne einmal den Comte de Mirabeau, Vertreter einer altangesehenen französischen Adelsfamilie. Robespierre gehörte auch zu den Vertretern des 3. Standes in der Nationalversammlung, und entstammte der Noblesse de Robe. Sein Vater war Advokat am "Conseil supérieur d'Artois".
 
Nicht ganz, da muss ich korrigieren. Es waren auch viele Angehörige des 1. und 2. Standes dabei.
Oh, da habe ich missverständlich formuliert - ich bezog mich allein auf den "Tiers"! :rotwerd:
Dass 1. und 2. Stand dabei waren, ist sonnenklar. Und das war auch gut so, denn - wie zuletzt in http://www.geschichtsforum.de/575834-post2.html erwähnt - es waren auch nicht wenige "Progressive" darunter. Das ändert nichts an dem Fehlen von Bauern, Tagelöhnern usw. - die griffen erst etwas später dem "Rad der Geschichte" in die Speichen...
 
Der Dritte Stand (der "Tiers") war zunächt nicht mehr als eine Fiktion. Die Behauptung, er stelle 98 % (oder so) der Bevölkerung dar bzw. alles das, was nicht Adel und Klerus war, war ein geschickter Schachzug von Leuten wie Sieyès. In Wirklichkeit waren diejenigen, die sich in die Versammlungen wählen ließen, ausschließlich Angehörige der Bourgeoisie; es war kein einziger Bauer, kein kleiner Handwerker usw. darunter.

Konnte im Grunde ja auch nicht anders sein. Wer außer dem 1. u. 2. Stand verfügte denn noch über Bildung und dem Zugang zu den Ideen der Aufklärung als das Besitzbürgertum. Mal ganz davon abgesehen, dass gewisse finanzielle Mittel und gesellschaftlicher Einfluss wohl notwendig waren, um sich in die Generalstände wählen zu lassen.

Auf der anderen Seite gehe ich davon aus, dass viele Bauern die Revolution als "Teufelszeug" empfanden, weil sie die einzige Ordnung, die sie kannten, in Frage stellte.

Hunger, sicherlich, Revolte auch richtig, aber wäre es nur Revolte gewesen, hätte der König leichtes Spiel gehabt.

Es waren auch viele Angehörige des 1. und 2. Standes dabei. Sieyès selbst hast Du schon genannt. Ich nenne einmal den Comte de Mirabeau, Vertreter einer altangesehenen französischen Adelsfamilie. Robespierre gehörte auch zu den Vertretern des 3. Standes in der Nationalversammlung, und entstammte der Noblesse de Robe. Sein Vater war Advokat am "Conseil supérieur d'Artois".

Ein interessanter Aspekt, der bei mir immer die Frage aufwirft, hätte es ohne den Adel überhaupt die Revolution in Frankreich geben können?

Aufklärische Ideen galten als neudeutsch "trendy", die großen Salons standen den Aufklärern offen ... Anders gesagt, hätte die Verbreitung der Ideen ohne den aufgeklärten Adel so funktionieren können?

Als Gegenargument kann wohl gelten, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse auch den politischen Einfluss des Bürgertums notwendig machte.

Grüße
excideuil
 
2.
Auf der anderen Seite gehe ich davon aus, dass viele Bauern die Revolution als "Teufelszeug" empfanden, weil sie die einzige Ordnung, die sie kannten, in Frage stellte.
1.
Hunger, sicherlich, Revolte auch richtig, aber wäre es nur Revolte gewesen, hätte der König leichtes Spiel gehabt.


3.
Ein interessanter Aspekt, der bei mir immer die Frage aufwirft, hätte es ohne den Adel überhaupt die Revolution in Frankreich geben können?
1.
Das halte ich auch für kaum messbar. Mit welchen Kräften hätte der König denn die Hungerrevolte niederschlagen sollen? Die Loyalität der nationalfranzösischen Regimenter war sehr zweifelhaft, wozu obendrein beitrug, dass die finanziellen Engpässe Schwierigkeiten bis hin zur Auszahlung des Soldes auslösten.
Obendrein erfasste die Hungerproblematik ja weite Teile Frankreichs und nicht bloß eine Provinz.

Interessanter wäre die Frage, ob nicht große Getreidereserven da viel nützlicher gewesen wären, wie es am Beispiel Preußens während der Hungerkatastrophe der frühen 1770er feststellbar ist.
2.
Das "viele" ist eben nicht so ganz klar verifizierbar. Auch in Regionen, welche später royalistisch waren, gab es 1789 Unruhen.

Obendrein hieß ja eine Unzufriedenheit mit den Verhältnissen nicht, dass mit den Unruhen, der Verweigerung Steuern zu zahlen oder dgl. intendiert war, die Monarchie zu stürzen.
Die Denkungsart damals war doch oft eher, dass der König von falschen Beratern auf den verkehrten Weg gelenkt wurde. Die Person des Königs selber war ja, bis auf die vielleicht in der Hinsicht verdorbenen städtischen Bevölkerungsschichten, generell populär.
3.
Das ist schwer zu sagen, da eben Frankreichs Verfassung auf den Adel aufbaute. Wie hätte ein Frankreich ohne den Adel ausgesehen?
Was wir sagen können ist, dass der Adel am Aushöhlen der Monarchie bzw. der herrschenden Verhältnisse maßgeblich beteiligt war. Das geht vom fortwährenden Widerspruch gegenüber der Autorität des Königs schon unter Louis XV über die Förderung der "philosophes" bis hin zur persönlichen Beteiligung am Umsturz bei einzelnen Adeligen wie Barras.
 
Das halte ich auch für kaum messbar. Mit welchen Kräften hätte der König denn die Hungerrevolte niederschlagen sollen? Die Loyalität der nationalfranzösischen Regimenter war sehr zweifelhaft, wozu obendrein beitrug, dass die finanziellen Engpässe Schwierigkeiten bis hin zur Auszahlung des Soldes auslösten.
Obendrein erfasste die Hungerproblematik ja weite Teile Frankreichs und nicht bloß eine Provinz.

Interessanter wäre die Frage, ob nicht große Getreidereserven da viel nützlicher gewesen wären, wie es am Beispiel Preußens während der Hungerkatastrophe der frühen 1770er feststellbar ist.

Das "viele" ist eben nicht so ganz klar verifizierbar. Auch in Regionen, welche später royalistisch waren, gab es 1789 Unruhen.

Obendrein hieß ja eine Unzufriedenheit mit den Verhältnissen nicht, dass mit den Unruhen, der Verweigerung Steuern zu zahlen oder dgl. intendiert war, die Monarchie zu stürzen.

Ich habe mich wohl missverständlich ausgedrückt.
Die Gedanken zu den Bauern waren eher dazu gedacht, nahezulegen und fortzuführen, dass das Besitzbürgertum die treibende Kraft des 3. Standes war.

Eine Revolte ist, wenn nur der Hunger eine Rolle spielt, nicht aber eine Idee, die auf Veränderung zielt, eine Revolte, die ein Monarch viel einfacher - und ich habe nicht von niederschlagen gesprochen - in den Griff bekommt. Wenn aber gleichzeitig Kräfte wirken, die die Revolte(n) instrumentalisieren können, sieht es anders aus.

Und dein (von mir hervorgehobener) richtiger Gedanke gibt es wieder, selbst viele Revolutionäre konnten sich eine Welt nicht ohne Monarchie vorstellen. Wie viel weniger - ohne es verifizieren zu wollen - der Bauern konnten sich denn die Welt anders als mit den feudalen Verhältnissen vorstellen? Und das ist im Grunde der Punkt, nur das Besitzbürgertum hatte einen "Plan", was es denn wollte.

Grüße
excideuil
 
Wer außer dem 1. u. 2. Stand verfügte denn noch über Bildung und dem Zugang zu den Ideen der Aufklärung als das Besitzbürgertum.
Soboul bringt ein verwandtes Argument, indem er auf das Wahlverfahren hinweist: Nach der Wahlordnung vom 24.1.1789 "fand die Abstimmung in den Wahlversammlungen durch Namensaufruf erst dann statt, nachdem die Versammlung über die Abfassung der Beschwerdeschrift beraten hatte. Folglich waren die einflußreichsten Bourgeois, die erfahrendsten Redner, in der Regel die Juristen, sicher, die Diskussionen zu beherrschen und die Bauern oder Handwerker mitzureißen" (S. 101).
 
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