Fotografie Bismarck und Wilhelm II. in Friedrichsruh 30.10.1888

M

Marcoman

Gast
Hallo liebe Community,

folgende Fotografie ...

Otto Eduard Leopold Fürst von Bismarck und Herzog von Lauenburg, alias Otto von Bismarck, 1815-1898, Kaiser Wilhelm II., rechts, 1859-1941

... lässt mir insofern keine Ruhe, als ich mich Frage, ob diese Auskunft geben kann über das persönliche Verhältnis von Bismarck und Wilhelm II.
Darf eine solche Fotografie für diese Fragestellung herangezogen werden? Oder sehe ich nur darin, was ich sehen möchte bzw. mein Vorwissen hergibt? Was seht denn Ihr in der Abbildung?

Über eine Antwort würde ich mich freuen!
 
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Das Bild ist falsch beschriftet.
Kaiser Wilhelm II. steht links und Bismarck steht rechts.
Kaiser Wilhelm zeigt einen gewissen Respekt gegenüber Bismarck.
Vielleicht der Altersunterschied?
 
Kaiser Wilhelm zeigt einen gewissen Respekt gegenüber Bismarck.
Woran machst Du das fest? Strammstehen tut er jedenfalls nicht.

Bismarck macht hier einen nachdenklichen Eindruck. Als ob er gerade überlegen würde, was er dem Kaiser sagen will?

Man muss bedenken, dass es sich hier nicht um private Handy-Schnappschüsse handelt. Da war ein professioneller Fotograf dabei, und es wurde darauf geachtet, welche Bilder in die Öffentlichkeit gelangen.


Mit links und rechts ist es manchmal so eine Sache:

Wilhelm II. und Otto von Bismarck, 1888 Stockfoto,

Bismarck, Otto von, 1.4.1815 - 30.7.1898, Deutscher Politiker, Kanzler des Deutschen Reiches 4.5.1871 - 20.3.1890, im Gespräch mit Kaiser Wilhelm II., Friedrichsruh, 30.10.1888, Druck nach Foto, Brüder Haeckel, Berlin,
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Natürlich DARF alles dafür herangezogen werden. Ob das sinnvoll ist, ist eine andere Frage und da sei dir, wenn dich das Thema ernsthaft interessiert empfohlen lieber einen Blick in eine Biographie Wilhelms II. oder Bismarcks zu werfen.

Im Hinblick auf das Bild ist zu beachten, dass es kaum etwas über das private Verhältnis der Beiden zu einander aussagt, schon deswegen, weil es nicht für private Zwecke, sondern möglicherweise für öffentlichkeitswirksame Zwecke fabriziert wurde.
Und damit beginnt bereits das Problem.

Entspreicht das Bild, dass im die Beiden betreffs iheres Verhältnisses zu einander in Szene setzen dem tatsächlichen Verhältnis oder handelt es sich um eine Inszenierung um ein zerrüttetes Verhältnis für die Augen der Öffentlichkeit zu kitten?

Das Verhältnis zwischen Beiden war kompliziert, schon weil es sich auf sehr verschiedenen Ebenen, der öffentlichen, wie der privaten und der politischen bewegt und nur weil der Mensch Wilhelm den Menschen Bismarck abkonnte oder auch nicht, galt das noch lange nicht für den Politiker.

Hinzu kommen die Ettiketten und zeremoniellen Formen des halbkonstitutionellen Obrigkeitsstaates, um 1900 herum, die für das Protokoll ein gutes Einverhenmen zwischen dem Souverän und seinem ersten Minister/Kanzler axiomatisch für den öffentlichen Raum vorraussetzte.
Solche Dinge wollen bei der Interpretation bedacht sein, wenn man sich nicht irreleiten lassen möchte. Insofern DARF ein solches Bild sicherlich zur Interpretation herangezogen werden, kann sinnvoller Weise aber niemals die einzige Interpretationsgrundlagen bilden, sondern allenfalls schmückendes Beiwerk.

Einigermaßen umfassende Biographien bieten darüber sinnvolleren Aufschluss.

Zu Bismarck würde ich dir in dieser Hinsicht Ernst Engelbergs Bismarck-Biographie "Bismarck, Sturm über Europa" empfehlen. In den letzten Kapiteln über den politischen Bismarck und seine letzten Jahre als Pensionär und "Elder Statesman", der die wilhelminische Politik ausgibig kommentiert, werde da ganz vernünftig angerissen, die verschiedenen Problemebenen zwischen Beiden, wie auch die Gemeinsamkeiten gut beleuchtet.

Betreffs Wilhelms II. würde ich Clarks gleichnamige Biographie empfehlen, der der Kindheit und Sozialisation Wilhems II. so wie seinem Anfang in der Politik einen, wie ich finde, recht anschaulichen Überblick liefert und die gemeinsamkeiten und Bruchlinien zwischen Beiden, wie ich finde recht vernünftig thematisiert.
 
1. Das Foto ist absolut nicht aussagekräftig und nur im Kontext zu interpretieren. Das setzt fundiertes Fachwissen über die beiden Akteure voraus.
2. Eine brauchbare Interpretation ließe sich über die Körpersprache oder die Symbolik des arrangierten Kontextes gewinnen. Beides ist nicht brauchbar.
3. Die - kommunikationspsychologische - Analyse des Fotos ist unergiebtig, da aus technischen Gründen - Belichtungszeit - die damaligen Fotos in der Regel durch den Fotografen "arrangiert" worden sind. Das gilt vor allem auch im Fall von KW II., der aufgrund seiner Behinderung - Arm - nur in ganz bestimmten "Posen" abgebildet / fotografiert werden durfte.
4. Ansonsten wäre zu fragen, wer der Auftraggeber des Fotos war, da dieser in der Regel die mit dem Foto verbundene politische Intention vorgibt bzw. die Interpretation des Bildes bestimmt.
5. Interessant wäre zudem, ob das Foto in einem der damaligen politischen Diskurse benutzt worden ist und die damaligen Akteure es aus ihrem Blickwinkel kommentiert haben.

Aus einem anderen Thread die Bewertung des Verhältnisses.
http://www.geschichtsforum.de/thema/bismarck-der-groesste-politiker.54450/

"Die Person von Bismarck wurde aber bereits auch durch die Zeitgenossen sehr kritisch betrachtet, wie Steinberg es in seiner Schlussbetrachtung (S. 640ff) ausführlich darlegt. Und die Beschreibung der kalten und machiavellistischen Persönlichkeit von Bismarck wirkt nicht besonders sympathisch, um es vorsichtig zu formulieren.

Gerade in der letzten Phase seines politischen Wirkens geriet er zunehmend in Konflikt mit dem monarchischen System. Gall (S. 824ff) verweist darauf, dass KW II. wiederholt erwogen haben soll, Bismarck den Prozess wegen Hochverrats zu machen, um der durch Bismarck selber geförderten "Idolisisierung" bzw. Heroisierung im Rahmen eines einsetzenden "Bismarck-Mythos" zu begegnen.

Gall, Lothar (2013): Bismarck. Der weiße Revolutionär. Berlin: Ullstein
Steinberg, Jonathan : Bismarck. Magier der Macht. Berlin: Propyläen."


Es ist jedoch eine zentrale Anmerkung zu machen, damit der Fehler vermieden wird, den Konflikt als einen "persönlichen" zu begreifen. Es ist vielmehr ein politischer, der die Struktur der Herrschaft im Deutschen Reich betraf.

In diesem Sinne schreibt Röhl, der vorher den erweiterten wilhelminischen Hof zum mentalen Gravitationszentrum der Ausübung politischer Macht erklärt hatte: "In diesem ganz entscheidenden Punkt unterscheidet sich das wilhelminische Regierungssystem also von der Kanzlerdiktatur Bismarck`s....." In dem Anspruch des Regenten und seines Hofes, einen entscheidenden Anteil an der Formulierung von Politik zu haben und somit in die Regierungsgeschäfte des Kanzlers zu intervenieren.

Trotz und gerade wegen der 1882 von Bismarck verkündeten Formel: "Bei uns.....regiert der König selbst." (Röhl, S. 11) Die für KW II. geradezu die Formel für die "Selbstermächtigung" zur Fiktion des "persönlichen Regiments" war.

Und aus dieser verfassungspolitischen Problematik, die den Kaiser, den Kanzler und seine Minister und den Reichstag betraf, resultierten die Spannungen zwischen Kaiser und Bismarck. Verstärkt durch generationsspezifische Unterschiede bzw. Sichten zweier "Alpha-Tiere".

Röhl, John C. G. (2007): Kaiser, Hof und Staat. Wilhelm II. und die deutsche Politik. München: Beck
 
Leider kann ich aus der Erinnerung nicht mehr sagen, um welches foto es sich handelte, wahrscheinlich um dieses hier:

Wilhelm_II_und_Bismarck.jpg


Es steht aber im Kontext mit einer ganzen Serie von Bildern, die offensichtlich alle an einem Tag aufgenommen wurden:

10452.jpg


2-format6001.jpg
bismarckwilhelm.jpg
Ich denke, diese kleine Bilderserie illustriert schon ganz gut worauf Sepiola, Shinigami und Thanepower hinwiesen: Die professionelle Inszenierung eines "vertraulichen Gesprächs" zwischen jungem Kaiser und weisem Kanzler.
 
Das Bild stammt aus dem Jahre 1888. Zu dieser Zeit war das Verhältnis zwischen Bismarck und Wilhelm II. noch relativ ungetrübt. Erste Verstimmungen kamen in Februar 1889 hinsichtlich der Sozialen Frage auf.
 
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