Frage zum Burgenbau

Dieses Thema im Forum "Sonstiges im Mittelalter" wurde erstellt von Kassia, 26. Juni 2007.

  1. Kassia

    Kassia Neues Mitglied

    Ich meine irgendwo gelesen zu haben, daß die Rundtürme einer Burg ein Mitbringsel aus dem Orient zur Kreuzfahrerzeit waren.
    Kam diese Bauweise daher oder hat sie sich im Westen "von selbst" ergeben, weil eckige Türme irgendwann nicht mehr standhaft genug waren? Oder welche Vorbilder gab es? Wer hat wen beeinflußt?

    LG Kassia
     
  2. Mercy

    Mercy unvergessen

    Im Verlaufe des 12./13. Jahrhunderts wurde der Bergfried zu einem Wahrzeichen der mitteleuropäischen Adelsburg; aus dieser Zeit sind zahlreiche Exemplare in nahezu vollständiger Höhe erhalten.

    Im Grundriss sind quadratische und runde Bergfriede am häufigsten, als Spezialformen sind vor allem fünfeckige und achteckige Türme zu nennen. Eine ganz seltene Form ist der dreieckige Bergfried der Burg Grenzau bei Höhr-Grenzhausen oder jener der Burg Rauheneck nahe Baden bei Wien. Diese besonderen Grundrisse dienten durch den ungünstigen Aufprallwinkel der besseren Abwehr der im Mittelalter üblichen, durch Katapulte verschossenen (Stein)-Geschosse. Bergfriede sind durchschnittlich 30 Meter hoch, jener der Burg Forchtenstein im Burgenland erreicht sogar 50 Meter.

    Bergfried - Wikipedia
     
  3. Themistokles

    Themistokles Aktives Mitglied

    Lässt sich der Aufprallwinkel wirklich so gut durch die Turmform beeinflussen? Je nachdem wie mittig ein Katapult den Turm trifft oder wie es zum ihm steht (genau einer Kante gegenüber oder auf eine Wand ausgerichtet), lassen sich doch einige Winkel erzielen. Zugegeben, bei einem Rundturm verschlimmert jede Abweichung von der Mitte den Aufprallwinkel stärker als bei bei einem ähnlichen Schuß auf eine gerade Fläche.
     
  4. Kunifer

    Kunifer Neues Mitglied

    Vor allem dürfte er die Aufprallenergie gleichmäßiger ableiten als ein rechteckiger Turm, dessen Kanten naturgemäß besonders gefährdet sind.
     
  5. timotheus

    timotheus Aktives Mitglied

    Ich erlaube mir ergänzend dazu einige Ausführungen aus Der Bergfried in Werner Meyer "Deutsche Burgen, Schlösser und Festungen" - Sonderausgabe Gondrom, Bindlach 1994:
    Anm.: Unterstreichung der besonders relevanten Passagen im Text von mir...
     
  6. Mercy

    Mercy unvergessen

    Nix Falsches, was der geschätzte Burgen-Meyer da postuliert.
     
  7. Themistokles

    Themistokles Aktives Mitglied

    Unterschied Rundturm - Eckturm sehe ich völlig ein. Aber die Anzahl der Ecken (wenn man welche wählt) scheint nicht so bedeutend zu sein.
     
  8. Paapbiischt

    Paapbiischt Neues Mitglied

    Mal eine etwas andere Frage zum Bergfried...

    Wurden die Bergfriede eigentlich nie mit Geheimgängen versehen um aus der Belagerung auszubrechen?
     
  9. letztergisone

    letztergisone Aktives Mitglied

    Den Sagen nach gibt es bei jeder Burg ellenlange Fuchttunnel. Der frühere Chef des Marburger Denkmalamtes wurde diese Frage nach einem Vortrag auch mal gestellt. Antwort; Wo sind wir hier, in der Märchenstunde oder bei einem geschichtlichen Vortrag. In dem einen oder anderen Fall sind mir kürze Fluchtwege bekannt.

    ne Hesse
     
    1 Person gefällt das.
  10. Rafael

    Rafael Aktives Mitglied

    Als ich mit der Schule auf der Burg Nideggen in der Eifel war, hat man uns erzählt, dass man einen Geheimgang (ich glaube durch den Brunnen) hatte, um bei Belagerung im Wald hinauszukommen und um so wenigstens für Nahrung sorgen zu können.
     
    Zuletzt bearbeitet: 8. Oktober 2010
  11. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Über die Burg, bzw. Zitadelle von Denia (eine mittelalterliche Maurische Burg, die im späten Mittelalter und frühen Neuzeit oft erweitert wurde) wird in einem Bericht aus dem 16. Jahrhundert erwähnt, dass man dem König Philipp III bei seinem Besuch einen unterirdischen Gang zur Küste zeigte.

    Es wird solche Gänge hier und dort gegeben haben, ein längerer Tunnel war jedoch offensichtlich etwas so besonderes, dass man es sogar einem König bei seinem Besuch vorführte.

    Kürzere, unauffällige "Not"ausgänge in Form von verdeckt angelegten Ausfallstüren, hatten wohl die meisten Burgen. Ein diskreter Ausgang weiter weg von der Burg mag praktisch gewesen sein, war aber garantiert sehr kostspielig (siehe nur, was ein tiefer Brunnen damals kostete) Man muss sich auch bewusst sein, dass ein solcher Gang auch immer ein Risiko beinhaltete, dass der Feind durch Verrat durch ihn eindrang.

    Bei späteren neuzeitlichen Festungen legte man so gennante "Minengänge" an, die dazu dienten feindlichen Mineuren zuvor zu kommen und deren Gänge schon im Ansatz zu sprengen. Bei einigen Festungen im Flachland gab es ganze Spinnenweben solcher Gänge. Diese wurden in der Regel mit Ziegelmauerwerk verkleidet und mögen später gelegentlich zur Legendenbildung und Rückdatierung ins Mittelalter geführt haben.

    P.S:In Pipers Burgenkunde werden mehrere Burgen erwähnt die über unterirdische Gänge verschiedenen Länge verfügten, darunter die Burg Pottenstein die über einem ganzen Gewirr an durch gegrabene Tunnel verbundenen Höhlen errichtet wurde.
     
    Zuletzt bearbeitet: 8. Oktober 2010
  12. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Die Krakauer Wawel hat einen Gang, der hinunter zu Weichsel führt. Ich bin ihn selber schon gegangen. Allerdings habe ich so meine Zweifel, dass dieser Gang "geheim" war. Leider kann ich mich nicht mehr erinnern, wo und wie der Gang begann. Krakau - Fotos Waweldrache - Drachenhöhle, Legende
     
  13. Norimberga

    Norimberga Mitglied

    Wenn man sich nur mal das Mauerwerk der Burgen aus dem Mittelalter anschaut, erkannt man, dass es sehr selten behauene Quader oder Steine sind (Burgen in Outremer mal ausgenommen). Daraus lässt sich schon ableiten, dass man selten über ausreichende finanzielle Ressourcen verfügte.
    Der Burgherr war wohl im seltensten fall in der Lage einen Tunnel zu finanzieren. Ganz davon zu schweigen das Fachpersonal zu finden.

    Einen Tunnel habe ich von der Meersburg (Bodensee) im Hinterkopf. Kann aber gerade nichts dazu finden.
     
  14. Liborius

    Liborius Aktives Mitglied

    Burgen standen üblicherweise auf Felsengrund. Da Gänge zu bauen war nicht gerade einfach. Deshalb gibt es auch kaum welche. Dafür, dass es aber doch einzelne gibt, und wie sich Mythen darum entwickeln konnten, ein Beispiel:
    Bergfeste Dilsberg ? Wikipedia
    speziell die Abschnitte 4.3. und 4.4.

    Nebenbei: Buckelquader kann man schon mal mit unbehauenen Steinen verwechseln.
     
    Zuletzt bearbeitet: 9. Oktober 2010
  15. Apvar

    Apvar Premiummitglied

    Bei Höhenburgen ja. Bei Wasserburgen, im Flachland die übliche Bauweise, wurde eine auf Eichenpfählen gegründete Motte aufgeworfen. Und darauf wurde dann der Bergfried errichtet. Hier dürften unterirdische Geheimgänge schwierig zu errichten gewesen sein.

    Apvar
     
  16. Kullerchen

    Kullerchen Neues Mitglied

    Ich meine auch schon öfters von Burgen mit Fluchttunneln gelesen zu haben, habe dafür aber jetzt auf [MOD: link entfernt] keine Belege gefunden. Aber hier wurden ja schon einige Beispiele dafür genannt. Bei meiner kurzen Suche im Netz bin ich nur auf folgendes gestoßen, allerdings auch ohne Quellenangabe:

    MOD: link entfernt.

    Das klingt ja so alles auch sehr logisch. Aber wie hier bereits mehrfach erwähnt wurde, war es ja nicht immer möglich, Tunnel anzulegen. Manche Festungen waren ja auch von Wasser umgeben und da stelle ich es mir auch schwer vor, Fluchttunnel darunter durch zu graben, oder?
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 15. November 2010

Diese Seite empfehlen