Frage zur Tauschwirtschaft

balanceistischer

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Hallo, ich bin neu hier. Und ich hoffe, Leute kennenzulernen, die sich mit Geschichte auskennen. Meine Frage ist, wie ist es genau zur Tauschwirtschaft gekommen. Warum haben sich die Menschen entschieden, die Dinge zu tauschen, und nicht gemeinsam nach Bedarf in der Gemeinschaft anzufertigen (natürlich nach Fähigkeit)? Man hätte auch nur das für sich und die Gemeinschaft anfertigen, was die Gemeinschaft braucht, dann wäre das Tauschen gar nicht entstanden, sondern man hätte das hergestellt, was man für sich oder die Gemeinschaft braucht.

Weiß jemand warum, es so gekommen ist?
 
Hallo und willkommen!

Ich sehe den Auslöser in der menschlichen Kreativität im weitesten Sinne. Irgendwer hat was, gestaltet was, entwickelt was welches das Interesse eines anderen wecken kann der dies nicht hat, der das nicht selber herstellen kann, vielleicht auch einfach mal zu faul dazu ist. Der guckt dann, was als Gegenleistung in Frage käme. Solches vollzieht sich innerhalb einer Gemeinschaft. Gemeinschaften begegnen sich zudem, haben tendenziell oder fundamental unterscheidende Skills entwickelt, können in dem von ihnen genutzten Territorium auch über besondere, seltene Ressourcen verfügen: Fischfilet gegen Elchhaxe, Obsidian gegen Muscheln, etc.
Meines Wissens tauschen auch einige Affenarten, Futter gegen Sex und umgekehrt, auch Gegenstände gegen Futter.
 
Da gibt es noch mehr Beispiele, Wolle, da gibt es Schafrassen mit grober und feiner Wolle, wer nur grobwollige Schafe hat und feinere Wolle tragen möchte, muß halt tauschen, das Produkt oder auch die neue Schafrasse.

Die "Einführung" von Tauschgeschäften ist letztlich eine Frage von Bedarf, Geschmack, Wunsch und anderen Dingen.
 
Da gibt es noch mehr Beispiele, Wolle, da gibt es Schafrassen mit grober und feiner Wolle, wer nur grobwollige Schafe hat und feinere Wolle tragen möchte, muß halt tauschen, das Produkt oder auch die neue Schafrasse.

Die "Einführung" von Tauschgeschäften ist letztlich eine Frage von Bedarf, Geschmack, Wunsch und anderen Dingen.
Bei Wolle bist du aber schon ziemlich weit in der Vorgeschichte fortgeschritten. Lukullus führt da weiter. Das Tauschen ist offensichtlich bereits in unserer Verhaltensbiologie angelegt. Selbst mit den Göttern treibt man Tauschhandel: do ut des! Ich gebe (opfere), dass du gibst (mir deine Bitten erfüllst).
 
Ja, Übergang zur Sesshaftwerdung. Die Frage wie es überhaupt dazu gekommen ist hatte ich jetzt nicht unbedingt auf unsere "Verhaltensbiologie" bezogen sondern eher auf praktische Anwendungen in der Entwicklung unserer Gesellschaften. Auch Lukullus hat ja entsprechende Beispiele genannt.
 
Tauschhandel beruht auf Angebot und Nachfrage, und das wiederum auf Mangel und Besitz. Man tauscht nur, wenn man etwas besitzt, was der andere braucht, und umgekehrt.

Im Jungpaläolithikum kann man einen sozialen „Tauschhandel“ von Sippenmitglieder im Rahmen einer Strategie zur Inzuchtvermeidung annehmen. Die Gruppen sind ansonsten viel zu klein und die Landschaft viel zu groß um eine überlebensfähige Population aufzubauen. Wie er ausgesehen hat können wir nicht sagen, aber wir wissen das in der frühen europäischen Besiedlung einige Populationen es nicht in unsere Gene geschafft haben. Greifbar wird es im späten Mesolithikum um den Beginn des Neolithikum herum.

Hier sieht man auch Mangel und Besitz, als Bedarf an Steinen und Silex bei den ersten Bandkeramikern und dem Besitz, als das Wissen und dem Zugang zu den Rohstoffquellen bei den mesolithischen Jäger und Sammler. Also schon in der ältesten Bandkeramik bilden sich Handelsbeziehungen in den unterschiedlichen Kombinationen. Als stummer Handel oder Depothandel funktioniert das sogar über Kulturgrenzen hinweg und ohne das die Händler miteinander sprechen müssen oder können. Innerhalb der Bandkeramiker erkennt man auch eine gewisse Zentralisierung des Vertriebes des Rohmaterials – also mit der Entfernung zu einem „Zentralort“ nimmt die Größe und Qualität des Steines ab.

Für 20kg Silex aus der Region X bekomme ich 150 km weiter südlich von den Bandkeramiker ein paar Keramikgefäße und Stoffe. Beides sind brauchbar, schön und exotisch für den Jäger und Sammler. Du erzeugst Überschuss und willst etwas besonders? Du bist ein „Big one“ einer Gemeinschaft und willst es zeigen? Also warum nicht eine schöne Jadeaxt aus den Alpen? Und weil der Hansel aus dem Lahntal schon eine hat, muss es eine Jadeaxt Pro Ultra sein!

Also schon im Neolithikum hast du Bedarf an Sachen die du nicht hast, aber brauchst. Was nützen im Dorf 5 Kühe, wenn du keinen Bullen hast? Aber Getreide und Keramik die du nicht brauchst? Die Alternative zum Tauschhandel könnte man ja alle Männer versammeln und das Dorf das Bullen hat überfallen.

Und um EQ zu übertrumpfen: Meine Gruppe hat heute Feuer und deine Gruppe hat Fleisch….. perfekte Lage für einen Dealmaker.
 
Hier ein älterer Thread
in dem die Beiträge unterschiedlichste Epochen und Kulturräume aufgreifen. Habe just nur grob quergelesen - berührt @balanceistischer auf jeden Fall deine Fragestellung. Reicht gerade gegen Ende des Threads (bspw. #162, S. 9, incl. Literaturverweis) zeitlich bis ins Paläolithikum zurück.
 
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