Frankreich und das Osmanische Reich.

Griffel

Mitglied
Frankreich war lange Jahre mit dem Osmanischen Reich verbündet! Eigentlich ein Witz! Ein katholisches Land, paktiert mit den Osmanen.
Was hat eigentlich der heilige Stuhl dazu gesagt?
:rolleyes:
 
Einmal mehr hast du dein Werturteil schon gefälllt!

Der Hl. Stuhl saß in Italien. In Italien saßen auch die Spanier. Habsburg hatte den Finger auf der Kaiserkrone und Hausgut in den Niederlanden und im Reich, außerdem Spanien. Frankreich sah sich also von Habsburg umgeben. Bzw. lag eh im Konflikt mit Habsburg, sei es um Besitzungen in Italien, sei es in Grenzfragen an den Pyrenäen oder am Rhein. Die Osmanen waren da ein natürlicher Verbündeter, solange Frankreich selbst nicht durch diese bedroht war.
 
Frankreich war lange Jahre mit dem Osmanischen Reich verbündet! Eigentlich ein Witz! Ein katholisches Land, paktiert mit den Osmanen.
Was hat eigentlich der heilige Stuhl dazu gesagt?
Frankreich war gelegentlich mit dem Osmanischen Reich gegen Habsburg verbündet, führte aber etwa, wie im Zusammenhang der Belagerung von Candia, als die venezianischen Verteidiger Candias/Herakleions auf Kreta, sich gegen Versuche verteidigten, die Insel dem osmanischen Reich einzuverleiben, aber gelegentlich auch Krieg mit diesem Reich oder griff in Auseinanderserzungen auf Seiten der Gegner dieses Reiches ein.

Das katholische Fürsten, mit Muslimischen Fürsten paktierten, ist in der Geschichte nichts ungewöhnliches gewesen. Auf der iberischen Halbinsel war das über Jahrhunderte lang Alltag.
Selbst die Fürsten der Kreuzfahrerstaaten in der Levante unterhielten zeitweise Bündnisse mit muslimischen Fürsten in der Region, wenn sie um ihre Position im eigenen Lager kämpfen mussten (kann man u.a. bei Asbridge nachlesen).

Die Habsburger, gegen die Frankreich zeitweise mit dem Osmanischen Reich paktierte, unterhielten ja selbst immer wieder Allianzen mit nicht katholischen Mächten.

Sei es mit verschiedenen protestantischen Reichsständen, sei es vor allem im 18. Jahrhundert mit den protestantsichen Briten und Niederländern oder mit dem orthodoxen Muskowien/Russland, als es gegen das Osmanische Reich und um die habsburgischen Interessen in Polen ging.

Der Kirchenstaat beteiligte sich gelegentlich (wenn es gegen das Osmanische Reich ging) selbst an Allianzen, bei denen auch nichtkatholische Akteure mitmischten.

In einzelnen Fällen de facto sogar an Allianzen, die christliche und muslimische Fürsten gegen das Osmanische Reich oder jedenfalls in starker annäherung daran, wenn auch ohne selbst de jure solche Allianzen zu schließen.


So ungeheuerlich war die französische Allianzpolitik mit dem Osmanischen Reich an und für sich nicht.
Sie strafte den Titel "Allerchristlichster König", den die französischen Monarchen zu dieser Zeit führten Lügen. Aber darüber hinaus betrieben die französischen Könige da eigentlich nichts, was nicht auch andere christliche Monarchen/Fürsten taten, wenn es ihnen gerade in den Kram passte.
 
Frankreich war lange Jahre mit dem Osmanischen Reich verbündet! Eigentlich ein Witz! Ein katholisches Land, paktiert mit den Osmanen.
Was hat eigentlich der heilige Stuhl dazu gesagt?
:rolleyes:

Frankreich war durch die Habsburger in Wien und Madrid in die Zange genommen, und diese "Einkreisung" aufzubrechen war ein Grundzug der französischen Politik seit Franz I. Getreu dem Motto "Der feind meines Feindes ist mein Freund

Das gelang aber erst dem französischen Premierminister Kardinal Richelieu, der dazu auch Bündnisse mit dem reformierten Landgraf von Hessen und dem lutherischen König von Schweden einging.

Bindungen zwischen Frankreich und dem Osmanischen Reich gab es seit den Italienkriegen Karls V. König Franz I. wurde bei Pavia 1525 vernichtend geschlagen und gefangen genommen. Vor diesem Hintergrund, in einer verzweifelten Lage, nahm Franz Mutter Luise von Savoyen Kontakt mit Sultan Suleyman I. auf und hoffte Suleiman zu einem Angriff auf Österreich zu bewegen.
1529 erfolgte tatsächlich die erste Belagerung Wiens. Suleiman hatte aber gleichzeitig Ärger mit dem Schah von Persien wegen Aserbeidschan.

Nach dem Motto "der Feind meines Feindes ist mein Freund" handelten auch die kaiserlichen Diplomaten, die mit dem Schah von Persien unterhandelten wegen einem Angriff gegen die Osmanen.

Ein Bündnis Frankreichs mit den Osmanen war durchaus folgerichtig, da im 16. und 17. Jahrhundert aber das Osmanische Reich noch großen Druck auf Europa ausübte, war das osmanisch-französische Bündnis natürlich schon erklärungsbedürftig. Die Kreuzzugsidee war noch recht lebendig, 1516 hatte Papst Leo X. in einer Bulle zum Kreuzzug aufgerufen, und auch König Franz I. hatte in den 1510er Jahren einen Kreuzzug propagiert. Der König von Frankreich nannte sich "allerchristlichster Monarch", und die Osmanen galten als Feinde der Christenheit.

Von Kriegen "hinten weit in der Türkei" konnte im 16. und 17. Jahrhundert keine Rede sein. Ungarn, Siebenbürgen waren türkisch besetzt, nicht nur die Gebiete des Kaisers, Kärnten und Niederösterreich waren bedroht, die Barbareskenstaaten unternahmen auch Züge Richtung Frankreich-Italien.
Da war ein Bündnis mit den Osmanen natürlich stark erklärungsbedürftig.
In der zeitgenössischen Literatur wurde das Bündnis mit den Osmanen stark kritisiert.

Was der Heilige Stuhl dazu sagte, weiß ich nicht, König Franz I. aber schrieb dem Papst einen Brief, in dem er ihm detaillierte Pläne für einen gemeinsamen Kreuzzug der europäischen Mächte gegen die Osmanen entwarf, zu dem auch F bereit sei. Wichtiger aber sei vor allem, den inneren Frieden zwischen den Christen voranzutreiben.

Der Heilige Stuhl war vom Bündnis Frankreichs mit den Osmanen mit Sicherheit nicht gerade begeistert, und angesichts der Bedrohung durch die Osmanen war F durchaus in Erklärungsnot. Als die Osmanen 1683 zum zweiten Angriff auf Wien losbrachen, stellte selbst Louis XIV. dem Kaiser ein Hilfskorps zur Verfügung, das z. B. bei der Schlacht von St, Gotthard aktiv war.
Die Praxis Der-Feind-meines-Feindes... entsprach aber so sehr den Grundzügen der Politik, die alle europäischen Mächte- auch der Heilige Stuhl- praktizierten, dass der Vatikan so sehr entrüstet über den König von Frankreich gar nicht sein konnte.
 
Frankreich war lange mit den Osmanen verbündet-eigentlich ein Witz!

Ein Witz war das natürlich nicht. Es war aber doch ein enormer Widerspruch, wenn der König von Frankreich, als allerchristlicher Monarch sich ausgerechnet mit den Osmanen verbündete, die als Feinde der Christenheit galten. Die Kriegführung in den Türkenkriegen wurde von beiden Seiten mit äußerster Brutalität geführt.

Der Druck der Osmanen auf Europa war durchaus bis zur Wende im Großen Türkenkrieg groß, und selbst im 18. Jahrhundert riskierte man, bei Mittelmeerreisen auf Sklavenmärkten in Algier oder Tunis zu landen.

Das bedeutete für die Könige von Frankreich schon ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem, und da bestand durchaus auch Erklärungsbedarf- nicht nur gegenüber dem Heiligen Stuhl.

Die Bündnispolitik Kardinal Richelieus war völlig nach politischen, nicht nach konfessionellen Grundzügen aufgestellt. Richelieu hatte den reformierten Landgrafen von Hessen und den lutherischen König von Schweden unterstützt. Auch Wilhelm von Oranien und andere Fürsten der Epoche gingen Bündnisse unabhängig von Konfession ein. Wilhelm von Oranien verbündete sich mit den Habsburgern gegen Frankreich.
Ein Bündnis mit den Osmanen, das war schon eine andere Hausnummer und durchaus erklärungsbedürftig.


Andererseits waren die Osmanen einfach eine Größe die man nicht ignorieren konnte. Frankreich hatte keine Konflikte mit dem Sultan, und der Padischah war ein sehr mächtiger Herrscher. Der hatte aber Konflikte mit den Habsburgern. Was lag also näher, als günstige Kontakte mit den Osmanen herzustellen, Die Osmanen konnten fast die ganze kaiserliche Armee in Südost- und Mitteleuropa binden. Ein starker Bundesgenosse, mit dem man auf Augenhöhe verhandelte, der durchaus zuverlässig war und der den Hauptgegner bedrohte, dessen Armeen im Osten band- der Druck auf die Habsburger in der Hofburg und im Escorial ausübte- besser konnte es für Frankreich doch gar nicht laufen.


Da erzählt man halt dem Papst, dass Frankreich bei einem Kreuzzug mitmacht, da schickt man dem Kaiser sogar ein Hilfs-Korps Bataillon.
 
Diese Politik war aber auch ein bisschen kurzsichtig.

Man erinnere sich zurück: Jahrhundertelang hatte das (wenngleich geschrumpfte) Byzantinische Reich den islamischen Expansionsbestrebungen standgehalten - und diese damit auch von Europa, sofern es die östliche Flanke betraf, ferngehalten. Dann wurde es von den Kreuzfahrern zerschmettert und erlangte nach seiner Restauration nie mehr seine alte Stärke zurück. Das Ergebnis war letztlich ein osmanischer Balkan.

Nach dem Fall Ungarns war es primär das (österreichische) Habsburgerreich, das eine weitere Expansion aufhielt. Hätten die Osmanen das (österreichische) Habsburgerreich zerschlagen, hätte sie nur noch ein Haufen Kleinstaaten von Frankreich getrennt.
 
Nach dem Fall Ungarns war es primär das (österreichische) Habsburgerreich, das eine weitere Expansion aufhielt. Hätten die Osmanen das (österreichische) Habsburgerreich zerschlagen, hätte sie nur noch ein Haufen Kleinstaaten von Frankreich getrennt.
Ja, allerdings muß man hierzu auch erwähnen, das die Logistik des Osmanischen Heeres bei der Region Wien an ihre Grenzen stieß.
Die Heeresstärke von rund 100.000 Mann mußte aus Südbulgarien bi zur Donauregion, etwa große Schütt, marschieren, samt Tross und das von März ab, mußte aber schon im Oktober/November wieder in der Heimat sein. Für längere Belagerungen und langfristiges militärisches Manövrieren
blieb da nicht allzuviel Zeit.
Militärisch war das Osmanische Reich sämtlichen europäischen Mächten lange Zeit weit überlegen in Logistik, Taktik, Ausrüstung, Diziplin und Mannschaftsstärke.


Frage an die anderen Foristen:
Hat Frankreich hochoffiziell sein Bündnis mit den Osmanen öffentlich gemacht?
 
Frage an die anderen Foristen:
Hat Frankreich hochoffiziell sein Bündnis mit den Osmanen öffentlich gemacht?
Was meinst Du mit "hochoffiziell"? Franz I. überließ den Osmanen 1543 sogar Toulon, damit ihre Flotte im westlichen Mittelmeer überwintern könnte. Offizieller geht's nicht. Sowohl militärisch als auch politisch war das ein extremer und gewagter Schritt. Ein christlicher Monarch lieferte christliches Land dem Halbmond aus, um einem anderen christlichen Monarchen zu schaden. Und immerhin hätte Chaireddin (Barbarossa) die Gelegenheit zum Einfall in Frankreich nutzen können. Aufgrund der Tragweite dieser Entscheidung würde ich bei Franz' Bündnispolitik auch nicht auf ein bloßes Zweckbündnis abstellen, er ging weit über "der Feind meines Feindes" hinaus. Vermutlich war ihm einfach jedes Mittel recht.

Denn Franz I. hatte eine tief empfundene Feindschaft gegen das Reich im Allgemeinen und den Kaiser im Besonderen entwickelt. Die Kurfürsten hatten ihn 1519 an der Nase herumgeführt, indem sie Franz' Gold nahmen und dennoch Karl zum Kaiser wählten. Dieser brachte ihm dann 1525 eine der vernichtendsten Niederlagen eines europäischen Monarchen im 16. Jahrhundert bei. Die harten Bedingungen des Friedens von Madrid und den Umgang des Kaisers mit seinen als Geiseln zu stellenden Söhnen hat Franz Karl nie verziehen.
 
"Hochoffiziell" ist schwer auszudrücken, das Frankreich mit den Osmanen verbündet war, wußten ja alle. Meine Frage bezog sich daher auf "offizielle diplomatische Noten" in denen Frankreich klar gesagt hat, z.B. :::::::::::: nein, wir können nicht:::::::::weil die Hohe Pforte unser Verbündeter ist_____
 
Das zeigt doch mal wieder, wie widersinnig Glaubensregeln sind!:)

Nein! Es zeigt mal wieder, wie widersinnig deine Schlussfolgerungen und Prämissen sind.


Im Eingangsthread mokierst du dich darüber, dass die katholischen Könige von Frankreich freundschaftliche Beziehungen pflegten oder sogar ein Bündnis eingingen mit den muslimischen Osmanen. Mit diesen hatten die französischen Könige keinen Konflikt, keine umstrittene Grenze, sie waren aber die größten Feinde der größten Feinde, nämlich der Habsburger in Wien und Madrid.

Da unterstellst du, dass das ein unerhörter Skandal, eigentlich ein Witz war, dass sie das nicht hätten tun dürfen, weil die Osmanen nicht nur eine andere Konfession hatten (wie die Landgrafen von Hessen und die Könige von Schweden), sondern eine andere Religion, weil sie als Feinde der Christenheit, als Feinde des Reiches galten.

Mit anderen Worten, du argumentierst auf religiöser Basis. Mit den Osmanen hätte man keinen freundlichen Verkehr pflegen dürfen und schon gar nicht sich mit ihnen verbünden.

Man hat es aber trotzdem getan, und dass man es getan hat, lag nicht an der Widersinnigkeit von Religion, sondern daran, dass in der Politik nicht Glaubensregeln, sondern politische, wirtschaftliche und geostrategische Überlegungen das Gesetz des Handelns bestimmt.

-Die Osmanen waren ein starker Verbündeter, mit dem es keinen Konflikt gab.
-Sie waren Feinde der Feinde die ordentlich Druck machten, um die habsburgische "Einkreisung" aufzubrechen.
Die osmanische Flotte, die noch in den Tagen von Lepanto Angst und Schrecken erregte, in Toulon überwintern zu lassen, war stark erklärungsbedürftig. Es war aber auch eine Maßnahme, die französische Kaufleute von der Angst befreite, womöglich auf Sklavenmärkten in Algier oder Tunis zu landen oder Schiffe an Piraten wie Chairedin Barbarossa zu verlieren.


Das Osmanische Reich war auch ein potenzieller Absatzmarkt für Waren aus Frankreich.
Frankreich hatte keine Konflikte mit dem Osmanischen Reich, auch keine umstrittene Grenze. Sich mit den Osmanen zu arrangieren war daher durchaus kein Witz, kein Skandal, sondern nüchterne Realpolitik-mochte diese auch durchaus erklärungsbedürftig sein.
 
Man hat es aber trotzdem getan, und dass man es getan hat, lag nicht an der Widersinnigkeit von Religion, sondern daran, dass in der Politik nicht Glaubensregeln, sondern politische, wirtschaftliche und geostrategische Überlegungen das Gesetz des Handelns bestimmt.
Ist das nicht ein bisschen zu verallgemeinernd? Bestimmt waren religiöse Beweggründe für die Monarchen des Mittelalters und der Frühneuzeit selten ausschlaggebend, aber komplett aus der Gleichung streichen würde ich sie nicht.
-Die Osmanen waren ein starker Verbündeter, mit dem es keinen Konflikt gab.
Das würde ich in dieser Entschiedenheit nicht sagen. Ein Vasall Franz' erhob Anspruch auf die Krone von Jerusalem; die Osmanen kamen 1537 in Otranto erneut auf den Geschmack; und die von Frankreich angestrebte Hegemonie im westlichen Mittelmeer kollidierte natürlich mit den Ansprüchen der Pforte. Süleyman war für Franz einfach das kleinere Übel, den er nahezu buchstäblich aus dem Kerker um Hilfe anflehte.

In der englischsprachigen Wikipedia kann man nachlesen, wie er 1531 dem venezianischen Botschafter anvertraute: "I cannot deny that I wish to see the Turk all-powerful and ready for war, not for himself – for he is an infidel and we are all Christians – but to weaken the power of the emperor, to compel him to make major expenses, and to reassure all the other governments who are opposed to such a formidable enemy." (Link)

Man beachte auch (selbes Lemma weiter oben) die herablassende Antwort, die Süleyman Franz schickte, worin er den Valois als Vasallen behandelt.

Ich frage mich, ob Du die Symbolkraft dieses Bündnisses nicht unterschätzt? Franz von Frankreich lag auch wegen der Universalmonarchie im Streit mit dem Kaiser – und wurde infolgedessen Juniorpartner eines wahrscheinlich noch mächtigeren Monarchen, der anders als Karl nicht nur protokollarisch über Frankreich stehen wollte, sondern ganz konkrete Ansprüche auf die Oberhoheit über Frankreich und ganz Europa erhob.

Militärisch potenter war Süleyman allemal. Karl hatte selbst mit den Reichtümern der neuen Welt und den Krediten der Fugger Probleme, regelmäßig Heere im Umfang von über 25.000 Mann aufzustellen. Die Osmanen hingegen hatten die Mittel und die Kriegskunst, vielfach größere Heere an mehreren Fronten zugleich einzusetzen. Spätestens 1529 war ein osmanischer Vorstoß bis an die Grenzen Frankreichs kein Hirngespinst ängstlicher Wanderprediger mehr. Insofern war das franko-osmanische Bündnis zumindest zur Zeit Süleymans I. ein brisantes Vabanquespiel.
Die osmanische Flotte […] in Toulon überwintern zu lassen, war stark erklärungsbedürftig.
Das ist meines Erachtens eine Untertreibung. Es war eine skandalöse Entscheidung für einen Mann, der Kaiser und Anführer aller christlichen Monarchen sein wollte, und geschworen hatte, Jerusalem zurückzuerobern.
Riskant war es obendrein, denn hätte Süleyman Franz verraten, hätten die Osmanen vermutlich dauerhaft in Frankreich Fuß fassen können.
Es war aber auch eine Maßnahme, die französische Kaufleute von der Angst befreite, womöglich auf Sklavenmärkten in Algier oder Tunis zu landen oder Schiffe an Piraten wie Chairedin Barbarossa zu verlieren.
Das erscheint mir zweifelhaft. September bis Januar ist im westlichen Mittelmeer Medicane-Saison. Die Überwinterung von Toulon geschah ja nicht ohne Grund. Die Kauffahrteischiffe dürften das Meer meist ebenso gemieden haben wie die Osmanen auch.
Sich mit den Osmanen zu arrangieren war daher durchaus kein Witz, kein Skandal, sondern nüchterne Realpolitik
Realpolitik war es, aber dennoch skandalös. Natürlich echauffierten sich vor allem die anti-französischen Mächte in Europa. Aber sogar von Englands Heinrich, zu diesem Zeitpunkt längst ein Feind des Kaisers, sind kritisch-ungläubige Zeilen überliefert.
 
Das erscheint mir zweifelhaft. September bis Januar ist im westlichen Mittelmeer Medicane-Saison. Die Überwinterung von Toulon geschah ja nicht ohne Grund. Die Kauffahrteischiffe dürften das Meer meist ebenso gemieden haben wie die Osmanen auch.Realpolitik war es, aber dennoch skandalös. Natürlich echauffierten sich vor allem die anti-französischen Mächte in Europa. Aber sogar von Englands Heinrich, zu diesem Zeitpunkt längst ein Feind des Kaisers, sind kritisch-ungläubige Zeilen überliefert.

In den Herbst- und Wintermonaten kam die Schifffahrt in der Regel zum erliegen, nur wenige Schiffe wagten sich während der dieser Zeit aufs Meer.
Ein Bündnis war aber nicht nur während der Wintermonate gültig, und mit einem Bündnis ließ sich möglicherweise erreichen, dass die Piraten der Barbaresken-Staaten französische Schiffe verschonten.
 
Man beachte auch (selbes Lemma weiter oben) die herablassende Antwort, die Süleyman Franz schickte, worin er den Valois als Vasallen behandelt.

Ich frage mich, ob Du die Symbolkraft dieses Bündnisses nicht unterschätzt? Franz von Frankreich lag auch wegen der Universalmonarchie im Streit mit dem Kaiser – und wurde infolgedessen Juniorpartner eines wahrscheinlich noch mächtigeren Monarchen, der anders als Karl nicht nur protokollarisch über Frankreich stehen wollte, sondern ganz konkrete Ansprüche auf die Oberhoheit über Frankreich und ganz Europa erhob.

Militärisch potenter war Süleyman allemal. Karl hatte selbst mit den Reichtümern der neuen Welt und den Krediten der Fugger Probleme, regelmäßig Heere im Umfang von über 25.000 Mann aufzustellen. Die Osmanen hingegen hatten die Mittel und die Kriegskunst, vielfach größere Heere an mehreren Fronten zugleich einzusetzen. Spätestens 1529 war ein osmanischer Vorstoß bis an die Grenzen Frankreichs kein Hirngespinst ängstlicher Wanderprediger mehr. Insofern war das franko-osmanische Bündnis zumindest zur Zeit Süleymans I. ein brisantes Vabanquespiel.
Das ist meines Erachtens eine Untertreibung. Es war eine skandalöse Entscheidung für einen Mann, der Kaiser und Anführer aller christlichen Monarchen sein wollte, und geschworen hatte, Jerusalem zurückzuerobern.
Riskant war es obendrein, denn hätte Süleyman Franz verraten, hätten die Osmanen vermutlich dauerhaft in Frankreich Fuß fassen können.

Die Osmanen hatten ja auch ihre Last und standen im Krieg mit den Safawiden, einem Krieg, der fast 20 Jahre dauerte und die Kräfte des Osmanischen Reiches in Mesopotamien und Aserbeidschan band.
Im Mittelmeer waren die Militärs Karls V. bei Operationen gegen die Barbaresken-Staaten durchaus erfolgreich. 1535 wurde Barbarossa aus Tunis vertrieben, und Tunesien wurde ein spanischer Vasallenstaat.

Suleiman I. ließ sich bei der Stiftung der Suleiman-Moschee als "Eroberer des Ostens und Westens" und "Herrscher der Reiche der Welt" huldigen, er erkannte aber auch, dass er das nicht alles erobern konnte und unter Suleiman I. vertieften sich die diplomatischen Beziehungen des Osmanischen Reichs zu europäischen Staaten. So versuchte Suleiman, die Unterstützung der protestantischen Fürsten zu erreichen, die sich im Schmalkaldischen Bund gegen Karl V. zusammenschlossen. Frankreich unter Franz I. war keineswegs der einzige Staat, der mit den Osmanen zusammenarbeitete. Gerade auf wirtschaftlichem Gebiet kam es zur Zusammenarbeit. Die erste der Kapitulationen des Osmanischen Reichs schloss die Hohe Pforte schon 1352 mit der Republik Genua. Auch die Republiken Venedig, Florenz und das Königreich Neapel schlossen Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit. 1580 folgte auch England, das bis dahin über Venedig Waren importiert hatte. Auch England unter Elisabeth I. war stark an Beziehungen zum Osmanischen Reich interessiert, und Elisabeth arbeitete aus ähnlichen Gründen mit den Osmanen zusammen wie Franz I. Die Osmanen waren Feinde der Feinde, und sie störten die Silberflotten im Indischen Ozean. Elisabeth hatte auch nach dem Sieg bei Lepanto 1571 sehr auffällig geschwiegen und der siegreichen spanisch-venezianischen Armada nicht gratuliert. Das recht positive Bild der Osmanen in der englischen Öffentlichkeit schlug sich auch in Dramen des elisabethanischen Theaters nieder wie in "Der Kaufmann von Venedig" oder "Othello".


Machiavelli hat in Il Principe ein Kapitel der militärischen Stärke Frankreichs und dem Osmanischen Reich gewidmet, und er kam zu dem Schluss, dass es relativ einfach sei, in Frankreich einzufallen und eine französische Provinz zu erobern. Dagegen sei es sehr schwer, sich dauerhaft dort zu halten. Es sei dagegen schwer, ins Osmanische Reich einzufallen und Rumelien zu erobern. Dafür sei es leicht, das gesamte Reich zu erobern, wenn man sich erst durchgesetzt habe. Die Osmanen hätten das im Byzantinischen Reich nicht zuletzt deshalb relativ einfach dadurch erreicht, dass sie Konstantinopel zur Residenz der Sultane machten.
Die Sorge, dass die Osmanen 1529 nicht nur bis Wien, sondern gleich bis nach Paris hätten vorstoßen können, überschätzt dann doch ein wenig die militärische Schlagkraft des Osmanischen Reichs, auch die Pläne der Osmanen.

Bei beiden Vorstößen bis vor die Tore Wiens mangelte es den Türken an schwerer Artillerie, und auch die Ziele waren weitaus bescheidener: 1529 ging es wohl vor allem darum, Franz Zapolja als König von Ungarn zu stabilisieren und die Habsburger zu schwächen. Für eine längere Belagerung waren die Osmanen nur mäßig vorbereitet.

Auch bei der zweiten Belagerung 1683 waren die Pläne recht bescheiden, da ging es vor allem darum, den protestantischen Widerstand in Ungarn unter Tököly zu stärken und ein selbstständiges protestantisches Ungarn dauerhaft als Pufferstaat zwischen den eigenen Besitzungen auf dem Balkan und den Habsburgern zu etablieren. Das war ein eher defensives Konzept, eine Reaktion auf die sich abzeichnende Gegenoffensive der Habsburger, Venedig, Polen.

In der prahlerisch anmutenden Botschaft an Leopold I. kündigte Mehmed IV. an, das "Ländchen" Leopold I. mit Krieg zu überziehen und behauptete, 13 Könige und 1,3 Millionen Janitscharen und Sipahis zu kommandieren.

Tatsächlich bestand die Armee aus höchstens 140.000 Mann, davon nur etwa 50-70.000 reguläre Soldaten, der Rest Trossknechte, Händler, Handwerker. Geplant war anscheinend die kaiserliche Armee im Feld zu schlagen und von der Hofburg so die Anerkennung eines protestantischen ungarischen Pufferstaates zu erzwingen. Schwere Geschütze, ohne die sich eine Stadt wie Wien kaum erobern ließ, hatte man gar nicht mitgebracht. Allein die zögerliche Taktik des Herzogs von Lothringen hatte die Osmanen überhaupt bewogen, bis Wien vorzurücken.
Die Festung Raabhatten die Osmanen leicht erobert, so entschlossen sie sich, aufs Ganze zu gehen. Wien, die Kaiserstadt sollte fallen und eine Stadt der Stephanskrone werden unter einer protestantischen, von den Osmanen abhängigen Magyaren-Dynastie.
 
Machiavelli hat in Il Principe ein Kapitel der militärischen Stärke Frankreichs und dem Osmanischen Reich gewidmet, und er kam zu dem Schluss, dass es relativ einfach sei, in Frankreich einzufallen und eine französische Provinz zu erobern. Dagegen sei es sehr schwer, sich dauerhaft dort zu halten. Es sei dagegen schwer, ins Osmanische Reich einzufallen und Rumelien zu erobern. Dafür sei es leicht, das gesamte Reich zu erobern, wenn man sich erst durchgesetzt habe. Die Osmanen hätten das im Byzantinischen Reich nicht zuletzt deshalb relativ einfach dadurch erreicht, dass sie Konstantinopel zur Residenz der Sultane machten.
Zu diesem Zeitpunkt hatte das Byzantinische Reich allerdings - abgesehen von einem Winkel der Peloponnes und ein paar Inseln - ohnehin nur noch aus Konstantinopel bestanden. Konstantinopel eroberten die Osmanen erst, nachdem sie zuvor bereits fast das gesamte Byzantinische Reich (und weitere große Teile des Balkan) erobert hatten. Konstantinopel war geradezu als Fremdkörper in ihrem Reich verblieben.
 
Machiavelli hat in Il Principe ein Kapitel der militärischen Stärke Frankreichs und dem Osmanischen Reich gewidmet, und er kam zu dem Schluss, dass es relativ einfach sei, in Frankreich einzufallen und eine französische Provinz zu erobern.
Ich meine mich aber daran zu erinnern, dass es in dem Kapitel weniger um militärische Stärke allein geht, als mehr um einen Vergleich des feudalen Frankreichs mit dem (mindestens in der Theorie ) zentraler regierten Osmanischen Reich.
Wenn ich das richtig erinnere kommt Machiavelli da zu dem Schluss, das auf Grund der eigenständigkeit der Provinzen und ihrer Fürsten in Frankreich es durch die permanente Auseinandersertzung der Großen und der Provinzen mit dem Königtum, es für Invasoren immer leichte Einfallstore gäbe (eben rebellische Provinzen und Große) wohingegen (auf Grund der dezentralen Strukturen) es selbst einem Fürsten, der den Thron eroberte sehr schwer fallen würde diesen zu halten.
Während demgegenüber es deutlich schwieriger wäre im Osmanischen Reich Fuß zu fassen, weil (in seiner Auffassung, realiter sah das natürlich etwas anders aus) kaum eigenständige, von der Zentrale einigeraßen unabhängige Provinzen und Fürsten vorhanden, deren Auseinandersetzungen mit dem Zentrum ein Invasor nutzen könnte.
Dafür allerdings ein zentralistisches System, dass es jemandem, dem es gelang die Zentrale zu übernehmen, damit auch gelingen könne, gleich das ganze Reich zu übernehmen.
 
 
Natürlich weis, auch ich, dass es schon immer einen Unterschied zwischen Theorie und Praxis gab! Ob bei Staatsgesetzen oder religiösen Regeln! Ich meine mal gelernt zu haben, dass Frankreich aus politischen und ökonomischen Gründen, mit den Osmanen paktiert hat!
Der Vatikan, der zu jener Zeit, noch andere Möglichkeiten hatte, dürfte davon nicht "begeistert" gewesen sein! Da man ja bestrebt war, in Frankreich seinen Einfluss geltend zu machen. Frankreich war damals eine katholische Macht und wollte dies auch bleiben. Nicht umsonst bekämpfte man die Hugenotten so beharrlich.
 
Der Vatikan, der zu jener Zeit, noch andere Möglichkeiten hatte, dürfte davon nicht "begeistert" gewesen sein! Da man ja bestrebt war, in Frankreich seinen Einfluss geltend zu machen. Frankreich war damals eine katholische Macht und wollte dies auch bleiben. Nicht umsonst bekämpfte man die Hugenotten so beharrlich.

Die Religionspolitik in Frankreich machte nicht der Vatikan, da ließen sich die Könige Frankreichs nicht vom Papst reinreden, und von den Königen Frankreichs waren Päpste noch ganz andere Nummern gewöhnt. Philip IV., der Schöne hatte nach unzähligen Streitereien mit Bonifatius VIII. nachdem dieser in der Bulle Unam Sanctam die Vorrangstellung und das Primat der geistlichen Macht betonte, kurzerhand den Papst zum Häretiker erklärt und ihn sogar auf seinem Landsitz in Anagni gefangen gesetzt. Bonifatius Nachfolger Clemens V., ein Franzose, ging nach seiner Wahl gar nicht erst nach Rom, sondern blieb in Avignon. Von 1309 bis 1376/77 wurde das Papsttum und die folgenden sieben Päpste sozusagen unter Kuratel des Königs von Frankreich gestellt, und das Papsttum hörte auf, eine europäische Macht zu sein. Erst Gregor XI. ging auf Rat der Katherina von Siena wieder nach Rom.

Frankreich war eine katholische Macht, und Frankreich wurde durch die Hugenottenkriege stark in Mitleidenschaft gezogen. Frankreich hatte unter Heinrich IV. den Hugenotten aber auch große Zugeständnisse gemacht und ihnen volle Bürgerrechte und religiöse Toleranz gewährt. Henri (von Navarra war "Paris eine Messe wert", er selbst war vom Calvinismus zum Katholizismus konvertiert, seine ehemaligen Glaubensgenossen aber auch das Edikt von Nantes 1598.

Frankreich ist dadurch relativ glimpflich durch das Zeitalter von Reformation und Gegenreformation gegangen. Mit dem Edikt von Nantes wurde zwar die katholische Staatsreligion bestätigt und das Vordringen des Protestantismus gestoppt, den Hugenotten wurde aber auch völlige Bürgerrechte eingeräumt.

Kardinal Richelieu sah im Edikt von Nantes ein Hemmnis des Absolutismus und nach der Einnahme von La Rochelle, einer Hugenottenfestung, ließ er im Frieden von Ales einige Privilegien der Hugenotten beschneiden.

Dennoch genossen die französischen Protestanten in Frankreich ein erstaunliches Maß an bürgerlichen Freiheiten, und in Frankreich ist durch das Edikt von Nantes eine weitere Radikalisierung verhindert worden.

Erst 1685 entschied sich Ludwig XIV. das Edikt von Nantes kurzerhand zu kassieren. Mit dem Edikt von Fontainebleau 1685 sollte Frankreich rekatholisiert werden. Durch allerlei Schikanen und Einquartierungen (Dragonaden) wurden viele Hugenotten wieder katholisch, und wer sich weigerte, konnte ins Exil gehen. Frankreich verlor mit dem Edikt von Nantes leistungsfähige, gute Staatsbürger, und Staaten wie Preußen oder Hessen-Kassel nahmen sie gerne auf. Hessen und Preußen bekamen ausgezeichnete Fachkräfte, die im Laufe der Zeit auch große preußische oder hessische Patrioten wurden, auch wenn sie noch einige Generationen lang Französisch sprachen.

Die Familie von Theodor Fontane, Sproß einer alten Hugenottenfamilie, sprach in der Familie noch bis 1806 Französisch. Erst als nach dem Debakel von Jena und Auerstedt 1806 Preußen beinahe von der Landkarte verschwand wie 1945 fanden die Fontanes das ungebührlich- sie waren inzwischen Preußen geworden, und kaum ein Autor wurde zu einem authentischeren Chronisten des alten Preußen, als der Nachfahre von Hugenotten Theodor Fontane.
 
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