Friesen und Sorben - wieso kein eigenes Territorium?

rrttdd

Mitglied
Mich würde auch mal interessieren, wieso es diese anerkannten Nationen nie geschafft haben, in irgendeiner Form mit einem eigenen Territorium auf den Landkarten zu erscheinen. Sei es nun als eigener Staat oder auch nur als Bundesland oder Bezik...
 
Nun , die Sorben wurden z.Zt. des HRRDN erobert und tja, mit "deutschen" Herren versehen und die Friesen .......
Welche hättens denn gern?
Den zweisprachigen Kreis Nordfriesland oder die Ostfriesische Landschaft als Kulturorganisation?

Die Frage müsste anders lauten:
Wieso wollte die Mehrheit dieser anerkannten Nationen normale Deutsche bleiben?
 
Nun , die Sorben wurden z.Zt. des HRRDN erobert und tja, mit "deutschen" Herren versehen und die Friesen .......
Welche hättens denn gern?
Den zweisprachigen Kreis Nordfriesland oder die Ostfriesische Landschaft als Kulturorganisation?

Die Frage müsste anders lauten:
Wieso wollte die Mehrheit dieser anerkannten Nationen normale Deutsche bleiben?

Ab wann waren denn z.B. die Sorben eine "anerkannte Nation"? Vielleicht kurz in den 20-ern, ansonsten erst in der DDR. Die meiste Zeit ihrer Zugehörigkeit zum Reich waren sie benachteiligt. Wann, wo und wie hätten sie eigene Machtstrukturen entwickeln sollen?
 
Mich würde auch mal interessieren, wieso es diese anerkannten Nationen nie geschafft haben, in irgendeiner Form mit einem eigenen Territorium auf den Landkarten zu erscheinen. Sei es nun als eigener Staat oder auch nur als Bundesland oder Bezik...

Und was ist mit der Provinz Friesland, die in den Niederlanden liegt?
http://de.wikipedia.org/wiki/Friesland_(Provinz)
Sowie ein Gebiet in Nord-Holland namens West-Friesland.
Westfriesland ? Wikipedia

Apvar
 
Mich würde auch mal interessieren, wieso es diese anerkannten Nationen nie geschafft haben, in irgendeiner Form mit einem eigenen Territorium auf den Landkarten zu erscheinen. Sei es nun als eigener Staat oder auch nur als Bundesland oder Bezik...

Ostfriesland bildete bis ins 18. Jh. einen selbstständigen Staat: erst unter Häuptlingen mit ganz lockerer auswärtiger Lehnsherrschaft, dann als Grafschaft und später als Fürstentum unter der Dynastie der Cirksena. Erst als die 1744 ausstarben, fiel Ostfriesland an Preußen.

Das niederländische Westfriesland hatte im Mittelalter einen sehr unabhängigen Status, wurde 1795 Teil des neuen Einheitsstaates der revolutionären Niederlande und ist seit 1815 ieine autonome Provinz des neu errichteten Königreichs der Niederlande.

Dass die Sorben keinen eigenen Staat oder zumindest ein selbstständiges Territorium im Heiligen Römischen Reich ausgebildet haben, liegt möglicherweise an der bäuerlichen Gesellschaftsstruktur, die keinen sorbischen Adel und somit keine durchsetzungsstarke sorbische Adelsfamilie hervorbrachte, wie es z.B. die ostfriesischen Cirksena waren (s.o.), die ja mit dem Friesischen ebenfalls keine deutsche Sprache sprachen.
 
Dass die Sorben keinen eigenen Staat oder zumindest ein selbstständiges Territorium im Heiligen Römischen Reich ausgebildet haben, liegt möglicherweise an der bäuerlichen Gesellschaftsstruktur, die keinen sorbischen Adel und somit keine durchsetzungsstarke sorbische Adelsfamilie hervorbrachte, wie es z.B. die ostfriesischen Cirksena waren (s.o.), die ja mit dem Friesischen ebenfalls keine deutsche Sprache sprachen.


Nach meinem Kenntnisstand ist aber bei dem Ostelbischen Adel in der Regel nicht nachweisbar ob die jeweilige Familie ursprünglich "deutsch" oder "slawisch" war.
Hans-Wratislaw von Zedenitz-Pfuell lässt Hans Scholz einen seiner Helden "Am grünen Strand der Spree" heißen.
Um auf diese Doppel-Herkunft hinzuweisen.


würde ich diesen Grund eher ausschließen
 
Die Slawen hatten doch keine Wahl, als sich ins Reich zu integrieren. Die A(O)bodriten in Mecklenburg könnte man ja noch am ehesten als slawisches Herzogtum sehen, die Sorben hatten nie die Macht dazu.
 
Nach meinem Kenntnisstand ist aber bei dem Ostelbischen Adel in der Regel nicht nachweisbar ob die jeweilige Familie ursprünglich "deutsch" oder "slawisch" war.
Hans-Wratislaw von Zedenitz-Pfuell lässt Hans Scholz einen seiner Helden "Am grünen Strand der Spree" heißen.
Um auf diese Doppel-Herkunft hinzuweisen.

Hier handelt es sich um Abkömmlinge der Elbslawen, die als Liutizen, Heveller oder Abodriten in Brandenburg oder Mecklenburg saßen. Vermutlich aber nicht um Sorben.
 
Die Slawen hatten doch keine Wahl, als sich ins Reich zu integrieren. Die A(O)bodriten in Mecklenburg könnte man ja noch am ehesten als slawisches Herzogtum sehen, die Sorben hatten nie die Macht dazu.

Nicht unbedingt. So regierte das slawische Fürstenhaus der Greifen das Herzogtum Pommern bis zu seinem Aussterben im 16. Jh. Und sie hielten über die Jahrhunderte an slawischen Namen fest, der letzte Pommernherzog hieß Bogislaw XIV. In Mecklenburg sah das ähnlich aus, auch dort regierte ein slawisches Fürstenhaus bis 1918!
 
Sorry, friesisch ist eine "deutsche" Sprache, hat zwar jetzt mit alemannisch oder bairisch nix bzw wenig zu tun, aber die über ihre Sprache aus "Deutschland" aus zu grenzen, das könnte bei etlichen zu schwerer Missstimmung führen.
 
Nicht unbedingt. So regierte das slawische Fürstenhaus der Greifen das Herzogtum Pommern bis zu seinem Aussterben im 16. Jh. Und sie hielten über die Jahrhunderte an slawischen Namen fest, der letzte Pommernherzog hieß Bogislaw XIV. In Mecklenburg sah das ähnlich aus, auch dort regierte ein slawisches Fürstenhaus bis 1918!

Ja aber die haben sich doch alle integriert. Viel mehr als das Herrscherhaus war doch dort nicht mehr slawisch. Von einem slawischen Herzogtum kann mkan kaum reden.
 
Sorry, friesisch ist eine "deutsche" Sprache, hat zwar jetzt mit alemannisch oder bairisch nix bzw wenig zu tun, aber die über ihre Sprache aus "Deutschland" aus zu grenzen, das könnte bei etlichen zu schwerer Missstimmung führen.

Friesisch ist keine deutsche, sondern eine eigenständige germanische Sprache, die zusammen mit dem Englischen zur Nordseegruppe des Westgermanischen zählt. Sie hat in den Niederlanden etwa 400 000 Sprecher, in Deutschland rund 10 500, wobei rund 1500 Ostfriesisch sprechen, 9000 Nordfriesisch.

Die friesischen Sprachen, allgemein nur Friesisch (westfriesisch Frysk, nordfriesisch z. B. fresk oder frasch, als dialektübergreifender Kompromiss auch Friisk, saterfriesisch Fräisk) genannt, sind eine Gruppe von drei Sprachen. Sie gehören zum nordseegermanischen Zweig der westgermanischen Sprachen.[1] Friesisch ist entlang der deutsch-niederländischen Nordseeküste verbreitet und wird dort heute noch von etwa 400.000 Menschen gesprochen. Die meisten Sprecher der friesischen Sprachen leben heute in den Niederlanden.

Zu unterscheiden ist davon ein in Ostfriesland gesprochener niederdeutscher Dialekt, der allerdings erst spät das eigenliche Friesisch verdrängt hat:

Nicht zu den friesischen Sprachen gehören verschiedene Varietäten in den friesisch besiedelten Gebieten, die von den dortigen Bewohnern anstelle der friesischen Sprache angenommen wurden und daher "Friesisch" in ihrer Bezeichnung führen. So wird heute mit der Bezeichnung Ostfriesisch in der Regel das ostfriesische Platt bezeichnet, ein niedersächsischer Dialekt, der zwar vom Friesischen beeinflusst wurde, dieses aber nahezu vollständig ersetzt hat.

Friesische Sprachen ? Wikipedia
 
Ja aber die haben sich doch alle integriert. Viel mehr als das Herrscherhaus war doch dort nicht mehr slawisch. Von einem slawischen Herzogtum kann mkan kaum reden.

Ja, die haben sich natürlich ganz integriert. Die Frage am Anfang des Thread lautete aber, warum es den Sorben nicht gelungen ist "in irgendeiner Form mit einem eigenen Territorium auf den Landkarten zu erscheinen. Sei es nun als eigener Staat oder auch nur als Bundesland oder Bezik... "

Die ursprünglich slawischen Fürstenhäuser in Mecklenbug und Pommern haben immerhin ihre Territorien und auch ihre Herrschaft (!) bewahren können, auch wenn sie im Lauf der Zeit völlig germanisiert wurden. Bei den Sorben hat es jedoch nicht einmal eine solche Entwicklung gegeben, da slawische Fürstenfamilien fehlten.
 
:)))
nun gut, die 2 friesischen Sprachgruppen finden auf der politischen Landkarte der Bundesrepublik Deutschland eine Entsprechung. Aber die Bezeichnung "Niederdeutsch" macht aus den Dialekten der niedersächsischen Sprache keinen irgendwie gearteten deutschen Dialekt. Auch das ist eine eigene Sprache. Eine "deutsche Sprache", die sich vom Hochdeutschenund auch niederländisch/nordrheinischen eben bis zur Unverständlichkeit unterscheidet. Und die hat´s ja nu auch nicht zur politischen Einheit geschafft.
Aber die Frage war nach der politischen "Selbstständigkeit/Autonomie" der Friesen und Sorben als eigenständige Nationen. Es sind eben von der UN anerkannte nationale Minderheiten. Im Gegensatz zu den sie umgebenden "Niedersachsen", die die Bevölkerungsmehrheit bilden. Betrachte man die Problematik im Sinne der Nationalitäten, nicht im sprachlichen Kontext, wären sorbisch ,-und auch das windische in Österreich, slawische deutsche Sprachen. Das sich der mitteldeutsche Dialekt "Schriftdeutsch" allgemein als Verständigungssprache durchgesetzt hat, sagt nichts über die ethnische und sprachliche Herkunft und schon garnichts über die Nationalität eines "Deutschen". Sieht man sich das ganze genauer an, wird Deutschland im ganzen eigentlich nur von "ethnischen Minderheiten" bewohnt. Etliche davon sprechen mehr oder minder mit einander verwandte Sprachen. Das macht aber aus den anderen keine fremden Nationen. Das die kulturellen Eigenheiten besonders schützenswert sind, dazu gehört eventuell auch zweisprachigkeit in Ämtern und Schulen, versteht sich von selbst.
 
Aber die Bezeichnung "Niederdeutsch" macht aus den Dialekten der niedersächsischen Sprache keinen irgendwie gearteten deutschen Dialekt. Auch das ist eine eigene Sprache. Eine "deutsche Sprache", die sich vom Hochdeutschenund auch niederländisch/nordrheinischen eben bis zur Unverständlichkeit unterscheidet.
Die Unterscheidung ist eben kein so starkes Merkmal wie du meinst. Befasse dich mal mit Isoglossen und dem Rheinischen Fächer. Es ist so, dass die Isoglossen des Rheinischen Fächers östlich des Rheins zusammenfallen und die sogenannte Benrather Linie bilden, was den Eindruck zweier eher entfernt verwandter Sprachen stärkt. Wenn du dir aber den Rheinischen Fächer genauer ansiehst, wirst du sehen, dass Niederdeutsch und Oberdeutsch letztlich nur Varietäten derselben Sprache sind.
 
nun gut, die 2 friesischen Sprachgruppen finden auf der politischen Landkarte der Bundesrepublik Deutschland eine Entsprechung. Aber die Bezeichnung "Niederdeutsch" macht aus den Dialekten der niedersächsischen Sprache keinen irgendwie gearteten deutschen Dialekt.

Ob Niederdeutsch als Dialekt oder eigenständige Sprache zu gelten hat, ist in der Sprachwissenschaft umstritten:

Der Status des Niederdeutschen gilt in der Sprachwissenschaft als umstritten; für eine Kategorisierung als bloße „Dialekte“ spricht die funktionale Beschränktheit, die Goossens, Sanders und Stellmacher anführen, während das formale Inventar wie auch die Selbsteinschätzung der Mehrheit der Sprecher als Argumente für eine Kategorisierung als eigenständige Sprache dienen.

Das sich der mitteldeutsche Dialekt "Schriftdeutsch" allgemein als Verständigungssprache durchgesetzt hat, sagt nichts über die ethnische und sprachliche Herkunft und schon garnichts über die Nationalität eines "Deutschen". Sieht man sich das ganze genauer an, wird Deutschland im ganzen eigentlich nur von "ethnischen Minderheiten" bewohnt. Etliche davon sprechen mehr oder minder mit einander verwandte Sprachen. Das macht aber aus den anderen keine fremden Nationen. Das die kulturellen Eigenheiten besonders schützenswert sind, dazu gehört eventuell auch zweisprachigkeit in Ämtern und Schulen, versteht sich von selbst.
Wer die deutsche Sprache spricht und sich der hiesigen Kultur zugehörig fühlt, zählt bei uns als "Deutscher". Sprachliche und ethnische Zugehörigkeit sind natürlich zwei Paar Schuhe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da sich da die Sprachwissenschaftler nicht komplett einig sind, sollten wir das hier nicht weiter diskutieren. Die Diskussion hatten wir in nem anderen Thread
 
Identitäten, geschichtlich, gewachsen und...?

Nicht unbedingt. So regierte das slawische Fürstenhaus der Greifen das Herzogtum Pommern bis zu seinem Aussterben im 16. Jh. Und sie hielten über die Jahrhunderte an slawischen Namen fest, der letzte Pommernherzog hieß Bogislaw XIV. In Mecklenburg sah das ähnlich aus, auch dort regierte ein slawisches Fürstenhaus bis 1918!
Und diese Fürstenhäuser wurden vielfältig in die übrigen Adelshäuser des Reiches versippt!



Wobei ich mich bei diesem Thema Frage, inwiefern sich denn „altdeutsche Stämme“ über die Jahrhunderte ein „Stammesgebiet“ bewahren konnten, abgesehen vielleicht von Bayern, wo sich dann die Frage nach deren einstiger „Ostmark“ aufdrängt^^?
Der Sachsenname wanderte nach Osten, genau wie der Frankenname der Merowingerzeit. Etablierte sich etwa ein „Alamannien“? Inwiefern sind Regionalnamen wie etwa „Lippe“, dessen „Rose“ doch im Wappen von Nordrhein-Westfalen zu finden ist ein Ausdruck „eigenständiger Stammesgebiete“? Ist denn Baden-Württemberg etwa altgewachsene „Wiedergeburt“ des alten „Stammes-„ Herzogtums Schwaben? Vor Napoleon waren beide „Teilstaaten“ doch nur Teilbereiche des heutigen Bundeslandes. Ist das Bundesland Niedersachsen irgendwie besonders eng mit dem „Altsachsen“ der Zeit ihrer Unterwerfung durch Karl den Großen identisch? Ist es nicht eher das Gebiet, was die Welfen zur Zeit ihrer Entmachtung durch Bismarck in die Hand bekommen hatten? Fehlt dann nicht etwa Westfalen für ein „Altsachsen“? Wenn man die „Dreiteilung“ Sachsens zu Zeiten Karls betrachtet, wo von Westfalen, Ostfalen und Engern die Rede ist, ist auch hier keine Bildung eines „Stammesterritoriums“ mit durchgehenden Kontinuitäten zu bemerken. Warum sollte das bei Friesen, oder gar Sorben anders sein?


Es ist ein schönes, begriffliches Phantom derartige Kontinuitäten fixieren zu wollen. Spätestens mit dem Ende der Staufer waren „Stämme“ nur noch Reminiszenzen an vergangene Zeiten. Die Zukunft gehörte schon lange dem herrschaftlich, feudalen Personenverband und der hat mit gewissen Abschwächungen noch bis 1918 in Deutschland fortbestanden. Manche der auf diese Weise entstandenen Territorien begannen im Laufe der Zeit, sich den Territorien vergangener „Stammeszeiten“ anzunähern und kamen damit dem Identitätsstreben ihrer Bevölkerung entgegen. Manche Fürsten förderten bewusst solche Rückgriffe auf vergangene Zeiten. Aber genau wie die „Restauration der Republik“ durch (Kaiser) Augustus, oder die Renaissance schufen sie in Wirklichkeit etwas Neues, das bestenfalls grob mit erhaltenen Ideen oder Identitäten in Einklang zu bringen war. Eine sorbische Identität ist heute vielleicht populärer denn je, selbst wenn viele die sich als Sorben fühlen mögen, „ethnisch“ gesehen fast völlig von „deutschen Siedlern“ abstammen mögen. Vor der Förderung durch die DDR war die sorbische Minderheit sehr weitgehend assimiliert gewesen.




Um den ganzen Versatzstücken für Identitätsbildung noch einen zusätzlichen Denkanstoß zu geben sei auf die Welfen verwiesen, die manchmal so gerne als „altsächsischen Kristallisationspunkt“ für Niedersachsen gedeutet werden: Die Welfen sollen ursprünglich ein fränkisches Adelsgeschlecht gewesen sein. Nach „normalem Gepflogenheiten“ hätten die Welfen im Jahre 1055 als ausgestorben gelten müssen. Die „jüngeren Welfen“ begründeten sich auf die Kinder der Kunigunde (aus dem Hause der Welfen) mit dem italienischen Markgrafen Alberto Azzo aus dem großen italienischen Adelsgeschlecht der Este. Gewöhnlich galt ein Geschlecht mit dem Tode des letzten männlichen Nachkommens als erloschen. Die „jüngeren Welfen“ hätten gemäß diesen Brauchs eigentlich als Zweig der Este gelten müssen. Anscheinend war aber die „welfische Identität“ doch stärker als das „Blut der Este“ :devil:



Was bleibt nun mit den Identitäten "Stamm", "Familie" oder "Nation"? Nach diesem "unanständigen Rundumschlag" :fruchtgrapscher:gegen geheiligte Regeln der "Identitäten" komme ich endlich zum Ende. Identität ist nicht nur fortgelebte Geschichte, sondern sehr häufig ein Akt des Willens - und manchmal nicht mehr als Wille alleine! Damit einen schönen Tag noch zusammen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ostfriesland bildete bis ins 18. Jh. einen selbstständigen Staat: erst unter Häuptlingen mit ganz lockerer auswärtiger Lehnsherrschaft, dann als Grafschaft und später als Fürstentum unter der Dynastie der Cirksena. Erst als die 1744 ausstarben, fiel Ostfriesland an Preußen.

Das niederländische Westfriesland hatte im Mittelalter einen sehr unabhängigen Status, wurde 1795 Teil des neuen Einheitsstaates der revolutionären Niederlande und ist seit 1815 ieine autonome Provinz des neu errichteten Königreichs der Niederlande.

Es gab mal einen Friesenkönig Radbod ,der Karl Martell vor Köln seine einzige Niederlage seiner Amtszeit beibrachte, dessen Tochter immerhin mit Grimoald, Sohn des Hausmeiers von Neustrien, Pippin d. Mittleren verheiratet war.
Die fränkische Landnahme mittels überlegener Schwerter und der begleitenden angelsächs. Mission haben den "stärkeren Gott" bei den Friesen gewaltsam durchgesetzt , die ursprünglich nicht durch die Völkerwanderungsbewegung territorial "verschoben " wurden, deren Dynastien sich lediglich nach Süden hin regional stärker machtpolitisch ausgebreitet haben und mit den nach Norden strebenden Franken Ärger bekamen...

Radbod (Friesland) ? Wikipedia
 
Inwiefern sind Regionalnamen wie etwa „Lippe“, dessen „Rose“ doch im Wappen von Nordrhein-Westfalen zu finden ist ein Ausdruck „eigenständiger Stammesgebiete“?
Jedenfalls bezeichnen sie sich so: Lipper. Natürlich wird bei jedem Fest in Lippe auch die Lippische Flagge hochgezogen. NRW ist halt genau wie Nds. ein Kunstprodukt aus verschiedenen Regionen/Identitäten. Genauso wird in ganz Schaumburg inzwischen weiss/rot/blau geflaggt, hat sich halt so entwickelt...

Ist das Bundesland Niedersachsen irgendwie besonders eng mit dem „Altsachsen“ der Zeit ihrer Unterwerfung durch Karl den Großen identisch? Ist es nicht eher das Gebiet, was die Welfen zur Zeit ihrer Entmachtung durch Bismarck in die Hand bekommen hatten? Fehlt dann nicht etwa Westfalen für ein „Altsachsen“?
Genau! Aber das will schließlich keiner...
Wenn man die „Dreiteilung“ Sachsens zu Zeiten Karls betrachtet, wo von Westfalen, Ostfalen und Engern die Rede ist, ist auch hier keine Bildung eines „Stammesterritoriums“ mit durchgehenden Kontinuitäten zu bemerken. Warum sollte das bei Friesen, oder gar Sorben anders sein?
Richtig argumentiert. Wobei die Westfalen sich am Ehesten so sehen, die Ostfalen sich als DIE Niedersachsen betrachten und die Engern sich in ihren kleinen Territorien gut eingerichet haben :scheinheilig:
Auch eine Form der Kontinuität...
Es ist ein schönes, begriffliches Phantom derartige Kontinuitäten fixieren zu wollen. Spätestens mit dem Ende der Staufer waren „Stämme“ nur noch Reminiszenzen an vergangene Zeiten. Die Zukunft gehörte schon lange dem herrschaftlich, feudalen Personenverband und der hat mit gewissen Abschwächungen noch bis 1918 in Deutschland fortbestanden. Manche der auf diese Weise entstandenen Territorien begannen im Laufe der Zeit, sich den Territorien vergangener „Stammeszeiten“ anzunähern und kamen damit dem Identitätsstreben ihrer Bevölkerung entgegen.
Hier wird die Argumentation schwammig. Woher kommt das Identitätsstreben der Bevölkerung? Warum gab es für einen Bewohner der 1648 hessisch geworden Gft. Schaumburg bis ins 20Jhdt. fast keine schlimmere Beleidigung als von einen S.-L.er als "Hesse" bezeichnet zu werden? Umgekehrt bei den S.-L.ern als Lipper? Und das nach 300Jahren.
Um den ganzen Versatzstücken für Identitätsbildung noch einen zusätzlichen Denkanstoß zu geben sei auf die Welfen verwiesen, die manchmal so gerne als „altsächsischen Kristallisationspunkt“ für Niedersachsen gedeutet werden: Die Welfen sollen ursprünglich ein fränkisches Adelsgeschlecht gewesen sein. Nach „normalem Gepflogenheiten“ hätten die Welfen im Jahre 1055 als ausgestorben gelten müssen. Die „jüngeren Welfen“ begründeten sich auf die Kinder der Kunigunde (aus dem Hause der Welfen) mit dem italienischen Markgrafen Alberto Azzo aus dem großen italienischen Adelsgeschlecht der Este. Gewöhnlich galt ein Geschlecht mit dem Tode des letzten männlichen Nachkommens als erloschen. Die „jüngeren Welfen“ hätten gemäß diesen Brauchs eigentlich als Zweig der Este gelten müssen. Anscheinend war aber die „welfische Identität“ doch stärker als das „Blut der Este“ :devil:
Da gibt's ja noch andere Beispiele auch in neuerer Zeit. Habsburg(-Lothringen), Schaumburg(-Lippe)...
Du hast durchaus recht, es ist ein Akt des Willens sich zusammengehörig zu fühlen oder gegeneinander abzugrenzen.
Die Welfen können sich noch so sehr als "Kristallisationspunkt" für Niedersachsen gerieren; jede auch neue Volksabstimmung (die letzten waren ja1975) würden ein anderes Ergebnis haben.:devil:

Die Aussage dazu: Wo kein Wille(Bewusstsein) ist, kann auch nichts werden...
 
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