gab es eine "gemäßigte Demokratie vor der "radikalen" ab Mitte 5. Jhd.???

Emotionszebra

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und was hat die athenische demokratie (kurz und knapp) ausgemacht?

lässt sich ein Vergleich zum heutigem Demokratieverständnis ziehen?:help:

diese fragen werden mir wohl - in etwa - im examen gestellt werden..

danke im voraus
 
Ja. Die Isonomie von Kleisthenes.

Der Versuch jedem Bürger mindestens einmal im Leben ein politisches Amt zu geben. Imho wichtigstes Mittel hierfür das Losen.

Bestimmt. (der viele wesentliche Unterschiede finden lässt)
 
isonomia ist gemäßigt, weil der adel noch vertreten war, im gegensatz zur zeit des perikles?

welche sind denn die prägnantesten drei unterschiede?
vermute: die Volksversammlung als Kernstück, die fehlende Gewaltenteilung und die fehlenden Berufsbeamten?

danke
 
ab es eine "gemäßigte Demokratie vor der "radikalen" ab Mitte 5. Jhd.??? und was hat die athenische demokratie (kurz und knapp) ausgemacht?

lässt sich ein Vergleich zum heutigem Demokratieverständnis ziehen?
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diese fragen werden mir wohl - in etwa - im examen gestellt werden..

danke im voraus


:S Wo soll man da anfangen?

Ich werde mal versuchen mich ganz kurz zu fassen und bleibe hierbei in der Mitte des 5. Jh.

Kimon, der Sohn des Miltiades (das Siegers von Marathon) den gegen die Perser gerichteten Attisch-Delischen Seebund auszubauen und Athen in eine dominierende Position zu bringen. Wie Aristoteles später feststellte zog eine Änderung des Militärsystems oft auch einen Verfassungswandel nach sich.

„Das Volk ist es das die Schiffe treibt und dadurch der Stadt ihre Macht verleiht.“
Xen. Ath. pol. 2,1.

Das bedeutete, dass die Theten (unterste der vier Zensusklassen) als Ruderer für den Militärdienst unentbehrlich wurde und ein größeres Mitspracherecht gegenüber den wohlhabenden Hopliten einforderten. In der Volksversammlung erreichte Ephialtes (wurde wenig später ermordet), mit Hilfe des jungen Perikles, dass ein Paket von Beschlüssen angenommen wurde durch welche die „gemäßigte Demokratie“ des Kleisthenes fast vollständig in die Hände des Demos gelegt (und somit „radikaler“) wurde. Kern des Reformpaketes war die Entmachtung des Areopg, des Höchsten Gerichtshofes in Athen welcher sich aus den ehemaligen Archonten zusammensetzte. Mit ihm verlor der Adel die letzte und auch wichtigste Institution zur politischen Einflussnahme. Seine Kompetenzen wurden auf den Rat der 500, die Volksversammlung und das Volksgericht umgelegt.
Ob die Theten das nur das aktive oder auch das passive Wahlrecht hatten ist soweit ich weiß immer noch umstritten.

Man sollte jedoch nicht vergessen, dass viele Schichten der in Attika ansässigen Bevölkerung vom politischen System ausgeschlossen waren. Frauen Sklaven und Metöken konnten keinen direkten politischen Einfluss ausüben.

Für einen Athener würde (wenn ich mich so weit aus dem Fenster lehnen darf) unsere Demokratie eher nach einer ungewöhnlichen Form einer Wahloligarchie aussehen.

Was die athenische Demokratie ausgemacht hat? Sorry, aber darüber kann man noch immer Bücher schreiben. Folgende Leute haben das auch schon getan:

Moses Finley, Politics in the ancient world, Camebridge 1983 (deutsch: Das politische Leben in der antiken Welt, München1986)

Moses Finley, Democracy, Ancient and Modern, Camebridge 198 (deutsch: antike und moderne Demokratie, Stuttgart 1987)

J. Bleicken, die Athenische Demokratie, Paderborn 1994

die und noch etwa tausend andere.:winke:
 
vielen dank für die mühe. das bestätigt, was ich dachte.

eine andere Frage noch:
inwieweit hat das athen. demokratie-konzept funktiert bzw. an welche grenzen ist es gestoßen? (abgesehen von der einverleibung athens durch die makedonen)

dankdank im voraus:anbetung:
 
Im Jahr 404 v. Chr., nach dem verlorenen Krieg gegen Sparta wurde die Demokratie in Athen gestürzt. Unter dem Einfluss Spartas entstand eine kleine Oligarchisches aus 30 Männern unter der Führung des Kritias (ein Verwandter Platons). Dieses Regime zeichnete sich durch so außerordentliche Grausamkeit und Härte aus, dass schon nach kurzer Zeit die Bezeichnung „Die Dreißig Tyrannen“ aufkam. Die Brutalität des Kritias nahm solche Ausmaße an, dass Sparta sich gezwungen sah (auch auf äußeren Druck von Theben hin) einzugreifen, die Tyranis zu stürzen und die Demokratie wiederherzustellen. Man erließ eine allgemeine Amnestie für alle vor 403 v. Chr. begangenen Verbrechen von der man nur die noch lebenden der Dreißig Tyrannen und ihre engsten Gefolgsleute ausschloss.
Nach diesen Erfahrungen konzentrierte man sich darauf die Demokratie zu festige und gegen oligarchische Umstürze zu sichern. Eine Erläuterung der Verfeinerungen die das demokratische System erfuhr würde hier aber den Rahmen sprengen.
Athen blieb auch unter Alexander demokratisch, auch wenn sie ihn, wie schon seinen Vater Philipp II., als ihren Hegemon und den des korinthischen Bundes anerkannten. In Athen lebte die Demokratie noch bis zum Jahr 323 v. Chr. fort. Erst nach Alexanders Tod wurde sie von dem makedonischen Heereskommandeur Antipatros zerstört.
:cry:
 
was du alles weißt...:yes:

1. kannst du sagen, ob/ wie man den Zeitraum der ath. Demokratie (außer mittels ihrer Häuptern: Solon, Ephialtes, Kleithenes und Perikles) in sich noch untergliedern kann?

2. wenn nach der Stuktur der ath. Demokratie gerfragt wird, ist doch sicher ihr innerer Aufbau (Volksversammlung, Rat, Volksgericht etc.) gemeint, oder?

3. ab wann spricht man von der "entwickelten" demokratie und entspricht diese der "radikalen"?

Fragen über fragen, :grübel:
und danke für die mühe!
 
Ich glaube ich kann Deine Fragen nicht zu Deiner Zufriedenheit beantworten, da sie etwas zu allgemein gehalten sind aber ich werde einfach mal meinen Senf dazugeben.

1. Da man es gewohnt ist die Geschichte nach bestimmten einschneidenden Ereignissen bzw. Umbrüchen einzuteilen und oft herausragende Persönlichkeiten damit verbunden sind, ist es schwierig (und eigentlich auch nicht nötig) diese Zeiträume anders einzuteilen. Für Personen die nicht so sehr in der „Materie“ stecken ist es dann nur schwerer sich zu orientieren (und es sieht immer ein Bischen nach Klugscheißerei aus).
Bei der athenischen Demokratie sind die Ereignisse bzw. Reformen meist unmittelbar mit den oben schon erwähnten Charaktären verbunden, teilweise werden Reformen und Zeitabschnitte sogar nach ihnen benannt (kleisthenische Reformen, perikleische Zeit). Innerhalb der Zeiträume kann man die Geschehnisse natürlich genauer (z. B. nach Umsetzung von Reformpunkten) differenzieren.

2. Bei der Struktur ist natürlich eine zeitliche Eingrenzung unerlässlich, da gerade Athen viele verschiedene Phasen bei der Ausbildung der Demokratie durchlaufen hat. Aber selbst wenn man einen Zeitrahmen gefunden und festgelegt hat kann man sich immer noch darüber streiten wer, wann, wie, wo, und vor allem wieso, welchen Einfluss hatte, und wie stark die verschiedenen Institutionen ausgebildet waren und was sie für Befugnisse hatten usw. usw. Viele Einrichtungen der athenische Demokratie hatten lange Bestand. Ihre Zuständigkeiten änderten sich aber teilweise erheblich.

3. Das liegt ganz im Auge des Betrachters. Für die einen müssen bestimmte Institutionen ausgebildet sein, andere wiederum sind erst dann zufrieden wenn diese auch mit bestimmten Kompetenzen ausgestattet sind. Der nächst meint jeder muss eine Stimme und die dazugehörige Möglichkeit zur Einflussnahme haben, andere wollen ganzen Gruppen diese Möglichkeiten entziehen oder verweigern. Auch in Athen gab es etliche solcher Punkte (z. B. als man durchsetzte, dass nicht nur der Vater sondern auch die Mutter den Burgerstatus benötigte damit die Kinder als Bürger anerkannt wurden. Als Nichtbürger war direkter politischer Einfluss ausgeschlossen. Frauen waren das ja sowieso)
Demokratie ist das was man in ihr sieht. Sie ist meiner Meinung nach für jeden etwas anderes, wie man auch heute an den vielen politischen Konstrukten sehen kann die sich alle selbstverständlich demokratisch nennen.
Ich glaube ehrlich gesagt die Demokratie ist immer noch dabei sich zu entwickeln.

Zum Klugscheißen zwei kleine Zitate von einem Engländer und einem Iren::pfeif:

Winston Churchill: “Demokratie ist die schlechteste Regierungsform - mit Ausnahme aller anderen, die wir bisher ausprobiert haben.”

Oscar Wilde: “Demokratie ist nichts anderes, als das Niederknüppeln des Volkes durch das Volk für das Volk.”
 
du glaubst gar nicht, wie mir das hilft (gerade 1.), denn oft verfange ich mich in den dingen und auch zwischen viel-wissen und geschickt-wissen..

dann kommt "die simple frage" in der mdl. prüfung und ich kann nicht antworten - zu viel im kopf. habs schon erlebt, grausam..
ich weiß, es ist nicht teil dieser epoche, aber weißt du hier auch einen rat??
 
Man weiß als Dozent auch nicht alles und selbst wenn man sich auf einem Gebiet sehr gut auskennt gibt es stets Fakten, Erkenntnisse oder Ansichten die einem neu sind. Geht man in eine Prüfung ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass der Prüfling nobelpreisverdächtige neue Theorien zur Antike aufgestellt hat. Die Ansichten die allerdings von Ihm oder Ihr vertreten werden, können zum Teil äußerst kurzweilig sein (und bei kleinen Fehlern wird Dir auch niemand den Kopf abreißen). In erster Linie versucht man die Studenten auch durch die Prüfung zu führen.
Es geht ja auch nicht darum alle mehr oder weniger wichtigen Daten vor sich hinzuleiern, sondern man will ein interessantes Gespräch führen. Im Verlauf dieses Dialogs werden Dir einige Fragen gestellt die Du ohne weiteres mit Deinem im Studium erworbenen Wissen beantworten kannst.
Du solltest in erster Line erkennen, dass die Dozenten etwas von Dir wollen. Wenn Du mit diesem Erkenntnis in die Prüfung gehst kannst Du die nötige Ruhe bewahren und Deine Kenntnisse gelassen ausbreiten ohne Dich in Deinen eigenen Gedanken zu verheddern.
 
vielen dank für diese tipps. denke auch, einen überlick zu haben und zu wissen, was der absolutimus in preußen ausmachte und worin er sich z.b. im französischen unterscheidet ist besser, als sich mit details vollzustopfen.
 
eine andere Frage noch:
inwieweit hat das athen. demokratie-konzept funktiert bzw. an welche grenzen ist es gestoßen? (abgesehen von der einverleibung athens durch die makedonen)

Zu Erwähnen wäre hier noch ein kleines oligarchisches Intermezzo zwischen 411 und 410, in dem die Bevölkerung durch eine prospartanische Gruppierung unter Antiphon terrorisiert wird. Interessant ist hier die Gestalt des Theramenes, der sich sowohl 411 an der Beseitigung der Demokratie als auch 410 an ihrer Wiederherstellung beteiligte und in weiterer Folge aufgrund seines Schwankens den Spitznamen "Kothurn" (ein Stiefel, der auf beide Füße passte) erhielt.
 
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