Gab es jemals wirklich eine Weltmacht "Nummer 1"?

Für mich schon.
Daß diverse alte Staaten ihren direkten Umkreis mit der ganzen Welt gleichsetzten, und sich eine Reihe Staaten gleichzeitig für Weltmacht Nr. 1 hielten, weil sie den Rest nicht kannten - das zählt doch nicht wirklich.
Das sind halt Regionalmächte.

Wie schon mehrfach erwähnt, kommt es darauf an, wie man Welt definiert.
Ich halte es für gerechtfertigt, überragende antike Großmächte als antike Weltmächte zu bezeichnen. Das schärft meines Erachtens auch den Blick dafür, wie unterschiedlich die Weltsicht in den Jahrhunderten ist. Einem engen antiken und/oder mittelalterlichen Weltbild steht das moderne globale Weltbild gegenüber.
 
Sorry, du vergisst da einen neuen Global Player mit 1,3 Mrd. Einwohnern.
"Global Player" ist noch deutlich unter "Weltmacht".
Da gehört m. E. schon deutlich mehr dazu als nur Bevölkerung.
Es ist letztlich eine Mischung aus militärischer Macht, schierer Größe, Wirtschafts- und Finanz-Kraft und aus Tradition gewachsenem diplomatischen/kulturellem Einfluß.

Auf jeden Fall ist eine gewisse militärische Schlagkraft Minimalbedingung, um überhaupt den Anspruch "Weltmacht" erheben zu können (genau das ist der Punkt, der die aktuelle Bundesrepublik aus dem Rennen wirft).

Nehmen wir mal das klassische Beispiel: In irgendeiner Hafenstadt X auf dem Globus beschließt der lokale Machthaber, die Händler aus Land Y hätten ihn nicht genügend gewürdigt.
Also hängt er einige Händler auf, beschlagnahmt ihre Schiffe mit Ladung und wirft auch noch zur Abrundung den Botschafter des Landes in den Kerker.

Bißchen plakativ, aber so mal als "klassische Aufgabenstellung" - bei so einer Art Provokation (und wenn sie nur so empfunden wird) muß eine Weltmacht reagieren. Wenn Land Y keine Weltmacht ist, kann es nur bitter weinen und eine echte Weltmacht um Hilfe bitten.

Und in klassischer Weise würde die echte Weltmacht mit einer Anzahl Kriegsschiffe auftauchen, die Hafenzitadelle zu Klump schießen, zwei Battaillone ausladen, die die Armee des betreffenden Machthabers besiegen - und dann wird besetzt, bestraft, eine neue Regierung installiert und man fährt wieder glorreich heim.

So etwas konnten im 19. Jahrhundert die Briten und Franzosen ganz selbstverständlich, Russen, Amis und Deutsche später auch, die Japaner und Italiener in Grenzen auch noch.
Das waren die Weltmächte, mit England an der Spitze.
Und nicht zufällig sind das z. B. auch die Länder, die gemeinsam eine solche "Strafexpedition" gegen den Boxeraufstand in China machten (China war eben zu groß für eine Macht alleine).

So ein Vorgehen (wäre heute natürlich nicht mehr so krass möglich) können die USA ganz locker, und England und Frankreich noch in sehr beschränktem Maß. Rußland kann es vielleicht auch wieder. Aber sonst keiner - Punkt.

Da können diverse Länder bei Bevölkerung, Finanzkraft oder anderen Kriterien auch eine gewisse Bedeutung haben - keines dieser Länder kann beanspruchen "Weltmacht" zu sein.
 
Lieber balticbirdy,
nur wenn man die auf den letzten Seiten dargelegte Definition absichtlich verbiegt und missversteht.....
 
Hatten wir schon diese Definition?

Weltreich - Wissen - Meyers Lexikon online
Demnach wäre gar das Osmanische Reich, das Alexanderreich, das Reich des Dschingis Khan ein Weltreich.


BalticBirdy, du fragtest nach Zitaten. Dieser Autor aus unserem Literaturtipp spricht z.b. von "World Empire": Daniel Goffman: The Ottoman Empire and Early Modern Europe. 2004.

...
Die Osmanen auf ihrem Höhepunkt waren wohl jeder Macht in ihrer Reichweite überlegen - was wie bei anderen hier genannten Beispielen nicht heißt, daß sie jede Schlacht und jeden Krieg automatisch gewannen.

Ich weiß aber nicht, ob außerhalb dieser direkten Reichweite, d.h. in Indien oder China, zu dieser Zeit mächtigere Reiche existiert haben, das ist nicht so mein Gebiet. Wenn man das noch vergleicht, könnte man das mit den Osmanen glauben.

Da du grad China ansprichst:
aus: D. Quataert: The Ottoman Empire 1700-1922 Second Edition. 2005. siehe Literaturtipp.

"Globally speaking, the Ottoman state in 1500 was one of the most powerful in the world, surpassed perhaps only by China."

"But China, in the midst of Ming rule, certainly was the most powerful and wealthy single state in the world at the time."
 
Ein Weltreich, so sagt es der Name schon, dominiert global. Also können wir alles vergessen, was vor den Entdeckungsfahrten existierte und ohne überlegene Seemacht ist es auch nicht denkbar.

Vor den Entdeckungsfahrten gab es aber keine globale Welt, sondern zivilisierte Welten, die mehr oder weniger verbunden waren und manchmal von bestimmten Reichen beherrscht wurden, eben Weltreichen.

Und spätestens nach der Zweiten Wiener Belagerung war der Sultan des Osmanischen Reichs, bei aller Ausdehnung und Pracht, schon der "kranke Mann am Bosporus". Ohne ausgleichende Diplomatie wäre es vermutlich schon im 18. Jahrhundert zur Zerschlagung gekommen und Russland hätte sich in den Besitz der Dardanellen gesetzt.

Da unterschätzt du die Osmanen aber sehr.
Im 18. Jahrhundert konnte sich die Türkei noch ganz gut gegen benachbarte Großmächte verteidigen.
 
Vor den Entdeckungsfahrten gab es aber keine globale Welt, sondern zivilisierte Welten, die mehr oder weniger verbunden waren und manchmal von bestimmten Reichen beherrscht wurden, eben Weltreichen.

Natürlich muss man an ein Weltreich der Antike andere Maßstäbe anlegen, als an eines der Neuzeit. Allein die Waffentechnik und Logistik unterlagen viel größeren Beschränkungen, sodass es erstaunlich ist, dass einige große Staaten dennoch in der Lage waren, Reiche von mehreren tausend Kilometern Durchmesser zu errichten und administrativ zu erfassen.

In diesem Zusammeng ist das Alexanderreich, das vom europäischen Griechenland bis zum Indus reichte, natürlich ein Weltreich. Gleiches gilt für das Römische Reich, das mongolische Reich oder das arabische Reich der Kalifen, das eine Ausdehnung vom Atlantik bis nach Indien hatte. Der Organisationsgrad dieser Reiche ist sicherlich unterschiedlich, aber in die Kategorie "Weltreich" würde ich sie schon aufnehmen.

Bei einigen Staaten kann man darüber streiten, ob sie ein "Weltreich" waren. So z.B. das Inkareich, das sich von Kolumbien bis Südchile erstreckte, oder das Reich der Großmoguln, das auf seinem Höhepunkt den ganzen indischen Subkontinent einnahm. Bei diesen Staaten feht immerhin ein wichtiger Aspekt: nämlich die Ausdehnung über mindestens zwei Weltteile mit sehr unterschiedlichen Ethnien, Gesellschaftsordnungen oder Sprachen.
 
Zuletzt bearbeitet:
So ein Vorgehen (wäre heute natürlich nicht mehr so krass möglich) können die USA ganz locker, und England und Frankreich noch in sehr beschränktem Maß. Rußland kann es vielleicht auch wieder. Aber sonst keiner - Punkt.

Da können diverse Länder bei Bevölkerung, Finanzkraft oder anderen Kriterien auch eine gewisse Bedeutung haben - keines dieser Länder kann beanspruchen "Weltmacht" zu sein.


Vom Militäretat her könnte die BRD mit den Ländern ja fast mithalten. Da fehlen dann aber Ressourcen wie Flugzeugträger u.ä. und die Ausrichtung auf den BRD-DDR Konflikt, was man ja auch jeden Tag in Afghanistan, und sei es beim Transport, spürt.

Aber das ist jetzt zu aktuell.
 
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