Gefallenenbestattung

Trajan

Aktives Mitglied
Ave zusammen,
ich hätte da mal eine Frage an unsere Militärexperten:
Was geschah eigentlich i.a. mit den eigenen Gefallenen ?

Beispiel: Eine gewonnene Schlacht, in grosser Entfernung von der heimatlichen Basis. Sagen wir es wären 200 Gefallene Offiziere, 2000 gefallenen Legionäre, die heimatlichen Gefilde zwei Wochen Marsch entfernt.

Was geschah mit diesen? Lies man die Legionäre als Frass für die Geier zurück ? Oder bestattete man sie an Ort und Stelle ? Oder überführte man die Asche der Gefallenen nach Hause ? Was war die übliche Vorgehensweise?

Gibt es nachweisbare Gefallenenfriedhöfe ?

Wer weis was näheres ?

Beste Grüsse, Trajan.
 
@ Trajan: ganz interessantes Thema, hier meine Überlegungen:

Beispiel: Eine gewonnene Schlacht, in grosser Entfernung von der heimatlichen Basis. Sagen wir es wären 200 Gefallene Offiziere, 2000 gefallenen Legionäre, die heimatlichen Gefilde zwei Wochen Marsch entfernt.

Nun ja - Verlustzahlen in dieser Höhe waren ja nicht gerade häufig. Du spielst wahrscheinlich auf die Varusschlacht oder ein anderes Ereignis aus dem Germanenkrieg an.

Was geschah mit diesen? Lies man die Legionäre als Frass für die Geier zurück ?

In dieser hypothetischen Situation würde ich sagen: ja, so verfuhr man. Man hat also den Großteil einer Legion verloren, der Rest befindet sich noch im Feindesland. Da wäre es schlicht unvorsichtig gewesen, alle zu bestatten.

Oder bestattete man sie an Ort und Stelle ?

Es gibt natürlich auch aus der römischen Zeit Beispiele von Massengräbern. Allerdings sicher nicht das übliche, das einzige, welches mir einfällt, wo tatsächlich römische Soldaten in dieser Weise begraben wurden, ist jenes in Kalkriese. Desweiteren gab es sicherlich noch die Möglichkeit, Kenotaphe mehr aus symbolischem Wert zu errichten. Ebenfalls in diesen Kontext gehört ja der Tumulus, den Germanicus bei seinen Feldzügen errichtete - meiner Meinung nach geht so was schon in Richtung Gedenkstätte. Selbst wenn dort möglicherweise viele Gefallene begraben wurden, so ließ sich wohl kaum noch die Identität einzelner Soldaten feststellen.

Oder überführte man die Asche der Gefallenen nach Hause ? Was war die
übliche Vorgehensweise?

Bei so vielen Toten wie in deinem Beispiel hätte man diese wohl kaum verbrannt - das wäre ein enorme Aufwand gewesen. Auch sonst glaube ich allerdings kaum, dass die Asche von Toten nach Hause transportiert worden wäre.

Gibt es nachweisbare Gefallenenfriedhöfe ?

Ausgesprochene Gefallenenfriedhöfe gibt es nicht. Das hat auch einen bestimmten Grund: zwar gab es im römischen Reich durchaus Regeln, wo Gräber sein durften und wo nicht (nämlich z.B. nicht in den Städten). Doch es gab keine Friedhofsverwaltung, Gräberfürsorge etc. wie heute. Das Bestatten war weitestgehend Privatsache - auf den meisten Grabsteinen steht der Verweis, dass die Verwandten des Toten den Stein stifteten. Aus diesem Grund war die römische Begräbniskultur unglaublich vielfältig, die Spanne reichte je nach Vermögen davon, dass man einfach die Urne in der Erde versenkte bis hin zu gewaltigen Grabmonumenten wie der Igeler Säule, die mit ihren Kunstwerken das Selbstverständnis und Denken einer ganzen Familie ausdrückt. So finden sich die Soldatengrabsteine ganz üblich in den Friedhöfen entlang der Ausgangsstraßen, denn wenn auch der Beruf des Toten meist hervorgehoben und genannt wurde, so war er doch in erster Linie Familienmitglied. Ohne Frage gab es mehr Soldatengräber an den Militärstandorten.
 
Doch es gab keine Friedhofsverwaltung, Gräberfürsorge etc. wie heute. Das Bestatten war weitestgehend Privatsache - auf den meisten Grabsteinen steht der Verweis, dass die Verwandten des Toten den Stein stifteten. Aus diesem Grund war die römische Begräbniskultur unglaublich vielfältig, die Spanne reichte je nach Vermögen davon, dass man einfach die Urne in der Erde versenkte bis hin zu gewaltigen Grabmonumenten wie der Igeler Säule, die mit ihren Kunstwerken das Selbstverständnis und Denken einer ganzen Familie ausdrückt. So finden sich die Soldatengrabsteine ganz üblich in den Friedhöfen entlang der Ausgangsstraßen, denn wenn auch der Beruf des Toten meist hervorgehoben und genannt wurde, so war er doch in erster Linie Familienmitglied. Ohne Frage gab es mehr Soldatengräber an den Militärstandorten.

Das stimmt so nicht. Es existieren sowohl municipal versorgte Friedhöfe, wie jenen von Aquincum, die oftmals bereits von den gleichen Personenkreisen festgelegt wurden, die auch für die Stadtplanung generell verantwortlich waren, als auch Bestattungskollegien (-vereine). Gerade die Soldaten zahlten wie in eine Versicherung in einen solchen Verein, um ein ordnungsgemäßes Grab, mitunter auch sine corpum, angelegt zu bekommen.

Zur Ursprungsfrage:
Wie Quijote sagte, kam es ja nur selten zu solch massiven Ausfällen.
In der Regel führten solche Verluste zu einer Niederlage oder einem so starken Kraftverlust, dass ohnehin ein verharren angebracht war.
Es hing also stark von der Situation ab, in der sich die Truppe danach befand. Im ungünstigsten Fall hatte man weder Zeit noch Kraft, die Toten zu bestatten, im besten Fall war der Feldzug erfolgreich und man war in der Lage je nach Wunsch zu verfahren.
Ein geregeltes verfahren ist mir nicht bekannt.
 
Wirklich eine interessante Frage. Was geschah z. B. in Pharsalos? Sieger wie Verlierer waren Römer. Es bestand weder ein kultureller Konflikt noch sonst ein Anlass zum Ausfall einer Bestattungsmaßnahme. Ich frage nach diesem speziellen Fall, weil der berühmte Film "Cleopatra" von Joseph L. Mankiewicz mit genau der Szene der Bestattung der Gefallenen auf Scheiterhaufen beginnt; Caesar selber verliert darüber im "Bürgerkrieg" kein Wort.
 
Ave Zusammen,

vielen Dank für die Antworten. Sie bestätigen in etwa, was mir auch so aufgefallen ist.

Ashigaru schrieb:
Es gibt natürlich auch aus der römischen Zeit Beispiele von Massengräbern. Allerdings sicher nicht das übliche, das einzige, welches mir einfällt, wo tatsächlich römische Soldaten in dieser Weise begraben wurden, ist jenes in Kalkriese. Desweiteren gab es sicherlich noch die Möglichkeit, Kenotaphe mehr aus symbolischem Wert zu errichten. Ebenfalls in diesen Kontext gehört ja der Tumulus, den Germanicus bei seinen Feldzügen errichtete - meiner Meinung nach geht so was schon in Richtung Gedenkstätte. .....Ausgesprochene Gefallenenfriedhöfe gibt es nicht. ...... So finden sich die Soldatengrabsteine ganz üblich in den Friedhöfen entlang der Ausgangsstraßen, denn wenn auch der Beruf des Toten meist hervorgehoben und genannt wurde, so war er doch in erster Linie Familienmitglied. Ohne Frage gab es mehr Soldatengräber an den Militärstandorten....

Tib.Gabinius schrieb:
...Es existieren sowohl municipal versorgte Friedhöfe, wie jenen von Aquincum, die oftmals bereits von den gleichen Personenkreisen festgelegt wurden, die auch für die Stadtplanung generell verantwortlich waren, als auch Bestattungskollegien (-vereine). Gerade die Soldaten zahlten wie in eine Versicherung in einen solchen Verein, um ein ordnungsgemäßes Grab, mitunter auch sine corpum, angelegt zu bekommen.....

Echte Gefallenenfriedhöfe scheint es gar nicht zu geben: Bestattungen waren wohl Privatsache, selbst für Legionäre. Wer nicht durch Verwandte oder Freunde unter die Erde gebracht wurde, der war wohl, fürchte ich, dem Tierfraß überlassen. So kenne ich auch Soldatengräber, die sich in der üblichen Weise entlang der Ausfallstrassen mit ganz normalen Zivilisten befanden, hier in Bonn wurden auch etliche gefunden.

Der Legionär in augusteiischer Zeit musste sich wohl nicht nur um seine eigene Bewaffnung sorgen, er musste auch noch Vorsorge für eine anständige Bestattung sorgen, z.B. durch Bestattungsvereine. Eine Rundumversorgung alla Bundeswehr gab es wohl nicht.

Mummius Picius schrieb:
...Was geschah z. B. in Pharsalos? Sieger wie Verlierer waren Römer. Es bestand weder ein kultureller Konflikt noch sonst ein Anlass zum Ausfall einer Bestattungsmaßnahme. Ich frage nach diesem speziellen Fall, weil der berühmte Film "Cleopatra" von Joseph L.Mankiewicz mit genau der Szene der Bestattung der Gefallenen auf Scheiterhaufen beginnt; Caesar selber verliert darüber im "Bürgerkrieg" kein Wort....

Prima Beispiel. Soviel ich weiss wurde bei keiner der vielen (siegreichen) Schlachten ein Soldatenfriedhof nachgewiesen. Das ist schon sehr merkwürdig! Entweder man überliess die Mehrzahl der Gefallenen tatsächlich den Geiern, oder es funktionierten die Bestattungsvereine blendend, die möglicherweise für eine Verbrennung und den Transport einer Urne nach Hause sorgten. Der Leichenbrand beträgt meist nur ein paar hundert Gramm, eigentlich kein Problem den in einem Gefäss nach Hause zu bringen. Zumindest ranghöhere Legionäre und Offiziere wurden wohl kaum liegen gelassen, denke ich. Das scheint im allgemeinen gut funktioniert zu haben.
Ashigaru schrieb:
...Bei so vielen Toten wie in deinem Beispiel hätte man diese wohl kaum verbrannt - das wäre ein enorme Aufwand gewesen. Auch sonst glaube ich allerdings kaum, dass die Asche von Toten nach Hause transportiert worden wäre...
.

Tib.Gabinius schrieb:
..Wie Quijote sagte, kam es ja nur selten zu solch massiven Ausfällen. In der Regel führten solche Verluste zu einer Niederlage oder einem so starken Kraftverlust, dass ohnehin ein verharren angebracht war.
Es hing also stark von der Situation ab, in der sich die Truppe danach befand. Im ungünstigsten Fall hatte man weder Zeit noch Kraft, die Toten zu bestatten, im besten Fall war der Feldzug erfolgreich und man war in der Lage je nach Wunsch zu verfahren.
Ein geregeltes verfahren ist mir nicht bekannt..

Ashigaru schrieb:
....Verlustzahlen in dieser Höhe waren ja nicht gerade häufig....Du spielst wahrscheinlich auf die Varusschlacht oder ein anderes Ereignis aus dem Germanenkrieg an.

Ja, die Verlustzahlen waren wohl tatsächlich nicht so hoch. Von einem Militärhistoriker habe ich mal gelesen, dass man sich bis zur Erfindung der modernen Kriege (Einführung der Massenvernichtungswaffen wie das Maschinengewehr), nach nur 10 % Verlusten ehrenvoll zurückziehen konnte. Der Kampf bis zur letzten Patrone und dem letzten Mann ist eine neuzeitliche Dimension des Grauens, im ersten Weltkrieg wurden Verluste von über 90% an der Front zur Regel...

Trotzdem kann man ja für den Germanicusfeldzug von 16, mit ca.70000 Mann, sagen wir mit 5 % Verlusten, also 3500 Mann rechnen. Die müssen ja irgendwo geblieben sein. Die antike Ausnahme des Totalverlustes stellt natürlich die Varusschlacht dar, zwar starben nicht alle 30.000 Leute, aber mit wenigstens der Hälfte dürfte man rechnen. Wo sind die 15.000 oder 20.000 Leichen geblieben? Dass man Tote Legionäre ungern dem Tierfraß überliess, beweist die Geschichte des Germanicusbesuches beim Varusschlachtfeld. Ein halbwegs würdiges Begräbnis war offensichtlich Ehrensache unter den Legionen: weder wollte man selber so anstandslos verrecken, noch wollte man es seinen Kameraden ohne Not antun. Solange der Varuszug noch nicht wirklich am Ende und noch handlungsfähig war, wird man sich irgendwie um die Sterbenden und Toten gekümmert haben.

Wo also, frage ich mich, gibt es belegte Beispiele, wie Legionäre nach einer Schlacht bestattet oder entsorgt wurden? Oder Belege, wie die Bestattungsvereine in der Praxis arbeiteten? Denn schliesslich müssen die irgendein Procedere gehabt haben, um mit dem nicht so seltenen Fall des Gefallenen in der (siegreichen) Schlacht umzugehen.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Aus einem Bürgerkrieg:
Von da an wandte sich Vitellius nach Cremona, und als er hier Caecinas Fechterspiel geschaut, verlangte ihn, doch auch die Felder von Bedriacum zu betreten und die Spuren des neulichen Sieges mit eigenen Augen zu besichtigen. Ein scheußlicher und grauenhafter Anblick. Vierzig Tage nach der Schlacht lagen zerfleischte Leiber, abgehauene Glieder, faulende Menschen- und Pferdeleichen da, der Boden war mit dem Moder der Verwesung geschwängert, Bäume und Früchte waren umgehauen: eine furchtbare Wüste...Valens und Caecina waren zugegen und wiesen die Punkte des Kampfes; wie von hier der Legionen Zug hereingebrochen, von dort die Reiter sich in Bewegung gesetzt, von jener Seite der Hilfsvolk Scharen sich herumgezogen. Dazu erhoben die Tribunen und Präfekten ihre Taten und mengten Falsches, Wahres und Übertriebenes durcheinander. Auch die gemeinen Soldaten bogen mit Geschrei und Jubel von der Straße ab, suchten die Ausdehnung der Kämpfe zu ermitteln, betrachteten und bewunderten die Waffenberge und Leichenhaufen: manche gab es, die der Wechsel des Geschickes, Tränen und Mitleid übermannten; nur Vitellius Blick veränderte sich nicht, und es schauderte ihn nicht bei so vielen Tausenden unbestatteter Bürger. Fröhlich sogar und nichts von seinem so nahen Schicksal ahnend, ordnete er ein Opferfest für die Götter der Gegend an.
(Tacitus: Historien, Zweites Buch, 70).

Man kann nur annehmen, dass, wenn Zeit für ein Opferfest war, auch die Toten bestattet wurden.
 
Ave Marcia,

Marcia schrieb:
...., verlangte ihn, doch auch die Felder von Bedriacum zu betreten und die Spuren des neulichen Sieges mit eigenen Augen zu besichtigen. Ein scheußlicher und grauenhafter Anblick. Vierzig Tage nach der Schlacht lagen zerfleischte Leiber, abgehauene Glieder, faulende Menschen- und Pferdeleichen da, ........Valens und Caecina waren zugegen und wiesen die Punkte des Kampfes; ....suchten die Ausdehnung der Kämpfe zu ermitteln, betrachteten und bewunderten die Waffenberge und Leichenhaufen: manche gab es, die der Wechsel des Geschickes, Tränen und Mitleid übermannten; nur Vitellius Blick veränderte sich nicht, und es schauderte ihn nicht bei so vielen Tausenden unbestatteter Bürger. Fröhlich sogar und nichts von seinem so nahen Schicksal ahnend, ordnete er ein Opferfest für die Götter der Gegend an.
(Tacitus: Historien, Zweites Buch, 70).....
Man kann nur annehmen, dass, wenn Zeit für ein Opferfest war, auch die Toten bestattet wurden.....


Vielen Dank für das Zitat. Yep, dass Beispiel ist aus dem Bürgerkrieg des Vierkaiserjahres 69. Ich analysiere mal eben:

- 40 Tage lang lässt man die Leichen liegen
- es besteht lebhaftes Interesse die Schlacht zu besuchen und zu untersuchen
- es regt sich erhebliches Mitleid
- Tacitus kreidet es dem Vitellius negativ an, dass er es als einziger nicht zeigt
- die Legionäre werden als Bürger, d.h. Zivilisten, bezeichnet
- Vitellius ordnet ein Opferfest an

Mir stellen sich dabei folgende Fragen:

Warum lässt man sich damit 40 Tage Zeit? War das bei normalen siegreichen Schlachten auch so? Hier war es ja ein vergleichsweise beschämender Bruderkampf gewesen.

Mitleid war wohl selbstverständlich. Aber die Legionäre hatten, scheint es mir, keinen Anspruch auf eine ehrenvolle Bestattung allein aus Ihrem Status des Legionärs heraus. Tacitus bezeichnet sie als Bürger, und sie sind nur aus dieser Eigenschaft heraus einem würdevollen Begräbnis zuzuführen? Ist dass so? Kaum eine Fürsorge aus dem Militärapparat selbst heraus, der Tod ist reine Privatsache gewesen?

Trotz seines fehlenden Mitleids ordnet Vitellius ein Opferfest an, wobei vermutlich auch die sterblichen Überreste der Legionäre bestattet werden. Vitellius musste demnach wohl aus gesellschaftlicher Verpflichtung heraus etwas für die Toten tun, um nicht zur persona non grata zu werden. Kann man daher davon ausgehen, dass der verantwortliche Führer im allgemeinen eine ungeschriebene Ehrenpflicht hatte, sich irgendwie um die Gefallenen zu kümmern, sofern dies nicht schon Angehörige oder Freunde getan hatten?

Beste Grüsse, Trajan.
 
Aus Vitellius' Opferfest für die Götter der Region lese ich keine Bestattungsfeier oder -maßnahme, eher ein Grund zu weiterer Party (wie die unappetitliche Stelle bei Sueton zu Vitellius nahelegt).

Auch Caesar redete die Legionäre, wenn er mit ihnen kumpeln wollte, als Bürger an. Trotzdem ist dieses Tacituszitat mysteriös: waren es noch die Gefallenen beider Seiten, die dort herumlagen? Germanicus begräbt die Knochen der Varus-Legionen mit allen Riten; offenbar ist also eine "Bürgerpflicht" des Begrabens römischer Bürger anzunehmen, es sei denn ... es handelt sich um "Verräter" wie Parteigänger Othos. Dann könnte man auch annehmen, dass Caesar die toten Pompeianer bei Pharsalos einfach liegen liess. Eine finstere Strafmaßnahme für "Verrat"! Man denke nur an die Stelle bei Ausonius, wo er von den unbeweinten (=unbegrabenen) Toten des "gallischen Cannae" spricht (die wohlgemerkt hunderte Jahre früher dort starben).
 
@Trajan: Ich kann dir deine Fragen nicht beantworten, weil ich in die Ereignisse dieses Bürgerkrieges momentan nicht eingelesen bin - hatte mich voriges Jahr da hinein vertieft, was bei mir durch das Lesen von Tacitus und parallel Cassius Dio einigermaßen funktioniert hat, und dennoch blieben viele Fragen offen. Tacitus allein liest sich für mich sehr schwer und verwirrend, möglicherweise liegt es aber auch an der Übersetzung.
Aus Vitellius' Opferfest für die Götter der Region lese ich keine Bestattungsfeier oder -maßnahme, eher ein Grund zu weiterer Party (wie die unappetitliche Stelle bei Sueton zu Vitellius nahelegt).
Das sehe ich auch so, und ich vermute, dass Tacitus die Dinge absichtlich so dargestellt hat (und möglicherweise die Bestattung der Toten nicht erwähnt hat), um Vitellius als pietätlosen Wüstling zu charakterisieren.

Bei Marcus Junkelmann "Die Legionen des Augustus" steht auf den Seiten 251-252 einiges dazu, was aber hier teilweise auch schon erwähnt wurde. Er schreibt unter anderem, dass das Beräumen des Schlachtfeldes Sache des Siegers war, dass aber nicht immer Zeit dazu war und oftmals die Toten des Gegners einfach liegengelassen wurden. Er erwähnt auch, dass die ehrenvolle Bestattung den antiken Völkern ein tiefes Anliegen war. Nach Möglichkeit verbrannten die Römer ihre Toten, zumindest in der Republik und frühen Kaiserzeit, aber es kam auch vor, dass Massengräber angelegt wurden.
 
:eek:fftopic:

Auch Caesar redete die Legionäre, wenn er mit ihnen kumpeln wollte, als Bürger an.

Ich kenne Caesars Anrede in einem anderen Zusammenhang. Er redete seine Legionäre als Bürger an - allerdings nicht um mit ihnen zu kumpeln, sondern als sie gegen ihn rebellierten. Er wollte damit ausdrücken, dass sie nicht mehr seine Kameraden waren, sondern "nur" noch römische Bürger. Die Soldaten erschraken daraufhin und folgten ihm weiter.

Zum Thema Bestattungen habe ich leider nichts beizutragen.
 
Die Stelle kann man unterschiedlich interpretieren. Zum Zivilisten ernannt zu werden hatte keineswegs etwas degradierendes, schon gar nicht in der honesta missio die Caesar ihnen ja in der Rede mehr oder weniger gewährte.

Hier darf auch die Deutung, dass er ihnen damit mitteilte, dass sie keine Gewinne, keine Plünderungen und nichts dergleichen mehr zu erwarten hatten.
Diese Lesung bietet sich an, da mit der gleichen Methode bereits Sulla "seine" Soldaten dazu brachte, mit ihm Rom zu erobern.

Aber das war jetzt :eek:fftopic:

Zurück zum Thema, vielleicht steht hier ja noch wissenswertes:
Death and burrial in the roman world, von Toynbee.
 
Ave Marcia,

Marcia schrieb:
Bei Marcus Junkelmann "Die Legionen des Augustus" steht auf den Seiten 251-252 einiges dazu, was aber hier teilweise auch schon erwähnt wurde.

Danke für den wichtigen Hinweis. Ich habe die Passagen gestern abend mal nachgelesen. Junkelmann geht davon aus, dass es ein Gebot der pietas war, die Gefallenen möglichst würdevoll zu bestatten. Es dürfte auch für die Truppendisziplin wichtig gewesen sein. Demnach wurden die Toten wohl meist verbrannt, soweit es die Umstände (Brennholz, Zeit und Ort) zuliessen, zur Not auch Körperbestattungen in Massengräbern.

Um archäologische Nachweise ist er aber auch verlegen, sieht man einmal von der notdürftigen Germanicusbestattung der Varusgefallenen ab. Hier scheint es also noch eine Forschungslücke zu geben.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Was ist denn in diesem Falle von dem Grabstein des Marcus Caelius zu halten? Ausnahmeerscheinung für einen Offizier oder Reflex eines gebräuchlichen Usus? Der Stifter P. Caelius, Bruder des Gefallenen bestimmt ja, dass sofern möglich, die sterblichen Überreste nachträglich noch dazugegeben werden.
 
Ave El Quijote,

Was ist denn in diesem Falle von dem Grabstein des Marcus Caelius zu halten? Ausnahmeerscheinung für einen Offizier oder Reflex eines gebräuchlichen Usus? Der Stifter P. Caelius, Bruder des Gefallenen bestimmt ja, dass sofern möglich, die sterblichen Überreste nachträglich noch dazugegeben werden.

Danke, gleichfalls ein wichtiger Hinweis.Die Bestattung sine corpus war wohl nur zur Not gegeben, das Bedürfnis irgendwelche sterblichen Überreste niederzulegen, war wohl elementar. Ich schätze, dass Angehörige von Gefallenen immer daran interessiert waren, wenigstens Leichenbrand mitzunehmen bzw. ausgehändigt zu bekommen.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Hallo,
habe gelesen, dass die römischen Soldaten ihre getöten Feinde nach der Schlacht nicht einfach liegen und verrotten ließen, oder ihnen gar die Köpfe abschlugen, sondern ihnen eine "kleine, würdige" Bestattung zukommen ließen. Ihre eigenen Gefallenen verbrannten sie vermutlich.
Wer könnte mir hier Auskunft geben? Vielen Dank
 
Wo und in welchem Zusammenhang?

Ihre eigenen Gefallenen verbrannten sie vermutlich.
Die Verbrennung der Toten war bei den Römern die übliche aber nicht unummstößliche Vorgehensweise. Es gab immer auch die Körperbestattung. In Gelduba (Krefeld Gellep) hat man ein Schlachtfeld gefunden aus dem 3. Jhdt., wo offenbar zurückkehrende Römer ihre Toten mit einigen Tagen bis Wochen Abstand zu einer stattgefundenhabenden Schlacht bestattet hatte. Hier haben sie einfach neben den Toten Gruben ausgehoben und die Toten in diese Gruben hineingerollt, teilweise dabei noch das Totenritual vollzogen, wenn es sich wohl um Angehörige handelte.
Man erklärt sich diesen ungewöhnlichen Befund mit der bereits begonnenen Verweseung der Toten, welche eine schnelle Bestattung erforderte und die Abkehr von den üblichen Bestattungsritualen forcierte.
 
@Marcus
Wenn ich es richtig erinnere, schreibt Lukan, dass Caesar nach der Schlacht von Pharsalos ein Bestattungsverbot für die gefallenen Pompejaner ausgesprochen haben soll. Was im Umkehrschluss darauf hinweisen könnte, dass die Bestattung getöteter Feinde zumindest nicht unüblich war. Die “Feinde“ wären im Pharsalos-Kontext allerdings eher als “Väter, Brüder, Söhne“ zu betrachten, da es ein Bürgerkriegsszenario ist.
Inwieweit sich Lukan da frei dichterisch bewegt? Ob es anderweitige Quellen für diesen Sachverhalt gibt? Nach minimalem Querlesen, Du könntest vermutlich in dieser Dissertation mehr dazu finden:
Krieg und Bürgerkrieg bei Lucan und in der griechischen Literatur

Aus dem hohlen Bauch würde ich vermuten, dass bei den Römern ein durchaus differenziertes Feindbild existiert haben dürfte. So gab es sicherlich auch Feinde, denen von vornherein Respekt gezollt wurde, was sich dann auch im Umgang mit deren Toten nach einer Schlacht geäußert haben könnte. Politische Interessen würde mir als weiterer Faktor für situativ differenzierendes Verhalten einfallen. Vor allem erscheint mir die Zeitschiene beachtenswert, die mehr als tausendjährige Geschichte der “Römer“ wird diesbezüglich sicher Veränderungen hervorgebracht haben.
 
Die “Feinde“ wären im Pharsalos-Kontext allerdings eher als “Väter, Brüder, Söhne“ zu betrachten, da es ein Bürgerkriegsszenario ist.
OT: Ein solches "Bestattungsverbot" für im Bürgerkrieg Getötete thematisiert auch Sophokles in der Tragödie Antigone. Antigone übertritt dieses Verbot, um ihren Bruder zu bestatten und wird zur Strafe lebendig eingemauert. Inwiefern sich Lucan auf diesen Topos bezieht, weiß ich nicht. Caesar würde durch einen Antigone-Bezug bei Pharsalos wohl als Tyrann dargestellt.
 
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