Gegenkönige und Doppelwahl

Andronikos

Mitglied
Ab wann spricht man eigentlich von einem Gegenkönig?
Ist generell jeder König der ohne Vakanz des Thrones gewählt wird ein Gegenkönig, auch wenn die Wahl sonst formal korrekt verlaufen ist oder verfährt man bei der Bezeichnung Gegenkönig auch nach der Devise wer verliert hat unrecht bzw. ist nur ein Gegenkönig gewesen. Wenn man sich also lange genug behaupten konnte, konnte man so nach dem Ableben des anderen Königs der reguläre König werden.

Mal ein paar Beispiele
Rudolf von Rheinfelden wird während der Herrschaft von Heinrich IV. als König gewählt, kann sich aber nicht durchsetzen, bleibt Gegenkönig.

1198 kommt es zu einer Doppelwahl von Philipp von Schwaben und Otto IV., trotzdem wird keiner von ihnen als Gegenkönig bezeichnet.

Karl IV. ist erst Gegenkönig von Ludwig dem Bayern und nach dessen Tod einziger König, trotzdem kommt es kurz darauf zur formal korrekten Wahl von Günther von Schwarzburg, der kann sich aber nicht durchsetzen und wird deshalb heute als Gegenkönig bezeichnet

1410 wird Jobs von Mähren von der Mehrheit der Kurfürsten gegen seinen Vetter Sigismund gewählt. Vor der Krönung wird er aber (durch Sigismund ??) vergiftet, Sigismund kann sich in der Folge durchsetzen. Jobst wird heute als Gegenkönig bezeichnet, obwohl er die Mehrheit hatte und der Thron zur Zeit der Wahl vakant war.

1400 wurde Wenzel abgesetzt und ein neuer König gewählt, Wenzel akzeptierte die Absetzung nicht. Es gab also 2 Könige, 1410/11 sogar 3. Trotzdem wird Wenzel nicht als Gegenkönig bezeichnet, sondern als "abgesetzt" gewertet.
War dann nicht jeder König abgesetzt, wenn ein Nachfolger gewählt wurde? Wie lief diese einzige Absetzung überhaupt ab?


Darüberhinaus, wo kann ich mehr über das bei der Wahl jeweils anwesende Kurkollegium erfahren?
 
Das Muster ist doch klar: "Gegenkönig" ist immer der, der sich nicht durchsetzen kann.

Bei Philipp und Otto gab es ein Patt; keiner konnte den anderen ausstechen. Daher wird keiner von beiden als "Gegenkönig" gezählt.

Wenzel hatte lange Jahre unangefochten regiert, daher kann man ihn in dieser Zeit nicht als "Gegenkönig" bezeichnen.
 
Zumindest bei einigen Fällen finde ich die Qualifizierung als Gegenkönig ungerechtfertigt.

Jobst war nach der Wahl der regulär gewählte König. Da Sigismund keine Mehrheit hatte war er in dieser Zeit der Gegenkönig. Erst durch die Ermordung Jobsts endete sein reguläres Königtum und Sigismund trat sein Königtum an.

Bei Wenzel hast du mich wohl falsch verstanden. Ich meinte seine Zeit nach 1400, da er seine Abesetzung nicht akzeptierte, kann man seine letzten Jahre doch ebenfalls als Gegenkönigtum auffassen. Ebenso wie die letzten Jahre von Kaiser Otto IV. - die faktische Macht war an Friedrich II. übergegangen, er behauptete aber seine Kaiserwürde.
 
Andronikos schrieb:
Zumindest bei einigen Fällen finde ich die Qualifizierung als Gegenkönig ungerechtfertigt.

Jobst war nach der Wahl der regulär gewählte König. Da Sigismund keine Mehrheit hatte war er in dieser Zeit der Gegenkönig. Erst durch die Ermordung Jobsts endete sein reguläres Königtum und Sigismund trat sein Königtum an.

Bei Wenzel hast du mich wohl falsch verstanden. Ich meinte seine Zeit nach 1400, da er seine Abesetzung nicht akzeptierte, kann man seine letzten Jahre doch ebenfalls als Gegenkönigtum auffassen. Ebenso wie die letzten Jahre von Kaiser Otto IV. - die faktische Macht war an Friedrich II. übergegangen, er behauptete aber seine Kaiserwürde.

Bzgl. Jobst von Mähren: Das würde ich genauso sehen. Eigentlich war ja er der rechtmäßige König.

Wenzel würde ich ab 1400 auch als Gegenkönig bezeichnen.

Und Otto IV. kann man eigentlich fast als Gegenkaiser bezeichnen, obwohl Friedrich II. damals nur König war. Aber spätestens ab 1215 - von da an zählte Friedrich II. seine Herrschaft - war Otto IV. machtlos.
 
Kommen wir zu einem weiteren Doppelkönigtum: Ludwig IV. der Bayer (1314-1347) und Friedrich (III.) der Schöne (1314-1330).
Obwohl sich Ludwig IV. 1322 gegen Friedrich durchsetzen konnte, machte er in (einmalig in der Geschichte des HRR) 1325 zu seinem Mitkönig - faktisch war Friedrich dennoch machtlos.
Obwohl sich der Wittelsbacher Ludwig durchsetzen konnte, wird Friedrich der Schöne generell nicht als Gegenkönig angesehen.
Das Verhältnis Ludwigs zu Friedrich ging übrigens über das übliche Maß hinaus: "Die beiden Vettern nannten sich gegenseitig 'Bruder' und teilten, so heißt es, angeblich sogar Schlafgemach und Mahl." (Die Chronik Bayerns, S. 125, Chronik Verlag 1994)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn wir zurück zu Heinrich IV. (1056-1106) gehen, stoßen wir auf weitere Gegenkönige:
- den machtlosen Hermann von Salm (1081-1088);
- Konrad (III.), Heinrichs Sohn (!), den er 1087 zum Mitkönig gemacht hatte, der sich 1093 dennoch gegen ihn empörte (Mitkönig 1087-1093, Gegenkönig 1093-1098);
- Heinrich (V.), Heinrichs jüngerer Sohn, der sich wiederum gegen den Vater stellte (1104), allerdings erfolgreicher als Konrad, da er ihn sogar zur Abdankung zwang (Mitkönig 1098-1104, Gegenkönig 1104-1106, König 1106-1125, Kaiser seit 1111).

Kein Kaiser erfuhr mehr Verrat in der eigenen Familie als der arme Heinrich IV.
 
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Es gab noch ein Doppelkönigtum in der Geschichte des HRR: 1257, ein Jahr nach dem Tode König Wilhelms, wurden sowohl Richard von Cornwall (1257-1272) als auch Alphons X. von Kastilien (1257-1273) zum römischen König gewählt. Da Alphons nie in Deutschland erschien, Richard zumindest viermal, könnte man Alphons fast als Gegenkönig bezeichnen, was dennoch unüblich ist.
Nachdem Richard 1272 starb, dachte man an eine Neuwahl. 1273 wurde dann Rudolph von Habsburg zum König gewählt und Alphons abgesetzt, der dies nicht anerkannte und 1274 gebannt wurde. 1275 erst gab er den römischen Königstitel auf. Somit war er mindestens von 1273-1275 Gegenkönig.

Die Gegenkönige Arnulph der Böse (919-921) [gegen Heinrich I. den Finkler (919-936)] und Heinrich der Zänker (984-985) [gegen Otto III. (983-1002)] blieben ohne jedwede Bedeutung und werden auch selten erwähnt.
Heinrich Raspe (1246-1247) und Wilhelm von Holland (1247-1256) konnten sich zu Lebzeiten Friedrichs II. (1212-1250) nicht durchsetzen. Allerdings wurde Wilhelm nach Konrads IV. Tod 1254 allgemein als König anerkannt und darf in den Jahren 1254-1256 nicht mehr als Gegenkönig bezeichnet werden.
Friedrichs II. älteren Söhn, Heinrich (VII.) (1220-1235), kann man nicht wirklich als Gegenkönig bezeichnen, und wenn überhaupt, dann trifft dies nur in den Jahren 1234-1235 zu.
 
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Gegenkönig ist einfach nur derjenige, der zum König gewählt wird, obohl es bereits einen rechtmäßigen König gibt. Kann sich der Gegenkönig durchsetzen, wird er als rechtmäßiger König gerechnet, da sein Gegner danach entweder keine Macht bzw. Anerkennung durch die Reichsfürsten mehr hat oder schlichtweg tot ist. Rudolf von Rheinfelden, Hermann von Salm und Konrad (III.) sind Gegenkönige zu Heinrich IV., weil diese zu Königen gewählt wurden, obwohl mit Heinrich IV. bereits jemand rechtmäßig gewählt war; keiner von ihnen konnte sich durchsetzen. Im Jahre 1127 wird der Staufer Konrad III. zum Gegenkönig zu Lothar von Supplinburg gewählt, kann sich nicht durchsetzen und dankt 1135 wieder ab. Drei Jahre darauf, nachdem Lothar bereits verstorben war, wird Konrad wieder gewählt und auch anerkannt; für die Zeit von 1127-1135 gilt er als Gegenkönig, für die Zeit ab 1138 als rechtmäßiger König.

Bei Doppelwahlen werden gewöhnlich bei einer einzigen Wahl zwei Könige gewählt, die beide irgendwo Anerkennung finden. Im Jahre 1198 wurde Otto IV. kurz nach Philipp von Schwaben gewählt, also nicht in ein- und derselben Wahl. Man kann da also nicht von einer Doppelwahl sprechen und Otto IV. wird manchmal für die Zeit bis 1208 als gegenkönig gewertet. Da er nach 1215 jegliche Anerkennung verloren hat, wird er nicht mehr als König gewertet, egal ob er sich selber noch als einen ansah oer nicht. Dann müsste man ja auch mich als Bundeskanzler zählen, wenn ich mich zu einem ausrufen würde, auch wenn ich keine Anerkennung bekommen würde. Ebenso verhält es sich mit Wenzel, der nach 1400 jegliche Anerkennung verlor und deswegen für die zeit danach nicht als König bezeichnet werden kann.

Dass Jobst von Mähren als Gegenkönig geweret wird, höre ich heute das erste Mal. Jobst gilt, ebenso wie Sigismund, für die Zeit von 1410-1411 als rechtmäßiger König, da beide in einer Doppelwahl gewählt wurden.
 
Imperator schrieb:
Dass Jobst von Mähren als Gegenkönig geweret wird, höre ich heute das erste Mal. Jobst gilt, ebenso wie Sigismund, für die Zeit von 1410-1411 als rechtmäßiger König, da beide in einer Doppelwahl gewählt wurden.
Die Wertung von Jobst als Gegenkönig ist vielleicht nicht allgemein, aber nichtsdestotrotz immer wieder anzutreffen. Nur als Beispiel diese Liste aus dem Netz: http://www.rittertum.de/home/ztnet/ztindex.htm?/home/ztnet/bright3.htm

Weiterhin würde ich die Wahl von 1410 keinesfalls als Doppelwahl bezeichnen. Wenn im Bundestag zwei Kanzlerkandidaten zur Wahl stehen und einer davon hat die Mehrheit, sind ja wohl nicht beide gewählt. Wenn Jobst die Mehrheit der Kurfürsten auf sich vereinte, ist er gewählt, sein Konkurrent nicht. Das dieser das Ergebnis durch die Ermordungs von Jobst ein jahr später zur Makulatur macht, ist dann die ganz andere Sache. Über den Mörder als König und Kaiser lässt sich sicher streiten aber das muss ja nicht hier geschehen - er wäre vermutlich nicht der einzige.:rolleyes:
 
Andronikos schrieb:
Die Wertung von Jobst als Gegenkönig ist vielleicht nicht allgemein, aber nichtsdestotrotz immer wieder anzutreffen. Nur als Beispiel diese Liste aus dem Netz: http://www.rittertum.de/home/ztnet/ztindex.htm?/home/ztnet/bright3.htm

Weiterhin würde ich die Wahl von 1410 keinesfalls als Doppelwahl bezeichnen. Wenn im Bundestag zwei Kanzlerkandidaten zur Wahl stehen und einer davon hat die Mehrheit, sind ja wohl nicht beide gewählt. Wenn Jobst die Mehrheit der Kurfürsten auf sich vereinte, ist er gewählt, sein Konkurrent nicht. Das dieser das Ergebnis durch die Ermordungs von Jobst ein jahr später zur Makulatur macht, ist dann die ganz andere Sache. Über den Mörder als König und Kaiser lässt sich sicher streiten aber das muss ja nicht hier geschehen - er wäre vermutlich nicht der einzige.:rolleyes:

Dabei sollte es gerade Sigismund als Sohn Karls IV. gewusst haben, daß ein König, der von der Minderheit gewählt worden ist, nicht rechtmäßig ist (Goldene Bulle Karls IV., römischen Kaisers, 1356). :king:
Daher wäre es wirklich nicht wunderlich, wenn er selbst die Ermordung seines Vetters betrieben hätte, um unangefochten dazustehen als alleiniger und rechtmäßiger König.

Und: man sollte v.a. nicht vergessen: 1410 gab es drei Luxemburger, die römischer König sein wollten: die Brüder Wenzel und Sigismund und deren Vetter Jobst (Jodok) - sowas ist auch einzigartig.
 
Ein ziemlich kurzes "Gegenkönigtum" wurde bisher noch nicht erwähnt: Adolf von Nassau und Albrecht I. 1298.
 
hyokkose schrieb:
Ein ziemlich kurzes "Gegenkönigtum" wurde bisher noch nicht erwähnt: Adolf von Nassau und Albrecht I. 1298.

Fürwahr. Am Ende siegte der "Gegenkönig" und legitimierte sich dadurch vollends. Er hatte den verhassten König Adolph am 2. Juli 1298 in der Schlacht bei Göllheim geschlagen; Adolph fiel.
Keine 10 Jahre (1. Mai 1308) später sollte auch Albrecht I. tot sein - vom eigenen Neffen ermordet.
 
Zu den Ereignissen um die Wahlen von 1400-1411 habe ich noch folgendes gefunden:

Wenzel regierte seit dem 6. Juli 1376 und wurde am 20.8.1400 wegen Unfähigkeit abgesetzt. Danach kam es zur Wahl von Pfalzgraf Ruprecht III. durch die rheinischen Kurfürsten am 21.8.1400. Da Wenzel aber nicht freiwillig auf seine Königswürde verzichtete, gab es für längere Zeit ein Doppelkönigtum. Am 18.5.1410 stirbt Ruprecht.

Es bildeten sich zwei Kurfürstenparteien:

- Mainz und Köln: Für Neuwahl des Königs
- Pfalz, Trier, Böhmen, Sachsen und Brandenburg: Für Wenzel

Die rheinischen Kurfürsten neigten zu Sigmund von Luxemburg. Sigmunds Wahlversprechen an Pfalz und Trier lautete: Bestätigung der Privilegien der mit der Pfalz verbündeten elsässischen und schwäbischen Städte sowie der Pfandschaften des Pfalzgrafen; Neutralität gegenüber den Anhängern des römischen Papsts Gregor XII.

Die Wahlverhandlungen begannen am 2.9.1410 in Frankfurt, wer zu spät kam, verlor das Wahlrecht. Rudolf von Sachsen und Jobst von Mähren (Brandenburg) dachten aber nicht daran, an der Frankfurter Wahl teilzunehmen, denn sie erkannten Wenzel als Rex Romanorum an und folglich war für sie eine Wahl überflüssig!

Die Pfälzer Partei ergriff aber die Initiative, Sigismund wurde als Markgraf von Brandenburg anerkannt und in der Folge am 20.9.1410 durch Trier und Pfalz gewählt. Er erhielt also nur 3 Stimmen, von denen ihm eine gar nicht zustand (Brandenburg).

Die ostdeutschen Kurfürsten trafen am 28.9.1410 mit dem Versprechen Jobsts von Mähren zugunsten des Pisaner Papsttums und anderen Zusagen ein. Wenzel verzichtete und am 1.10.1410 wurde Jobst durch Mainz, Köln, Böhmen, Brandenburg und Sachsen gewählt. Jobsts Wahl wurde als korrekter angesehen.

Vor der formalen Wahlannahme starb Jobst von Mähren aber am 18.1.1411. In der Folge fand eine Einigung zwischen Sigismund und Wenzel über Reichsinsignien und Reichseinkünfte statt.

Am 16.7.1411 fand eine Wahlversammlung statt, jedoch kein Wahleid. Ein neuer Versuch folgte am 21.7., der mit der Wahl Sigismunds endete. Gewählt wurde er durch Mainz, Köln, Böhmen, Sachsen und Brandenburg. Trier und Pfalz waren zum Zeitpunkt der Wahl abwesend und waren somit ohne Stimmrecht.


Auch Wenzel war also 1410/11 keineswegs in Böhmen abgeschoben und von niemandem mehr anerkannt. Zwischen Mai und September 1410 war er sogar der einzige König und wurde offenbar zeitweise sogar von der Mehrheit der Kurfürsten präferiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Darüberhinaus, wo kann ich mehr über das bei der Wahl jeweils anwesende Kurkollegium erfahren?
Urkundlich fassbar werden die Königswähler erstmals bei der staufisch-welfischen Doppelwahl im Jahr 1198 - damals waren es ca. 50 Fürsten (neben zahlreichen Geistlichen auch 16 Weltliche), die - in zwei Parteien gespalten - jeweils ihren König wählten. Sie heißen "Vornehmste und Fürsten des Reiches, denen die Wahl von Rechts wegen zukommt" (optimates et principes imperii, ad quos de iure spectat electio).

Im folgenden Jahrhundert reduzierte sich die Anzahl der Königswähler. Das siebenköpfige Kurkolleg vereinigte sich erstmals bei der Königserhebung von 1298, im gleichen Jahr trat auch der deutsche Ausdruck kurfursten erstmals auf (die Königswähler von 1257 waren noch kein Kurfürstenverein, sondern zerstrittene Fürstengruppen, die zwei Könige gegeneinander wählten und niemals an einem Ort gemeinsam versammelt waren).

Zur Entstehung des Kurkollegiums gibt es mehrere Theorien:
1. Die Einsetzungstheorie, auch Kurfürstenlegende genannt, geht auf die 1268/71 von dem Dominikaner Marin von Troppau verfassten Papst-Kaiser Chronik zurück. Im Jahr 1002 seien demnach die sieben Kurfürsten eingesetzt worden ( in späteren Varianten vom Kaiser, vom Papst oder gemeinsam von beiden). Die geistlichen und weltlichen Königswähler von 1002 entsprach aber weder in ihrer Zahl noch in ihrer Zusammensetzung den erst später auftretenden sieben Kurfürsten.

2. Nach der Vierer-Quorum-Theorie von Heinrich Mitteis waren für eine gültige Königswahl zunächst nur vier Wähler erforderlich (die rheinischen Erzbischöfe und der Pfalzgraf). Vor der Vereinigung der Sieben 1298 gab es 1273 schon einmal eine Vereinigung (uniti sumus) der Vier: Sie beschlossen, gemeinsam einen König zu wählen und dabei untereinander das Mehrheitsprinzip anzuerkennen. (Heinrich Mitteis, Die deutsche Königswahl. Ihre Rechtsgrundlagen bis zur Goldenen Bulle, Wien 1944, ND Darmstadt 1969.)

3. Die Interesselosigkeits-Theorie nach Martin Lintzel: das Wahlrecht blieb an den Kurfürsten gewissermaßen hängen, weil die übrigen Fürsten im 13. Jahrhundert ausstarben (dies ist richtig) oder ihr Interesse an der Königswahl verschwand, so dass sie fortblieben. Die zweite Annahme erklärt jedoch nicht, warum die späteren Kurfürsten ihr Interesse behielten. Darüber hinaus verloren die Herzöge von Baiern und die von Sachsen-Lauenburg als frühere Königswähler keineswegs ihr Interesse an der Wahl, sondern bemühten sich intensiv um die Zugehörigkeit zum Kurkolleg. (Martin Lintzel, Die Entstehung des Kurfürstenkollegs, Berlin 1952, Sonderausgabe Darmstadt 1957.)

4. Die erbrechtliche Theorie von Armin Wolf beruht vor allem auf zwei Gegebenheiten. Zum einen auf dem Grundsatz der Goldenen Bulle von 1356, dass das Wahlrecht der weltlichen Kurfürsten erblich ist. Zum zweiten auf der Tatsache dass sowohl die 16 weltlichen Königswähler von 1198 als auch die 4 weltlichen Kurfürsten der Goldenen Bulle eine gemeinsame königliche Abstammung besitzen.Die ursprünglich vielen Königswähler repräsentierten die Tochterstämme des ottonischen Königs- und Kaiserhauses und die vier weltlichen Kurfürsten die Tochterstämme König Rudolfs von Habsburg.

Als Rudolf von Habsburg 1273 zum König erhoben wurde, waren Wittelsbacher (in Baiern und der Pfalz) und Askanier (in Sachsen und Brandenburg) die vornehmsten weltlichen Wähler und daher die "Ersten (Laien) an der Kur". Sie verzichteten auf je eigene Kandidaturen, machten aber ihre Stimmen für den Habsburger von der Bedingung abhängig, Töchter des neuen Königs zur Ehe zu erhalten. Die beiden Hochzeiten wurden am selben Tag gefeiert: am Abend des Krönungstages Rudolfs in Aachen. Der Böhmenkönig wurde später ebenfalls durch die Heirat mit einer Tochter Rudolfs versöhnt und erhielt 1289/90 sein Königswahlrecht bestätigt.

Im Jahr 1298 (nach dem Tod König Adolfs) vereinigten sich die Sieben in Mainz zu dem Beschluss, innerhalb dreier Tage in Frankfurt gemeinsam einen König zu wählen, hier entstand das Kurfürstenkolleg durch die Vereinigung der habsburgischen Tochterstämme mit den drei rheinischen Erzbischöfen und der Anerkennung dieser Vereinigung durch den von ihnen zum König gewählten Vertreter des habsburgischen Mannesstammes. (Armin Wolf, Die Entstehung des Kurfürstenkollegs 1198 - 1298. Zur 700-jährigen Wiederkehr der ersten Vereinigung der sieben Kurfürsten, Idstein 1998.)

(Das ist eine sehr stark gekürzte Fassung des Artikels von Armin Wolf, Die Kurfürsten des Reiches, In: Krönungen. Könige in Aachen - Geschichte und Mythos. Katalog der Ausstellung, Bd.1, Mainz 2000, S.87-96.)
 
Rudolf von Rheinfelden, 1077 auf dem Höhepunkt des Investiturstreits zum König gewählt, gewann im Jahre 1080 die Schlacht von Hohenmölsen gegen die Truppen Heinrichs IV. Er selbst verlor allerdings in dieser Schlacht durch einen Schwerthieb die rechte Hand, seine Schwurhand: "Das war die Hand, mit der ich meinem Herrn Heinrich einst die Treue geschworen hatte..." soll Rudolf darauf gesagt haben. 3 Tage später stirbt er, Rudolf wird in den Dom zu Merseburg überführt, wo er ein prachtvolles Grab erhält. Der papsttreue Bischof von Merseburg lässt eine bronzene (ehemals vergoldete) Grabplatte anfertigen, die ein Porträt des verstorbenen Herrschers zeigt - das erste derartige Denkmal eines deutschen Königs. Zunächst wird gar die Heiligsprechung des als Märtyrer gefallenen, so sieht es die papsttreue Fraktion, betrieben. Vermutlich zum Zwecke der späteren Verwendung als Reliquie wird die abgeschlagene rechte Hand mumifiziert, noch heute wird sie im Dom zu Merseburg aufbewahrt.
 
Regierte der nicht zwischen 1237 und 1254? Oder meinst du einen nicht existierenden Konrad V.? Denn in der Zeit zwischen Rudolf und Adolf regierte keiner...
 
Also mein Grotefend sagt auch nix von einem gewählten König zwischen Rudolf und Adolf,
Konrad der IV war wie Imperator schon sagte 1237-54, bzw 1250-54, aber aber 1237 gewählter könig
 
Also ich hab im Lexikon des Mittelalters noch ein Buch gefunden:
I.Gründer, Studien zur Geschichte der Herrschaft Teck,1963
 
heripo1422 schrieb:
Leider weiß "man" offenbar nicht sonderlich viel darüber - und gerade deshalb möchte ich es hier zur Sprache bringen, da ich mich (naturgemäß) besonders der "schwäbischen Großen" annehme.
Daher.: Armin Wolf hat ein Buch mit folgendem Titel geschrieben: " König für einen Tag: Konrad von der Teck - Gewählt, ermordet (?) - vergessen".
Und natürlich blieb diese Arbeit von A. Wolf nicht unwidersprochen: Rolf Götz hat dies getan in Zeitschrift für Württ, Landesgeschichte, 53. Jhg. (v. 1994) unter dem Titel: " Herzog Konrad von der Teck und die Königswahl von 1292".
Da gibt es auch noch einen neueren Aufsatz:
Rolf GÖTZ, Zur angeblichen Grabinschrift des "rex electus" Herzog Konrad von Teck (gest. 1292), in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte (ZWLG) 60, 2001, S. 445-452
Und wenn ich mir die Bibliographie zu diesem Thema anschaue, dann handelt es sich um ein lokalhistorisches Ereignis, das heimatgeschichtlich hochinteressant, für die Reichsgeschichte "nur" eine Fußnote bedeutet.

heripo1422 schrieb:
Meine Hoffnung geht nun dahin, in diesem Kreise möglicherweise Mediävisten oder angehende Solche oder auch Hobbyforscher zu treffen, die mehr darüber wissen. Die Forschung bleibt ja nicht stehen und im Laufe der Zeit werden hoffentlich viele noch unerforschte Dokumente den Weg über Scanner und Internet in die forschenen Hände gelangen.
Wenn dir noch ein paar Literaturhinweise nützlich sind:
Zur Problematik der Königswahl von 1292 um Konrad von Teck
http://www.historik-hirschmann.de/adnau.html

heripo1422 schrieb:
Allzuviele Originaldokumente werden wie Heiligtümer gehütet und "verwahrt" und sind so halt wie "verlegte Schlüssel" vorübergehend Geheimnisse - die zu lüften sich jeder Historiker freuen würde.
Da habe ich ganz andere Erfahrungen. Sowohl im Staatsarchiv Wertheim als auch im GLA Karlsruhe bin ich immer auf offene Türen und viel Hilfsbereitschaft gestossen.
Allerdings beruht Archivarbeit auch auf der Phantasie des Benutzers. In welchem Bestand könnte zu meinem Thema noch etwas zu finden sein? Da kommt man dann nach mühevoller Durchsicht der vorgelegten Archivalien mitunter auch abends mal nach hause und weiß, da gab es nichts zu finden.
Kopf hoch und viel Erfolg bei deinen Recherchen.
 
heripo1422 schrieb:
Bevor ich als Neuling etwa Fehler machte - Frage: Sind den nur Beiträge -die Reichsgeschichte global betreffend - erwünscht ?

Für mich handelt es sich durchaus nicht nur um eine "Fußnote" regionalen Charakters, vielmehr: unser Bild vom "dunklen Mittelalter" gleicht immer noch einem Mosaik, in welchem viele "Steinchen" fehlen und, so klein sie im Einzelnen sein mögen, wie sich das Gesamtbild im Ergebnis darstellte, ist oft noch völlig offen.
Regionalgeschichte ist hier durchaus erwünscht und dein Beitrag ist selbstverständlich willkommen.
Die "Fußnote" war meine Einschätzung.
Ich würde mich freuen, wenn deine bisherige Arbeit durch dieses Forum gefördert würde.
In diesem Sinne nochmal: Kopf hoch und viel Erfolg bei deinen Recherchen.
Gruß Mercy
 
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