Genaue Gründe für die Teilung des Weltreiches Karls V. 1556

Dieses Thema im Forum "Österreich | Schweiz" wurde erstellt von StuporMundi, 24. Oktober 2008.

Schlagworte:
  1. StuporMundi

    StuporMundi Neues Mitglied

    Guten Tacheles,

    ich bin mit der Epoche zwar recht gut vertraut, inklusive allen ereignisgeschichtlichen Eck- und Schlüsseldaten. Aber auf die Schnelle fand ich keinen expliziten Hinweis darauf, warum Karl V. sein Reich unter seinem Bruder Ferdinand I., der Kaiser über das deutsche Reich wurde, und seinem Sohn Phillip II., der das spanische Weltreich erhielt, aufteilte. Warum diese Zweiteilung? Hatte dies mit der Mentalität des fragilen deutschen Kaisertums zu tun, anderen dynastischen Gründen oder lag es schlicht an der "Unregierbarkeit" der doch gegensätzlichen Reichsteile, die religiös auseinanderstrebten? Und wie haben die Zeitgenossen die Teilung empfunden?

    Über erhellende Antworten würde ich mich freuen.

    Für die Mühen Danke im Vorfeld,
    StuporMundi
     
  2. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    Also ich meine,zum einen zeigte sich,daß das Habsburger Imperium damals seine kritische Größe erreicht hatte, die Probleme mit der Beherrscharkeit nach sich zog, zumal die beiden wesentlichen Teilbereiche immer mehr auseinander drifteten.Der andere und m.E. entscheidende Aspekt war jedoch die Angst vor einer zu starken Dominanz eines vereinigten Habsburgs im Heiligen Römischen Reich ,das unter Umständen die Wahl eines weiteren habsburgischen Kaisers hätte verhindern und eine konfessionsübergreifende Allianz der Reichsfürsten gegen Habsburg wo möglich gar unter französischer Beteiligung hätte herbeiführen können.
    Eine Teilung des Imperiums konnte diese Bedenken zwar nicht auflösen aber zumindest abschwächen.
     
  3. Josephine

    Josephine Neues Mitglied

    Ich meine gelesen zu haben, dass es zwischen Karl V und seinem Bruder eine Vereinbarung gab, nach welcher die Kaiserkrone abwechseln von den spanischen und österreichischen Habsburger getragen werden sollte.

    Leider weiß ich nichts genaueres darüber, auch nicht ob es diese Vereinbarung tatsächlich gab.

    Gruß.......
     
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  4. zaphodB.

    zaphodB. Premiummitglied

    M.E. könnte eine solche Vereinbarung,wenn es sie denn gab nur die habsburgischen Kronen, nicht aber die Kaiserkrone betroffen haben,da sowohl König- als auch das Kaisertum des HRR eine Wahlmonarchie war.
     
  5. Josephine hat im Prinzip schon recht.
    Die Teilung hatte in erster Linie familieninterne Gründe. Hinzu kam, dass der erzkatholische Philipp II. bei den Kurfürsten, die zu dieser Zeit noch den deutschen König nicht nur formal, sondern tatsächlich wählten, auf Ablehnung stieß. Die de-facto-Erbmonarchie der Habsburger war noch nicht etabliert.
    Damit ich keinen langen Sermon schreiben muss, mögen die beiden Links genügen:
    pastperfect
    Ferdinand I. (HRR ? Wikipedia)
     
  6. Rovere

    Rovere Premiummitglied

    Dass Weltreich dass Karl V. zusammenerbte war ja an Heterogenität nicht zu übertreffen! In zwei Generationen fielen der Dynastie per Erbfall Landmassen zu die ja per se nicht stabil waren.

    • Die Österreichischen Erblande, mehr oder weniger das Gebiet der heutigen Republik (ohne Salzburg und Burgenland), wurden erst von Karls Großvater Maximilian zusammengeführt, vorher regierten hier bis zu 3 Habsburgerlinien. Die steirische Linie, aus der Maximilian entstammte, war dabei vor allem in Ober- und Niederösterreich, dh. im absoluten Kernland, alles andere als unumstritten.
    • Das burgundische Erbe von Maximilians erster Frau Maria war ein Konglomerat aus Herzogtümern und Grafschaften die nur in der Person des Herzogs zusammengehalten waren und staatsrechtlich sowohl zum HRR wie auch teilweise zu Frankreich gehörten.
    • Spanien existierte als Einheitsstaat noch nicht sondern wurde erst von Karls Großeltern Isabella und Ferdinand in Personalunion zusammengeführt.
    • Das aragonesische Erbe in Italien (Sizilien und Neapel) kam ebenfalls erst um 1500 an Karls Opa Ferdinand von Aragon.

    Und dann wird dieser Karl noch zum Kaiser des HRR gewählt (das ging ja schon da sich sein Großvater Maximilian bereits als "erwählter römischer Kaiser" bezeichnete um sich den Krönungszug nach Rom zu sparen) in der Zeit der beginnenden Reformation.

    Die junge Dynastie war natürlich nicht überall willkommen, ganz im Gegenteil. Karl hatte eigentlich nur in den zum burgundischen Erbe zählenden Niederlanden eine Gefolgsgschaft. Dort wurde er erzogen, NUR DORT wurde er als heimischer Prinz gesehen. Ganz anders die Situation in Spanien. Sein Bruder Ferdinand war nicht nur dort geboren, er wurde als spanischer Prinz erzogen UND von den Ständen bevorzugt. Es war daher ein genialer Schachzug von Karl seinen Bruder nach Österreich zu transferieren, ihn mit der Aufgabe zu betrauen sich in den dortigen Erblanden durchzusetzen. Ferdinand war damit mehr als beschäftigt - es herrschte in Österreich ein permanenter Konflikt zwischen Landesfürst und Ständen, verschärft durch die Reformation. Durch seine Heirat mit Anna Jagiello und dem Tod seines Schwagers Lajos von Ungarn und Böhmen 1526 erbte er zwar nicht nur dessen Königreiche, sondern auch den Konflikt mit den Türken. Ferdinand hatte daher keine Zeit sich um etwaige Intrigen um Spaniens Krone zu kümmern.
     
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  7. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter


    Das war ein Vorschlag Karls, der von Ferdinand strikt abgelehnt wurde. Karl hatte sich vorgestellt, dass sein Bruder Ferdinand ihn beerben solle, dann sein - also Karls - Sohn Phillip seinen Onkel und schließlich wiederum desssen Cousin Maximilian diesen usw.
    Das war natürlich eine absurde Idee, die dann ja auch nicht durchgeführt wurde; der Grund für dei "Reichsteilung" ist auch hierin zu suchen. Von einer eigentlichen Reichsteilung kann aber keine Rede sein, da das spanische Weltreich und das HRR zwei eigenständige Reiche waren, die halt unter Karl in Personalunion regiert wurden. Was eigentlich geteilt wurde, dass waren die habsburgischen Besitzungen: Die österreichischen Erblande gingen an die "Fernandiner", die niederländischen Erblande gingen an die "Karolinen". (Vorsicht, "Fernandiner" und "Karolinen" sind keine etablierten historischen Bezeichnungen). Wobei diese Teilung im Prinzip auch schon früher angelegt war, denn die Niederlande waren ja erst mit dem Aussterben der männlichen Linie der Burgunder habsburgisch geworden - durch die Hochzeit Maximilians mit Maria von Burgund, der einzigen Tochter Karls des Kühnen.
     
  8. Barbarossa

    Barbarossa Neues Mitglied

    ...weswegen man korrekter Weise eher von einer spanischen und einer österreichischen Linie der Habsburger spricht.
    Genau, und zwar zeichnete sich bereits zur Regierungszeit von Karl V. bzw. I. eine dynastische Teilung in zwei Herrschaftsbereiche ab:
    - In einen spanischen Bereich, der natürlich alle spanischen Besitzungen einschließlich aller Kolonien und weiterhin auch habsburgische Besitzungen im westlichen HRRDN bis zu einer Linie entlang des Rheins (jedenfalls so ungefähr bis auf wenige Ausnahmen), sowie die gesamte Niederlande und später auch Italien umfaßte, sodaß die Trennlinie im HRRDN verlief.
    - der österreichische Bereich umfaßte alle übrigen habsburgischen Besitzungen im HRRDN und (Rest-)Ungarn.

    Edit, da nach den Gründen gefragt wurde:

    Die Regierbarkeit als ein Grund wurde bereits genannt, wobei man darunter die Bewältigung der politischen Aufgaben verstehen muß.
    Spanien und Frankreich führten in dieser Zeit fast ständig Krieg gegeneinander, sodaß die von mir beschriebene Gebietsaufteilung für Frankreich einen Zweifrontenkrieg bedeutete, sodaß Karl darin wohl einen strategischen Vorteil sah.
    Zum Zweiten hatte sich Österreich mit der Erbschaft von Ungarn dem Türkenansturm zu erwehren und hatte damit seine eigenen Probleme - die Kräfte Österreichs waren hier gebunden.
     
    Zuletzt bearbeitet: 25. Oktober 2008
  9. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Die sich aber eben erst mit der Aufteilung des Reiches zwischen Karl/Philipp und Ferdinand/Maximilian entwickelt haben.

    Das kannst Du dann aber schon mit dem schönen Philipp, dem Vater von Ferdi und Carlitos ansetzen.
    Das Königreich Neapel mit Sizilien und Sardinien gehörten schon seit dem hohen Mittelalter zur Krone von Aragón, sie sind kein habsburgisches, sodnern aragonesisch-katlonisches Erbe.
     
  10. Barbarossa

    Barbarossa Neues Mitglied

    Nach meinen Unterlagen lag der Zeitpunkt der militärischen Aufteilung in der Regierungszeit von Karl:
    die Niederlande gehörten danach ab 1516 zu spanischen Bereich, Luxemburg (als weiteres Beispiel) ab 1522.
     
  11. jschmidt

    jschmidt Aktives Mitglied

    Zu 1516 fällt mir nur Karls Start als spanischer König ein, zu 1522 rein gar nichts. Mach' mich wissender, bitte!
     
  12. Barbarossa

    Barbarossa Neues Mitglied

    Ok - ich versuch´s mal. :D

    Also bei Wiki steht es anders, aber:

    Zu den Niederlanden - aus meinem Buch "Kleine Enzyklopädie - Weltgeschichte", Band 2:
    Zu Luxemburg - aus meinem Buch "Kleine Enzyklopädie - Weltgeschichte", Band 2:
    Hier steht es noch genauer:
    Zu Belgien - aus meinem Buch "Kleine Enzyklopädie - Weltgeschichte", Band 1:
    aus meinem Buch "Deutsche Geschichte", Band 3 steht etwas zum Werdegang Karls I./V.:
    Um die ganzen Daten einmal zu interpretieren:
    Ein genaues Datum der Machtübernahme durch die Spanier in den ehemals burgundischen Erblanden der Habsburger scheint fließend und nicht ganz einheitlich verlaufen zu sein. Jedoch scheint diese Machtübernahme durch Spanien bereits am Anfang von Karls Regierungszeit zu liegen und wurde durch die dynastische Teilung von 1555 lediglich bestätigt und zementiert.

    Vielleicht weiß das ja jemand noch genauer... (?)
    :grübel:
     
  13. jschmidt

    jschmidt Aktives Mitglied

    Man könnte - oder sollte sogar - noch etwas differenzieren. Ich weiss aber nicht, ob das in diesem Strang zweckmäßig ist, der ja etwas anders konturiert ist.

    :richter: Frage an die Moderation: Kann man das Thema http://www.geschichtsforum.de/f45/e...der-niederlande-belgiens-und-luxemburgs-4860/ noch einmal öffnen? Dann würde ich dort weitermachen.:richter:
     
  14. Joinville

    Joinville Aktives Mitglied

    Die niederländischen Provinzen sind mit dem burgundischen Erbe an die Habsburger gefallen. Kaiser Karl V. war der Enkel von Maria von Burgund.
    Bei der Teilung des habsburgischen Länderkomplexes kamen diese Povizen an die spanischen Habsburger, allerdings sollte dabei beachtet werden das diese Gebiete weiterhin Reichlehen blieben und wurden nicht mit dem Königreich Spanien vereint. Der spanische König wurde dadurch also zu einem Reichsfürsten, was übrigens auch für das Herzogtum Mailand gilt.
     
  15. Barbarossa

    Barbarossa Neues Mitglied

    Das ist soweit schon klar, aber interessant wäre noch zu wissen, wann die spanischen Söldner in diese Länder kamen. Dazu habe ich bis jetzt noch nichts gefunden.
     
  16. Joinville

    Joinville Aktives Mitglied

    Die spanischen Könige residierten vorzugsweise auch in Spanien und endsandten Statthalter in die Niederlande, die teilweise auch aus Spanien stammten (Herzog von Alba). Und in den Religionskämpfe des 16. und 17. Jahrhunderts boten sich reichlich Gelegenheiten für die Könige auch spanische Truppen gegen protestantische Aufrührer (Hoorn, Oranien) ziehen zu lassen.
     
  17. Josephine

    Josephine Neues Mitglied


    War nicht die Tante von Karl V. - ich meine Margarete - die erste Statthalterin für Karl und kamen da nicht die spanischen Truppen mit ?
    Ich meine, das gelesen zu haben.


    Gruß....
     
  18. Rovere

    Rovere Premiummitglied

    Margarete wurde bereits von ihrem Vater Maximilian als Statthalterin eingesetzt. Sie übte die Herrschaft für ihr Mündl Karl (den späteren V.). Die Niederlande waren damals Kerngebeit des burgundischen Erbes und wurden regiert wie ein unabhängiger Staat - so wie alle übrigen Provinzen der Habsburger auch. Der einzige Zusammenhalt war der gemeinsame Herrscher der sich, da er ja nicht überall sein konnte, durch einen Statthalter oder Regenten vertreten lies.

    Margarete, oder ihre Nachfolgerin Maria von Ungarn (Schwester Karls V.), sahen sich nie als Statthalterin eines spanischen Königs, sondern als Statthalterinnen des Herzogs von Burgund. Der hohe Rang der Niederlande innerhalb der habsburgischen Landmassen zeigt sich durch die Person des Statthalters. Dieser stammt entweder direkt der Dynastie (wie Margarete von Österreich, Maria von Ungarn oder Margarete von Parma) oder ist ein souveräner Fürst (wie der Herzog von Savoyen).

    Erst Philipp II. geht davon ab und entsendet 1567 den Herzog von Alba. Dieser behandelte die Niederlande wie eine spanische Provinz und entfachte durch sein brutales Durchgreifen den Aufstand.
     
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  19. Simplicius

    Simplicius Aktives Mitglied

    Was mich noch interessieren würde, wäre die Abdankungserklärung des Kaisers. Bisher konnte ich sie leider nirgendwo komplett finden.

    Falls da jemand aushelfen könnte, wäre das großartig. ;)
     
  20. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Die Rede gibt es auch nicht im Original, sondern nur als Mitschrift(?). Abgedruckt bei Alfred Kohler: Quellen zur Geschichte Karls V. Darmstadt 1990, S. 423.
     

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