Georg III. von Waldburg-Zeil als Diplomat bei seinen Untertanen

Brissotin

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Ich war letzte Woche in einem Vortrag von Dr. Silke Schöttle (Ravensburg), den ich sehr interessant fand. Es ging um einen Vertrag, den der sogenannte "Bauernjörg" (1488-1533) mit seinen Untertanen abgeschlossen hat. Anders als viele Standesgenossen hat damit der Truchsess ein wenig das Versprechen aus dem Weingartner Vertrag (17. April 1525) eingelöst, dass man die Forderungen der Bauern nach dem Bauernkrieg verhandeln könne. Tatsächlich hat "Der Bauernjörg" die "Gerichte" und "Gemeinden" dazu aufgerufen ihre Forderungen dem Landesherrn vorzulegen. Die Unzufriedenheit der Bauern umfasste zahlreiche Aspekte, die auch wirklich alle zu Papier gebracht wurden (Arbeitsfron, Überlastungen, Fischereirechte, niedere Jagd usw.). Zwar ignorierte der "Bauernjörg" die meisten Forderungen, aber die Bauern angehört zu haben, erschien zeitgenössischen Landesherren schon als etwas unerhörtes. Interessant ist, dass die Reichsstädte Wangen und Ravensburg, welche ja schon während des Bauernkrieges auf Verhandlungen statt Waffengang gedrängt hatten, den Vertrag des Truchsesses mit seinen Untertanen von 1526 mit siegelten. Die Bauern mussten, wenn sie aus der Leibeigenschaft entlassen werden wollten bei Männern 3 Gulden und bei Frauen 4 Gulden zahlen, wenn sie sodann das Land verlassen wollten. Kamen sie zurück sollten sie den doppelten Betrag zahlen und ein Nichtleibeigener, der eine Leibeigene heiratete, musste ihren Status übernehmen. Interessanterweise lässt sich archivalisch nicht feststellen, dass Bauern die Möglichkeit des Freikaufes aus der Leibeigenschaft nutzten. Auch wenn der "Bauernjörg" nur 1.000 Untertanen hatte und der Vertrag vom 24.4.1526 offensichtlich nur für diese galt, ist er doch recht interessant, auch wenn er keine Nachahmer fand. Es ist spannend sich zu fragen, was der sonst als rüder Bauernfeind Georg III. mit dem Abkommen bezweckte. War es ein Sieg für ihn oder für seine Untertanen überhaupt gefragt worden zu sein? Fühlten sie sich respektiert? Das Verhandlungsergebnis reflektiert natürlich die militärischen Niederlagen der Bauern in Schwaben bei Leipheim und Wurzach.
 
Erstaunlich finde ich auch, dass man für Frauen damals einen höheren Betrag forderte. Ist das irgendwie im Vertrag begründet oder wie kann man sich das erklären.
Nein, soweit ich weiß, ist das nicht begründet. Sonst sind Gebühren für einzelne Frauen wie Hausgenossengulden, Bürgerrecht und ähnliches nach meiner Erfahrung immer nur halb so teuer wie bei Männern.
 
Ich schätze, Frauen waren wertvoller, weil sie neue Leibeigene in die Welt setzen konnten.
 
Ich schätze, Frauen waren wertvoller, weil sie neue Leibeigene in die Welt setzen konnten.

Grundsätzlich möglich, allerdings würde man dann doch erwarten, dass verheiratete oder jedenfalls heiratsfähige Frauen von den anderen unterschieden worden wären.
Eine unverheirtatete Frau, die keine Aussicht hatte die Mittel für eine Mitgift auftreiben und heiraten zu können, konnte bei den damaligen Sozialkonventionen schlecht anstreben Kinder in die Welt zu setzen.

Auch wenn die Theorie da sicherlich nicht immer der Praxis entspacht, was die Enthaltsamkeit vor der Ehe betrifft, war die grundsätzliche Gebährfähigkeit ja durchaus allein nicht hinreichtend dafür fest von Nachwuchs ausgehen zu dürfen.
 
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