Geschichtskulturelle Perspektive? Was ist damit gemeint?

Psyco

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

ich soll eine Hausarbeit über Canossa schreiben mit dem Schwerpunkt auf eine geschichtskulturelle Perspektive. Wisst ihr, was ich darunter in etwa zu verstehen habe? Etwa, die Frage, wann wie unter welchem Geschichtsbewusstsein die Canossa-Metapher aufgegriffen wurde?? Irgendjemand eine Idee oder einen Vorschlag??

Gruß!
 
hallo psyco,
ich könnte mir vorstellen, dass als nicht der Investiturstreit als solcher, sondern das "Ereignis Canossa" isoliert betrachtet werden soll. Heinrich stand unter großem Druck. Der dt. Adel hat ihm eine Frist bis zum Reichstag gesetzt, zu welchem er vom Bann gelöst sein müsse, ansonsten drohne ihm die Absetzung.
Der Gang nach Canossa aber, wenn man ihn als reinen Bitt- und Büßergang betrachten sollte, würde das Ansehen des Kaisers vor dem Adel aberin einer Art und Weise beschädigen, dass Heinrich nicht sicher sein konnte, ob dies der richtige Weg sein würde.
Andererseits stand auch Gregor unter Druck. Ein Christ, der um Vergebung bittet, hat geradezu Anspruch darauf, daß ihm verziehen wird. Also, auch Gregor konnte nicht etwa willkürlich handeln, denn das kanonische Recht setzte sehr wohl auch ihn unter den Zwang, die Christenpflicht zu erfüllen.

Setzte Heinricht wirklich nur auf sein Recht als Büßer, denn als König oder Kaiser wollte er ja in der politischen Sache nicht nachgeben. Vermutlich durfte er dies auch gar nicht, denn, zuviele Reichsrechte würden verloren gehen, würde er auf alle Bedingungen Gregors betr. des Investitur-verzichts eingehen.

Uns selbst wenn er als Büßer die Verzeihung und Lösung vom Bann erreichen würde, würde er damit nich für alle Zukunft dem Königs-/Kaisertum unübersehbaren Folgeschaden zufügen? Würde er damit nicht anerkennen, daß also letztlich doch der Papst mächtiger ist als der Kaiser, daß also doch der Papst über die beiden Schwerter verfügt, die sowohl die weltliche als auch die kirchliche Macht bedeuten?

Als mächtiger Kaiser würde er wohl mit einem Heer nach Rom gezogen sein um den Papst zur Raison zu bringen und ihn notfalls auch zwangsweise abzuberufen. Jedoch, diese Macht hatte er nicht mehr. Seine Vasallen wurden ja durch das Anatem vom Treueschwur gelöst. Nicht nur das, der Papst hat jedem, der ihm weiterhin folgen würde, ebenfalls mit dem Bann gedroht.

War damit nicht allein schon der Bannstrahl, wie ihn Gregor diesmal gegen dem Kaiser geschleudert hatte, sichtbares Zeichen, sowohl für den weltlichen, wie auch den geistigen Adel, dass das (reformierte) Papsttum inzwischen die Übermacht über den Kaiser errungengen hat?

Warteten nicht die Herzöge, Grafen, Bischöfe und Äbte insgeheim, was nun wohl werden würde, und suchten sie nicht für sich selbst den Weg, der ihren partikularen Interessen am dienlichsten sein würde?

Hatte Heinrich überhaupt noch eine Chance oder war nicht seine Macht (auch ohne Canossa ) schon so gut wie erloschen? Hatte er nicht auch schon erkennbar gemacht, dass er selbst nicht mehr die von einem Kaiser geforderte Souveränität besitzt? Hätte er nicht vielleicht selbstbewußt mit politischem Handeln kontern und mit eben der Argumentation die Fürsten überzeugen müssen, dass der päpstliche Bann, würde er weiterhin diese Wirkung haben dürfen, nicht nur dem König und Kaiser, sondern auch dem Reiche und damit allen seinen Fürsten schadet, dass die mühsam aufgebaute Einheit, die zum Schutze vor äusseren Feinden erforderlich war, mit zerbrechen könnte.

Und war nicht eine Schwächung des Reiches (zumindest bis Barbarossa und bis Friedrich II + 1250 ) die Folge ?

Das waren nun meine Gedanken zu diesem Thema. Ob es die richtigen sind, kann ich nicht beurteilen, denn so ganz bringst du ja den Hintergrund der Aufgabenstellung nicht rüber.

salu, jeanne aus der Lorraine
 
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