Goebbels' Verhältnis zu "Nürnberger Rassegesetzen"

mr. jones

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Hallo User,
Wie schon im Titel ersichtlich, geht es mir hier um Goebbels' Verhältnis zu den Nürnberger Rassegesetzen vom 19.9.1935. Konkret interessiert die Frage, warum die Umsetzung der Gesetze im "Gau Berlin", dessen Leiter Gobbels gewesen ist, im Vergleich (etwa zu Dresden) nur sehr sporadisch vorangetrieben worden ist, weil es seiner Zuständigkeit oblag. Ihr müsst und sollt diese Frage nicht direkt beantworten, aber es wäre sehr hilfreich, könntet ihr Primärquellen nennen, etwa Passagen aus seinem Tagebuc, da ich leider über keinerlei Material verfüge oder darauf zugreifen kann.
Ich danke für eure Mühe,
mr. Jones
 
Hier ein paar Auszüge:


15. Sept. 1935

(...) Welch ein Jubel! Stimmung überall, auch in den Lagern, fabelhaft. Vor allem bei der S.A. Führer lässt mich noch zu sich rufen. Rede Reinhardt abgesetzt. Zu delikat. Frick und Hess auch da. Gesetze durchberaten. Neues Staatsbügergesetz das frühere Reichsbürgerrecht erneuert, Flaggengesetz, das Hakenkruez zur alleinigen Nationalflagge erhebt. Judengesetz, Verbot jüdischer Ehen mit Deutschen, dazu Reihe von andern Verbotsfragen. Wir feilen noch daran herum. Aber so wird es beschlossen. (...)

17. Sept. 1935

(...) Dieser Tag war von besonderer Bedeutung. Das Judentum ist schwer geschlagen. (...) Ich rede vor 4000 Propagandisten. Sehr gut in Form. Stürme des Beifalls.... gut. (...)

21. Sept. 1935

Donnerstag: Zu Hause Arbeit. Allerlei Wichtiges und Unwichtiges. Frick will Judengesetz öffentlich kommentieren. Verbot vom Führer. Vor allem fragt die Auslandspresse. Dienstag Beratung darüber in München. Nachm. Besuch des Führers. Er ist sehr nett. Glücklich über Nürnberg und die Presse darüber. Sie ist auch über Erwarten gut. (...)

Quelle: Joseph Goebbels Tagebücher Band 3 1935 - 1939. Herausgegeben von Ralf Georg Reuth. Piper Taschenbuch. 4. Auflage 2008. S. 886 -890

Ich empfehle dir aber neben den Tagebücher, die man auch in Bibliothken erhält, dir folgendes Buch zu besorgen:

Christian T. Barth
Goebbels und die Juden
Schönigh 2003
315 Seiten.

Zitat aus diesem Buch:

"Tatsächlich erscheint Goebbels sehr bemüht, sich auch in der Judenfrage weiterhin als enger Berater Hitlers zu präsentieren udn eine aktive Beteiligung an der politischen Willensbildung besonders hervorzuheben, dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der "Nürnberger Gesetze" am 15. September 1935."

S. 101

Dazu müsstest du die Verhandlungen des Reichstages Band 458, 7. Sitzung, 15. September 1935, S. 59 - 62 hinzuziehen.

http://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt2_w9_bsb00000142_00061.html
 
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Hier ein paar Auszüge:

17. Sept. 1935

(...) Dieser Tag war von besonderer Bedeutung. Das Judentum ist schwer geschlagen. (...) Ich rede vor 4000 Propagandisten. Sehr gut in Form. Stürme des Beifalls.... gut. (...)


Quelle: Joseph Goebbels Tagebücher Band 3 1935 - 1939. Herausgegeben von Ralf Georg Reuth. Piper Taschenbuch. 4. Auflage 2008. S. 886 -890

In der von Ursi angegeben Quelle heißt es in Fußnote Nr. 54 des Herausgebers zur Eintragung vom 17. Sept. 1935 auf Seite 889:

"(...) In der Auseinandersetzung um deren (der Rassegesetze) Ausführungsbestimmungen, die Mitte November 1935 in Kraft traten, gehörte Goebbels zu den Radikalsten. Er focht vehement dafür, nicht nur 'Voll-', sondern auch 'Halb-' und 'Vierteljuden' - die also von mindestens einem Eltern- bzw. Großelternteil jüdischer Herkunft abstammten - und die mit ihnen verheirateten Personen aus Deutschland zu vertreiben. Nur widerwillig (siehe dazu Eintrag vom 15.11.1935) trug er schließlich den Kompromiß, wie er es nannte, um die Ausführungsbestimmungen der Nürnberger Gesetze mit, unter die 'Halbjuden' nicht grundsätzlich, 'Vierteljuden' aber gar nicht fielen."

In dem entsprechenden Eintrag vom 15.11.1935 heißt es dann:

"(...) Dr. Wagner und Dr. Groß: Ausführung Judengesetze. Ein Kompromiß, aber der bestmögliche. Vierteljuden zu uns herüber, Halbjuden nur in Ausnahme. In Gottes Namen, damit Ruhe kommt. Geschickt und unauffällig in die Presse lancieren. Nicht zuviel Geschrei darum machen. (...) Mittags Führer: Kulturfragen. Die Judengesetze. Nun ist die Entscheidung entgültig. (...)"
(a.a.O., S. 909)

Demnach scheint Goebbels zumindest intern in der Frage der Umsetzung der Rassegesetze eher zu den 'Scharfmachern' gehört zu haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Demnach scheint Goebbels zumindest intern in der Frage der Umsetzung der Rassegesetze eher zu den 'Scharfmachern' gehört zu haben.

Bei Longerich kann man diese Einschätzung auch lesen. Die "Kurfürstendamm-Ausschreitung" sind im wesentlichen durch Goebbels in Szene gesetzt worde. Bei Hitler hatte er sich vorher in "Heiligendamm" einen Freifahrtschein besorgt.

In diesem Zusammenhang formulierte "Der Angriff" am 19.Juli 35: "Berlin gesäubert von Kommune, Reaktion und Juden. Dr. Goebbels räumt in seinem Gau auf."

Goebbels - Google Bücher

Stinksauer soll dagegen Göring gewesen sein, der zunächst mal die enormen Kosten betrachtete, die die randalierende SA an den extrem teuren Schaufensterscheiben auf dem Kurfürstendamm verursacht hatte.

Ob die folgende Eindämmung der anti-jüdischen Ausschreitungen durch Goebbels, auch auf die Intervention von Göring zurück zu führen ist, kann ich nicht bewerten.

Die negative Reaktion des Auslands hatte sicherlich einen Einfluß auf die Eindämmung.
 
Ob die folgende Eindämmung der anti-jüdischen Ausschreitungen durch Goebbels, auch auf die Intervention von Göring zurück zu führen ist, kann ich nicht bewerten.

Die negative Reaktion des Auslands hatte sicherlich einen Einfluß auf die Eindämmung.

Hier mögen auch die bevorstehenden Olympischen Spiele 1936 in Berlin eine Rolle gespielt haben, weshalb in der Reichshauptstadt antisemitische Maßnahmen herabgedrosselt wurden, die der Außenwirkung des Regimes hätten abträglich wirken können.
 
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