Franz Joseph stand eher auf Seiten der Türken und Kaiser Wilhelm II. eigentlich ja auch?
Um ehrlich zu sein, bin ich mir nicht sicher, wo man Wilhelm II da verorten kann. Es hängt wohl auch massiv davon ab, wie weit die privaten Vorlieben der einzelnen Persönlichkeiten sich hier von den machtpolitischen Gegebenheiten der Zeit trennen lassen.
Persönlich ist mir bekannt, dass Wilhelm II. sich wohl durchaus hobbymäßig mit Altertumskunde befasste und von dem her jedenfalls durchaus ein Interesse an der griechischen Antike zeigte, wobei dann hier auch vorsichig zu unterscheiden wäre, in wie weit, man das als tatsächliches fachliches Interesse am Altertum bezeichnen kann und inwieweit das dem 19. und frühen 20. Jahrhundert typisch, das eher antikisierende Phänome und Phantasien betraf.
Die Versuche der Nachahmung antiker Formen, sticht ja noch heute in Form der in dieeser Zeit errichteten neoklassiszistischen Monomentalbauten heraus, die das Bild der damaligen Hauptstädte Europas prägten. Aber jedenfalls ein gewisses Interesse an der griechischen Antike scheint beim II. Wilhelm durchaus dagewesen zu sein.
Inwiefern er da persönlich auch eine wie auch immer geartete emotionale Verbindung zum modernen Griechenland hatte, ist mir da nicht bekannt.
Auch im machtpolitischem Interesse war das Deutsche Reich insgesamt, vor allem nach der Jahrhundertwende daran interessiert das Osmanische Reich zu stabilisieren, zumal das einmal im Interesse des eigenen Bündnispartners Österreich-Ungarn lag, um dem russischen Machteinfluss, vor allem auf dem Balkan ein Stück weit entgegen zu wirken und auch, weil sich für deutsches Kapital und andere Formen informellen deutschen Einflusses dort Möglichkeiten zu eröffnen schienen, eigene imperiale Pläne zu entwickeln und das gewünschte, aber nicht wirklich vorhandene Weltreich dort ein wenig zu kompensieren.
Im Hinblick auf das Osmanische Reich ist, was Wilhelm angeht noch zu vermerken, dass er das osmanische Reich jedenfalls einmal bereiste:
https://de.wikipedia.org/wiki/Palästinareise_Kaiser_Wilhelms_II.
Sich mit dem damaligen Sultan wohl auch ganz gut verstand und sich gar in einer Episode darin verstieg sich selbst zum "Schutzherrn der Muslime" zu erklären.
Inwieweit sich daraus ehrliche Sympathien für das Land und dessen Bevölkerung ausdrückten, oder er sich eben einfach Privat mit dem Osmanischen Staatsoberhaupt ganz gut verstand und es sich beim Rest lediglich um überstilisierte Selbstdarstellung und imperiale Großmannssucht handelt, wird nicht ganz einfach auseinander zu bekommen sein.
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Sofern es die Beziehungen der Staaten zu einander betrifft, war man deutscherseits, wie gesagt, auch mit dem Zweck der Unterstützung österreichisch-ungarischer Interessen daran interessiert das Osmanische Reich so weit als möglich zu erhalten, eine Ausnahme stellt lediglich die Unterstützung der Österreichisch-Ungarischen Position in der Bosnischen Annexionskrise von 1908 dar.
Das veranlasste schon 1878 Bismarck dazu sich nach dem russisch-osmanischen Krieg und denn damit verbundenen außeroerdentlichen russischen Zugewinnen gegenüber dem osmanischen Reich, eine Position zu beziehen, die im Zusammenwirken, mit Österreich-Ungarn und vor allem auch Großbritannnien das Zarenreich dazu zwang bedeutende Teile des mit dem Osmanischen Reich geschlossenen Friedensvertrags von San Stefano wieder zu revidieren, weil dass sonst zu einseitig russische Positionen begünstigt hätte, während gleichzeitig die Grundlagen dafür geschaffen wurden Österreich-Ungarns Besetzung Bosniens und der Herzegowina zu legitimieren.
Das Verhältnis Deutschland und Österreichs, später dann Österreich-Ungarns zu Griechenland war wohl immer insofern ein kompliziertes, als dass die griechische Bevölkerung eine Orthodoxe ist und als das Grieechenland mitunter zu den Lieblingsprojekten der russischen Zaren gehörte.
Vorstellungen betreffend der Errichtung eines griechischen Staates und der "Befreiung" der orthodoxen Christen des Balkans gab es wohl schon bei Katharina II.
Deutlicher wird das bei der Rolle Russlands, im sich dann zuspitzenden Kampf um die griechische Unabhängigkeit, bei dem dann ja durchaus ein eigenständiger griechischer Staat herauskam, wenn dieser sich auch zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend auf den Süden des heitigen griechischen Festlands, sprich die Pelepones, Attika und Mittelgriechenland, so wie einige kleinere Inseln beschränkte, ohne Kreta und den Norden.
Aber in dieser Hinsicht musste Griechenland natürlich immer bis zu einem gewissen Punkt in dem Ruch stehen, von Russland protégiert zu werden und diesem gegenüber tendenziell loyal zu sein, vor allem so lange man auch griechischerseits auf den Zugewinn weiterer unter osmanischer Kontrolle stehender Gebiete hoffte, während das Zarenreich bekanntermaßen nach den Meerengen schielte.
Während des Krimkrieges in den 1850er Jahren wurde von russischer Seite her durchaus deutlich der Versuch unternommen , die orthodoxen Christen im Balkan gegen die Osmanische Herrschaft aufzustacheln, was es wiederrum in scharfen Gegensatz zu Österreich brachte, dass angesichts seiner eigenen südslawinschen Minderheiten weder eine solche Aufstandsbewegung, noch die vollständige Unabhängigkeit und eigene Handlungsfähigkeit, der bis dato (vom osmanischen Reich) abhängigen Fürstentümer Serbien, Walachei und Moldau nicht wünschen konnte.
Nun hatte Griechenland zwar nie eine slawische Bevölkerung, des es so wie die südslawischen Gebiete der Donaumonarchie, die serbischen und die bulgarischen Gebieten für panslawistische Vorstellungen besonders anfällig erscheinen lassen konnte, so dass es nicht in dem Maße wie diese Gegenden und die sich dort konstituierenden politischen Einheiten verdächtig war, letztlich vor allen russische Interessen zu stützen, allerdings arbeiteten die territorialen Aspirationen Griechenlands gegenüber dem Osmanischen Reich in letzter Konsequenz natürlich der Zersetzung der Osmanischen Herrschaft und und damit auch der potentiellen Stärkung der slawischen Fürstentümer durchaus zu.
In dieser Hinsicht musste natürlich Österreich mit seiner Haltung tendenziell die Osmanischen Interessen stützen um an Russland angelehnte slawische Balkanstaaten mit möglichen Interessen an österreichschem Gebiet zu verhindern oder diese, nachdem sie nicht mehr zu verhindern waren, möglichst klein zu halten, was natürlich dann in seiner Keonsequenz den griechischen Interessen, die das Osmanische Reich möglichst schwach sehen wollten, zuwider sein musste.
Deutschland wiederrum hatte ja zunächst keine originären Balkaninteressen, aber je mehr man, im Besonderen in der Wilhelminischen Zeit auf Österreich-Ungarn als Bündnisparnter verwiesen war, nachdem sich Frankreichs Zusammengehen mit Russland abzeichnete Großbritannien sich beiden annäherte und Italien als Bündnispartner immer fraglicher erschien, war man denn von deutscher Seite her einmal auch mehr und mehr dazu gezwungen österreichisch-ungarische Interessen im Balkan zu unterstützen.
Und das wiederrum bedeutete mit außnahme Bosniens und der Herzegowina, tendenziell so weit als möglich am Erhalt des Osmanischen Reiches mitzuwirken, was dann wiederrum gegen griechische Interessen ging, die ja im Falle des Niedergangs dieses Reiches auf Teile von dessen Konkursmasse abzielte und Anspruch erhob.
Das ganze wurde durch die Verwirrungen der Balkankriege dann noch komplizierter.
Immerhin der von russischer Seite inszenierte "Balkanbund" und der 1. Balkankrieg, brachte Griechenland zunächst in ein Bündnis mit Serbien und Bulgarien.
Mit Serbien verhielt es sich noch nicht so problematisch, wie dann unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg, weil zwar nach dem Sturz der Dynastie Obrenovic in Serbien und vor allem der Annexion Bosniens und der Herzegowina durch die Donau-Monarchie 1908, die Beziehungen zwischen beiden Staaten bereits massiv verschlechtert waren, andererseits aber bis hierher Russlands Lieblingsjuniorpartner noch das tendenziell mit Serbien rivalisierende Bulgarien war.
Dennoch war dieses Bündnis, mit Serbien und inszeniert von Russland natürlich alles andere, als im österreichischen Interesse.
Nach dem ersten Balkankrieg, kam es dann bekanntlich zum 2. Balkankrieg, der Griechenland faktisch auf die gleiche Seite mit Serbien und Rumänien gegen Bulgarien brachte.
Neben einer Stärkung Serbiens konnte den Herrschaften in Wien und Budapest wegen Siebenbürgen und der dortigen überwiegenden rumänischen Bevölkerung natürlich auch eine Stärkung Rumäniens nicht besonders in denn Kram passen, genau die kam aber dabei heraus, da Bulgarien am Ende des 2. Balkankrieges unterlag und Territorien in drei anderen Mächte abtreten musste, die natürlich daran interessiert waren, sich gegen eine Revanche von bulgarischer Seite abzusichern.
Das wiederrum musste Rumänien, Serbien und Griechenland in eine Art antibulgarischer Interessengemeinschaft verbinden, während sich Bulgarien, nachdem man sich dort von Russland fallengelassen fühlte und gegen die drei Nachbarstaaten auf Revanch sann, sich zunehmend Österreich-Ungarn annäherte.
Auch dieser Umstand konnte natürlich nicht zu besonders guten Beziehungen zwischen der Donaumonarchie und Griechenland führen.
Was das deutsche Kaiserreich angeht, wie gesagt, je mehr dieses auf Österreich-Ungarn als Bündnispartner verwiesen war, stützte es dessen Balkaninteressen und die wiederrum standen den außenpolitischen Interessen Griechenlands, da sie auf Stabilisierung und Erhalt des Osmanischen Reiches hinausliefen, tendenziell im Wege.