Gründe für die Auswanderungen im 19. Jahrhundert

florian17160

unvergessen
Wer glaubt, dass er sich in einem anderen Land nicht ein- und unterordnen braucht, der irrt gewaltig. :grübel:

LG

Der Spanier hat ganz Recht. Kommen wir mal wieder zur Geschichte zurück.
Ich habe mir mal eine Frage gestellt.
Warum haben einige meiner Vorfahren den Weg nach Amerika gewählt.
Meine Uroma sagte immer wegen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Da fragte ich mich, woher hatten die das Geld für die Passage?
Umsonst war doch selbst früher das Auswandern nicht.
 
Der Spanier hat ganz Recht. Kommen wir mal wieder zur Geschichte zurück.
Ich habe mir mal eine Frage gestellt.
Warum haben einige meiner Vorfahren den Weg nach Amerika gewählt.
Meine Uroma sagte immer wegen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Da fragte ich mich, woher hatten die das Geld für die Passage?
Umsonst war doch selbst früher das Auswandern nicht.

Vielfach musste die Schiffspassage im Nachhinein abgearbeitet werden.
Diese Leute nannte man indentured servants.
 
Der Spanier hat ganz Recht. Kommen wir mal wieder zur Geschichte zurück.
Ich habe mir mal eine Frage gestellt.
Warum haben einige meiner Vorfahren den Weg nach Amerika gewählt.
Meine Uroma sagte immer wegen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Da fragte ich mich, woher hatten die das Geld für die Passage?
Umsonst war doch selbst früher das Auswandern nicht.

Dazu habe ich mal eine Arbeit geschrieben.

Hier einen Auszug daraus:

Die fehlenden Erwerbmöglichkeiten und die mangelnde Ernährung trafen
vor allem die ländlichen Unterschichten. Das waren ca. 10 – 20 Prozent
der Bevölkerung der Schweiz.21 Die Massenarmut hatte zur Folge, dass
eine intensive Debatte über Ursache und Bekämpfung der Armut begann.
In den Kantonen schwankte man zwischen repressiven Massnahmen - z.B.
Einsperren in Armenhäusern oder Bettelverboten - und den Versuchen
einer rationelleren Ausgestaltung traditioneller Unterstützung wie zum
Beispiel des Heimatgemeindeprinzips. Bei diesem Prinzip war die
Heimatgemeinde für seine Armen zuständig und sie mussten diese
unterstützen. In einigen Kantonen und Gemeinden versuchte man durch
Förderung der Auswanderungen, die Armut zu bekämpfen.

Zwischen 1851 und 1860 wanderten ca. 50 000 Schweizer nach Übersee
aus, die meisten in das wirtschaftlich aufsteigende Nordamerika. Ein
kleiner Teil der Schweizer wanderte nach Südamerika aus. Von 1852 bis
1857 emigrierten ca. 2 000 Schweizerinnen und Schweizer nach Brasilien.
Die Auswanderer stammten vorwiegend aus der ärmeren Landbevölkerung
aus den Kantonen Glarus. Graubünden, Aargau und aus der Innerschweiz.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Brasilien als Zielland für Schweizer
Auswanderer eher unbedeutend. 1850 setzte dann eine breit angelegte
Werbekampagne für Brasilien als Auswanderungsland ein
Die Werbekampagne, die in der Schweiz angelaufen
war, dehnte sich in die süddeutschen Staaten aus. Zuständig für diese
Werbung waren Auswanderungsagenturen. Der Sitz der für die Schweiz
und Süddeutschland zuständigen Hauptagentur war Hamburg, gleitet
wurde sie von einem Dr. Schmidt. 1851 wurde Emil Paravicini als
Auswanderungsagent für die Schweiz ernannt. Er war zuständig für die
Werbung und Anwerbung von Kolonisten. Seine Hauptaufgabe war es,
Brasilien und hier vor allem die Region um São Paulo in ein positives
Licht zur rücken. Neben den bereits erwähnten Berichten wurde Brasilien
als ein Land auf dem Weg in die Moderne beschrieben. Dazu gehörte, dass
vom Plantagenbesitzer und Immigrationsunternehmer Nicoláu Vergueiro
als Menschenfreund geschrieben wurde. Vergueiro wurde als
Würdenträger des brasilianischen Kaiserreichs dargestellt, der die
Sklaverei überflüssig findet und den europäischen Kolonisten zu Grund
und Boden verhelfen möchte. Der Agent hatte grosses Interesse daran,
möglichst viele Auswanderungswillige unter Vertrag zu nehmen, denn er
wurde von Vergueiro & Cia. pro angeworbener Person bezahlt. Paravicinis
Motto war: „Je mehr Emigranten, desto besser!“27
Emil Paravicini ermunterte die Gemeinden, durch Waldschlag oder andere
Mittel die Emigration zu unterstützen. Sie sollten die Reisekosten für ihre
arme Bevölkerung übernehmen. Er versprach den Gemeinden, dass die
Firma Vergueiro & Cia. sich für die Rückzahlung der Gelder verbürgen
würde. Dieses Versprechen war eines der Hauptargumente, nach Brasilien
auszuwandern. Mit der Unterstützung der Heimatgemeinde konnten nun
viele Leute emigrieren, und vor allem Familien mit noch nicht
arbeitfähigen Kindern sahen nun eine Perspektive, der Armut und dem
Hunger zu entkommen. Einzelne Personen konnten sich einer Familie
anschliessen, zusammen bildeten sie dann eine Kontraktfamilie. Die
Mitglieder einer solchen Kontraktfamilie mussten sich solidarisch für ihre
gesamte Schuld bekennen. Dies und die Bürgschaft wurde in den
Nachtragsartikeln des Vertrages geregelt.
 
Dazu habe ich mal eine Arbeit geschrieben.

Er versprach den Gemeinden, dass die
Firma Vergueiro & Cia. sich für die Rückzahlung der Gelder verbürgen
würde. Dieses Versprechen war eines der Hauptargumente, nach Brasilien
auszuwandern. Mit der Unterstützung der Heimatgemeinde konnten nun
viele Leute emigrieren, und vor allem Familien mit noch nicht
arbeitfähigen Kindern sahen nun eine Perspektive, der Armut und dem
Hunger zu entkommen.

Sehr interessant - wieder was neues gelernt.
Was mich jetzt interessiert - hat die Firma Verguerio & Cia. auch die Rückzahlungen getätigt oder nicht? Und wenn nicht, war es das Ganze trotzdem billiger als die Auswanderer dann zu Hause "durchzufüttern"?
 
Sehr interessant - wieder was neues gelernt.
Was mich jetzt interessiert - hat die Firma Verguerio & Cia. auch die Rückzahlungen getätigt oder nicht? Und wenn nicht, war es das Ganze trotzdem billiger als die Auswanderer dann zu Hause "durchzufüttern"?

In der ersten Zeit haben sie was zurückbezahlt, aber eher wenig. Dann hörten die Rückzahlungen auf. Es gab da einen Rechtsstreit und einen Aufstand in Brasilien, darauf hin schaltete sich der Bundesrat ein.

Ich denke (wobei das meine Einschätzung ist und ich es nicht belegen kann), dass unterdem Strich billiger gewesen wäre die Auswanderer zu Hause "durchzufüttern". Denn viele Gemeinden mussten selber Kredite aufnehmen um die Auswanderungen finanzieren zu können.
 
In der ersten Zeit haben sie was zurückbezahlt, aber eher wenig. Dann hörten die Rückzahlungen auf. Es gab da einen Rechtsstreit und einen Aufstand in Brasilien, darauf hin schaltete sich der Bundesrat ein.

Ich denke (wobei das meine Einschätzung ist und ich es nicht belegen kann), dass unterdem Strich billiger gewesen wäre die Auswanderer zu Hause "durchzufüttern". Denn viele Gemeinden mussten selber Kredite aufnehmen um die Auswanderungen finanzieren zu können.

Ja, so ähnlich habe ich mir das vorgestellt. Was mich noch interessieren würde -gab es denn so etwas wie Korrespondenz zwischen Ausgewanderten und Daheimgebliebenen? So in der Art - "hier ist alles bestens, kommt auch"?
 
Ja, so ähnlich habe ich mir das vorgestellt. Was mich noch interessieren würde -gab es denn so etwas wie Korrespondenz zwischen Ausgewanderten und Daheimgebliebenen? So in der Art - "hier ist alles bestens, kommt auch"?

Ja das gab es. Zuerst gab es Zeitungsberichte die von den Kolonien berichteten. Darin wurde dann erklärt wie Kaffee angebaut wird usw. Auch Bereichte von Kolonisten wurden darin veröffentlicht. Dann gab es Briefe die aus den Kolonien an die Daheimgebliebenen verschickt wurden.

Erst als der Kolonist Thomas Davatz zurück kam und einen Bericht1 über die Zustände der Kolonien in Braslien verfasste, wurden den Daheimgebliebenen die Augen geöffnet. Davatz war an einem Aufstand in einer der Kolonien der Anführer und musste aus Brasilien fliehen.

Der Schweizerische Bundesrat entschloss sich, den Kolonisten in Brasilien
zu helfen. Er forderte die Kantone am 23. Februar 1859 auf, alle Briefe
und Aufzeichnungen zu sammeln und Listen mit den
Gemeindevorschüssen zu erstellen. Im August beschloss der Bundesrat,
einen Gesandten nach Brasilien zu schicken. Sie wählten dafür Johann
Jakob Tschudi aus, einen geachteten Forscher mit Kontakten zum brasilianischen Adel. Tschudi betonte die Wichtigkeit der Unterstützung
der deutschen Staaten, denn der Bericht von Davatz wurde von den
deutschen Staaten mit Interesse entgegengenommen. Als das Departement
des Innern Kontakt aufnahm, war die Reaktion der deutschen Staaten nicht
sehr ermunternd. Ausser Preussen, welches eine Auswanderung nach
Brasilien verboten hatte, war keiner der deutschen Staaten bereit, die
Bemühungen der Schweiz zu unterstützen. Tschudi betonte dass es wichtig
sei, dass weitere Staaten die Schweiz unterstützten, damit der Druck auf
die brasilianische Regierung erhöht werden konnte. Preussen sicherte
Tschudi die volle Unterstützung zu, ebenso Österreich.


1Thomas Davatz: Behandlung der Kolonisten in der Provinz St. Paulo in
Brasilien und deren Erhebung gegen ihre Bedrücker, Chur 1858
 
Ja das gab es. Zuerst gab es Zeitungsberichte die von den Kolonien berichteten. Darin wurde dann erklärt wie Kaffee angebaut wird usw. Auch Bereichte von Kolonisten wurden darin veröffentlicht. Dann gab es Briefe die aus den Kolonien an die Daheimgebliebenen verschickt wurden.

Erst als der Kolonist Thomas Davatz zurück kam und einen Bericht1 über die Zustände der Kolonien in Braslien verfasste, wurden den Daheimgebliebenen die Augen geöffnet. Davatz war an einem Aufstand in einer der Kolonien der Anführer und musste aus Brasilien fliehen.

Und hat das Ganze dann zur Besserung der Bedingungen der Kolonisten in Brasilien beigetragen? Oder kamen dann viele zurück? Doch eher nicht, da sie ja kaum das Geld dafür hatten - oder?
 
Und hat das Ganze dann zur Besserung der Bedingungen der Kolonisten in Brasilien beigetragen? Oder kamen dann viele zurück? Doch eher nicht, da sie ja kaum das Geld dafür hatten - oder?

Nun einige kamen zurück, doch die meisten blieben in Brasilien und wurden Kleinbauren. Es gab eine Besserung, zu mal Brasilien einlenkte und das Parceria-System aufgab. Die Grossgrundbesitzer griffen dann wieder auf die noch vorhandenen Sklaven zurück.

Davatz war in dieser Kolonie:

http://www.fazendaibicaba.com.br/principal.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun einige kamen zurück, doch die meisten blieben in Brasilien und wurden Kleinbauren. Es gab eine Besserung, zu mal Brasilien einlenkte und das Parceria-System aufgab. Die Grossgrundbesitzer griffen dann wieder auf die noch vorhandenen Sklaven zurück.

Davatz war in dieser Kolonie:

Fazenda Ibicaba

Der Bruder meines Ur Uropas, geb. 1869 hat es mal nach Australien geschafft. Uropa sagte, sein, Onkel kam bald zurück. War ihm dort zu warm und kam als Bauer dort nicht klar.
Dann ist er nach Amerika gegangen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Anfangs der 1850er Jahre wurde in Deutschland so mancher, der eine langjährige Haftstrafe im Zusammenhang mit der 48/49 Revolution abzubüßen hatte, zur "Auswanderung begnadigt".

Teilweise wurde in den Gemeinden auch gesammelt, damit die Ortsärmsten auswandern konnten, nicht weiter der Allgemeinheit zu lasten fielen.

Die Zeitungen der 1840er Jahre, Mißernten!, sind voller "amtlicher Bekanntmachungen", der Sowieso mit seiner Familie will nach Nordamerika auswandern, wer noch Forderungen an ihn hat, soll sie bis da und dahin beim Schultheiß in X-Stadt anmelden, sonst sind sie verfallen.

1878 ist mein Urgroßvater, er hatte einen größeren Posten "Band" verkauft, und war in dem Moment "liquide", für 2 Jahre nach Nordamerika gegangen.
Der Entscheid ist wohl während eines Aufenthalts zwischen 2 Zügen im Tübinger Bahnhof gefallen. Was die Angelegenheit dramatisierte, er hatte Frau und 3 Töchter zu Hause. Der Name der Werbers, der ihn von der Reise über den großen Teich überzeugte, ist bis heute in meiner Familie überliefert. In den USA musste Urgroßpapa dann 2 Jahre arbeiten, bis er das Geld für die Rückfahrt beisammen hatte.
Die Briefe die er aus Amerika schrieb, hat meine Großmutter wenige Tage vor ihrem Tod verbrannt.
 
Grüezi

In der Innerschweiz (und vielleicht auch anderswo) gab es neben der Armut einen weiteren Grund zur Auswanderung. Bis dahin fanden junge, kräftige Männer ihr Glück und Einkommen in fremden Militärdiensten. Im Sommer 1849 verbot der Bundesrat die Soldverträge. Und somit verschwand nach und nach diese Einkommensquelle.

Bereits kurze Zeit später (etwa ab 1851) begann die erste Auswanderungswelle. Die Gemeinden förderten die Auswanderungen mit einer kommunale Auswanderungskommissionen, die die verarmte Bevölkerung zu diesem Schritt motivierten (drängte!). Eine wesentlich stärkere Auswanderungswelle setzte dann 1880-82 ein. In meiner Gemeinde sank die Einwohnerzahl wegen der Auswanderung von damals 1’975 Einwohnern (1850) auf 1’565 Einwohner (1888).

Gruss Pelzer


.
 
Auswanderung in die USA zwischen 1820 und 1960

Hallo zusammen. Kann mir jemand erläutern, warum in diesem Zeitrahmen die folgenden Bevölkerungsgruppen in die USA ausgewandert sind?

-Lateinamerika
-Europäer
-Asiaten
-Nordamerikaner (Kanada)

Schon mal danke im Voraus
 
Vornehmlich aus politischen und religiösen Gründen.
Aber auch um den amerikanischen Traum leben zu können, also reich zu werden.

Als Ergänzung zu wiki dürfte auch der 2.WK genannt werden, wo zahlreiche Juden aber auch Japaner, die sich nicht der Politik ihres Landes anschließen wollten, nach Amerika flüchteten. Allerdings wurden diese nicht freundlich aufgenommen.
 
Vornehmlich aus politischen und religiösen Gründen.

Das kommt aber schon darauf an von welcher Zeit wir sprechen. Da muss im jeweiligen Kontext angeschaut werden.

Beispiel:

Im 19. Jahrhundert war Armut und die Hungersnot eines der grössten Auswanderungskritierien in Europa.


Aber auch um den amerikanischen Traum leben zu können, also reich zu werden

Für die einen mag das ja stimmen (es lebe die Klischees), aber viele versuchten einfach in einem andern Land eine neue Existenz aufzubauen. Weil sie in ihrer Heimat verarmt waren und nur dank hilfe der Gemeinden auswandern konnten. Das ist im übrigen der grosse Teil der Auswanderer aus Deutschland und der Schweiz.

@Gast Hier gibt es schon eine Diskussion, vielleicht findest du da noch was von Interesse für dich:

http://www.geschichtsforum.de/f76/gr-nde-f-r-die-auswanderungen-im-19-jahrhundert-24887/
 
Zuletzt bearbeitet:
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